E-Book, Deutsch, Band 6, 90 Seiten
Reihe: Zeitschrift für agrar- und umweltpädagogische Forschung
Kirner / Stürmer / Hainfellner Zeitschrift für agrar- und umweltpädagogische Forschung 6
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-7065-6420-5
Verlag: Studien Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Forschungsbeiträge zu Digitalisierung, Hofübernahme, Bildungsforschung und Green Care
E-Book, Deutsch, Band 6, 90 Seiten
Reihe: Zeitschrift für agrar- und umweltpädagogische Forschung
ISBN: 978-3-7065-6420-5
Verlag: Studien Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
HS-Prof. Priv.-Doz. Dr. Leopold Kirner leitet das Institut für Unternehmensführung, Forschung und Innovation an der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik. Er forscht und lehrt hier zu ökonomischen Aspekten in der Agrar- und Ernährungswirtschaft und koordiniert die hausinterne Forschung. HS-Prof. Priv.-Doz. Dr. Bernhard Stürmer, MBA lehrt und forscht an der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik im Bereich Agrar- und Umweltökonomie. Zudem ist er Geschäftsführer beim Kompost und Biogas Verband Österreich. Vizerektorin Prof.in Dipl.-Ing.in Elisabeth Hainfellner, MSc BEd CMC ist Vizerektorin an der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik und zuständig für die Bereiche Forschung und Entwicklung, Umweltpädagogik sowie Fort- und Weiterbildung. Sie lehrt in den Bereichen Partizipation und Regionalentwicklung.
Autoren/Hrsg.
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Einfluss der Covid-19 Pandemie auf die Digitalisierung in der agrarischen Beratung und Erwachsenenbildung – Erfahrungen und Veränderungen
Zusammenfassung
Die Covid-19 Pandemie führte dazu, dass agrarische Beratung und Erwachsenenbildung mittels digitaler Methoden unterstützt wurde. Im vorliegenden Artikel wird der Frage nach Erfahrungen und Veränderungen aus Sicht der Berater:innen, Erwachsenenbildner:innen und der Kund:innen nachgegangen. Qualitative Interviews, durchgeführt mit Expert:innen agrarischer Beratungs- und Erwachsenenbildungsanbietern berichten über die Chancen, Möglichkeiten und Herausforderungen. Die Organisationen selbst, Betriebe in entlegenen Regionen, Spezialbetriebe, Nebenerwerbsbetriebe, tierhaltende Betriebe und Bäuerinnen haben besonders von digitalen Angeboten profitiert. Es konnten neue Kund:innen gewonnen aber auch einige nicht erreicht werden. Zukünftige Herausforderung ist es, alle Betriebe auch die weniger technikaffinen mitzunehmen. Ein guter Mix aus digitalen und präsenten Beratungs- und Erwachsenenbildungsangeboten wird bleiben, um die Vorteile aus beiden Welten zu nutzen.
Schlagworte: digitale agrarische Beratung und Erwachsenenbildung in der Covid-19 Pandemie
Abstract
The Covid-19 pandemic led to support for agricultural extension and adult education using digital methods. This article explores the question of experiences and changes from the perspective of advisors, adult educators, and clients. Qualitative interviews conducted with experts from agricultural extension and adult education providers report on the opportunities, possibilities and challenges. The organizations themselves, farms in remote regions, specialized farms, part-time farms, livestock farms and women farmers have benefited particularly from digital offerings. New customers could be gained but also some could not be reached. The challenge for the future is to bring all farms along, including those that are less tech-savvy. A good mix of digital and analog advisory and educational services will remain in order to take advantage of both worlds.
