Jaenicke / Sellin | Die große Sauerei | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 272 Seiten

Jaenicke / Sellin Die große Sauerei

Wie Agrarlobby und Lebensmittelindustrie uns belügen und betrügen – und was das für unsere Ernährung bedeutet. (SPIEGEL-BESTSELLER)
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-96905-204-4
Verlag: Yes Publishing
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Wie Agrarlobby und Lebensmittelindustrie uns belügen und betrügen – und was das für unsere Ernährung bedeutet. (SPIEGEL-BESTSELLER)

E-Book, Deutsch, 272 Seiten

ISBN: 978-3-96905-204-4
Verlag: Yes Publishing
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Lassen Sie sich vom Shitstorm der Agrarlobby nicht täuschen - dieses Buch bringt unangenehme Wahrheiten ans Licht! Wenn es um unser Essen und speziell um tierische Produkte wie Fleisch, Wurst, Eier und Milch geht, werden wir schamlos belogen und betrogen - von der Agrarlobby und der Lebensmittelindustrie, aber auch die Politik spielt auf verantwortungslose Weise mit. Staatlich finanzierte Ernährungswissenschaftler lassen sich von Lobbyorganisationen anheuern. Studien über Gesundheitsrisiken werden unterdrückt oder geschönt, andere von der Wirtschaft finanziert. Industrielobbys nehmen massiv Einfluss auf Gesetzgebung und Ernährungsempfehlungen - mit dem einzigen Ziel, die Profite zu maximieren. In der Diskussion über Tierwohl und entsprechende Zertifizierungen schiebt die Politik dem Verbraucher die Verantwortung zu, während die industrielle Massentierhaltung mit all ihren Auswüchsen erlaubt bleibt und faktisch kaum kontrolliert wird. In diesem investigativen Enthüllungsbuch decken Hannes Jaenicke, Deutschlands bekanntester Umweltschützer, Schauspieler und Autor des »Spiegel«-Bestsellers »Die große Volksverarsche«, und der Journalist und Bestsellerautor Fred Sellin die dreistesten Industrie- und Werbelügen auf, geben Einblick in die skandalo?sen Produktionsbedingungen tierischer Lebensmittel und erklären, was Verbraucher unbedingt wissen sollten, um beim Einkauf und vor dem Essen die richtige Wahl zu treffen.

Hannes Jaenicke, geboren 1960 in Frankfurt a. M., absolvierte seine Schauspielausbildung am Max Reinhardt Seminar in Wien und hatte seinen Durchbruch 1984 mit dem Thriller Abwärts. Seitdem spielte er in über 200 Projekten auf der Bühne, im Kino und im Fernsehen. Neben der Schauspielerei engagiert er sich seit vielen Jahren für den Erhalt der Umwelt und bedrohter Tierarten. Öffentlich bekannt wurde er mit seinen Herzensthemen Nachhaltigkeit, Klima- und Umweltschutz durch seine vielfach preisgekrönte Doku-Reihe im ZDF, die auf eindringliche Weise die Zusammenhänge zwischen Umweltzerstörung, Artensterben, Industriemachenschaften und Konsumentenverhalten aufzeigt. Auch als Buchautor greift er immer wieder brisante Themen auf und veröffentlichte mehrere SPIEGEL-Bestseller, darunter 'Die große Volksverarsche' und Wer der Herde folgt, sieht nur Ärsche. Hannes Jaenicke wurde für sein unermüdliches Engagement mehrfach ausgezeichnet, zuletzt mit der bayerischen Staatsmedaille. Fred Sellin, Jahrgang 1964, studierte Journalistik, arbeitete als Redakteur für verschiedene Tages- und Wochenzeitungen und lebt heute als freier Autor in Hamburg. Er schrieb Biografien, investigative Sachbücher und True-Crime-Titel zu verschiedenen Themen.
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II.


Echte Kerle essen Fleisch – aber wissen sie auch, wie ihr Schnitzel herangemästet wird?


