Knechtges-Obrecht | Clara Schumann | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

Reihe: wbg Paperback

Knechtges-Obrecht Clara Schumann

Ein Leben für die Musik
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-534-74705-4
Verlag: wbg Paperback in Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ein Leben für die Musik

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

Reihe: wbg Paperback

ISBN: 978-3-534-74705-4
Verlag: wbg Paperback in Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Zwischen Bühne und Familie: Das Leben der berühmten Pianistin Vom Vater wurde sie zum Wunderkind gedrillt und schon früh auf Konzerttournee durch ganz Europa geschickt. Später gelang es ihr, gegen seinen Willen ihre große Liebe Robert Schumann zu heiraten. Sie komponierte selbst und war eine ausgezeichnete Klavierpädagogin. Clara Schumanns Leben war alles andere als gewöhnlich und entsprach überhaupt nicht den Konventionen ihrer Zeit. Irmgard Knechtges-Obrecht zeichnet die Stationen ihres Lebens nach, von grandiosen Erfolgen als Konzertpianistin bis zu schweren Schicksalsschlägen, die sie früh zur Witwe und allein verantwortlich für ihre acht Kinder machten. - Friedrich Wieck: Das schwierige Verhältnis zum tyrannischen Vater - Clara und Robert Schumann: Eine vor Gericht erstrittene Ehe - Alleinerziehende Karrierefrau: Der Spagat zwischen Familie und Konzert - Johannes Brahms und Clara Schumann: Eine ungewöhnliche Freundschaft   Vom Kinderstar zur Klavierprofessur: wie Clara Schumann die Musikgeschichte prägte Ihren ersten öffentlichen Auftritt hatte sie mit neun Jahren: Clara Wieck war von Kindheit an harte Arbeit gewöhnt. Auch nach ihrer Heirat mit dem romantischen Komponisten Robert Schumann gab sie ihren Beruf nicht auf. Nach seinem frühen Tod war sie die Alleinverdienerin, die alles für eine standesgemäße Ausbildung ihrer Kinder- und Enkelschar tat.  Diese Biografie der Ausnahmekünstlerin zeigt die große Disziplin, mit der sie trotz zahlreicher Schicksalsschläge an ihrer Karriere festhielt - weit entfernt davon, im Schatten ihres Mannes zu stehen.

Dr. Irmgard Knechtges-Obrecht ist Musikwissenschaftlerin und Vize-Präsidentin der Robert-Schumann-Gesellschaft Düsseldorf.
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INHALT
Einleitung
Mit Bravour und Blumensträußen 7
Kindheit in Leipzig (1819–1834)
Das Klavier – Erste Auftritte – Ein Leben als Wunderkind 12
Die Liebe ihres Lebens: Robert Schumann (1835–1840)
Der erste Kuss – Allein auf Tournee – Der Kampf mit dem Vater 41
Hochzeit und junges Glück (1840–1850)
Erste gemeinsame Wohnung – Eheleben – Die Familie wächst 69
Schwere Zeiten (1850–1857)
Rheinisches Leben – Roberts Krankheit und Tod – Alleinerziehend 98
Die Künstlerin festigt ihre Karriere (1858–1868)
Wanderleben – Durchbruch in England – Freundschaften 127
Familienbande und Schicksalsschläge (1869–1877)
Hochzeiten – Krankheiten – Todesfälle 157
Professorin in Frankfurt (1878–1889)
Jubiläen – Ehrungen – Runde Geburtstage 185
Clara Schumann im Alter (1890–1896)
Bühnenabschied – Krankheit und Tod – Vermächtnis und Nachwelt 215
Literaturverzeichnis 244
Verzeichnis der veröffentlichten Werke Clara Schumanns 249
Dank 252
Register 253


|12|Kindheit in Leipzig (1819–1834)


Das Klavier – Erste Auftritte – Ein Leben als Wunderkind


Am Leipziger Neumarkt stand ein Haus, das unter dem schönen Namen Hohe Lilie bekannt war. Dort erblickte am 13. September 1819 ein kleines Mädchen das Licht der Welt, dem hohe Erwartungen in die Wiege gelegt waren. Denn schon lange vor seiner Geburt hatte sein Vater beschlossen, aus diesem Kind, wenn es weiblich wäre, eine große Künstlerin zu machen. Er war überzeugt davon, dass sich Mädchen wesentlich besser formen und voranbringen ließen als Jungen. Clara nannte er das ersehnte Kind, die hell und glänzend Strahlende. Das hielt er für passend.

Erst am 6. Oktober taufte man das Mädchen auf die Namen Clara Josephine in der Nikolaikirche, die neben der ungleich berühmteren Thomaskirche das zweite große Kirchenbauwerk Leipzigs war, das schon seit der Stadtgründung existierte. Für die damaligen Verhältnisse erfolgte die Taufe sehr spät. Aufgrund der hohen Säuglingssterblichkeit bestand die Gefahr, dass die Kinder ihre Geburt nur um wenige Tage überlebten. Ungetauft durfte aber kein Baby sterben, denn der Volksglaube besagte, dann käme es nicht in den Himmel.

