Kießling | Europa im Zeitalter des Imperialismus 1890-1918 | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, Band 53, 398 Seiten

Reihe: Oldenbourg Grundriss der Geschichte

Kießling Europa im Zeitalter des Imperialismus 1890-1918

E-Book, Deutsch, Band 53, 398 Seiten

Reihe: Oldenbourg Grundriss der Geschichte

ISBN: 978-3-11-125451-7
Verlag: De Gruyter
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Die neue Darstellung der Geschichte Europas zwischen 1890 und 1918 in der Reihe Oldenbourg Grundriss der Geschichte. Zuverlässig und gut lesbar zeichnet der Band die Dynamik der inneren Entwicklung der europäischen Staaten an der Schwelle zu Massenpolitisierung und Demokratisierung ebenso nach wie die Dynamiken des internationalen Systems oder die Folgen der europäischen Expansion im „Zeitalter des Imperialismus". Eine konzise Darstellung des Ersten Weltkriegs, in dem viele der vorangegangenen Entwicklungen kulminierten, schließt den Band ab, der mit dem Abgang Bismarcks als deutscher Reichskanzler im Jahr 1890 beginnt. Auf dem aktuellen Stand der Forschung entsteht so das vielgestaltige Porträt einer Epoche, in der sich Europa endgültig auf den Weg in die Moderne machte – mit allen positiven wie negativen Konsequenzen.
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I Darstellung
1 Imperialismus und Beginn der Hochmoderne: Der Charakter der Epoche
Doppelgesicht der Epoche Die knapp drei Jahrzehnte zwischen 1890 und dem Ende des Ersten Weltkriegs brachten für Europa eine ganze Reihe von enormen, nicht selten revolutionären Veränderungen mit sich. Dazu gehörten die sprunghafte Verbesserung der Kommunikations- und Verkehrsnetze ebenso wie der Aufschwung neuer Wirtschaftszweige, etwa der Elektro- und Chemieindustrie, oder die massiven Veränderungen im Bereich von Politik und Öffentlichkeit. Am Vorabend des Ersten Weltkriegs gab es eine Massenpresse mit Millionen von Leserinnen und Lesern, es gab Hunderttausende von Telefonanschlüssen, in den großen Städten des Kontinents fuhren elektrische Straßenbahnen und in den Kinos waren erste bewegte Bilder von aktuellen Ereignissen zu sehen. Auf der anderen Seite sollte man sich von solchen Entwicklungen auch nicht täuschen lassen. In nicht wenigen Dingen änderte sich für viele Europäerinnen und Europäer in ihrem alltäglichen Leben weit weniger, als es solche spektakulären Prozesse vermuten lassen. Weiterhin lebten die allermeisten von ihnen auf und von dem Land. Herkömmliche, in unserem heutigen Verständnis vormoderne Sozialbeziehungen blieben noch lange erhalten. Armut in einem existentiellen Sinne stellte für weit mehr Menschen eine Lebensrealität dar, als es in den meisten heutigen Konsum- und Wohlstandsgesellschaften trotz aller weiterbestehenden sozialen und ökonomischen Probleme der Fall ist. Der Zeitraum zwischen 1890 und 1918 zeichnet sich so durch ein eigentümliches Doppelgesicht aus: Zum einen scheinen uns die Jahrzehnte um 1900 sehr nah zu sein. Sie stehen am Beginn dessen, was wir heute als unsere moderne Welt begreifen. Zum anderen bleiben uns viele Phänomene aber auch fern. Andere, ältere Zeitschichten reichen in die vermeintlich bereits moderne Welt der vorletzten Jahrhundertwende hinein. Dieser doppelte Befund hat Konsequenzen für den historischen Blick auf die Epoche. Wir meinen, die Menschen der Jahre zwischen 1890 und dem Ersten Weltkrieg grundsätzlich zu verstehen. Schon die Sprache, die uns in den Quellen der Zeit entgegentritt, bietet meist viel weniger Verständnisprobleme, als es bei Zeugnissen der Fall ist, die nur wenige Jahrzehnte zuvor entstanden sind. Doch hinter der vermeintlichen Zugänglichkeit verbirgt sich oft eine andere Welt, die es bei der historischen Analyse erst zu entschlüsseln gilt. Es ist diese besondere Mischung aus Nähe und Ferne, die die Jahrzehnte zwischen 1890 und 1918 für viele Historikerinnen und Historiker so faszinierend macht und die dazu beiträgt, dass das „Zeitalter des Imperialismus“ bis heute zu den am meisten untersuchten Perioden der Neueren und Neuesten Geschichte zählt. Neue Globalität Zu den aus heutiger Perspektive sehr modernen Charakteristika der Epoche gehört die erstaunliche und schnell wachsende Globalität der Jahrzehnte um 1900. Das Zeitalter des Imperialismus war neben dem Wettbewerb um Einflusssphären auch eine Epoche steigender Kontakte zwischen Regionen, Nationen und Kontinenten. Es war ein Zeitalter, in dem die Welt in bis dahin nicht gekanntem Tempo und Ausmaß zusammenwuchs. In den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts löste das Dampfschiff endgültig die Vorherrschaft der Segelschiffe ab, deren Masten bis dahin das Bild der Seefahrt auf den Meeren und in den Häfen bestimmt hatten. Immer mehr Unterseekabel für die Kommunikation via Telegrafie verbanden die Kontinente, nachdem es 1866 zum ersten Mal gelungen war, eine solche Verbindung dauerhaft zwischen Europa und Nordamerika zu installieren. Sorgte die Dampfschifffahrt (neben dem weiter – und nun zunehmend weltweit – expandierenden Eisenbahnnetz) dafür, dass die Transportkosten für Waren sanken und die Märkte