E-Book, Deutsch, Italienisch, 312 Seiten
Janovsky / Resinger Lebenswelten 2021 / Realtà di vita 2021
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7065-6240-9
Verlag: Studien Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Eine Studie über die Werthaltungen von Jugendlichen in der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino / Uno studio sui valori dei giovani nell'EUREGIO Tirolo, Alto Adige e Trentino
E-Book, Deutsch, Italienisch, 312 Seiten
ISBN: 978-3-7065-6240-9
Verlag: Studien Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Welche Wertvorstellungen, Hoffnungen und Erwartungen haben Jugendliche der Euregio Tirol-Südtirol-Trentino? Was ist ihre Sicht auf ihre persönliche und die gesellschaftliche Zukunft? Was ist ihnen privat, in der Politik und in Fragen der Religion wichtig? Wie stehen sie zu Fragen der Migration und Inklusion? Zu diesen und weiteren Fragen geben 14- bis 16-Jährige aus allen Bezirken der drei Regionen Auskunft in einer repräsentativen Studie, die von der Pädagogischen Hochschule Tirol und der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Edith Stein durchgeführt wurde. In den Zeitraum der Erhebung fällt die COVID19-Pandemie in Europa mit anhaltenden Beschränkungen, Veränderungen und daran anschließende Diskussionen. Der Alltag der Jugendlichen hat sich just in dieser Zeitspanne erheblich verändert.
Quali prospettive di valori, quali speranze e aspettative hanno i giovani dell'Euregio Tirolo-Alto Adige-Trentino? Quale visione hanno del loro futuro personale e sociale? Cosa è importante nella loro dimensione privata, in quella pubblica e in ambito religioso? Che cosa pensano sulle tematiche della migrazione e dell'inclusione? Ragazzi e ragazze dai 14 ai 16 anni di tutti i distretti delle tre regioni forniscono informazioni su queste e altre domande in un rilevante studio condotto dalla Pädagogische Hochschule del Tirolo e dalla Kirchliche Pädagogische Hochschule Edith Stein. La fase di rilevamento dei dati coincide con la pandemia da COVID19 in Europa e con le restrizioni in corso, i cambiamenti e le successive discussioni. La vita quotidiana dei giovani è mutata notevolmente proprio in questo periodo di tempo.
Nikolaus Janovsky, Mag. Dr., ist Theologe mit dem Schwerpunkt Systematische Theologie. Lehre und Forschung an der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Edith Stein, aktuell ebendort als Vizerektor tätig.
Paul Resinger, Dr. Mag., ist Hochschulprofessor an der Pädagogischen Hochschule Tirol. Seine Arbeits- und Forschungsschwerpunkte sind Lernen und Lehren in der beruflichen Bildung, Diagnose und Förderung von Lesekompetenz und Youth Entrepreneurship.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
3. Wertetypen, Ängste und Zukunftserwartungen Jugendlicher
Ulrike Stadler-Altmann, Christian Vollmer und Martina Koller 3.1 Lebenswelt der Jugendlichen in der Euregio
Mit der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft Mitte des 20. Jahrhunderts kann ein Prozess des Zusammenwachsens in Europa beobachtet werden. Dabei steht Europa auch für einen Wertekanon, der aktuell im Kontext der Covid-19-Pandemie, aber auch in Hinblick auf Globalisierung und Digitalisierung in der Öffentlichkeit diskutiert wird1. Vor diesem geteilten historischen Hintergrund und dem durchaus kritischen Diskurs um einen europäischen Wertekanon (Würtz, 2014) stellt sich die Frage, wie einheitlich die Regionen der Euregio Tirol, Südtirol, Trentino als Einheit in Bezug auf geteilte Wertvorstellungen zu beschreiben sind. Gesellschaftliche, kulturelle und individuelle Gemeinsamkeiten sowie Unterschiede lassen sich in empirischen Studien finden, wenn zugrunde liegende Vorstellungen und Überzeugungen operationalisiert werden. Im Kontext der Studie „Lebenswelten Jugendlicher in der Euregio Tirol, Südtirol und Trentino“ werden deshalb die Wertvorstellungen, Ängste und Zukunftserwartungen