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E-Book, Deutsch, 173 Seiten

Reihe: BALANCE Erfahrungen

Kaufmann / Illig / Jungbauer Sektenkinder

Über das Aufwachsen in neureligiösen Gruppierungen und das Leben nach dem Ausstieg

E-Book, Deutsch, 173 Seiten

Reihe: BALANCE Erfahrungen

ISBN: 978-3-86739-194-8
Verlag: BALANCE Buch + Medien Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Neustart nach dem Ausstieg
'Es gehört so viel Mut dazu, ein System, in dem du groß geworden bist, zu hinterfragen und dem den Rücken zuzukehren. Das ist ein Glaubens- und Heimatverlust und ein völliger Neustart in einer fremden Welt. Es ist so mutig. Das ist einfach ganz, ganz groß.'
Melanie, 38 Jahre, Sektenkind

In sektiererischen Gruppierungen aufzuwachsen bedeutet häufig, gravierenden Einschränkungen, Belastungen und Traumatisierungen ausgesetzt zu sein. Der Ausstieg wird oft nicht als Erleichterung empfunden, sondern als belastende Verlustsituation. Ausgestiegene verlieren ihre Heimat und fühlen sich in der fremden Welt hilf- und orientierungslos.
Dass es ein Leben nach der Sekte und positive Perspektiven gibt, zeigt dieses Buch eindrücklich anhand vieler O-Töne erwachsener Sektenkinder. Ihre Erfahrungsberichte ermutigen, sich Hilfe zu suchen und das Erlebte in die eigene Biografie einzuordnen.
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Zielgruppe


Das Buch richtet sich an Betroffene und Angehörige sowie Personen, die beruflich mit minderjährigen und erwachsenen Sektenkindern in Berührung kommen. Dies gilt beispielsweise für Lehrerinnen und Lehrer, Sozialarbeiterinnen und Sozialpädagogen sowie für Psychotherapeutinnen, Ärztinnen und Richter.

Weitere Infos & Material


Über dieses Buch 6
'Nach dem Ausstieg bekam ich die Chance, mir mein Leben zurückzuholen' – ein Erfahrungsbericht 13
Wie Kinder in sogenannten Sekten aufwachsen 25
Die Beziehung zu den Eltern: Unerfüllte Grundbedürfnisse 25
Die Glaubensgemeinschaft als wichtigste Instanz 44
Abgrenzung nach außen: 'Wir gegen den Rest der Welt' 52
Der Ausstieg: Heimatverlust und Neuanfang 83
Der innere Ausstieg: Zweifel und innere Konflikte 84
Der vollzogene Ausstieg: Alles aufgeben müssen 88
Die Zeit nach dem Ausstieg: Weiterleben lernen 96
Sich in einer völlig fremden Welt zurechtfinden 96
(Professionelle) Hilfe und Unterstützung 111
Von Sektenkind zu Sektenkind 122
Von Experte zu Expertin – therapeutische Begleitung und Beratung von Dieter Rohmann 125
Familieneinheit und Bindung in geschlossenen Gruppen – Perspektive einer Expertin und Aussteigerin von Katharina Meredith 141
Zum Schluss 153
Serviceteil 158
Literatur 168