Keywords: Digital agrarian extension and adult education in the Covid-19 pandemic
1. Einleitung
Die Covid-19 Pandemie, die durch das Virus Sars-CoV-2 ausgelöst wurde, führte ab März 2020 aufgrund von Infektionswellen zu zahlreichen Lockdowns in Österreich. Die land- und forstwirtschaftliche Produktion wurde fortgeführt, um die Ernährungssicherheit zu garantieren. Gleichzeitig war es essenziell, die agrarische Beratung und Erwachsenenbildung aufrecht zu erhalten, um die Bäuer:innen durch Beratungs- und Bildungsangebote bei den laufenden Herausforderungen zu unterstützen. Präsenztreffen und -veranstaltungen waren nicht mehr möglich, sodass in der agrarischen Beratung und Erwachsenenbildung zeitnah flächendeckend digitale Methoden für Kommunikation, Austausch, Beratung und Erwachsenenbildung umgesetzt werden mussten.
Im Forschungsprojekt “Digitale Kompetenzen für agrarische Berater:innen und Erwachsenenbildner:innen in Österreich - Einfluss der Covid-19 Pandemie auf die Veränderung der digitalen agrarische Beratung und Erwachsenenbildung” wurden Ergebnisse u.a. zu folgenden Fragen ermittelt:
Wie hat die Covid-19 Pandemie die Digitalisierung in der agrarischen Beratung und Erwachsenenbildung aus Sicht der Berater:innen, Erwachsenenbildner:innen und Kund:innen in Österreich verändert?
Welche Veränderungen der Angebote, der Motivation und der Bedürfnisse seitens der Berater:innen, Erwachsenenbildner:innen und der Kund:innen werden wahrgenommen?
Welche digitalen Bildungs- und Beratungsangebote werden bleiben?
2. Theoretischer Rahmen
Die agrarische Beratung wird in Österreich flächendeckend von den Landwirtschaftskammern (Landwirtschaftskammer Österreich, 9 Landes- und 70 Bezirksbauernkammern) und von Bio-Austria bzw. den Bioverbänden angeboten und steht allen land- und forstwirtschaftlichen Betrieben offen. Die Weiterbildung der Bäuer:innen durch die Ländlichen Fortbildungsinstitute sowie diverser Fachverbände erfolgt in enger Abstimmung (Europäische Kommission, 2022, S. 1266f). Berater:innen haben meist ein über die Handlungsform des Beratens hinausgehendes Aufgabenspektrum, wie die Vermittlung von Informationen z.B. über Vorträge, Printmedien etc. und der Durchführung von Weiterbildung z.B. durch Seminare, Kurse etc. (Luley et al., 2014, S. 17).
2020 wurden 57,1 % der Betriebe im Nebenerwerb und 36,1 % im Haupterwerb und überwiegend als Familienbetriebe geführt. 2,6 % der Betriebe sind Personengemeinschaften und 4,2 % juristische Personen (Statistik Austria, 2022a). Die hohe Anzahl der Nebenerwerbsbetriebe bedeutet, dass Bäuer:innen Bildungs- und Beratungsangebote tagsüber nur erschwert wahrnehmen können.
Die demografischen Daten der Agrarstrukturerhebung von Betriebsleitenden nach Altersklassen 2013–2020 in Österreich ergeben, dass von 154.953 Betriebsleitenden 26 % zwischen 55 bis unter 65 Jahre und 10,8 % 65 Jahre und älter sind (Statistik Austria, 2022b). Die Europäische Erhebung über den IKT-Einsatz in Haushalten 2022 ergab, dass 68 % der über 65-Jährigen das Internet in den letzten zwölf Monaten genutzt haben (Statistik Austria, 2022c).
Das Berufsfeld der agrarischen Beratung und Erwachsenenbildung selbst steht vor einschneidenden Herausforderungen. Trotz knapper werdender öffentlicher Mittel besteht die Notwendigkeit umfassende, flächendeckende und kostengünstige Beratung bereitzustellen. Gleichzeitig sind stärkere Spezialisierungen der Berater:innen und der zielgruppenorientierten Angebote erforderlich. Potential besteht in der bundesländerübergreifenden Zusammenarbeit bei der Entwicklung und Umsetzung von Beratungsangeboten (Paller, 2012, S. 89ff).
