E-Book, Deutsch, 173 Seiten, GB
Karlsson Prinzen müssen draußen bleiben
Novität
ISBN: 978-3-8251-6095-1
Verlag: Urachhaus
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 173 Seiten, GB
ISBN: 978-3-8251-6095-1
Verlag: Urachhaus
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ylva Karlsson, 1978 bei Stockholm geboren, gilt seit ihrem prämierten Debüt 'Tova' (1998) als großes Nachwuchstalent der schwedischen Kinder- und Jugendliteratur. Später erhielt sie den begehrten 'August-Preis' und 'Heffaklumpen'. Auf Deutsch erschienen u.a. ihre Kinderbücher über Malin (z.B. 'Sei kein Frosch, Malin'), um deren große Schwester Josefin es in diesem Jugendbuch geht. Ylva Karlsson lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern im Süden von Stockholm, wo auch diese Geschichte spielt.
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Es ist der vierzehnte Dezember … Hannah und Josefin … Es gibt Orte … Aus Josefins Tagebuch … Als Josefin und Malin … Am Sonntag … Abschlussfeier in der Schule … Am nächsten Morgen … Danach futtern sie zwei Tage lang … An Silvester … Josefin guckt … Josefin schlägt die Augen auf … Am Montag … Am nächsten Tag … Josefin wacht auf … Nach dem Sportunterricht … Inzwischen … Als sie am nächsten Morgen … »Nein«, sagt Anna … »Jungs«, schnaubt Mirjam … Josefin wacht auf … Als Anna Malin und Josefin … Es ist Abend Sie wachen früh auf …
Es ist der vierzehnte Dezember. Josefin geht die Skarpnäck-Allee entlang. Auf dem Boden liegt eine dünne Schneedecke, vor der Bibliothek schwankt eine hohe, sehr schmale Tanne zwischen den ziegelroten Häusern wie eine Fahnenstange im Wind hin und her. Die elektrischen Lichter in der Tanne sind nicht eingeschaltet. Wenn Josefin ausatmet, entsteht jedes Mal eine Wolke in der Luft.
Sie hat die Haare zusammengezwirbelt und am Hinterkopf mit einer Spange hochgesteckt. Bei jeder Kopfbewegung streifen die Haare den Schal, das ist ein neues, ungewohntes Gefühl. Während Josefin durch den kalten, schneidenden Wind geht, denkt sie an die Weihnachtsgeschenke, die sie kaufen will.
Für Mama irgendwas Schönes, etwas, das Mama richtig froh macht, etwas, das sie sich wirklich wünscht. Theaterkarten, ein Kleid oder so. Josefin weiß es nicht so genau. Sie weiß nur eins: Anna soll strahlen und lächeln und sie umarmen, wenn sie das Geschenk auspackt. Oh, vielen Dank, Josefin, wie lieb von dir. Das ist ja wunderschön!, soll sie sagen, und dann wird Josefin lächeln und ganz lässig fragen: Gefällt’s dir?
Ob Göran an Heiligabend auch da sein wird?
Daniel H und Dejan stehen vor dem Videoshop. Josefin senkt den Blick und schaut in den verschneiten Kies, als sie vorbeigeht. Wahrscheinlich finden die Jungs es total bescheuert, dass sie die Haare hochgesteckt hat. Garantiert werfen sie sich jetzt Blicke zu und grinsen über die lächerliche kleine Josefin Johansson aus der 8 A.
Aber wahrscheinlich wissen sie nicht einmal, wie sie heißt. Sie hebt den Kopf ein wenig. Daniel H steckt sich gerade halb abgewandt eine Zigarette an. Dejan wirft ihr einen Blick zu und nickt fast unmerklich. Sie grüßt ebenso zurück, dann wendet er den Kopf ab.
Josefin geht weiter. Jetzt kommt es auf jeden Schritt an. Vielleicht schauen sie ja gar nicht hinter ihr her. Aber sie kann sich natürlich nicht umdrehen, um das zu checken.
Kurz vor der Kirche überquert sie die Straße und geht weiter zur U-Bahn.
