Kaiser / Arnold / Grüter | Gottesklänge | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 284 Seiten

Kaiser / Arnold / Grüter Gottesklänge

Musik als Quelle und Ausdruck des christlichen Glaubens

E-Book, Deutsch, 284 Seiten

ISBN: 978-3-374-03292-1
Verlag: Evangelische Verlagsanstalt
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



2., korr. Auflage 2014

Der Band 'Gottesklänge' bietet die Dokumentation dreier Tagungen zur (Kirchen-)Musik aus dem Michaeliskloster Hildesheim – Evangelisches Zentrum für Gottesdienst und Kirchenmusik (2012). Die interdisziplinären Beiträge aus Musikwissenschaft, Medizin, Psychologie, Kirchenmusik und Theologie spannen einen weiten Bogen.
Teil I geht der Frage der Produktion und Rezeption von Gottesbildern in der Musik nach, wobei die Popularmusik der letzten Jahrzehnte eine besondere Aufmerksamkeit erfährt. Teil II fragt nach Qualitätskriterien für Musik im Gottesdienst, theoretisch und praktisch. Teil III des Bandes nimmt die weltweite Ökumene in den Blick und untersucht musikalische Ausdrucksformen des Glaubens in großer stilistischer Breite und verschiedenen kulturellen und spirituellen Kontexten.
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GOTTESBILDER IN DER MUSIK 
Peter Bubmann 1. Hinführung »Du sollst dir kein Bildnis machen … dennoch: Wir alle brauchen unsere Gottesbilder«2 – so titelte die Zeitschrift zeitzeichen im Jahr 2010 und brachte damit ein Grundproblem des Umgangs mit Gottesbildern auf den Begriff: Nicht nur in den monotheistischen Religionen – aber hier insbesondere aufgrund des Bilderverbots im Dekalog – stellt sich die Frage, wie die Spannung zu gestalten sei, sich Gott irgendwie vorstellen zu wollen und ihn gleichzeitig nie in menschlichen Bildern, Sprachformen, Ritualen und Ideen festhalten zu können. 2. Explizite Gottesbilder in den Textbezügen von Textmusik Es gibt Songs und Musikwerke, die ausdrücklich die Fragen nach dem Gottesbild zu ihrem Hauptthema machen, etwa der Popsong Ote of us (Joan Osborne), Songs von Xavier Naidoo oder Sabrina Setlur/Moses Pelham, aber natürlich auch Opern wie Moses und Aaron von Arnold Schönberg oder Musicals wie Jesus Christ Superstar (Andrew Lloyd Webber). Am deutlichsten sind Gottesbilder-Bezüge natürlich in den Texten von Kirchenliedern. Veränderungen von Frömmigkeit und Theologie schlagen sich in Liedtexten nieder. Dies lässt sich exemplarisch am Kirchenlied im 20. Jahrhundert aufweisen.7 Der Vergleich zweier bekannter Kirchenlieder möge hier als Beispiel dienen. 1. Herr, wir stehen Hand in Hand, die dein Hand und Ruf verband, stehn in deinem großen Heer aller Himmel, Erd und Meer. Text: Otto Riethmüller 19328, Melodie: Himmel, Erde, Luft und Meer (EG 504 -Bayern/Thüringen) Herr, beginnt dieses Bekenntnis- und Bittlied. Im anhebenden Kyrie-Ruf ist schon die Theologie des Liedes in nuce enthalten. Der Herrscher über das kosmische Heer der Natur und der Gläubigen wird auf dem Weg zur Gottesstadt bzw. ins Vaterland wie der römische Caesar angerufen: als Feldherr. Erst an zweiter Stelle steht das Wir, nachgeordnet dem Herrn. Dieses Wir wird als starke Gemeinschaft beschworen, konstituiert durch den Ruf dieses Herrn. 1. Ich möcht’, dass einer mit mir geht, der’s Leben kennt, der mich versteht, der mich zu allen Zeiten kann geleiten. Ich möcht’, dass einer mit mir geht. Den Anfang macht das Ich mit seinen Wünschen und Bedürfnissen: Ich möchte, dass einer mit mir geht. Im Vergleich zu Riethmüller setzt Köblers Lied geradezu typisch spätmodern-narzistisch mit Betroffenheitslyrik ein, die um die eigene Bedürftigkeit kreist. Sie bildet den Rahmen der identischen Außenverse der Strophe. In beiden Mittelversen wird dann der gewünschte Begleiter genauer beschrieben: verständig und zuverlässig muss er sein – Gott als treuer und verständnisvoller Freund. 