der Jugendlichen erhoben, um das Leben, das Gemeinschaftsempfinden und die Sozialisationsbedingungen der Jugendlichen in einer europäischen Region abbilden zu können, die zwar zwei Länder umfasst, sich aber durch vielfältige Gemeinsamkeiten auszeichnet, z. B. durch vergleichbare Lebensbedingungen und Bildungsangebote. Wertetypen – Werte, die eine Persönlichkeit ausmachen Pöge (2016, S. 167) erklärt Werte in Anlehnung an Kluckhohn als „grundlegende bewusste oder unbewusste Vorstellungen von Wünschenswerten, die die Wahl von Handlungsarten und Handlungszielen beeinflussen“. Damit stellt er heraus, dass Persönlichkeitswerte selbsttragende Präferenzstrukturen sind, die Individuen in ihren Handlungen anleiten und auf eine voreingenommene Art und Weise handeln lassen (Rokeach, 1968; Hechter, 2005). Unterschiedliche Werte stehen sich dabei als unvereinbar gegenüber und werden von den Personen selbst wie auch im gesellschaftlichen Kontext in eine Hierarchie des besser/schlechter gebracht (Roßteutscher, 2004). Persönlichkeitswerten wird in soziologischer Perspektive zudem eine Wertung attribuiert. So werden gesellschaftliche Werte mit ihrer integrativen Wirkung von Institutionen als „gut“ bewertet und individuelle Werte eher als chaotisch, egoistisch und inakzeptabel (Haller, 2002). Gesellschaftliche Normen sind bei Hechter (2005) erst dann Werte, wenn diese vom Individuum internalisiert wurden. Werte sind demnach verinnerlichte gesellschaftliche Normen, die zu unbewussten Kriterien des individuellen Handelns werden können. Typischerweise verfolgen Menschen aber verschiedene Lebensziele und können dadurch verschiedene Werte gleichzeitig auswählen und abwählen (Pöge, 2016). Deshalb werden im folgenden Wertetypen gebildet, die auf einer Werttheorie beruhen, die Prioritätensetzung und Unvereinbarkeit von Widersprüchlichem aufnehmen und integrieren. Fußend auf den diesbezüglichen Überlegungen von Parsons, Rokeach und Inglehart (Roßteutscher, 2004) hat Shalom H. Schwartz (1992) seine Theorie universeller menschlicher Persönlichkeitswerte entwickelt. Schwartz definiert den Wertebegriff gegliedert in die Aspekte des Individuellen und des Gesellschaftlichen sowie des Internen und des Externen und entwirft ein kreisförmiges Modell (Grafik 1). Grafik 1: Einordnung der 21 Werte-Items in das circumplexe Modell nach Schwartz Schwartz spannt dadurch einen mehrdimensionalen Werteraum auf, dessen Pole sich widersprechen (Schwartz, 1992): Prestige vs. Altruismus und Offenheit vs. Erhaltung. Im Kreis aneinandergrenzende Wertetypen sind sich ähnlich, eine Distanz bzw. eine Zunahme der Distanz bedeutet eine Abnahme der Ähnlichkeit und wachsende Divergenz. Gegenüberliegende Wertetypen stehen in diesem Modell in einem größtmöglichen Kontrast. Dieses circumplexe Modell mit vier gegenüberliegenden Dimensionen und neun untergeordneten polaren Dimensionen liegt der Analyse der Ergebnisse zugrunde. Das hat den Vorteil, dass, anders als in der Speyerer Wertetypologie nach Herbert (1992), Gensicke (1999) und Klages (2001), keine festen Wertetypen, wie Konventionalisten, Idealisten, HedoMats, Realisten und Resignierte, gebildet werden, sondern dynamische Beschreibungen der Wertetypen möglich sind. Ausgehend von den vier Wertetypen nach Schwartz können so die Ausprägungen der Wertetypen zwischen Offenheit für Wandel, Selbsttranszendenz, Bewahrung des Bestehenden und Selbststärkung für die Jugendlichen der Euregio beschrieben werden. Dadurch werden auch geteilte Werteauffassungen der Jugendlichen und damit die gesellschaftlichen Kontexte der Jugendlichen sichtbar. Ergänzend zur Studie Lebenswelten 2020 (Jugendforschung Pädagogische Hochschulen Österreichs, 2021), die die Wertetypen Materialisten, Erfolgsorientierte, Zögerliche und Idealisten benennt, können die Ergebnisse und Analysen der vorliegenden Studie das Bild der Jugend in der Euregio erweitern und auch im