Dax & Oedl-Wieser (2010, S. 3) stellen fest, dass die Entwicklung in ländlichen Gebieten aufgrund von Abwanderung, geringer Erwerbstätigkeit und Bevölkerungsdichte, eingeschränkter Erreichbarkeit gekoppelt mit geringem Grad an formaler Bildung sehr unterschiedlich ist. Neben einer guten Verkehrserschließung ist ein leistungsfähiger Zugang zu den Technologien der Informations- und Telekommunikation (IKT), insbesondere zum Breitbandinternet, als wesentlicher Aspekt für die Entwicklung ländlicher Regionen zu sehen (Dax & Oedl-Wieser, 2010, S. 5f). Ein hoher Grad an Digitalisierung der regionalen Wirtschaft hat besonders in nicht urbanen Regionen positive Effekte auf den Arbeitsmarkt (Firgo et al., 2019). Etwa 45 % der unselbstständigen Beschäftigten führen Tätigkeiten aus, die auch im Homeoffice erledigt werden könnten (Bock-Schappelwein, Firgo, & Kugler, 2020). Dies ermöglicht aufgrund des Wandels von Arbeits- und Wohnmodellen Standortentscheidungen, die einen wesentlich größeren Bevölkerungsanteil betreffen werden als bisher (Bruck et al., 2022, S. 83).
Die Lernpotentiale der digitalen Medien beschreibt Reinmann (2011, S. 10) folgendermaßen: Bei der Distributionsfunktion können Lehrinhalte rasch zeitund ortsunabhängig zur Verfügung gestellt werden. Text, Bild, Animation, Audio und Video können multimedial aufgrund der Repräsentationsfunktion integriert werden. Simulationen veranschaulichen Inhalte (Explorationsfunktion). Verschiedene Formen der synchronen und asynchronen Interaktion sind Grundlage der Kommunikationsfunktion. Die Zusammenarbeit bei der Lösung einer gemeinsamen Aufgabe beschreibt die Kollaborationsfunktion.
Die Anwendungen digitaler Techniken dienen der Ergänzung, Vertiefung und Verbesserung der Beratungsarbeit und kommt zunehmend zum Einsatz. Das steigende Interesse führt zu einer proaktiven Weiterentwicklung der Beratungsarbeit durch Ergänzung von Tools und neuen Projekten. Die agrarische Grundberatung wird zunehmend durch strukturiert und multimedial bereitgestellte Fachinformation ins Internet verlagert (Hirt, 2018, S. 82). Hirt (2018, S. 79) ist der Meinung, dass einige Lehrende, Berater:innen und Erwachsenenbildner:innen das Potential der Digitalisierung in der Landwirtschaft früh erkannt haben, es besteht aber noch Bedarf an Bewusstseinsbildung und Sensibilisierung wichtiger Multiplikator:innen.
3. Methode und Stichprobenbeschreibung
Im Rahmen des Forschungsprojektes “Digitale Kompetenzen für agrarische Berater:innen und Erwachsenenbildner:innen in Österreich - Einfluss der Covid-19 Pandemie auf die Veränderung der digitalen agrarischen Beratung und Erwachsenenbildung” wurden dreizehn Expert:innen mittels standardisiertem Leitfadeninterview interviewt, die in Koordinations- und/oder Leitungsfunktionen bei agrarischen Beratungs- und/oder Erwachsenenbildungsanbietern (B) tätig sind und die fach- und themenübergreifend Einblick über das gesamte Bundesland oder Bundesgebiet geben konnten. Es wurden Expert:innen aus allen Bundesländern in Österreich ausgewählt, um die agrarischen und topografischen Spezifika der jeweiligen Regionen berücksichtigen zu können. Ein Interview konnte aufgrund technischer Mängel bei der Aufnahme nicht verwendet werden (B6).
Die Interviews wurden zwischen Mai und August 2022 per...