Johnson | Schlittschuhglück und Mandelduft | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 3, 384 Seiten

Reihe: Comfort Food Café-Reihe

Johnson Schlittschuhglück und Mandelduft

Roman
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-641-23587-1
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

E-Book, Deutsch, Band 3, 384 Seiten

Reihe: Comfort Food Café-Reihe

ISBN: 978-3-641-23587-1
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Herzlich Willkommen im gemütlichen Comfort Food Café!

Als Zoes beste Freundin Kate an Brustkrebs stirbt, stellt das ihre Welt auf den Kopf. In nur wenigen Stunden wird sie von der verrückten Nachbarin, die kaum eine Pflanze am Leben erhalten kann, zu einer Frau, die Verantwortung übernehmen muss. Denn sie ist nun die Erziehungsberechtigte für Kates sechzehnjährige Tochter Martha. Zoe zieht zusammen mit Martha in das kleine Dörfchen Budbury, in der Hoffnung, dass die frische Seeluft und das beschauliche Leben ihnen helfen, Kates Tod zu verarbeiten. Und die beiden haben Glück: Die Menschen dort sind sehr freundlich und haben stets ein offenes Ohr und eine Schulter zum Anlehnen. Als plötzlich Marthas lange verschwundener Vater auftaucht, sind die beiden umso mehr auf die Liebe und Unterstützung ihrer neuen Freunde angewiesen …

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1. KAPITEL

Liebe Zoe,

ich weiß nicht, warum ich dir diesen Brief schreibe – ein überfallartiger Anfall einer Depression, vermute ich. Eine der unerwarteten Begleiterscheinungen des Mutterseins, vor denen einen niemand warnt. Plötzlich geht die Fantasie mit dir durch, als würde ein Jack-Russel-Terrier nach deinem Verstand schnappen und damit herumwedeln wie mit einer Stoffpuppe, sodass du am Schluss ein dem Wahnsinn verfallenes Häufchen Elend bist.

Aus irgendeinem Grund habe ich mir heute Abend darüber Gedanken gemacht, was aus Martha wird, wenn ich einmal nicht mehr bin. Also, »aus irgendeinem Grund« stimmt eigentlich nicht – den Grund kenne ich ganz genau. Prinzessin Diana. Ich habe noch Klassenarbeiten korrigiert und dabei diese Dokumentation gesehen – zu ihrem zehnten Todestag.

Der Anblick der beiden Jungs auf der Beerdigung – der kleine Will und Harry – hat diese Gedanken wohl ausgelöst. Sie haben sich so sehr bemüht, tapfer und erwachsen zu sein – und dabei doch nur wie zwei kleine, verlorene Seelen ausgesehen, die sich fragten, wo ihre Mum war. Am liebsten hätte ich sie in den Arm genommen und ganz fest gedrückt. Meine Begeisterung für die Monarchie hält sich ja in Grenzen, aber so ein Schicksalsschlag hat nichts mit Geld oder Gesellschaftsschicht zu tun, oder? Die Mutter zu verlieren – eine Mutter, die ihre Kinder über alles geliebt hat, so wie Diana ihre Jungs offensichtlich geliebt hat – ist einfach schrecklich.

Und so habe ich schließlich aufgrund der Sendung, des Weins und der späten Stunde total aufgelöst dagesessen. Du hättest mich sehen sollen – tränenverschmiert habe ich die Kissen an mich gedrückt und mich vor Trauer um eine Frau geschüttelt, die ich nie kennengelernt habe, und um ihre beiden mutterlosen Jungs. Abgedreht.

Danach konnte ich stundenlang nicht einschlafen und habe nachgedacht – über dich, über Martha und darüber, welche Lieder auf meiner Beerdigung gespielt werden sollen. Herausgekommen ist dabei nichts – ich weiß, es sollte was Würdevolles sein, aber … na ja, würdevoll sind wir ja wohl eher nicht, oder? Sind’s nie gewesen. Mir kommt immer nur was Albernes in den Sinn, wie Boom Boom Boom von den Vengaboys oder Disco 2000 von Pulp, und die Leute tanzen beim Herausrollen des Sargs.

Egal. Letztendlich beschloss ich aufzustehen und stattdessen diesen Brief hier zu schreiben. Ich werde ihn morgen zu einem Anwalt bringen, zusammen mit ein paar anderen Unterlagen, und mein Testament machen. Kein fröhliches Thema, ich weiß, aber ich denke, dass ich mich danach besser fühlen werde. Ich handele ausnahmsweise mal wie ein verantwortungsvoller erwachsener Mensch – nicht gerade mein Fachgebiet, aber es muss sein.