zusammenrückten, minimierte die Entwicklung der Telekommunikationsnetze die Übertragungsdauer von Nachrichten überall auf der Welt. In der „Julikrise“, der politisch-diplomatischen Krise, die dem Kriegsausbruch von 1914 vorausging, telefonierten die Entscheidungsträger innerhalb der europäischen Hauptstädte bereits miteinander. Die verbesserten Transport- und Telekommunikationsmöglichkeiten ließen aber auch – und nicht nur bei den Eliten – das Bewusstsein für die globalen Zusammenhänge auf der Erde wachsen; ein Bewusstsein, das sich aufs Ganze gesehen im Verlauf des 20. Jahrhunderts sukzessive verstärken sollte. Fundamentalpolitisierung Die verbesserten Kommunikationsmöglichkeiten hatten ebenso Einfluss auf das innere Gefüge der Staaten. Vor allem veränderten sie die Art und Weise, wie Politik betrieben wurde beziehungsweise wie sie betrieben werden musste. Durch die Entstehung von Massenmedien, vor allem von auflagenstarken Zeitungen, sowie pluralistischer Öffentlichkeiten wurden immer mehr Menschen in das politische System einbezogen. Die Ausweitung des Wahlrechts in vielen Ländern sowie die grundsätzliche Bedeutungszunahme von Parlamenten taten ein Übriges, dass sich Politik an eine immer größere Zahl von Menschen zu richten hatte. Es setzte eine Entwicklung ein, die in der Forschung als eine neuartige „Fundamentalpolitisierung“, als die Entstehung eines „politischen Massenmarktes“ oder auch als zunehmende Demokratisierung bezeichnet worden ist und zu der ebenso eine wachsende Zahl von mitgliederstarken Interessengruppen und Lobbyorganisationen gehörte. Im Ergebnis wandelten sich nicht nur die Inhalte, sondern auch die Formen des Politischen erheblich. Soziale Unterschiede Basis vieler Entwicklungen war ein soziales Gefüge, das sich vor allem durch ausgeprägte Gegensätze auszeichnete. Dabei stand eine zunehmend selbstbewusste Arbeiterschaft einem nicht weniger selbstbewussten Bürgertum gegenüber. Während Erstere auf größere ökonomische und politische Teilhabe drängte und damit zumindest in Ansätzen in den letzten Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg auch erfolgreich war, prägte das Bürgertum vor allem mit seiner spezifischen Vorstellungs- und Wertewelt, wie Häuslichkeit und Bildungsorientierung, auch insgesamt die Epoche. Grundsätzlich blieben die Gesellschaften vor 1914 aber durch enorme soziale Gegensätze charakterisiert, zu denen neben dem Unterschied zwischen Arbeitern und Bürgern bzw. Mittelklassen (wie es in der internationalen Forschung meist heißt) auch der zwischen Land und Stadt, zwischen den Geschlechtern und denen diesen zugeschriebenen Rollen oder der zwischen Konfessionen gehörte. Ökonomisch waren die meisten europäischen Volkswirtschaften bis zum Ersten Weltkrieg von einem nicht völlig gleichmäßigen, aber insgesamt doch erkennbaren Aufschwung geprägt. Nach den sozialen Härten der vorangegangenen Phasen der Industrialisierung begannen sich ganz allmählich die Lebensumstände auch breiterer Bevölkerungsgruppen zu bessern. Dazu trug eine Ausweitung staatlicher Aktivitäten bei, die zu den übergeordneten Kennzeichen der Epoche gehört und die sich in der Sozialpolitik besonders zeigte. Zu den Entwicklungslinien des Zeitalters gehört damit der Beginn moderner Sozialstaatlichkeit. Moderne Sozialstaatlichkeit Wichtige Länder Europas traten zudem nach den stürmischen Prozessen der Jahrzehnte zuvor nun in eine Phase ein, in der sie als entwickelte Industriegesellschaften bezeichnet werden können – mit all den sozialen, ökonomischen, aber zum Beispiel auch ökologischen Folgen, die dies bis heute hat. Imperialismus Im Verhältnis Europas zur außereuropäischen Welt war der für diesen Band titelgebende Imperialismus sicherlich die wichtigste Entwicklung. Imperialismus trat dabei in unterschiedlichen Formen und Wirkungen auf. Es ging um direkte Kontrolle außereuropäischer Gebiete ebenso wie um indirekte politisch-ökonomische Einflussnahme, aber auch um die Übertragung der eigenen Vorstellungen und Ordnungen auf andere Gesellschaften. Der Imperialismus hatte aber zugleich Auswirkungen auf Europa selbst. Auch in Ländern, die zuvor nicht oder nur kaum an der europäischen Expansion teilgenommen hatten, wurde er nun ein wichtiges politisches Thema oder beeinflusste die jeweiligen Identitäten. Imperialismus war damit beileibe keine Einbahnstraße, bei der lediglich Europa die außereuropäische Welt beeinflusste. Er wirkte auch auf den eigenen Kontinent zurück. Internationale Beziehungen Zur Bedeutung des Imperialismus zählt dessen Einfluss auf die internationalen Beziehungen der Zeit. Das Verhältnis wichtiger Länder zueinander wurde durch ihre Beziehungen in der außereuropäischen Welt stark geprägt. Internationale Krisen nahmen oftmals ihren Ausgang in Spannungen in der kolonialen Welt. Gerade für die entscheidende Phase der internationalen Beziehungen vor dem Ersten Weltkrieg hat die Forschung aber auch von einer „Rückwendung nach Europa“...


Friedrich Kießling, Universität Bonn.

Friedrich Kießling
, University of Bonn, Germany.


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