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E-Book, Deutsch, 448 Seiten

Jugend 2015

17. Shell Jugendstudie
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-10-403591-8
Verlag: S. Fischer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

17. Shell Jugendstudie

E-Book, Deutsch, 448 Seiten

ISBN: 978-3-10-403591-8
Verlag: S. Fischer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



DAS Standardwerk der Jugendforschung in Deutschland

Was denkt die Jugend im Jahr 2015? Wie sicher fühlen sich Jugendliche in Anbetracht steigender Jugendarbeitslosigkeit in Europa? Welche Erwartungen und Werte haben junge Menschen?

Die 17. Shell Jugendstudie setzt die Langzeitberichterstattung über die junge Generation in Deutschland seit über 60 Jahren fort und dokumentiert die Lebenswelten und Wünsche Heranwachsender. Die Studie basiert auf den Ergebnissen aktueller und repräsentativer Befragungen im Jahr 2015.

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1.1 Jenseits der »Generation Y«?


Die vorliegende Studie wird von der Frage durchzogen, wie sich die Einstellungen und Muster der Lebensführung seit der 2002 erschienenen Shell Jugendstudie verändert haben. Damals kam die Studie zu dem Ergebnis, dass Jugendliche pragmatisch und unideologisch ihren Weg gehen, gezielt, aber sehr individuell einen Platz in der Gesellschaft suchen und optimistisch sind, diesen auch zu erreichen. Wir haben diese Jugendlichen als stark auf sich und ihr privates Leben bezogen beschrieben. Auffällig war eine Neuorientierung der Werte weg von den »postmaterialistischen«, mit Selbstverwirklichung und Lebensgenuss verbundenen Orientierungen, hin zu einer Synthese dieser Orientierungen mit traditionellen Vorstellungen von Wohlstand, Fleiß, Ordnung und Sicherheit. Wir sprachen von einer jungen Generation »zwischen pragmatischem Idealismus und robustem Materialismus«.

Die pragmatische Grundhaltung


Die Shell Jugendstudie 2006 stellte die Kontinuität dieser Werteorientierung und Lebensgestaltung fest, gleichzeitig konnten starke Unsicherheiten bei den Jugendlichen beobachtet werden, ob sie den angestrebten Platz in der Gesellschaft erreichen würden und ob sie das Leben leben könnten, das sie wünschten. Das festgestellte Ausmaß von Ängsten und die Unsicherheit über die Gestaltung der Zukunft waren in dieser Studie ganz besonders hoch. Deshalb wählten wir als Untertitel »Eine pragmatische Generation unter Druck«.

In der Shell Jugendstudie 2010 blieb die pragmatische Grundhaltung deutlich erkennbar, gleichzeitig schien der Druck ein gutes Stück weit abzufallen. Erste Anzeichen eines wiedererstarkenden Optimismus im Blick auf die persönliche Zukunft wurden erkennbar. Leistungsorientierung und das Suchen nach individuellen Aufstiegsmöglichkeiten im Verbund mit einem ausgeprägten Sinn für soziale Beziehungen fielen auf. Viel Ehrgeiz und Zähigkeit, unterfüttert mit »tatkräftigem Anpacken, wechselseitiger Unterstützung und einer pragmatisch-taktischen Flexibilität« (Shell Deutschland Holding 2010, S. 15), waren auffällige Merkmale. Bei einigen der jüngsten Befragten stießen wir auf ein Abrücken vom Fokus auf das eigene Leben und das engere private Umfeld und auf ein stärker werdendes politisches Interesse. »Eine pragmatische Generation behauptet sich« war das Motto der Studie.

Für die aktuelle Studie stellt sich die Frage, ob sich diese Öffnung hin zu gesellschaftlichen Themen fortsetzt und, falls ja, bei welchen Jugendlichen und in welche Richtung. Wir möchten in Erfahrung bringen, ob die vielfältigen Veränderungen im »Großen« wie im »Kleinen« – also sowohl in den gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen als auch in den alltäglich erfahrenen Lebenswelten der Jugendlichen – von den Jugendlichen als belastend wahrgenommen werden oder ob sie in ihrer bisherigen pragmatischen Grundstimmung eher Gestaltungsmöglichkeiten daraus ableiten. Weiter interessiert in diesem Zusammenhang, inwieweit sich hierbei nennenswerte Unterschiede zwischen den Geschlechtern fortschreiben, wie etwa die Tendenz zu höheren Abschlüssen bei den jungen Frauen und der Trend zum höheren politischen Interesse bei den jungen Männern. Schließlich möchten wir der Frage nachgehen, inwieweit sich Anzeichen dafür ausmachen lassen, dass sich die in den vorangehenden Studien ausgemachte große soziale Kluft zwischen privilegierten und benachteiligten Jugendlichen schließt. Bleibt es bei dem Großteil der Jugendlichen, dem es vereinfachend gesprochen »gutgeht«, und dem »abgehängten« Teil, dem es schlechtgeht? Haben sich in den letzten fünf Jahren die Chancen der Benachteiligten im Bildungssystem und am Arbeitsmarkt verringert oder vergrößert? Dieses Thema verweist unmittelbar auf die Problematik einer möglicherweise strukturell verfestigten Ungleichheitsstruktur in Deutschland, durch die die Teilhabechancen von jungen Menschen bestimmt werden.

