Knowles | Tin Men | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 344 Seiten

Knowles Tin Men

Kriminalroman
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-948392-15-4
Verlag: Polar Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Kriminalroman

E-Book, Deutsch, 344 Seiten

ISBN: 978-3-948392-15-4
Verlag: Polar Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Drei kriminelle Bullen jagen einen Mörder. Woody war gerade dabei high zu werden, als das Telefon klingelte. Dennis hatte ein Date - es war ein Date, für das er bezahlt hatte, aber dennoch ein Date. Os hatte Blut an den Händen von einer kleinen außerplanmäßigen Strafvollstreckung. Detective Julie Owen wurde brutal in ihrem eigenen Bett getötet und das ungeborene Kind, das sie trug, ist nirgends zu finden. Woody, Dennis und Os haben eine Verbindung zu Julie. Jeder auf seine Weise. Die jedoch tiefer ging als das Blau ihrer Uniformen. Jeder hat seine eigenen Gründe die Person zu finden, die für den Mord an Julie verantwortlich ist. Os, besser bekannt als der 'Tin Man', der nur Schild und ohne Herz ist; sein Partner Charlie Woodward, besser bekannt als Woody, der mit seinen eigenen Verlusten fertig wird, indem er zwischen Heroin und Adderall hin und her springt und Dennis Hamlet, besser bekannt als ein Typ, der Fälle abschließt, auch wenn Woody und Os nichts mit ihm zu tun haben wollen, vielleicht weil er viel weniger klug ist als er meint. Ein denkwürdig kaltherziger Fall der reichlich Beweise für die düstere Behauptung liefert, dass 'nicht jeder Polizist schmutzig ist, aber die Guten'.

Mike Knowles lebt in Hamilton mit seiner Frau, Kindern und einem Hund. Er hat sechs Romane in der von der Kritik hochgelobten Wilson Reihe geschrieben. 'Tin Men' ist ein Solitär.
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1


Os war auf dem Weg zu , später als geplant, denn das Dreckstück im Kabuff hatte einfach nicht das Maul aufmachen wollen. Os hatte dem Typen gegenübergesessen und das Reden seinem Partner Woody überlassen. Wie immer hatte Woody den Kerl eingewickelt, hatte ihm verklickert, was sie bereits sicher wussten und was sie in ein, zwei Tagen würden beweisen können. Woody knackte fast jeden Fall; wenn er den Vernehmungsraum betrat, hatte er immer alle Trümpfe in der Hand. Meistens knickte der Verdächtige unter der Beweislast schnell ein, und alle konnten pünktlich Feierabend machen. Heute Abend war es anders gelaufen. Der kleine Wichser war auf frischer Tat ertappt worden. Woody hatte ihm die Aufnahmen der Kamera im Minimart auf der gegenüberliegenden Straßenseite gezeigt. Grobkörnige Bilder zwar, die aber erkennen ließen, wie er die alte Frau überfallen hatte, und Woody hatte sie ihm als Nägel zu seinem Sarg verkauft. Os hatte den Vergewaltiger beobachtet, der stocksteif dagesessen und die Wand hinter den beiden Cops angestiert hatte. Er hatte nicht nach einem Anwalt verlangt, und Woody hatte ihm in aller Deutlichkeit klargemacht, dass er nur durch ein Geständnis noch auf irgendeinen Deal hoffen konnte.

Aber der Typ war stumm geblieben, hatte zugehört und sie nicht angesehen. So war das über Stunden gegangen, dann hatte der Drecksack zum ersten Mal den Mund aufgemacht: »Anwalt.«

Os war gerade rechtzeitig wieder reingekommen, um dieses einzige Wort mitzuerleben. Die sechs Buchstaben fegten die sorgfältig eingefädelte Vernehmung vom Tisch wie eine Hand die Figuren eines Schachspiels zwei Züge vor Schachmatt. Woody hatte resigniert die Hände gehoben, gesagt »Wie du willst«, und war, die beiden Kaffeebecher in den Händen, an Os vorbei aus dem Raum gegangen. Er hatte nicht aufgegeben, er musste pinkeln. Im Laufe der Vernehmung hatte er mindestens sechs Tassen Kaffee runtergekippt und Nachschub verlangt, wann immer Os seinen Stuhl nach hinten geschoben hatte, um aufzustehen. Os sah seinem dürren Partner nach. Der Vergewaltiger starrte stur geradeaus.