Über dieses Buch
Im Mittelpunkt dieses Buchs steht eine Personengruppe, über deren Lebenssituation leider viel zu selten gesprochen wird. Es geht um »Sektenkinder«, also um Menschen, die in eine sogenannte Sekte hineingeboren wurden und in ihr aufgewachsen sind – und die irgendwann den Mut gefunden haben, sie zu verlassen. Die Erfahrungen und Lebensgeschichten dieser Menschen aufzuschreiben, ihre Belastungen und ihre Not öffentlich zu machen und für ihre Hilfsbedürfnisse zu sensibilisieren, sind die Anliegen, die uns zu diesem Buchprojekt motiviert haben. Auch wenn einige Namen neureligiöser Glaubensgemeinschaften weithin bekannt sind, wissen die meisten Menschen relativ wenig über das Leben in sogenannten Sekten oder – wie es in der Fachliteratur auch heißt – »Kulte«, insbesondere über das von Kindern und Jugendlichen. Dies liegt unter anderem daran, dass sich viele sogenannte Sekten stark abschotten und Kontakte der Kinder zur Außenwelt durch unterschiedliche Maßnahmen erschweren oder unterbinden. Ihre Mitglieder werden häufig als harmlose Sonderlinge wahrgenommen, die zwar ein gesellschaftliches Nischendasein fristen, aber im Grunde niemandem Schaden zufügen. In der Regel wird es als Gebot der Toleranz betrachtet, den Glauben und den Lebensstil von Sektenmitgliedern zu respektieren. Dies bedeutet auch, sich nicht in die Erziehung ihrer Kinder einzumischen – auch wenn das, was man gelegentlich vielleicht davon mitbekommt, altertümlich und rückständig erscheint. Was betroffene Kinder und Jugendliche mitunter als Normalität erleben und wie stark ihr weiterer Lebensweg in vielen Fällen dadurch geprägt ist, können sich Außenstehende meist nicht vorstellen. Die 38-jährige Melanie, die als Sektenkind aufgewachsen ist, beschrieb uns dies im Gespräch mit folgenden Worten: »Nach meinem Ausstieg benötigte ich viele Jahre, um auch jene Seiten an mir zu entdecken, die in der Sekte jahrelang unterdrückt worden waren. Ich merkte, dass ich teilweise gar keinen Zugang zu meinen Gefühlen hatte, weil ich diese über eine so lange Zeit verdrängt hatte. Meine Sektenkindheit hatte mich regelrecht zu einem gefühlsamputierten Menschen gemacht, und nun bekam ich endlich die Chance, mir mein Leben Stück für Stück wieder zurückzuholen.« Die Idee, die Erfahrungen von Sektenkindern in einem Buch festzuhalten und einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen, entstand im Zuge des Forschungsprojekts »Cultic Childhood« und einer daraus hervorgegangenen Masterarbeit (ILLIG, KAUFMANN 2018). In den Sozialwissenschaften versteht man unter sogenannten Sekten religiöse Organisationen oder Glaubensgemeinschaften, die von ihren Mitgliedern bedingungslose Loyalität und Gehorsam verlangen, zum Beispiel gegenüber einer Ideologie oder einer Führerperson. Dabei üben sie ein hohes Maß an Kontrolle aus und schränken die persönliche Autonomie der Mitglieder stark ein (LALICH, MCLAREN 2018). Für unsere wissenschaftliche Studie suchten wir Menschen, die sich nach dieser Definition als »Sektenkind« identifizierten und bekundeten, in einer solchen Gruppierung aufgewachsen zu sein. Es meldeten sich 19 Personen zwischen 21 und 59 Jahren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, die in ihrer Vergangenheit den folgenden neun Gruppierungen angehört hatten: der Neuapostolischen Kirche, den Zeugen Jehovas, der Moon-Bewegung, der OCG, kleineren esoterischen Sekten und diversen Freikirchen. Aus Datenschutzgründen haben wir in den Zitaten alle persönlichen Informationen anonymisiert oder verfremdet; bei den jeweils angegebenen Eigennamen handelt es sich durchweg um Pseudonyme. Sämtliche in diesem Buch vorgestellten Situationen, Erlebnisse und Gefühle beziehen sich auf die Lebenserfahrungen und Sichtweisen der von uns interviewten Sektenkinder, die ihre Gruppe als unterdrückend und vielfach als grenzüberschreitend empfunden haben. Die Aussagen dieser persönlichen Erfahrungsberichte lassen sich jedoch nicht allgemein auf sogenannte Sekten oder neureligiöse Glaubensgemeinschaften übertragen. Die befragten Sektenkinder erzählten uns in den Gesprächen mit großer Offenheit über ihre Kindheitserinnerungen, insbesondere über die Beziehung zu ihren Eltern und anderen nahestehenden Personen. Sie berichteten über einengende Praktiken ihrer ehemaligen Glaubensgemeinschaften, durch die grundlegende kindliche Bedürfnisse, wie das Bedürfnis nach liebevoller Nähe und Sicherheit, nach bedingungsloser Wertschätzung sowie nach Freiräumen, missachtet und den Interessen der sogenannten Sekte, des Gurus oder dem angeblichen Willen Gottes untergeordnet wurden. Wenn Kinder und Jugendliche in einem solchen Klima aufwachsen, werden sie in ihrer Persönlichkeitsentwicklung nachhaltig unterdrückt und manipuliert. Die befragten Sektenkinder schilderten Zweifel, Ängste