E-Book, Deutsch, 219 Seiten
Reihe: Soziale Arbeit
Kluschatzka-Valera Hypnosystemisches Case Management in der Sozialen Arbeit
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-8497-8381-5
Verlag: Carl Auer Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Unterstützungssituationen gestalten
E-Book, Deutsch, 219 Seiten
Reihe: Soziale Arbeit
ISBN: 978-3-8497-8381-5
Verlag: Carl Auer Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ralf Kluschatzka-Valera, Mag., Sozialarbeiter, zertifizierter Trainer für Case Management (ÖGCC), Supervisor (ÖVS & WKO), Lebens- und Sozialberater und nebenberuflicher Lektor für Soziale Arbeit (u. a. FH Burgenland), Unternehmensberater (Organisationsberatung und Personalwesen); Autor des Blogs Hypnosoziale Systemik (https://www.carl-auer.de/magazin).
Zielgruppe
Sozialarbeiter:innen
Mitarbeiter:innen in psychologischen und Sozialberatungsstellen
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
Weitere Infos & Material
2 Triadischer Raum
»It’s simple but not easy.«
Steve de Shazer
Soziale Arbeit ist immer in ein triadisches Grundmuster eingebettet, das dynamisch in allen Handlungsfeldern wirksam ist. Daher wird hier zunächst dieses Grundmuster als Kundenbeziehung analysiert.
2.1 Grundmuster: Indirekte Kundenbeziehung
Die Soziale Arbeit als Dienstleistung ist gekennzeichnet durch eine indirekte Kundenbeziehung. Was heißt dies?
Wenn Menschen in einen Supermarkt einkaufen gehen, so handelt es sich um eine direkte Kundenbeziehung, denn diese Menschen wählen die Produkte selbst aus und bezahlen diese dann selbst. Ebenso verhält es sich bei einem Reisebüro: Unter der beraterischen Anleitung des Reisevermittlers können Kunden die Urlaubsdestination direkt wählen und bezahlen.
Nehmen Menschen jedoch die Dienstleistung der Sozialen Arbeit in Anspruch, so wird es sich zutragen, dass Sie sich weder selbst dazu entschlossen haben noch mit dem eigenen Geld dafür aufkommen.
Dieser Grundgedanke mag einfach erscheinen, bringt aber viele fachliche Implikationen mit sich. Denn Dienstleistungen der Sozialen Arbeit werden in der Regel mit staatlichen Fördergeldern ausgestattet und enthalten damit Aufträge, welche die Soziale Arbeit mit den Klienten abwickeln sollte. Dies ist als Gegensätzlichkeit unter dem Begriff »Hilfe vs. Kontrolle«11 in die Literatur eingegangen (von Schlippe u. Schweitzer 2016) (Abb. 13).
Abb. 13: Hilfe versus KontrolleDer Begriff »doppeltes Mandat« beschreibt im Wesentlichen die Tatsache, dass Einrichtungen sowie Fachkräfte der Sozialen Arbeit einerseits ein Mandat von den öffentlichen Stellen bzw. Trägern der Sozialen Arbeit und andererseits ein Mandat von den Klienten bekommen. Dies wird in der Praxis potenziell als ein Spannungsverhältnis erlebt, das sich grundlegend auf den Hilfe- und Beratungsprozess in der Sozialen Arbeit auswirkt.
In dieser Grundspannung können weitere Spannungsfelder identifiziert werden: Soziale Arbeit berücksichtigt zwangsläufig die Logik der Träger Sozialer Arbeit in der Gestaltung der eigenen Dienstleistung. Diese Fremdlogik muss nicht zwangsläufig mit der fachlichen Eigenlogik übereinstimmen (Abb. 14):
Abb. 14: Eigen- und Fremdlogik (Träger)12Ein weiteres Merkmal der indirekten Kundenbeziehung kann die Tatsache sein, dass Klienten Dienstleistungen der Sozialen Arbeit in Anspruch nehmen, die nicht selbstgewählt sind und/oder die etwas anderes anbietet, als die Kunden erwarten, wünschen oder anstreben. Dies kann dazu führen, dass sog. Kunden gar nicht als Kunden präsent sein möchten, also lieber wieder aus der Kundenbeziehung ausscheiden möchten. Auch hier könnte sich ein Spannungsverhältnis ergeben (Abb. 15).
Abb. 15: Eigen- und Fremdlogik (Klient)Der Kundenbegriff könnte zudem Klienten dazu verleiten, sich als Konsumenten der Sozialen Arbeit zu verstehen, was sich wiederum negativ auf die Eigenverantwortung und das Empowerment auswirken könnte. Es stellt sich daher die Frage, inwieweit Klienten auch Beteiligte, als Prosumenten der eigenen Unterstützungsleistung aktiv werden möchten (Schilling u. Klus 2018; Blättel-Mink u. Hellmann 2009).
Zusammenfassend bedeutet dies: Soziale Arbeit findet sich in einer neuen Situation wieder, in der unterschiedliche Logiken, Erwartungen und Ansprüche an sie gestellt werden. Dies entspricht einem Dreieck, das eine strukturelle und systemische Grundspannung im Dienstleistungsbereich der Sozialen Arbeit darstellt (Abb. 16).
Abb. 16: Drei Logiken und ihre Bezüge zueinander2.2 Triangulierter Zugang als fachliche Implikation
Da die Soziale Arbeit durch ein Dreiecksverhältnis geprägt wird, benötigen Fachkräfte in der Beratung ebenso einen triangulierten Zugang, hier der triadische Raum genannt.