Stuten und Zuchtsauen: »Blutsschwestern« wider Willen


Jeden Frühling beginnt ein deutsches Ritual, das aus Männern wahlweise Neandertaler oder vermeintlich echte Kerle und aus männlichen Küchenmuffeln leidenschaftliche (Chef-)Köche macht: die Grillsaison. Der geliebte Grill wird ausgemottet, im Supermarkt, Discounter oder beim Metzger des Vertrauens möglichst preiswert Fleisch und Wurst besorgt, Bier kaltgestellt, und schon kann man dem archaischen Brauch frönen, nach seinerzeit erfolgreicher Mammut-, Bären- oder Wildjagd auf dem Feuer vor der Höhle seine Paläo-Diät zuzubereiten. Dass wir Mitteleuropäer uns nach monatelangem Winter, nasskaltem Wetter, Dunkelheit und Schneeregen freuen, endlich wieder im Freien, unter freiem Himmel und unter Leuten spachteln zu können, kann ich nur zu gut verstehen. Auch dass meine Geschlechtsgenossen nach der kindlichen Freude an Streichhölzern, Feuerchenmachen, Lagerfeuer und Silvesterfeuerwerk, auch im Erwachsenenalter noch gern herumzündeln, kann ich nachvollziehen. Fragwürdig scheint mir dabei nur, was auf teuren Weber- oder billigen Einweg-Grills landet, um gebraten zu werden, ohne dass die Grillmeister und ihre Gäste auch nur ahnen, wie es produziert wurde. Das wird uns seitens der Fleischindustrie aus guten Gründen verheimlicht. Ich denke aber, dass jeder Freund von Kotelett, Rostbratwürstchen, Steak oder Burger ein Recht darauf hat, zu wissen, was auf seinem Grill vor sich hin brutzelt, wo es herkommt und wie es hergestellt wurde. Womit wir beim Thema wären ...

Meura. Ich hatte diesen Namen noch nie gehört. Meura ist ein kleiner Ort im Thüringer Schiefergebirge, ein verschlafenes Nest, wie man sagt, das sich an einen Hang schmiegt, umgeben von Wald und Wiesen. Etwa 450 Einwohner, eine Kirche, evangelisch, Gasthof, Feuerwehr, ein altes Dorfbackhaus und eine noch ältere Linde, an die 500 Jahre soll sie sein. Sie steht in der Mitte des Dorfs, direkt an der Hauptstraße, wie beiseitegeschoben, die Krone kräftig gestutzt. Die Hauptstraße heißt Ortsstraße, und die Straßen, die von ihr abgehen, heißen alle genauso. Einen Dorfbach gibt es auch. Und Vereine, mehr als man vermuten würde. Kirmesverein, Männergesangsverein, Schützenverein, Feuerwehrverein, Rassegeflügelzuchtverein, bestimmt habe ich welche übersehen. All das ist aber nicht der Grund, warum Menschen nach Meura kommen. Der Grund liegt ein Stück oberhalb der Dorfkirche. Auf dem Areal, das sich dort erstreckt, befindet sich ein Pferdegestüt – die größte Haflingerzucht Europas. Mit Ställen, Reithalle und Koppeln. Ein beliebtes Ausflugsziel für Pferdeliebhaber und Freunde des Reitsports, große wie kleine.

Die Geschichte dieses Gestüts reicht bis in die Sechzigerjahre zurück, in graue DDR-Zeiten. Damals war es ein »VEG Tierproduktion«, ein volkseigenes Gut. Da es in der sozialistischen Landwirtschaft an motorisierten Fahrzeugen ebenso mangelte wie an Benzin, war jemand auf die Idee gekommen, Haflinger, die als robuste Gebirgspferde gelten, aus Tirol zu importieren, Nachwuchs zu züchten und diesen als »Wirtschaftskleinpferde« einzusetzen. Oder anders ausgedrückt: als Transport- und Ackergäule – kräftig, pflegeleicht, sparsam im Futter. Und irgendwann entdeckten DDR-Veterinärwissenschaftler, dass man diese folgsamen Tiere auch für andere Zwecke nutzen kann, genauer gesagt: ihr Blut. Dabei ging es um das Blut der Stuten, und zwar, wenn diese trächtig waren. Dann nämlich bildet sich ein Sexualhormon, das für eine gewisse Zeit die Funktion der Eierstöcke anregt. Pregnant Mare Serum Gonadotropin nennt sich das, abgekürzt: PMSG.