Bei Clara hegte der Vater offenbar derlei Befürchtungen nicht, war er doch felsenfest davon überzeugt, dass es sich um ein ganz ungewöhnliches Mädchen handelte. Es würde überleben und ein Leben als Star führen. So plante er es, und so sollte es letztlich auch kommen. Doch das ist eine lange Geschichte.

Clara war das zweite Kind von Friedrich Wieck (1785–1873) und dessen Frau Mariane (geb. Tromlitz, 1797–1872), einer überaus begabten Sängerin und Pianistin. Mariane stammte als Tochter des Plauener Stadtkantors George Christian Gotthold Tromlitz aus einer besonders musikalischen Familie. Ihr Großvater väterlicherseits war der berühmte Flötist, Flötenbauer |13|und Komponist Johann George Tromlitz aus dem thüringischen Reinsdorf. Mariane kam als Schülerin zu Friedrich Wieck und wurde später seine Frau. Zweifellos vererbte sie der Tochter eine gehörige Portion ihrer außergewöhnlichen Musikalität. Die Frage bleibt allerdings, wieso der Vater sich dessen offenbar schon bei Claras Geburt sicher war und wieso er daran niemals auch nur den geringsten Zweifel ließ.

Wieck selbst galt als recht musikalisch, obwohl er in seinem Elternhaus nicht entsprechend gefördert worden war. Geboren wurde er in Pretzsch, einer Kleinstadt an der Elbe zwischen Torgau und Wittenberg, in recht bescheidenen Verhältnissen. Er war der jüngste Sohn einer Kaufmannsfamilie ohne Fortune, in der die Musik keine Rolle spielte. Auffallend war sein großer Ehrgeiz, der ihn – gepaart mit bemerkenswertem Lerneifer – schon frühzeitig nach Höherem streben ließ.

Obschon von Geburt an eher schwächlich und häufig kränkelnd, gelang es dem jungen Friedrich Wieck schließlich, am Gymnasium in Torgau aufgenommen zu werden. Dort sollte er sich auf das von den Eltern für ihn gewünschte Theologiestudium vorbereiten. Folgsam schrieb er sich nach bestandenem Abitur an der Universität Wittenberg ein, schloss das Studium erfolgreich ab und hielt pflichtgemäß, wie es die Statuten vorsahen, seine Probepredigt in einer Dresdner Kirche. Doch eine weitere Ausübung des geistlichen Amtes interessierte ihn in keiner Weise. Lieber verdiente er fortan sein Geld als Hauslehrer bei wohlhabenden, meist adligen Familien.

Aus eigener Initiative und ganz unsystematisch hatte Wieck schon als Jugendlicher eine musikalische Ausbildung in Angriff genommen, ohne jedoch seine Kenntnisse vervollkommnen zu können. Über einige Stunden Klavierunterricht kam er letztlich nicht hinaus. Als ihm nach neun Jahren das Dasein als Hauslehrer keine Befriedigung mehr verschaffte, eignete er sich – ebenfalls mehr oder weniger autodidaktisch – Kompositionstheorie und Klaviertechnik an.

Als knapp Dreißigjähriger gab er seine bisherige Tätigkeit auf und schuf sich mit finanzieller Hilfe eines Freundes in Leipzig eine neue Existenz. Wieck gründete ein rasch florierendes Geschäft, in dem er neben dem Verkauf und Verleih von Musikalien auch Klaviere vermietete, verkaufte, reparierte und stimmte. Er bezeichnete seine Firma als „Piano-Fabrik |14|Friedrich Wieck“ und versah jedes gehandelte Instrument mit dieser Aufschrift, um Werbung für sein Unternehmen zu machen.

Schon bald fand Friedrich Wieck in der Leipziger Fachpresse als guter und beliebter Klavierlehrer Erwähnung, weshalb die Klavierschule, die seinem Laden angeschlossen war, reichlich Zulauf hatte. Wiecks von langer Hand geplantes Konzept war aufgegangen, denn nicht ohne Grund hatte er diese Stadt in Mitteldeutschland für sein Vorhaben ausgewählt. Sie schien ihm der geeignete Ort für eine geschäftlich erfolgreiche Zukunft zu sein.

Leipzig mit seinen damals rund 35.000 Einwohnern, inmitten des südlichsten Teils der Norddeutschen Tiefebene und am Zusammenfluss dreier Flüsse gelegen, galt zu Beginn des 19. Jahrhunderts als prosperierendes Wirtschaftszentrum. Die günstige Lage am Schnittpunkt zweier alter, renommierter Handelsstraßen, der Via Regia und der Via Imperii, sowie die frühzeitig erlangten Messeprivilegien hatten die Stadt seit ihrer Gründung um 1165 zu einem attraktiven Ort für Kaufleute und Fabrikanten gemacht.