»Du hättest reden sollen«, sagte Os.

Der Typ lächelte leicht.

Os spürte, wie sich seine Nackenhaare aufstellten. Am liebsten hätte er den Typen mit der Fresse zuerst in die Betonwand gedonnert, hart genug, um Zähne rauszuschlagen und Knochen zu brechen, aber das ging hier drin nicht. Im Nebenzimmer stand ein Monitor, auf dem andere Detectives das Verhör verfolgten. Os hatte mehr Stunden auf diesen kleinen Bildschirm gestarrt als auf seinen eigenen Fernseher zu Hause. Er kannte den Kamerawinkel und das ziemlich unscharfe Bild genau und hatte sich absichtlich den linken Stuhl ausgesucht. So saß er mit dem Rücken zur Kamera.

Die Kamera war nach Durchschnittsmaßen ausgerichtet. Os war mindestens einen Kopf größer und fünfzig Pfund schwerer als alles, was einem Durchschnittsmenschen ähnelte. Seine Übergröße bedeutete, dass die Kamera ihrer Aufgabe nicht mehr gerecht wurde, wenn sich Os auf den linken Stuhl im Vernehmungsraum setzte. Os war eins achtundneunzig groß, und wenn er sein Jackett über die Stuhllehne legte, hing es auf dem Boden. Dadurch waren seine Füße nicht zu sehen. Woody hatte vor Jahren einen Witz über Os’ XXL-Jackett gerissen: Er würde darin aussehen wie Onkel Fester von der Addams Family. Ein paar Kollegen hatten gelacht, und ein neuer Spitzname war geboren. Der Name überlebte keine Woche, aber Os hatte nie vergessen, was die Kamera sah – und was nicht.

Er stellte die beiden Kaffeebecher in die Mitte des Tisches, zog sein Jackett aus und setzte sich. »Das Gespräch war ein bisschen einseitig.«

Der Vergewaltiger beäugte den Kaffee. Nachdem er mit angesehen hatte, wie sein anderer Vernehmer Tasse um Tasse schlürfte, hatte er jetzt natürlich Durst.

Os sah die Becher an, dann den Mann. Er zuckte die Achseln. »Nur zu.«

Der Vergewaltiger streckte die mit Handschellen gefesselten Arme aus und hob langsam den Plastikbecher an den Mund. Der Kaffee war besonders schlecht und besonders heiß, wie der Mistkerl zu Os’ großer Freude schnell herausfand. Beim ersten vorsichtigen Schluck verbrannte er sich die Zunge, zuckte zusammen und wollte den Becher wieder abstellen. Als er noch etwa drei Zentimeter über der Tischplatte schwebte, streckte Os das Bein aus und schob den Stuhl des Typen ein Stück nach hinten. Die Bewegung war schnell und behände und an Os’ Oberkörper nicht abzulesen. Der Vergewaltiger hatte seine Aufmerksamkeit auf den Kaffeebecher gerichtet und kapierte einen Sekundenbruchteil zu spät. Die abgerundete Tischkante bot weniger Halt als eine alleinerziehende Alkoholikerin, und schon landete der Becher im Schoß des Vergewaltigers.

Ein Schrei, dann kippte der Stuhl um, als der Mann aufsprang und an die Wand zurückwich, wobei er krampfhaft versuchte, sich den Stoff seiner Hose vom Körper zu ziehen. Os erhob sich ebenfalls und zog umständlich Papierservietten aus der Tasche. Er hatte oft genug Kaffee auf seinen Anzug verschüttet und immer einen dicken Packen der dünnen Dinger dabei. Da der jammernde Typ keine Anstalten machte, sie zu nehmen, drückte Os sie ihm gegen die Brust und hielt sie dort fest.

»Du musst besser aufpassen. Die Becher sind echt heiß«, sagte er gerade laut genug fürs Mikrofon.