Hinblick auf eine erziehungswissenschaftliche Jugendforschung Akzente setzen. Ängste Angst als angeborene Basisemotion (Krause, 2012) begleitet den Menschen ein Leben lang und erfüllt im Jugendalter eine wichtige Funktion bei der Bewältigung von Entwicklungsaufgaben, d. h. beim individuellen Zurechtfinden in der Welt. Typischerweise fürchten sich Jugendliche im Alter von 14 bis 16 Jahren vor der Ablehnung durch Gleichaltrige, der negativen Bewertung in der Schule oder Ausbildung, vor Beschämung und vor dem Übergang von Schule zu Ausbildung, Beruf bzw. Studium (Carr, 1999). Die Ausprägungen der Ängste werden vom Umfeld, der jeweiligen individuellen Situation und den angebotenen Möglichkeiten, z. B. in der Schule oder in der Familie, diese zu überwinden, beeinflusst (Kruska, 2020). Zukunftserwartungen Jugendliche der Altersgruppe 14 bis 16 Jahre haben das Ziel, erwachsen zu werden. Damit sind konkrete Erwartungen an ihre Zukunft verbunden, die sich in ihren Werteüberzeugungen und Handlungen spiegeln. Das Konzept der altersspezifischen Entwicklungsaufgaben (Reinders, 2001) erklärt jugendliche Verhaltensweisen mit dem Aufeinandertreffen von innerer Entwicklung und äußeren Aufgaben. Fend (2005) nennt einige Entwicklungsaufgaben, die Kinder und Jugendliche in der mittleren bis späten Kindheit und in der Adoleszenz zu lösen haben. Um diesen Aufgaben gewachsen zu sein und alle Aufgaben erfolgreich oder zumindest zufriedenstellend lösen zu können, benötigt der heranwachsende Mensch ein stabiles und positiv gestimmtes Selbstkonzept (Stadler-Altmann, 2010) sowie Zukunftserwartungen, die realistisch erscheinen. „Die Herausbildung von Vorstellungen der Zukunftsperspektiven und Lebenschancen stellt einen notwendigen und wichtigen Entwicklungsschritt für Jugendliche dar, der zur Identitätsbildung beiträgt. Diese werden beeinflusst von Wünschen, Hoffnungen, Erwartungen, Plänen und Zukunftszielen“ (Lange et al., 2013, S. 43). Deshalb werden die Zukunftserwartungen in der vorliegenden Studie erfasst und im Kontext von Werten und Ängsten analysiert, wie in den meisten aktuellen Studien zum Jugendalter, z. B. in Lebenswelten 2020 – Werthaltungen junger Menschen in Österreich (Jugendforschung Pädagogische Hochschulen Österreichs, 2021) und in der Shell Jugendstudie (Hurrelmann et al., 2019). 3.2 Fragestellung und Vorgehensweise
Jugend als Thema der Sozialwissenschaft und explizit der Erziehungswissenschaft steht im Kontext von Lebenswelten, Bildungsmöglichkeiten, sozialen Problemlagen, Sozialisationsbedingungen und entsprechenden Forschungsperspektiven (Puchert & Schwertfeger, 2020). Da die Studie „Lebenswelten Jugendlicher in der Europaregion Tirol, Südtirol und Trentino“ an die ebenfalls 2020 durchgeführte Jugendstudie zu den Lebenswelten von Jugendlichen in Österreich anknüpft, ist der Blick auf die Jugendlichen hier entsprechend soziologisch und erziehungswissenschaftlich geprägt. Dabei werden mit den folgenden Fragen die Perspektiven der Jugendlichen ins Zentrum der Studien und der Überlegungen gestellt: • Was ist Jugendlichen in ihrem Leben wichtig, welche Werte leiten sie? • Welche Ängste haben Jugendliche? • Wie sehen Jugendliche ihre Zukunft? Welche Ziele haben sie? Weiterführende Fragen betten die Lebenswelten der Jugendlichen in soziale, kulturelle und regionale Gegebenheiten und wollen unterschiedliche Zukunftsperspektiven erklären: Was erwarten sie von einer Partnerschaft? Wie wichtig ist ihnen ihre schulische Ausbildung? Was tun sie in ihrer Freizeit und welche Erwartungen haben sie an ihren künftigen Beruf? Grundlagen der Studie sind Selbstauskünfte der Jugendlichen in Tirol, Südtirol und Trentino, die zunächst einzeln nach den Aspekten Wertetypen, Ängste und Zukunftsperspektiven dargestellt und abschließend im Zusammenhang beschrieben werden. Erkenntnisinteresse Als Teilaspekt der Euregio-Gesamtstudie werden hier die Ergebnisse zu...