Jakob | Falke und Adler | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 628 Seiten

Jakob Falke und Adler

Historischer Roman
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7529-1651-5
Verlag: neobooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Historischer Roman

E-Book, Deutsch, 628 Seiten

ISBN: 978-3-7529-1651-5
Verlag: neobooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Palermo, Anfang des 13. Jahrhunderts: Luna, Ärztin und Vertraute des sizilianischen Kindkönigs Federico, sieht ihren Schützling erwachsen werden und mit großer Willensstärke seinen eigenen Weg gehen. Unter den königlichen Beratern scheint sie allein noch Einfluss auf ihn zu haben. Ihr Gemahl, der Schwertmeister des Königs, beobachtet voller Argwohn Federicos unverminderte Zuneigung zu Luna. Als der junge König von deutschen Fürsten zum Kaiser gewählt wird, treten sie eine abenteuerliche Reise von Palermo nach Mainz an, um die Krone in Empfang zu nehmen. Doch Luna sehnt sich nach einem eigenen Leben. Kann sie dem Klammergriff des Königs zu entkommen? Ein farbenprächtiges Porträt des jungen Friedrich II., der als Waisenkind in Palermo aufwuchs und zu dem Stauferkaiser wurde, der als 'Verwandler der Welt' die Nachwelt wohl am stärksten prägte.

Johanna Marie Jakob, Jahrgang 1962, lebt am Fuße der Burg Lohra im Südharz und unterrichtet an einem Gymnasium Mathematik, Physik und Astronomie. Dies ist ihr siebenter historischer Roman.
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Autoren/Hrsg.


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Palermo, Herbst anno 1201


Bald plagt mich der Deutsche,

bald verletzt mich der Toskaner,

bald quält mich der Sizilier ...“

Der junge Friedrich II. in einem Brief an die Fürsten des Reiches

Entsetzen stand in den Augen des Jungen, der Haken schlagend über den Basar rannte und im Vorüberlaufen am Korbmacherstand einen Stapel Füllkörbe umriss. Der beleibte Mann, der ihm dicht auf den Fersen war, schwang ein blankgeschliffenes Hackebeil, wie die Fleischer es verwenden, um Hammelhälften zu zerteilen. Sein Gesichtsausdruck ließ keinen Zweifel daran, dass er es benutzen würde, sollte er den Jungen einholen. An der Auslage eines Obststandes stieß der Flüchtende mehrere Kisten mit Zitronen um, die gelben Früchte rollten die abschüssige Gasse hinunter. Der Obsthändler kreischte wie ein Weib und schloss sich dem Beilschwinger an. In einer Seitengasse, die vom Hafen kam und auf den Markt mündete, lehnte ein junger Edelmann an einer Hausecke. Von seinem Standpunkt aus hatte er einen guten Überblick über das Geschehen. Er sah, wie der Tuchhändler, auf dessen Stand der Flüchtende zusteuerte, sich breitbeinig vor seinen Stoffballen aufstellte, seine Fäuste schüttelte und schrie: „Diesmal kriegen wir dich, verdammter aleman!“. Zu seiner Rechten entdeckte der junge Beobachter eine Frau, die sich über die Auslagen eines Gewürzhändlers beugte, bis das Geschrei auch ihre Aufmerksamkeit weckte und sie sich aufrichtete. Sie trug Seidenhosen arabischer Machart, ein zarter Schleier verdeckte ihr Gesicht. Er runzelte die Stirn, denn ihre Gestalt und die Art, sich zu bewegen, kamen ihm vage bekannt vor. Der Junge rannte jetzt direkt auf sie zu, hinter sich eine ständig anwachsende Meute von Verfolgern. Die wütende Menge schrie aleman und maledetto und fuchtelte mit Messern, Stöcken und anderen gefährlichen Gegenständen. Da die Verfolger rollendem Obst und Scherbenhaufen ausweichen mussten, vergrößerte sich der Vorsprung des Flüchtenden. Der Gewürzhändler hinter dem Tresen stieß einen warnenden Ruf aus. Er schien zu überlegen, ob er seinen schwerfälligen Körper nach vorn bewegen sollte, doch der Junge war bereits heran. Die Frau mit dem Schleier öffnete die Arme, als wolle sie ihn auffangen, da schlug der Kleine einen sehenswerten Haken, wich nach links zwischen die Marktstände aus und rannte schnurstracks auf seinen heimlichen Beobachter zu. Überrascht schrie er auf, als dessen Arm hervorschnellte und ihn am Kragen packte. Dunkle Locken und knielange Hosen aus sizilianischer Wolle wiesen den erfolgreichen Häscher als Einheimischen aus. Der feine Stoff seiner Beinkleider und das helle Linnen des Hemdes ließen außerdem einen Mann von Stand erkennen. Das hielt die Menge ab, sofort über den Gefangenen herzufallen, der verbissen mit den Armen ruderte und nach hinten austrat. Nach einigen Augenblicken sprachlosen Staunens regte sich unter den Verfolgern Unruhe. „Er gehört uns!“, rief der Korbhändler. „Gebt ihn heraus, den kleinen bastardo!“