In der Bahn nimmt sie ein Exemplar der kostenlosen Stadtzeitung Metro, liest sie aber nicht, sondern schaut stattdessen durchs U-Bahn-Fenster und lässt den Blick an den Häusern entlanggleiten, nachdem sie hinter Bagarmossen aus dem Tunnel gekommen sind. Sie denkt an nichts Besonderes, nur dass sie etwas Schönes für Anna kaufen will, irgendwas richtig Schönes. Beim Hauptbahnhof steigt sie aus und geht zur Drottninggatan hinauf.
Dort wandert sie von Laden zu Laden, vergleicht die Preise, kehrt zurück. Für ihre kleine Schwester Malin kauft sie das Buch , weil es das einzige Buch über Lotte-Liese ist, das sie noch nicht gelesen haben. Das ist ein gutes Geschenk. Außerdem kauft sie einen Kerzenleuchter für Großmutter und einen Becher für Göran, weil sie ihm schließlich auch etwas schenken muss. Und Hasse, ihrem Vater, auch. Sie zögert, dann kauft sie zwei Becher.
Sie entdeckt eine hübsche Halskette, die außerdem noch billig ist, und kauft sie für Hannah. Bisher haben Hannah und sie sich jedes Jahr etwas zu Weihnachten geschenkt, und dieses Jahr wird es wohl nicht anders sein. Das heißt, falls Hannah nicht die ganzen Weihnachtsferien im Handballcamp verbringen wird.
Dann ist nur noch Anna übrig.
Anna.
Die Weihnachtssterne leuchten über der Drottninggatan, und Josefin wandert von Laden zu Laden.
Bei Kapp Ahl entdeckt sie ein Kleid. Und was für eins!
Ein langes, rotes Kleid, das viel zu teuer ist.
Sie sieht Anna lächeln und probiert es an. Anna würde wunderschön darin aussehen.
Mit einem Seufzer hängt sie das Kleid zurück. Im Kaufhaus Åhléns nimmt sie eine Vase in die Hand und dreht sie ein paarmal hin und her. Dann begibt sie sich zur U-Bahn hinunter und wartet auf die Bahn nach Skarpnäck. Ihre Geschenketüte ist dünn und kläglich.
Als sie nach Hause kommt, ist Göran da. Jedenfalls steht seine Tasche im Flur. Niemand antwortet, als sie Hallo ruft. Sie zieht die Stiefel aus, hängt ihre Jacke auf und geht in das Zimmer, das sie sich mit Malin teilt. Malins Bett ist gemacht, ihr eigenes nicht, also setzt sie sich auf Malins Bett, um ihre Einkäufe noch einmal anzuschauen. Doch da wird der Schlüssel in der Wohnungstür umgedreht und Göran ruft Hallo und Malin ruft Josefin! Josefin schmeißt die Geschenke schnell in den Schrank. Vielleicht geht Görans Becher dabei zu Bruch – und vielleicht ist das egal. Sie geht in den Flur.
»Hallo, Malin«, sagt sie und lässt sich von Malin umarmen.
»Ich hab was für dich gemacht«, sagt Malin. »Soll ich es dir zeigen?«
»Sollte das nicht ein Weihnachtsgeschenk werden?«, fragt Göran.
»Doch, ja, aber eins im Voraus«, erklärt Malin und hält Josefin ein Päckchen hin, das in eine Zeichnung eingewickelt ist.
Josefin packt das Geschenk aus, Malin schaut zu und Göran trägt eine Einkaufstüte in die Küche.
»Wo ist Mama?«, fragt Josefin.
»Sie hat sich ein bisschen verspätet, darum hab ich versprochen, schon mal zu kochen. Sie kommt gleich.«
»Bratheringe«, sagt Malin und rümpft die Nase und mit ihr gleich das ganze Gesicht.
»Ja, igitt«, sagt Josefin mit einem Lächeln.
»Könnt ihr nicht trotzdem den Tisch decken?«, ruft Göran nach einer Weile.
Josefin hält die Luft an.
Klar, denkt sie, klar können wir den Tisch decken. Wir wissen, wie das geht.
Sie sagt nichts. Dann holt sie in der Küche Teller und Gläser aus dem Schrank. Malin legt das Besteck hin.
»Gebackene Kartoffeln, die mag ich gern«, sagt sie mit einem Blick zum Backofen.
Aha, willst dich wohl einschmeicheln, denkt Josefin.
Malin sieht sie an.
»Aber Bratheringe sind eklig«, fügt sie hinzu.