2. Ich wart’, dass einer mit mir geht, der auch im Schweren zu mir steht, der in den dunklen Stunden mir verbunden. Ich wart’, dass einer mit mir geht. Der rein anthropologische Ton wird noch nicht verlassen. Es könnte sich auch um einen menschlichen Partnerwunsch handeln. Erst in der dritten Strophe leitet Köbler zur Christologie über, allerdings nicht im Brustton dogmatischer Gewissheit, sondern in der Sprache der vorsichtig-kirchendistanzierten Volkskirchler: 3. Es heißt, dass einer mit mir geht, der’s Leben kennt, der mich versteht, der mich zu allen Zeiten kann geleiten. Es heißt, dass einer mit mir geht. 4. Sie nennen ihn den Herren Christ, der durch den Tod gegangen ist; er will durch Leid und Freuden mich geleiten. Ich möcht’, dass er auch mit mir geht. Köbler weiß, was er seinen Adressaten zumuten kann und was nicht: Alte Mythologie vom Kampf des Gekreuzigten gegen die Hölle wird den Rezipienten erspart. Immerhin: Dass der sich anbietende Lebensbegleiter durch den Tod gegangen ist, bleibt als kleine Provokation bestehen. Auch wird er (zumindest von den anderen) Herr und Christus genannt. Nahe kommt der Heiland den Singenden dann zunächst aufgrund seines seelsorglichen Lebensangebots: Er will mich geleiten durch Leid und Freude. Die neueste Entwicklung des NGL kann hier nur angedeutet werden, zumal nach der großen Arbeit von Karl-Christian Thust10 keine neuere Überblicksstudie mehr entstanden ist. Ich glaube an Gott. Du brauchst dich doch bloß umzusehn: Berge, die bis zum Himmel gehn, Sterne, hell wie Diamant, und das unendlich schöne Land, jede Blume und jeder Baum, jedes Lachen und jeder Traum – jedes kleine Wunder hier kann kein Zufall net sein. Wir sind nicht allein. Ja, es gibt ihn, und er schaut uns zu , und er liebt mich, egal was ich tu. Ich hab ihn noch nie gesehn, Aber ich kann ihn spürn. Er ist nah, nah nah bei mir. Ich glaube an Gott, ich glaub daran! Ich bin ein Teil von seinem Plan! Mal geht’s bergab, mal geht’s bergauf. Er passt schon auf mich auf. […]11 Offenbar färbt die Konsum- und Fastfood-Gesellschaft auch auf den Umgang mit Gottesbildern im Lied ab: entweder immer das gleiche (Liebe, Gnade, Harmonie) oder möglichst viel auf einmal. 3. Implizite Gottesbilder in der Performanz des Musikalischen Musik gerät in den Sog der Gottesvorstellung, wenn sie sich an Gott wendet, wenn Gott Adressat wird. Doxologische wie klagende Musik ist per se schon Teil einer bestimmten Gottesvorstellung. Gott gilt dann etwa als das Größere, dem wir uns zu unterwerfen haben, oder dem wir unser Leid zu klagen haben. Grundweisen des Betens bzw. der Anrufung Gottes verweisen auf entsprechende Gottesbilder: unterwürfige Unterstellung unter den Herrschergott (so der Sinn des an den Kaiser gerichteten Kyrie-Rufs), flehendes Bitten um Erlösung, Gott als bergende Hülle; klagend-suchend-tastende Annäherung an das Undenkbare. Hingegen setzen Werke der Kunstmusik öfter auf das Erfahren eines völlig unbestimmten und unbestimmbaren Anderen, zielen also auf unerwartete Transzendenzerfahrung – gelegentlich auch dekonstruktiv als völliger Abbruch inszeniert (so mit dem klanglichen Absturz am Ende in: Ich wandte mich und sah an alles Unrecht, das geschah unter der Sonne. Ekklesiastische Aktion für zwei Sprecher, Bass-Solo und Orchester [1970] von Bernd Alois Zimmermann [1918 – 1970]). 4. Theologische Deutungen von Musik und die damit implizierten Gottesbilder Schließlich existieren seit der Antike theologische Reflexionen über das Verhältnis von Musik und Gott – und dies in Fachtheologie wie in belletristischer Literatur. So wird einerseits schöpfungstheologisch Musik als gute Ordnung Gottes und Sakrament des Lebens empfunden, wie im Gedicht Orgelspiel (entstanden 1937) von Hermann Hesse.12 Hesse beschreibt darin das Orgelspiel als religiöses Erlebnis und Sakrament der Nähe Gottes.13 Musik wird zum Medium des Heiligen Geistes. Mit Klängen und Gesang stimmt er Menschen ein: in eine größere Gemeinschaft, in die höhere Ordnung Gottes, in das vorweggenommene ewige Gotteslob. Mit Musik stimmt er auch um, verwandelt Traurigkeit in Zuversicht, Wut in positive Energie, Resignation in Mut. Er kann mit Klängen auch produktiv-prophetisch verstimmen, d. h. herausreißen aus gewohnten Klischees und schal gewordenen Klangwelten. Und er stimmt die Herzen hoch zum festlichen Lobe Gottes. Das alles geschieht nicht monoton-einstimmig oder mit den immer gleichen Tönen. Der Heilige Geist bedient sich vielmehr der Vielstimmigkeit musikalischer Möglichkeiten.14 Es wird deutlich: Die Gottesbilder liegen im Auge und Ohr des Betrachters und Hörers bzw. im Denken der reflektierend-deutenden Rezipienten. Sie ergeben sich im lebendigen Wechselspiel zwischen der persönlichen Glaubensbiographie von Subjekten und klingenden Angeboten musikalischer Strukturen. Nach Gottesbildern in der Musik zu fragen, ist daher ein Beitrag zu einer subjektorientierten Theologie des Alltags und der Lebenswelt. In Musik vermittelt sich nicht ein überzeitlich gültiges Gottesbild für alle Menschen (wie der Deutsche Idealismus teilweise meinte) und...


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