„Was hat er getan?“, fragte der junge Mann. „Er klaut mit seiner Diebesbande mehr, als er essen kann!“, schnaufte der Zitronenhändler.

Der Metzger drehte das Beil in der Hand und knurrte: „Was soll das Gerede?Es muss endlich ein Ende haben.“ Er fuhr mit dem Daumen über die blank geschliffene Klinge. „Ich kürze seine klebrigen Finger.“

„Er ist ein Kind, das seht ihr doch!“ Zum ersten Mal mischte sich die Frau mit dem Schleier ein.

Der junge Mann wandte überrascht den Kopf, als er ihre Stimme hörte. Ihr Oberkleid war aus teurem Damast gefertigt, vom Schnitt her allerdings längst aus der Mode. Hinter der zarten Seide des Schleiers schimmerte ihr Gesicht weiß wie Milch. Die Leute murmelten und tuschelten, kurz abgelenkt durch diese hellhäutige Frau.

Der Zitronenhändler kam endlich auf das dringende Anliegen zurück. Er deutete mit seinem langen Messer hinter sich. „Seht, was er angerichtet hat!“ Die beträchtliche Verwüstung zog sich durch die Marktgasse. „Das ist nicht das erste Mal. Wollt Ihr für den Schaden aufkommen?“ Sein Messer zeigte jetzt auf den jungen Mann, an dessen Arm der Gefangene zappelte.

Zustimmend knurrend rückten die Leute einen Schritt vor. Die Frau schlug ihren Schleier zurück. „Fasst ihn nicht an!“

„Luna?“, rief der Edelmann. Ihre ungewöhnlich hellen Augen forschten in seinem Gesicht. Dann hob sie die Hände. „Florent, du bist es!“

„Was wird nun?“, schrie der Zitronenhändler ungeduldig. „Gebt Ihr ihn freiwillig raus?“

„Diebe! Ladri!“ Unerwartet kam Bewegung in die Leute, als aus dem Zentrum des Marktes vereinzelte Rufe kamen. „Dort laufen die anderen! Schnappt sie euch!“

Ohne Zögern drehten die Händler um und rannten zurück zu ihren Ständen, die unbewacht in der Morgensonne lagen. „Schnell!“ Florent drängte sie in die Nebengasse, aus der er vor wenigen Minuten gekommen war. „Lasst uns verschwinden.“

Der Junge wollte sich losreißen, doch er packte ihn fester. „Du bleibst, amico mio, ich will wissen, für wen ich mir Ärger einhandele.“ Mit hastigen Schritten liefen sie die Gasse hinunter in Richtung Hafen.

„Was machst du in Palermo?“, fragte er Luna.

„Ich arbeite bei einer Kräuterfrau.“

Als er abwartend schwieg, fügte sie hinzu: „Ursprünglich wollte ich zurück in den Norden, doch Lorna ist blind und braucht mich.“

„Kann ich endlich gehen?“, begehrte der Junge auf.

Florent schüttelte den Kopf. „Zuerst klären wir ein paar Dinge: Wie ist dein Name und wo bist du zu Hause?“

Der kleine Dieb schniefte abfällig und wischte sich die Nase am Ärmel ab. Unter dem Straßenstaub kamen ein paar vereinzelte Sommersprossen zum Vorschein. Florent schätzte ihn auf sechs oder sieben Jahre. Seinem Selbstbewusstsein nach zu urteilen, gehörte er zu den Bettlerkindern, die sich in Palermos Gassen durchschlagen mussten. Sein Wams starrte vor Schmutz, war jedoch von bester Qualität. Das Hemd aus feinem Linnen wies am Ärmel einen Riss auf, die Beinkleider waren aus teurer Wolle gefertigt. Der Junge trug sogar lederne Schuhe, was für ein Bettlerkind mehr als ungewöhnlich war.