Denn Os wusste nicht nur, was die Kamera im Vernehmungsraum sah, sondern auch, was das Mikrofon hörte. Über die Jahre hatte er herausgefunden, dass es im Kabuff eine tote Zone gab, in der nichts aufgezeichnet wurde, was unter normaler Gesprächslautstärke lag. Os drückte dem erstarrten Mann die Servietten an die Brust, ließ sie dann mit einer kaum wahrnehmbaren Bewegung los und bohrte ihm einen Daumen in den Brustkorb. Eine von inzwischen abgekühltem Kaffee noch feuchte Hand landete auf seiner und versuchte, den eingedrungenen Daumen wegzuziehen. Os wandte das Gesicht von der Kamera ab und sagte: »Hoff mal lieber auf einen miserablen Anwalt. Vergewaltiger leben draußen gefährlich. Da können einem schlimme Dinge passieren.« Dabei senkte er seinen schweren rechten Stiefel auf den leichten Nike-Trainer des Vergewaltigers herab und erhöhte den Druck, ohne dass mehr zu erkennen gewesen wäre als ein plötzliches Aufkeuchen, zu leise für das schlechte Mikrofon. »Und jetzt entschuldige dich dafür, dass du den Kaffee verschüttet hast.«

»T-tut mir leid.«

Os hob die Stimme, damit das Mikrofon ihn hörte. »Kann ja mal passieren.«

Er nahm den Fuß weg, gab dem Vergewaltiger einen Klaps auf den Rücken und wandte sich um, um sein Jackett von der Stuhllehne zu ziehen.

»Setz dich«, sagte Os. »Ich versuch dir jetzt mal einen Anwalt zu besorgen.«

Als er endlich Feierabend hatte, war es spät geworden. Er hatte gehofft, noch rechtzeitig zum Kampf im zu sein. Dort war es nie sehr voll, und auf Os’ Bitte hin schaltete der Barmann immer bereitwillig auf ESPN2 um. Heute lief Cassius Clay gegen Sonny Liston. Os mochte Liston. Vor seiner Profikarriere war der ehemalige Schwergewichtschampion Knochenbrecher für die Mafia gewesen. Harte Muskeln und ein schwarzes Herz. Und er kämpfte, als hätte er eine Riesenwut auf die Welt. Jeder Schlag sollte wehtun – sogar seine Führhand war aus Dynamit. Clay hatte ihn geschlagen, aber Liston hatte dafür gesorgt, dass er sich den Sieg schwer erkämpfen musste; als Clay aus dem Ring stieg, wusste er, was er hinter sich hatte.

Os schaute beim Fahren immer wieder nach allen Seiten. Nach Jahren im Streifenwagen und noch mehr Jahren bei der Armee reichte ihm der Blick geradeaus auf die Straße nicht. Er fuhr zu schnell und kam trotzdem nicht weiter, weil irgendein Arschloch bei der Stadt die Ampeln so geschaltet hatte, dass niemand mehr als zwei Grünphasen hintereinander schaffte. Er drehte das Lenkrad seines Jeeps hin und her und verfluchte die Uhr. 23:14. Wahrscheinlich war der Kampf schon zu Ende. Er würde gerade noch mitbekommen, wie Liston das Handtuch warf, und dann seinen Drink zu koreanischem Pingpong leeren müssen. Durch den Vergewaltiger und den verpassten Kampf waren Os’ Nerven angespannt, und als er einen Typen gegen eine Hauswand pissen sah, rissen sie.

Drei weitere Männer hingen auf der winzigen Rasenfläche vor dem Haus rum und warteten, bis der vierte sein nasses Geschäft verrichtet hatte. In seiner Zeit in Uniform hatte Os die Tür dieses Hauses nach Beschwerden über das darin hausende Pack zweimal eingetreten. Die Tür war immer noch zugenagelt, die vier Typen waren also schlau genug, den Hintereingang zu benutzen. Os parkte drei Häuser weiter und stieg aus.

Mit gesenktem Kopf ging er die Straße entlang. Er schlug den Kragen seines Wollmantels hoch und stopfte die Hände in die Taschen. Die Temperatur war heute nicht über minus fünf gestiegen, die Nacht schien den Nachmittag als Ansporn zu nehmen und das Thermometer noch mal um zehn Grad zu drücken,...



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