Zwar gehörte Leipzig zum von Friedrich August I. regierten Königreich Sachsen, diente aber nie als Residenzstadt oder Bischofssitz. Die Stadt wurde von einem Rat alteingesessener Bürger regiert, die in jeder Beziehung den Ton angaben. Als Clara geboren wurde, hatte sich die Bevölkerung längst von den Kriegswirren erholt, die Schrecken der napoleonischen Besetzung waren vergessen. Auch die Nachwehen der Neuordnung Europas und die Verkleinerung des sächsischen Königreichs durch den Wiener Kongress waren ausgestanden. Politisch kehrte eine verhältnismäßig friedliche Phase ein.

Allein die an zahlreichen deutschen Höfen herrschende Furcht vor revolutionären Bestrebungen und vor der Verbreitung national-liberaler Ideen in der Bevölkerung erzeugte eine gewisse Unruhe. Nachdem der Schriftsteller und russische Generalkonsul August von Kotzebue durch den Theologiestudenten und Burschenschaftler Karl Ludwig Sand ermordet worden war, berieten Diplomaten und Minister der deutschen Staaten im österreichischen Kurort Karlsbad über Mittel zur Bekämpfung solcher Tendenzen. Dies führte auf Initiative des österreichischen Außenministers und späteren Staatskanzlers Klemens Wenzel Lothar von Metternich zu den so genannten Karlsbader Beschlüssen. Genau eine Woche nach Claras Geburt wurden diese am 20. September 1819 in einem Eilverfahren vom Bundestag des Deutschen Bundes in Frankfurt bestätigt.

|15|Die sich daraus für alle Staaten des Deutschen Bundes ergebende Einschränkung der Pressefreiheit sollte die Verbreitung aufrührerischer Ideen unterbinden. Um Revolutionen zu verhindern, wurden Universitäten überwacht, die Burschenschaften verboten und öffentliche Turnplätze als Hort solcher Unruhen geschlossen. Verdächtige Professoren konnten ihres Amtes enthoben und mit einem Berufsverbot belegt werden, um so einer Weitergabe nationalen oder liberalen Gedankenguts vorzubeugen.

Von den gravierenden Auswirkungen dieser Beschlüsse zeigte sich Claras Heimatstadt Leipzig relativ unbeeindruckt. Die Stadt galt immer schon als sehr liberal, vor allem aber spielte der Adel hier keine nennenswerte Rolle. Prägend für Leipzig blieb weiterhin ein solides und starkes Bürgertum, das kulturell außergewöhnlich interessiert war. Die frühe Gründung der namhaften Universität im Jahre 1409, die Bedeutung der Stadt als Messestandort von europäischem Rang sowie der hohe Entwicklungsstand von Buchdruck und Buchhandel hatten die Wirtschaft und Kultur ab dem ausgehenden 15. Jahrhundert gleichermaßen befördert. Davon profitierte auch das Musikleben, das in Leipzig eine bemerkenswerte Rolle spielte.

Zur Zeit von Claras Geburt brachte man in Leipzig nicht nur den musikalischen Werken selbst, sondern auch den interpretierenden Künstlern hohe Achtung entgegen. Das Schaffen, Spielen und Hören von Musik wurden hier intensiv gepflegt, weshalb die Stadt schon damals zu einem der wichtigsten musikalischen Zentren Deutschlands zählte. Dass das Konzertwesen gerade hier in einem nirgends sonst vorhandenen Ausmaß florierte, ist kein Zufall. Denn die Darbietung von Musik um ihrer selbst willen ist eine Tradition, die von den aristokratischen Kreisen in den Residenzstädten nicht nennenswert gepflegt wurde, sondern auf das Bürgertum zurückgeht. Erst im öffentlichen und halböffentlichen bürgerlichen Raum sowie im privaten bürgerlichen Salon konnte sich das Konzert als etablierte Veranstaltungsform entwickeln. Nicht von ungefähr erfolgte denn auch in Leipzig 1843 die Gründung der ältesten Musikhochschule Deutschlands.

Die in der Handelsstadt bekanntlich gut laufenden Geschäfte, ein hohes Maß an Geselligkeitskultur und das breit gefächerte Kunstinteresse des Bürgertums vermischten sich standesübergreifend zu einer lebendigen Vielfalt. Sie schufen Voraussetzungen, um die der ebenso geschäftstüchtige wie musikbegabte Friedrich Wieck wusste und die er zu seinen Gunsten auszunutzen |16|verstand. Im Leipzig jener Tage mit seinem außergewöhnlichen Musikleben fand er den richtigen Ort für sämtliche geplanten Aktivitäten. Vor allem die Etablierung seiner Clara als prominente Künstlerin schien ihm gerade hier möglich.

Nachdem Wiecks erste, 1817 geborene Tochter Adelheid bereits im Kindesalter verstorben war, betrachtete er Clara als das ersehnte Kind, mit dem sich seine ehrgeizigen Pläne realisieren ließen. Klavierspielen sollte sie lernen, am besten...


Dr. Irmgard Knechtges-Obrecht ist Musikwissenschaftlerin und Vize-Präsidentin der Robert-Schumann-Gesellschaft Düsseldorf.



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