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E-Book

E-Book, Deutsch, 187 Seiten

Immermann Tulifäntchen


1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-8496-2857-4
Verlag: Jazzybee Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 187 Seiten

ISBN: 978-3-8496-2857-4
Verlag: Jazzybee Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ein Heldengedicht in drei Gesängen. Karl Leberecht Immermann (* 24. April 1796 in Magdeburg; ? 25. August 1840 in Düsseldorf) war ein deutscher Schriftsteller, Lyriker und Dramatiker.

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1. Tulifäntchen Fliegentöter


1. Der letzte Tulifant

O Vergänglichkeit, du Sieg'rin

Aller Sieger, alte Göttin!

Angetan mit grauem Leibrock,

Eppich um die Brust geknotet,

Eine Krone, falb von Moose

Auf dem weißen Haupt, so sitzst du

Unter Trümmern regenmürbe,

Auf zerbrochner Säule Sturze,

Bei verblichnen Liebespfändern,

Bei dem Putz verwelkter Schönen,

Unter ausgetrunknen Flaschen,

Ach, und unter armen Beuteln,

Die von Golde strotzten, jetzo

Leer in deinem Dienste ruhn!

Einst im Fantenreiche blühte

Das Geschlecht der Tulifanten.

Reiches Kornland, zwanzig Schlösser,

Schöne Wiesen, manch ein Geldsack

Waren sein, jedoch wo blieb es?

Mäus' verwüsteten das Kornland,

Und der Strom verschlang die Wiesen,

Raben trugen aus den Säcken

All das blanke Geld zu Neste,

Doch die Gläub'ger kauften spöttlich,

Was gelassen Mäus' und Raben.

Seht ihr dort am stillen Hügel,

Erlengrün und bachbenetzet,

Jenes Mäuerlein, zwei Schuh hoch,

Drin die feuchtverstockte Holztür?

Seht ihr jenen langen, hagern

Mann im Mantel, braun wie Zimmet,

Wie er feierlich durchs Feld schleicht?

Nun, die Mau'r verschließt, die Türe

Öffnet den Kartoffelkeller,

Dieser Keller der Kartoffeln

Ist das letzte von dem Erbe

Der berühmten Tulifanten,

Blieb allein von zwanzig Schlössern,

Weil kein Gläubiger ihn brauchen

Konnte, denen sonst doch brauchbar

Alles zwischen Erd' und Himmel.

Jetzo kam der braune Wandrer

Zu der Mauer, drauf sich setzend

Schaut' er ernst ins Gold der Sonne.

Nahm darauf aus seinem Mantel

Den Quartanten, sah die Farben

Der Geschlechter an des Landes.

Aber als der Abend dunkelt',

Schlug er zu das Buch und rufte:

»O wie hat mich Gott gesegnet,

Mich und meine edle Tulpe!

Wie mir im Gefühle wohl ist

Richt'ger Ahnen, im Besitze

Meines teuren Eigentumes!

Ach nur einen Wunsch, nur einen

Ließ der Himmel unerfüllet,

Diesen klag' ich hier den Lüften:

Daß mir würd' ein Sohn, ein edler,

Namens Erbe, Erbes Erbe!

Alt bin ich! Bald kommt die Stunde,

Wo der ferne Lehngevetter

Pflanzen wird auf diese Mauer,

Ach, sein Wappenschild, das fremde!

Denk' ich daran, dann erscheinst du

O Vergänglichkeit, du Sieg'rin

Aller Sieger, greise Göttin,

Riesig mir, gespensterhaft!«

Tulifant stieg, solches sagend,

Wehmutsvoll von seinem Erbe,

Und er kehrte langsam, seufzend

Heim zur vielgeliebten Tulpe.

2. Die Hoffnung des Hauses

Welch ein Rennen, welch ein Kramen

In dem Zimmer Tulifantens!

In Geschlechtsregistern sucht er

Namen, voll und hoch erklingend:

Roderich, Fadrique, Perez,

Luis, Jose, Pedro, Sancho,

Juan, Toribio, Quadradillos,

Tönen ihm noch nicht genugsam.