Florent knuffte ihn leicht in die Seite. „Wenn du nicht redest, dann bringe ich dich umgehend zurück zu dem Metzger. Der hatte irgendwas mit deinen Fingern vor, erinnerst du dich?“

Sie bogen am Kai nach Osten ab. Auf etwa einem Dutzend windschiefen Tischen boten Fischer schreiend ihren frischen Fang an. Es roch nach Salz, Tang und Fischabfällen. Sie tauchten ein in die Menge schwatzender Hausfrauen und körbetragender Mägde, die mit kritischen Mienen und Fingern die zum Teil noch zappelnden Fische, Oktopusse und Krabben prüften. Die Blicke des Jungen hingen an einem Stapel frischer Seehechte.

„Hunger?“, fragte Luna.

„Ich schon“, bemerkte Florent. Sie blieben bei einer älteren Frau stehen, die in einer großen Pfanne Garnelen röstete. Es duftete verführerisch. Er kaufte für jeden eine Portion, die die Alte in einem Kohlblatt reichte. Der Junge griff zögerlich zu. „Was ist? Bist du etwa wählerisch?“, fragte Luna und fingerte vorsichtig nach einer der heißen Garnelen.

„Hab keinen Hunger.“ Sein Tonfall war noch immer verstockt und sein Blick suchte die Umgebung ab.

„Denk gar nicht daran!“, knurrte Florent und versuchte, eine heiße Garnele mit den Lippen aus dem Kohlblatt zu fischen. „Ich habe dich am Kragen.“

„Warum stiehlst du, wenn du keinen Hunger hast?“, fragte Luna. Sie liefen am Kai entlang und ließen den Trubel des Fischmarktes hinter sich.

Der Junge verdrehte die Augen und fuhr sich mit der freien Hand durch sein struppiges helles Haar. „Es war nicht für mich.“

„Für wen dann? Für deine Freunde?“

Er schwieg und griff sich nun doch eine Garnele.

„Warum haben die Händler aleman geschrien?“, fragte Florent.

„Mein Vater kam aus dem Norden, aus Deutschland.“

Luna musterte die sandfarbenen Haare des Jungen. „Ist er tot?“

„Ja, schon lange.“

„Aber deine Mutter …“

„Gestorben.“

Luna sah ihn mitleidig an, erntete einen genervten Blick aus graublauen Augen und bemühte sich um einen neutralen Tonfall: „Wer kümmert sich um dich?“

Er leckte das heiße Öl vom Kohlblatt. „Die Mägde im Palazzo.“

Florent schob die Brauen hoch, sodass sie unter seinen dunklen Locken verschwanden. „Welcher Palazzo?“

Wieder sah der Junge sich um, als warte er auf jemanden. „Suchst du deine Freunde?“, fragte Florent. „Habt ihr die Marktleute gemeinsam bestohlen?“

Der Bengel stöhnte. „Wir wollten nur eine Handvoll Rindfleisch. Das hätte den Geizhals von Metzger nicht umgebracht.“

„Wozu Rindfleisch?“

„Für den Falken.“

„Jetzt lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen!“, schimpfte Florent. Er hatte seine Garnelen aufgegessen und machte sich über das ölgetränkte Kohlblatt her. „Ein wenig dankbar könntest du sein. Wer weiß, was der Metzger mit seinem Beil inzwischen alles …“

„Niemand kriegt Federico!“, trumpfte der Junge auf, ohne zu merken, dass er seinen Namen verraten hatte. „Wenn Ihr mich nicht feige aus dem Hinterhalt gegriffen hättet, wäre ich ihnen davongerannt.“

Florent furchte die Stirn. „Feige?“ Die Reste seines Kohlblatts fielen in den Sand.

Im selben Moment zeigte der Bengel mit erschrockener Miene in Richtung Fischmarkt: „Da, seht!“

Sie wandten die Köpfe...



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