Das hier vorgestellte Modell lehnt sich an die »Themenzentrierte Interaktion« (TZI) nach Ruth Cohn an (1997). Es besteht aus den drei Elementen Ich, Es und Du. Ich steht für die Rolle als Experte für Unterstützungssituationen. Es beschreibt den Auftrag, gegeben durch die Geldgeber bzw. Träger der Sozialen Arbeit und formuliert in einer Organisation der Sozialen Arbeit. Du beschreibt die Rolle als Klientenfeld. Die Position Du könnte auch eine Gruppe oder ein Gemeinwesen bzw. einen Sozialraum repräsentieren.
Umgeben werden diese drei Eckpunkte von einem vierten Element, im englischen Original als »globe« bezeichnet, das als der Kontext übersetzt werden kann (Abb. 17, S. 54).
Der triadische Raum ermöglicht es Akteuren der Sozialen Arbeit, deren Setting und Dienstleistung allseitig zu kontextualisieren und dynamisch auszurichten.
Abb. 17: Triadischer RaumDieses Buch bietet einen Vierschritt an, eine sinnvolle methodische Abfolge, um zieldienliche Unterstützungssituationen zu gestalten:
- die Rolle klären (? gesicherte Beraterposition ? Handlungsfähigkeit herstellen)
- den Auftrag gestalten (? Beratung zweiter Ordnung ? Zusammenarbeit gewährleisten)
- dem Klientenfeld begegnen (? Utilisation ? Kompetenzen aktivieren)
- den Kontext einbeziehen (? Unterstützungssituation gestalten).
Als Experte für Unterstützungssituationen geht man idealtypisch immer in dieser Reihenfolge vor: Zuerst wird die eigene Handlungsfähigkeit hergestellt, danach wird der Auftrag gestaltet, und schließlich werden Klienten dabei unterstützt, die eigenen Kompetenzen zu aktivieren und deren Ressourcen aus dem (in)formellen Umfeld in den Hilfe- und Unterstützungsprozess zu integrieren. Dieses Vorgehen kann trianguliert bzw. triadisch genannt werden.
Die folgenden Abschnitte dieses Kapitels vertiefen nun die Begriffe Experte, Auftrag und Klientenfeld. Der gesicherten Beraterposition, der Beratung zweiter Ordnung und der Utilisation ist im Anschluss jeweils ein eigenes Kapitel gewidmet.
2.3 Die Rolle als Experte für Unterstützungssituationen
Der triangulierte Zugang startet beim Eckpunkt Ich. Das Ziel ist, innere Klarheit, Sicherheit und Stärke zu erlangen bezüglich
- Struktur (Setting und Rahmen)
- Psyche (stabiler innerer emotionaler und mentaler Zustand).
Dabei kann die Rolle als Experte für Unterstützungssituationen organisational und persönlich abgeklärt werden.
Organisationale Rollenklärung
In der organisationalen Rollenklärung zum Ich werden drei Aspekte unterschieden: die Position, die Funktion und die Rolle.
Die Position ist der Platz in der Hierarchie einer Organisation. Es gibt Basismitarbeiter, Führungskräfte und die Geschäftsführung.
Positionen werden in der Regel im Organigramm abgebildet. Sie geben Auskunft über das fachliche und disziplinäre Weisungsrecht innerhalb einer sozialen Einrichtung.
Mit einer Position geht ein Gestaltungsspielraum und eine Wirkmacht einher. Dazu sei ein Beispiel aus einer Supervision angeführt:
Im Zuge der Supervision schildert eine Supervisandin, dass es in der Fallsteuerung zu einer Störung gekommen sei. Die Klientin sei damit unzufrieden, dass die Sozialarbeiterin eine zuvor gegebene Zusage nicht einhält.
In der Rolle als Supervisandin ist der Sozialarbeiterin rasch klar, dass es sich ungünstig auswirkt, eine Zusage zu machen, diese dann aber nicht einhalten zu können. Dies nimmt sie als persönliche Lernerfahrung aus dem Supervisionsgespräch mit.
Als die Situation analysiert wird, bemerkt die Sozialarbeiterin, dass sie ihre Zusage zurückgezogen habe, da ihre fachliche Leitung dies so gewünscht habe. Die Zusage habe auf dem fachlichen Verständnis der Sozialarbeiterin basiert, der Rückzug auf dem fachlichen Verständnis der Leitungsperson.
Im Zuge der Analyse, inwieweit das Konzept »Unterstützungssituationen gestalten« für die Sozialarbeiterin nutzbringend werden kann, wird festgehalten, dass die Sozialarbeiterin die Fallsteuerung zwar nominell innehat. Sie ist aber dem fachlichen Weisungsrecht der Leitung unterworfen. Daher ist es eine Aufgabe im triangulierten Zugang, die fachlichen Vorstellungen der Leitungsperson in die eigene Planung und Durchführung von Interventionen mitzudenken.
Dieses Fallbeispiel könnte Anlass zu einer innerorganisationalen Abstimmung hinsichtlich der Fallsteuerung geben. Alternativ könnte die Fallsteuerung bei der Sozialarbeiterin liegen und die Leitungsperson eine eher beratende und begleitende (supportive) Aufgabe haben.
Die Funktion ist das Aufgabengebiet, der Tätigkeitsbereich. Sie wird zumeist durch eine Stellenbeschreibung dargestellt und umfasst den konkreten Aufgaben- und Tätigkeitsbereich. In der Regel wird die Funktion in Stelleninseraten beschrieben.
Fachliche Standards, das...