und Belastungen, die sie vor, während und nach ihrem Ausstieg aus der Gruppe erlebt hatten. Die uns anvertrauten Lebensgeschichten der befragten Sektenkinder empfinden wir als großes Geschenk. Sie zeigen auf berührende Weise, dass das Erzählen der eigenen Geschichte immer eine intensive Auseinandersetzung mit sich selbst bedeutet, die schmerzlich, aber oft auch heilsam sein kann. Und sie machen eindrucksvoll deutlich, dass auch Menschen mit noch so schwierigen Kindheitserfahrungen den Mut und die Kraft finden können, ihr Leben in die eigenen Hände zu nehmen und dieses selbstbestimmt zu gestalten. Leserinnen und Leser, die selbst in einer Sekte aufgewachsen sind, die einen Ausstieg erwägen oder diesen Schritt bereits gegangen sind, soll dieses Buch vor allem stärken und ermutigen. Die vielen darin zusammengetragenen Erfahrungsberichte und Zeugnisse anderer Sektenkinder sollen ihnen bewusst machen, dass sie mit ihren Zweifeln und Ängsten auf dem schwierigen Weg des Ausstiegs nicht allein sind. Möglicherweise löst die Lektüre bei einigen Betroffenen zunächst auch schmerzliche Erinnerungen und belastende Gefühle aus, weil sie in ihrer Kindheit und Jugend ähnliche Verletzungen erlebt haben, wie sie in diesem Buch beschrieben werden. Umso wichtiger ist es uns, gerade diese Menschen darauf hinzuweisen, dass es zahlreiche Hilfemöglichkeiten gibt, und sie dazu zu ermutigen, diese in Anspruch zu nehmen. Eine Auswahl an empfehlenswerten Informations-, Beratungs- und Therapieangeboten sowie an sehenswerten TV-Reportagen und Dokumentationen ist im Serviceteil am Ende dieses Buchs zusammengestellt. Nicht zuletzt möchten wir Sektenaussteigerinnen und -aussteigern vermitteln, dass ihre mutige Entscheidung ein Zeichen innerer Stärke ist – ihre Geschichte macht sie besonders, und deshalb darf auch ihr persönlicher Weg besonders und anders sein. Dieses Buch richtet sich somit in erster Linie an Menschen, die selbst in einer sogenannten Sekte aufgewachsen sind, sowie deren Angehörige, Freunde und Unterstützer. Doch auch für Personen, die beruflich mit minderjährigen und erwachsenen Sektenkindern in Berührung kommen, kann die Lektüre dieses Buchs interessant und lohnenswert sein. Dies gilt beispielsweise für Lehrerinnen und Lehrer, Sozialarbeiterinnen und Sozialpädagogen sowie für Psychotherapeutinnen, Ärztinnen und Richter. Gerade für professionelle Helfer ist es unseres Erachtens sehr wichtig, zu verstehen, warum ein Ausstieg aus der Gruppierung für Sektenkinder ein so einschneidendes und existenziell verunsicherndes Ereignis ist. Ergänzend zu den Erfahrungen der befragten Sektenkinder finden sich in diesem Buch auch zwei fachliche Kapitel. Zum einen handelt es sich um einen Beitrag des Psychologen und Sektenexperten Dieter Rohmann. Er ist in erster Linie für Kolleginnen und Kollegen gedacht, die im Rahmen ihrer beraterischen und therapeutischen Tätigkeit mit Sektenkindern in Kontakt kommen. Der Autor zeigt darin fachliche Perspektiven auf, die professionelle Helfer darin unterstützen sollen, Betroffene besser zu verstehen, aufzufangen und zu begleiten. Der zweite Beitrag stammt von Katharina Meredith, die selbst zehn Jahre in einer esoterischen Sekte gelebt hat und sich aktuell in den USA als PhD-Studentin insbesondere mit den Themen Psychologie, Terrorismus und Extremismus auseinandersetzt, sowie Beratung und Seminare für Sektenaussteiger anbietet. Die Autorin widmet sich darin der Frage, warum Menschen destruktiven Gruppen beitreten. Denn für Sektenkinder ist es wichtig, auch die Perspektive ihrer Eltern zu verstehen, um sich mit dem Erlebten auseinandersetzen zu können. Um den Leserinnen und Lesern den Einstieg in die Lebenswelt der Sektenkinder zu erleichtern, findet sich im Anschluss an dieses Vorwort der vollständige Erfahrungsbericht einer jungen Frau, die in einer Guru-Sekte aufwuchs und den Ausstieg wagte. In den danach folgenden Kapiteln beschreiben wir eine Reihe von wichtigen Aspekten, die das Aufwachsen in sogenannten Sekten, so wie es die befragten Sektenkinder erlebt haben, nachzeichnen. Detailliert wird darauf eingegangen, wie die Interviewten als Kinder und Jugendliche Gruppendruck, Manipulation, Gedankenkontrolle und Strafandrohung wahrnahmen und wie sich diese auf ihre persönliche Entwicklung auswirkten. Ausführlich dargestellt wird schließlich, wie die Sektenkinder ihren Ausstieg oder Ausschluss aus ihrer Glaubensgemeinschaft erlebten, was sie dabei als belastend oder auch als hilfreich empfanden und was für das Weiterleben nach dem Verlassen der Gruppierung wichtig für sie war. Es war uns von Beginn an ein großes Anliegen, aufklärerisch über die Praktiken neureligiöser Gruppierungen zu berichten. Gleichwohl ist uns im Veröffentlichungsprozess von juristischer Seite empfohlen worden, gerade im...