Die Merkmale einer Generationslagerung


Aus der US-amerikanischen Diskussion kommend hat sich für die ab 1985 bis 2000 geborenen Angehörigen der jungen Generation die Metapher der »Generation Y« etabliert (Krahn und Galambos 2014). Auch in Deutschland wurde diese Metapher von einer Reihe von Studien aufgegriffen (Bund 2014; Jegges 2014; Hurrelmann und Albrecht 2014). Was ist mit dieser Metapher gemeint? Sie lebt zunächst von dem Wortspiel, dass gemäß der Buchstabenfolge im Alphabet eine Generation Y auf die »Generation X« folgt, d.h. die Generation der in saturierten Verhältnissen groß gewordenen jungen Menschen, die 1970 bis 1985 geboren wurden, denen jedoch aufgrund der geburtenstarken Jahrgänge der Generation vor ihnen vielfach der Zugang zu verantwortungsvollen beruflichen Positionen verwehrt blieb und die deswegen häufig in sogenannten »McJobs« anzutreffen waren (Coupland 1992).

Im Englischen »Why« ausgesprochen, also sinngemäß dem deutschen »Warum« entsprechend, drückt diese Metapher die ungewisse und unsichere Lebenssituation der jungen Leute aus und symbolisiert ihre suchende und tastende, sondierende und taktierende Reaktion hierauf. Dabei führt das »Warum« in einer nicht selten klischeehaft geführten öffentlichen Debatte oftmals dazu, das für die »Generation Y« typische ständige Hinterfragen der eigenen Situation und des gesellschaftlichen Umfeldes als eine idealistisch motivierte kritische Einstellung misszuverstehen. Es scheint sich aber eher um ein Hinterfragen in dem Sinne zu handeln, dass man es sich eher zweimal überlegt, sich auf etwas einzulassen, wenn sich nichts als planbar darstellt, da in der Gesellschaft Kurzfristigkeit den Takt vorgibt. Eine solche Einstellung ist denkbar weit von einer idealistisch-kritischen Sicht auf die Dinge entfernt. Die aus Unsicherheit geborene Selbstbezogenheit ist jedoch auch weit von einer egozentriert-materialistischen Sichtweise entfernt. Sie gleicht vielmehr einer individuellen Zielverfolgung ohne Ellbogenmentalität.

Die prägende Lebenssituation, die in Studien oft als Charakterisierung einer besonderen »Generationslagerung« herangezogen wird, ist die Erfahrung von Unsicherheit im Blick auf die künftige politische Zukunft und die Ungewissheit im Blick auf die berufliche Perspektive. Die Angehörigen der Generation Y, die ja am Anfang eines neuen Jahrtausends groß geworden sind (»Millennials« im Sinne des Pew Research Center 2014), haben ihre formative Jugendzeit in der Phase der großen globalen Krisen (beginnend mit dem Anschlag auf das World Trade Center in New York 2001), der Umweltkatastrophen (mit der Zuspitzung im Atomunglück von Fukushima im Jahr 2011) und der Finanz- und Wirtschaftskrise seit 2007 durchlebt und nachhaltig gelernt: Nichts ist mehr sicher, aber es geht immer irgendwie weiter. Ihr Leben ist nicht wie noch bei ihren Eltern langfristig planbar. Sie gehen gewissermaßen ohne Masterplan durch ihr Leben und müssen auf Plan B und C zurückgreifen, wenn sich die Lebensbedingungen verändern. Sie stricken sich auf diese Weise ihr eigenes Sicherheitsnetz. Sie kommen so erstaunlich gut mit den Ungewissheiten ihres Lebens zurecht. »Die Erkenntnis, dass die gesellschaftliche Ordnung nicht in Stein gemeißelt ist, macht sie zu Pragmatikern. Wenn sich alles ändern kann, rüstet nur eine möglichst gute Bildung für den Ernstfall. Das Spiel mit den Optionen ist gewissermaßen ihre Anleitung zum Glücklichsein in einer Gesellschaft, in der zu frühes Festlegen auf eine bestimmte Karriere immer mehr zum Risiko wird, später mit allem oder nichts dazustehen« (Hurrelmann und Albrecht 2014, S. 25).

Verändert sich die Generationsgestalt?


Die letzten drei Shell Jugendstudien (2002, 2006 und 2010) beschreiben – wenn wir die Metapher aufnehmen – die Generation »Y« in Deutschland. Umso interessanter wird es, mit der vorliegenden Shell Jugendstudie der Frage nachzugehen, ob es Anzeichen für eine neue Generationsgestalt gibt, ob der pragmatische Grundton bestehen bleibt oder sich neue Muster der Lebensführung entwickeln.

Gleichzeitig gilt es, neben Regelmäßigkeiten auch nach Differenzierungen Ausschau zu halten (zu Generationsbildern siehe Jacobs Krönung-Studie 2013). Das altbekannte Problem mit der Benennung von Generationen, Verschiedenes möglicherweise zu stark über einen Kamm zu scheren, bleibt weiterhin bestehen. So blenden praktisch alle für verschiedene Generationsgestalten diagnostizierten Eigenschaften – sei dies hinsichtlich der 68er Generation, hinsichtlich der Null-Bock und No-Future Generation der 1980er Jahre, der Generation X und der Generation Y usw. – die Lebenslagen und -gefühle der sozial Benachteiligten mit geringen Bildungs- und Aufstiegschancen aus. Nicht unterschätzt werden darf in den Beschreibungen von Generations-»Profilen« deswegen, dass Sichtweisen auf eine Generation immer systematisch verzerrt sind, insofern sie vor allem spezifische Merkmale von »Leitmilieus« abbilden. Um es zugespitzt auszudrücken: Viele Fragen, die etwa die gut ausgebildeten Angehörigen einer »Generation Y« hinsichtlich der Planbarkeit von Zukunft und der Vereinbarkeit von Beruf und Familie unter den Bedingungen von Unsicherheit an sich selbst und an die Gesellschaft richten, stellen sich für die meisten unterprivilegierten Jugendlichen einfach...



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