Fragt sich, was das mit unserer Grillsaison zu tun hat. Die Antwort ist so kompliziert wie beunruhigend und führt uns zur industrialisierten Schweinezucht. Schon zu DDR-Zeiten wurde das PMSG-Hormon aus dem Stutenblut extrahiert und Zuchtsauen injiziert, um so deren Fruchtbarkeit zu steigern und den Brunstzyklus zu synchronisieren. Geforscht wurde daran vermutlich seit den Siebzigerjahren. Die Wissenschaftler spritzten den Versuchsschweinen das Hormon und ließen sie anschließend schlachten, um anhand von Gewebeproben herauszufinden, ob bewirkt wurde, was man beabsichtigt hatte. So steht es in alten Forschungsarbeiten. Dazu sollte man wissen, dass es in der kleinen DDR Schweinemastanlagen gigantischen Ausmaßes gab. Die größte wurde in Haßleben betrieben, einem Dorf in der Uckermark, belegt mit über 140 000 Schweinen. Das Elend dieser Tiere mag man sich kaum vorstellen. Zuchtanlagen solcher und noch größerer Dimensionen werden aktuell in China gebaut, wo Mastfabriken mit Schweinehochhäusern entstehen, die bis zu 13 Etagen hoch sind. Vorbild könnte ein sechsstöckiger Plattenbau in Maasdorf/Sachsen-Anhalt gewesen sein, der zu DDR-Zeiten als Prestigeobjekt galt und noch bis 2018 für die Sauen-Zucht genutzt wurde, zuletzt von einem niederländischen Betreiber. Die Zustände müssen katastrophal gewesen sein. Tierschützer waren mehrfach in das Gebäude eingedrungen, um die Haltungsbedingungen zu dokumentieren. Dabei hatten sie auch gefilmt, wie Mitarbeiter Ferkel mit dem Kopf auf den Boden schlugen, um sie zu töten.

Doch zurück zur sozialistischen Ferkelproduktion. Um diese zahlenmäßig nach oben zu treiben, maximal effizient zu gestalten und die Arbeitsabläufe zu vereinfachen, sollten die Sauen eines Stalls alle zur gleichen Zeit trächtig werden und simultan »abferkeln«, also den Nachwuchs zur Welt bringen. Das wird erreicht, indem PMSG in Kombination mit einem weiteren Hormon verabreicht wird, das den Eisprung stimuliert – und zwar so präzise, dass man es auf den Tag genau steuern kann.

Soweit zur Vorgeschichte, die bis in die Gegenwart reicht. Denn das Hormon wird weiterhin eingesetzt, auch bei Rindern, Schafen und Ziegen, aber nirgends so systematisch wie in der Produktion von Schweinefleisch. Und der Bedarf an PMSG steigt rasant: Wurden von 2013 bis 2016 rund 3,8 Millionen Einzeldosen mit je fünf Milliliter PMSG in deutschen Ställen verabreicht, so erhöhte sich die Zahl von 2016 bis 2019 auf etwa 6,4 Millionen Dosen. Das kann man flächendeckend nennen, zumindest was größere Schweinemasten betrifft.

Als die Tierschutzorganisation Animal Welfare Foundation vor einigen Jahren mit schockierenden Videoaufnahmen enthüllte, dass für die PMSG-Gewinnung auf Blutfarmen in Argentinien und Uruguay Tausende Pferdestuten regelrecht ausgeblutet und ihre Föten im Mutterleib anschließend getötet werden, um sie möglichst schnell wieder trächtig werden zu lassen, war die Empörung groß. Nicht nur in den Medien, sondern auch in der Politik. Zumal bekannt wurde, dass mindestens ein deutsches Pharmaunternehmen, die in Dessau ansässige IDT Biologika, hervorgegangen aus dem DDR-Veterinärimpfstoffkombinat, PSMG aus Pferdeserum bezog, das von dort stammte. Gleiches galt für mehrere ausländische Firmen, die Niederlassungen in Deutschland betrieben. Auch das Fleisch der geschundenen Stuten, die geschlachtet werden, sobald ihre Fruchtbarkeit nachlässt, wird in EU-Länder geliefert, wo größtenteils Katzen- und Hundefutter daraus gemacht wird. Oder gelegentlich auch Lasagne für den menschlichen Konsum, was 2013 in Deutschland und ganz Europa für einen Aufschrei sorgte.