Am allerwichtigsten ist natürlich Martha. Ihr Vater lebt am anderen Ende der Welt. Sie hat ihn bisher nicht einmal kennengelernt, und meine Eltern sind verklemmte Kontrollfreaks. Der einzige Mensch, der sie liebt und sie genauso gut kennt wie ich, bist du, Zoe. Ich habe keinen Schimmer, was die rechtliche Seite betrifft. Ob man ein Kind in einem Testament vermachen kann wie einen alten Ring oder die Erstausgabe der gesammelten Werke von Charles Dickens. Da muss ich mich noch erkundigen.

Doch egal was dabei herauskommt, im Grunde meines Herzens – meines vor Tränen triefenden Herzens, angesichts der beiden mutterlosen königlichen Prinzen – weiß ich schon jetzt, dass sie bei dir aufwachsen soll. Du bist ihre zweite Mum. Du wirst ihr helfen, alles durchzustehen, so wie wir uns geholfen haben in unserer verrückten Jugendzeit. Nichts war perfekt – doch wir haben es geschafft, da wir uns hatten. Du kannst das Gleiche für sie tun. Das weiß ich.

Hoffentlich wirst du diesen Brief nie lesen müssen, Zoe. Hoffentlich bin ich noch da, wenn wir hundert sind und uns im Pflegeheim den Gin hinter die Binde gießen und den Chippendales auf der Bühne zujubeln, mit den dritten Zähnen im Mund. Hoffentlich kichern wir darüber, wie peinlich wir Martha sind, und erinnern uns an die Zeit, als wir noch wussten, welcher Wochentag war.

Doch … ich wollte das hier … einfach nur mal vorsichtshalber schreiben. Du sollst wissen, dass ich dich lieb habe und dass du für mich meine Familie bist, mehr als meine eigene. Sollte es hart auf hart kommen, also sollte ich bei einem Autounfall sterben oder aus der Achterbahn fallen oder sonst was, brauche ich dich. Für Martha. Der Gedanke wird dir Angst einjagen. Ich weiß. Du hast es sogar geschafft, diesen Kaktus umzubringen, den wir damals aus unserem Urlaub auf Ibiza mitgebracht haben und der angeblich nicht totzukriegen war. Das weiß ich auch. Du kannst nicht kochen, fährst wie eine Irre, trägst unterschiedliche Socken, verlierst dreimal am Tag deine Schlüssel und bürstest dein Haar alle Jubeljahre mal, sodass du Dreadlocks bekommst. All das weiß ich.

Doch ich weiß auch, dass du da, wo es drauf ankommt, alles hast, um für ein Kind zu sorgen – weil du sie nämlich genauso sehr lieben wirst wie ich. Du wirst sie weder in einen Menschen verwandeln wollen, der sie nicht ist, noch in eine Form hineinpressen, die nicht zu ihr passt. Du wirst sie lieben, egal wie groß das Chaos ist, das in ihrem Zimmer herrscht. Und das ist, ehrlich gesagt, sehr viel wichtiger als gleichfarbige Socken – also glaub mir, wenn ich dir sage, dass du das kannst.

Wie auch immer, ich bin jetzt ziemlich erledigt. Ich trinke noch einen Schluck Wick MediNait, rede mir ein, es wäre Absinth, lege mich wieder hin und hoffe auf das Beste. Morgen ist Marthas Aufführung in der Vorschule. Sie spielt … einen Ninja-Fisch. Frag besser nicht! Ich muss frisch wie der Frühling sein und so tun, als würde ich mich über die Auftritte der anderen Kinder genauso freuen wie über ihren (was eine Lüge ist, die alle Eltern erzählen müssen – in Wahrheit warten alle nur darauf, dass der eigene zauberhafte Superstar auf der Bühne erscheint).

Ein paar Sachen muss ich dir noch sagen, obwohl mir klar ist, dass die Auswahl zufällig ist. Martha isst am liebsten Sandwiches mit Fischstäbchen. Das Weißbrot muss gebuttert sein und die Scheiben so fest zusammengedrückt, dass Fingerabdrücke zurückbleiben.