Göran holt Luft, um etwas zu sagen. Die Wohnungstür wird zugeschlagen.
»Hallo«, ruft Anna.
Malin läuft zu ihr in den Flur und Göran lässt die Luft wieder heraus, mit der er soeben was sagen wollte.
»Hallo!«, ruft er. »Willkommen.«
Anna tritt in die Küche.
»Das riecht aber gut hier«, sagt sie. »Mmm …«
Josefin sagt nichts. Sie setzt sich auf einen Stuhl und dreht ihren Teller ein bisschen hin und her. Anna fährt ihr mit der Hand durchs Haar.
»Na, du«, sagt sie und lächelt.
Josefin lächelt vorsichtig zurück. Sie muss an das rote Kleid denken.
Dann essen sie, und das Licht der hässlichen Küchenlampe spiegelt sich hell in der blauen Wachstuchdecke.
Malin weigert sich, etwas von den Bratheringen zu nehmen, und Göran besteht darauf, dass sie wenigstens ein kleines Stück probiert. Sie rümpft die Nase und nimmt einen winzig kleinen Bissen.
»Bäh«, sagt sie und trinkt Milch, »eklig!«
»Was hast du gesagt?«, fragt Göran mit drohender Stimme.
»Göran«, sagt Anna.
»Man sagt nicht, dass Essen eklig ist!«, erklärt Göran.
Anna sieht Göran streng an, Göran sieht Malin streng an. Josefin streckt ihre Gabel aus und nimmt den Rest von Malins Hering.
»Aber wenn es doch eklig ist?«, fragt Malin. »Darf man das dann nicht sagen?«
»Man kann sagen, das schmeckt mir nicht«, sagt Anna. »Und jetzt wird gegessen.«
Sie wirft Göran noch einen Blick zu, und Göran sagt nichts. Josefin isst rasch und stellt dann ihren Teller auf die Spüle.
Göran hat eine Zweizimmerwohnung mit gelben Schranktüren und will unter der Rubrik »Wohnungstausch« eine Anzeige aufgeben. »Helle Dreizimmerwohnung in Skarpnäck und gemütliches Zweizimmerappartement in Bagarmossen gegen Vierzimmerwohnung oder größer in Skarpnäck.«
Wenn Göran bestimmen darf, wird Josefin ein eigenes Zimmer kriegen, und dafür wird er immer an ihrem Esstisch sitzen und darauf bestehen, dass man probieren muss.
»Ich bringe Malin ins Bett«, sagt Anna etwas später.
»Ehrlich?«, fragt Josefin und sieht von hoch, die sie gerade liest.
Anna nickt.
»Aber wir wollten doch …«, wendet Göran ein und macht ein enttäuschtes Gesicht.
Anna seufzt leicht.
Josefin sieht sie an, dann holt sie Luft.
»Ich kann Malin ins Bett bringen«, sagt sie.
»Nein«, sagt Anna, »du hast in letzter Zeit mehr als genug getan. Lies ruhig weiter. Hast du keine Hausaufgaben?«
»Und ich?«, sagt Göran klagend.
Anna lächelt und gibt ihm einen Schmatz.
»Ich komme gleich. Vielleicht kannst du solange den Abwasch machen«, sagt sie und geht aus dem Wohnzimmer.
Göran seufzt. Josefin sieht ihn an, senkt aber rasch den Blick auf ihr Buch, als er den Kopf zu ihr umdreht.
»Hast du wirklich keine Hausaufgaben?«, fragt er sauer. Josefin schüttelt den Kopf.
Göran seufzt wieder und rutscht irritiert in seinem Sessel herum. Der Sessel knarrt.
Josefin zieht die Füße aufs Sofa und bedeckt sie mit einem Kissen. Dann liest sie. Sie weiß genau, was passieren wird, muss aber trotzdem kichern, als Anne und Diana ein Wettrennen zum Bett im Gästezimmer auf Green Gables machen und völlig ahnungslos direkt auf die schlafende Tante Josephine hüpfen.
Göran schnaubt verärgert und steht auf. Josefin schaut hinter ihm her.
Jetzt glaubt er natürlich, sie hätte über ihn gekichert, aber das ist ihr egal.
Obwohl – eigentlich müsste sie ihm beim Abwasch helfen, statt zu lesen.
Als...