Nach dem Skandal machten sich Biologika und andere Pharmafirmen schleunigst auf die Suche nach neuen Lieferanten. Fündig wurden sie zum Beispiel in Island, wo das Geschäft mit Stutenblut seit Jahren floriert und mittlerweile mehr einbringen soll als die Zucht von Fohlen. Allein im Jahr 2020 machten isländische Blutlieferanten mit 5000 »Blutstuten« geschätzt rund zehn Millionen Euro Erlös. Wieder waren es die Aktivisten von Animal Welfare, die 2021 anhand von Videoaufnahmen belegten, dass auch auf der kühlen Insel mit den Stuten nicht gerade zimperlich umgegangen wird. Selbst für hartgesottene Doku-Gucker wie mich ist es schwer anzuschauen, wie die trächtigen Stuten mit Peitschenhieben und Schlägen oder von Hunden gejagt in Fixierboxen getrieben und dort an Rücken und Kopf festgeschnallt werden, damit sie stillhalten, wenn ihnen eine Kanüle, fast so dick wie ein Finger, in die Halsvene geschoben wird. Fünf Liter werden in einem Zug abgezapft, sie fließen per Schlauch direkt in einen Kanister. Diese Prozedur wird zwischen dem 45. und 110. Trächtigkeitstag – da ist die PMSG-Konzentration im Blut am höchsten – so oft wiederholt, bis jede Stute 40 bis 50 Liter geliefert hat.

Aufschlussreich waren im Zuge der Enthüllungen die Reaktionen der zuständigen deutschen Behörden. Die fanden das natürlich alles schlimm und zeigten die übliche Betroffenheit. Sie teilten mit, dass man in den Ländern, die PMSG liefern, den Austausch mit den verantwortlichen Dienststellen suchen werde, um Änderungen anzuregen. Das übliche Blabla, selbstredend ohne jegliches Ergebnis.

Als erste Hinweise auftauchten, auch in...


Hannes Jaenicke, geboren 1960 in Frankfurt a. M., absolvierte seine Schauspielausbildung am Max Reinhardt Seminar in Wien und hatte seinen Durchbruch 1984 mit dem Thriller Abwärts. Seitdem spielte er in über 200 Projekten auf der Bühne, im Kino und im Fernsehen. Neben der Schauspielerei engagiert er sich seit vielen Jahren für den Erhalt der Umwelt und bedrohter Tierarten. Öffentlich bekannt wurde er mit seinen Herzensthemen Nachhaltigkeit, Klima- und Umweltschutz durch seine vielfach preisgekrönte Doku-Reihe im ZDF, die auf eindringliche Weise die Zusammenhänge zwischen Umweltzerstörung, Artensterben, Industriemachenschaften und Konsumentenverhalten aufzeigt. Auch als Buchautor greift er immer wieder brisante Themen auf und veröffentlichte mehrere SPIEGEL-Bestseller, darunter "Die große Volksverarsche" und Wer der Herde folgt, sieht nur Ärsche. Hannes Jaenicke wurde für sein unermüdliches Engagement mehrfach ausgezeichnet, zuletzt mit der bayerischen Staatsmedaille.

Fred Sellin, Jahrgang 1964, studierte Journalistik, arbeitete als Redakteur für verschiedene Tages- und Wochenzeitungen und lebt heute als freier Autor in Hamburg. Er schrieb Biografien, investigative Sachbücher und True-Crime-Titel zu verschiedenen Themen.



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