Illig, Laura
Kathrin Kaufmann und Laura Illig sind Klinisch-therapeutische Sozialarbeiterinnen (M.A.) und analytische Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen in Ausbildung. Für ihre gemeinsam verfasste Masterarbeit zum Thema 'Sektenkinder' wurde ihnen 2019 der Förderpreis des Deutschen Berufsverbandes für Soziale Arbeit und des Fachbereichstags Soziale Arbeit für herausragende Abschlussarbeiten verliehen.

Kaufmann, Kathrin
Kathrin Kaufmann und Laura Illig sind Klinisch-therapeutische Sozialarbeiterinnen (M.A.) und analytische Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen in Ausbildung. Für ihre gemeinsam verfasste Masterarbeit zum Thema 'Sektenkinder' wurde ihnen 2019 der Förderpreis des Deutschen Berufsverbandes für Soziale Arbeit und des Fachbereichstags Soziale Arbeit für herausragende Abschlussarbeiten verliehen.

Jungbauer, Johannes
Prof. Johannes Jungbauer lehrt Psychologie an der Kath. Hochschule Nordrhein-Westfalen in Aachen und ist dort Leiter des Instituts für Gesundheitsforschung und Soziale Psychiatrie (igsp).

Kathrin Kaufmann und Laura Illig sind Klinisch-therapeutische Sozialarbeiterinnen (M.A.) und analytische Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen in Ausbildung. Für ihre gemeinsam verfasste Masterarbeit zum Thema 'Sektenkinder' wurde ihnen 2019 der Förderpreis des Deutschen Berufsverbandes für Soziale Arbeit und des Fachbereichstags Soziale Arbeit für herausragende Abschlussarbeiten verliehen.
Prof. Johannes Jungbauer lehrt Psychologie an der Kath. Hochschule Nordrhein-Westfalen in Aachen und ist dort Leiter des Instituts für Gesundheitsforschung und Soziale Psychiatrie (igsp).


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