Endlich hat er ihn gefunden,

Einen Namen, majestätisch:

»Christoph heiß' er! Wie Sankt Christoph

Einst das Heil der Welt getragen,

Wird das Heil des Hauses dieser

Tragen auf den beiden Schultern.«

Jetzt dem Diener ruft er: »Gines!«

Gines kommt gewackelt: »Sennor?«

»Steck ein Küchlein an den Bratspieß,

Kauf ein Krüglein guten Schmalbiers,

Such uns einen Korb voll Schötlein,

Iß dich selber satt in Weißbrot!«

Zweifelnd steht der treue Gines,

Zuckt die Achseln, sagt mit Schwermut:

»Herr, vergebt, es ist ja Fasttag

Heute nach der Zeiten Ordnung.

Gestern war der Tag des Fleisches,

Heute leben wir im Geiste.

Ach, bedenkt, bedenkt das Morgen,

Essen heute wir das Küchlein,

Trinken heute wir das Schmalbier,

Pflück' ich heut Euch ab die Schötlein,

Zehr' ich selber auf das Weißbrot!«

Spricht der Herr: »Gines verrichte,

Was ich dir befahl, nicht zaudre!

's ist ein Festtag, nicht ein Fasttag.

Wenn der Himmel sie begnadigt,

Soll'n die Menschen fröhlich sein.«

Zweifelnd stand noch immer Gines,

Da, die Hüft' umbauscht vom Reifrock

Aus gestreiftem gelbem Atlas,

Der gesehn drei Menschenalter,

Trat zur Tür hinein voll Würde

Die erhabne Donna Tulpe.

Und Don Tulifant entgegen

Gehend der Genossin, küßt' ihr

Ernst die Hand, die Wange küßt' er,

Und er sprach zu ihr bedeutsam:

»Immer wart Ihr, o Gemahlin,

Meiner Gegenwart Beglückung,

Nun schafft Ihr der Zukunft Segen.

O wie fühl' ich mich verschuldet

Tief für alles, was Ihr gabet,

Gebt und mir noch geben werdet!«

Zweifelnd stand nicht länger Gines,

Rannt' hinaus und rief mit Jubel:

»Gerne fahr' ich nun ins Grab ein,

Denn ich seh' des alten Hauses

Junge Hoffnung winken glanzreich!«

Pflückte tänzelnd drauf die Schötlein,

Kochte sie und briet das Küchlein,

Kaufte, halb im Taumel, Schmalbier

Für den letzten Groschen, trug dann

Seinen Herren auf die Mahlzeit,

Aß sich selber satt in Weißbrot,

Zechte tapfer dazu Wasser,

Und sank auf das Stroh, betrunken.

3. Tulifäntchens Geburt

Dämmrung im verhangnen Zimmer,

Grüne Dämmrung um das Ehbett!

Leise weinet Donna Tulpe,

Seufzend schaut Don Tulifant.

Was liegt in des Vaters Schoße?

Ist's ein neugebornes Wiesel?

Ist es ein Alraunenmännlein?

Ist's ein Püppchen zart von Seide?

's ist kein Püppchen, kein Alräunchen,

's ist kein neugebornes Wiesel,

's ist das neugeborne Knäblein,

Fingerlang und fingerdick.

»O was soll mir dieser Segen,

Dieser Wicht, das Zwergenknirpslein?

Nimmer baut des Hauses Ehre

So ein kurzes Endchen Schande,

Nimmer kann zu Lehen tragen

Dieser Wurm das Vatererbe.

Fallet ein, ihr Kellermauern,

Eh' ihr fremdes Wappen zeigt!«

Leise weinet Donna Tulpe,

Seufzend schaut Don Tulifant.

»Ach, nun kann ich nicht ihn Christoph

Taufen lassen, wie ich wollte,

Denn er ist Diminutivum

Eines Menschen, und die Knaben

Würden, herzlos ihn verkleinernd,

Ihn nur rufen: Kleiner Töffel!«

Leise weinet Donna...



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