Ihre Lieblingssendung ist noch immer Spongebob Schwammkopf. Insgeheim mag sie aber auch In the Night Garden, obwohl sie das schon ein bisschen kindlich findet. Sie zieht sich gern wie Stephanie aus Lazy Town an und wird versuchen, mit der pinkfarbenen Perücke ins Bett zu gehen, wenn du das nicht verhinderst, was du aber tun wirst. Ihr eigenes Haar wird nämlich dadurch derart zerzaust, dass du es mit Kindershampoo waschen musst. Eigentlich soll damit ja nichts mehr ziepen, doch meine Erfahrung hat mich was anderes gelehrt.

Wenn sie nicht schlafen kann, hört sie gern eine CD mit den Geschichten dieser sprechenden Hamster. Darüber nickt sie dann ein. Ihr momentaner Lieblingsschlafanzug ist der mit Shaun dem Schaf. Sie trägt ihn auch schon mal gern tagsüber. Ich habe da kein Problem mit, und ich weiß, dass du auch keins haben wirst.

Wenn sie irgendwas aufregt, sing das Titellied von Postbote Pat. Aber laut und mit Schmackes, sonst funktioniert es nicht. Mag sein, dass sie anfangs noch zu wütend ist, doch irgendwann fängt sie an mitzusingen und vergisst ihren Kummer. Obwohl sie die Sendung nicht mehr sieht, hat sich das Lied scheinbar in ihr Gedächtnis eingebrannt und beruhigt sie, egal was ist.

So, mit diesem nützlichen Hinweis verabschiede ich mich. Ja, ich weiß, ich bin irre – aber das war ich schon immer, oder? Die arme Prinzessin Diana.

Vergiss nicht – das Titellied von Postbote Pat. Laut, mit Schmackes. Das heilt sämtliche Übel.

Hab dich schrecklich lieb,

Küsschen, Kate

Ich lese den Brief zum gefühlten millionsten Mal und falte ihn wieder zusammen. Er beginnt langsam zu zerfleddern. Dagegen muss ich was machen. Irgendwas. Ihn laminieren oder so, um die kostbaren Worte, die kostbare Handschrift, die kostbare Verbindung zwischen mir und meiner mittlerweile toten Freundin zu erhalten.

Die wichtigste Verbindung zwischen uns ist genauso kostbar. Na ja, noch kostbarer, da sie ein Mensch ist und kein Stück Papier – allerdings ist sie nicht annähernd so leicht zu beschützen. Mein Blick wandert zu Martha, die in sich zusammengesackt auf dem Wohnzimmerboden liegt, die Kleider vollgespritzt mit Erbrochenem, und ich frage mich, ob ich sie vielleicht auch laminieren kann. Auf jeden Fall würde ich mir so eine Menge Wäsche ersparen.

Dieser Brief wurde vor Jahren geschrieben. Gefühlt vor einem Jahrtausend. Damals war Martha noch ein unbeschwertes, liebenswertes, kleines Mädchen, das sich anzog wie Stephanie, einschließlich der pinkfarbenen Perücke, während ich Sportacus gemimt habe. Wir aßen Satsumas und leckten uns den Saft von den Fingern, als würden wir den Nektar der Götter kosten.

Mittlerweile ist Martha sechzehn, und ich könnte die Badewanne bis zum Rand mit Kindershampoo füllen und sie darin einlegen, es würde nichts bringen. Sie würde wahrscheinlich bloß davon trinken, um auszuprobieren, ob sie davon high wird. Sie lebt nicht mehr in der Welt von Lazy Town, sondern in der von Crazy Town.

Und ich lebe ebenfalls in Crazy Town. Nur ohne Kate. Ohne meine beste Freundin. Ohne den Menschen, der mich so viele Jahre davor bewahrt hat durchzudrehen. Meine Schulter, an der ich mich ausweinen konnte. Meine Vertraute. Meine andere Hälfte. Wir haben beide nie geheiratet, hatten beide nicht...


Johnson, Debbie
Debbie Johnson ist eine Bestsellerautorin, die in Liverpool lebt und arbeitet. Dort verbringt sie ihre Zeit zu gleichen Teilen mit dem Schreiben, dem Umsorgen einer ganzen Bande von Kindern und Tieren, und dem Aufschieben jeglicher Hausarbeit. Sie schreibt Liebesromane, Fantasy und Krimis – was genau so verwirrend ist, wie es klingt.



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