Koch | Das Recht des Kindes, unglücklich zu sein | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 224 Seiten

Koch Das Recht des Kindes, unglücklich zu sein

Ängste, Frust & Co. zulassen und verstehen
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-451-83098-3
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ängste, Frust & Co. zulassen und verstehen

E-Book, Deutsch, 224 Seiten

ISBN: 978-3-451-83098-3
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Unglücklich zu sein, genießt einen schlechten Ruf. Es wird häufig mit Schwäche gleichgesetzt und dem Unvermögen, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. „Don’t worry, be happy“ lautet der Imperativ unserer Gesellschaft. Und Eltern sollen Kinder haben, die möglichst immer glücklich sind. Damit wird ein Ziel vorgegeben, an dem jede Erziehung scheitern muss. In seinem neuen Buch geht der bekannte Autor Claus Koch auf das Glücksdiktat in unserer Gesellschaft ein und wie es sich auf das Erleben und Denken unserer Kinder auswirkt. Er nennt zehn Gründe für das Recht eines Kindes, unglücklich zu sein, denen er zahlreiche Beispiele hinzufügt, die Kinder, Jugendliche und Eltern selbst zu Wort kommen lassen. Anschließend gibt er fundierten Rat, wie Eltern unglücklichen Kindern am besten beistehen und ihnen helfen können.

Koch Das Recht des Kindes, unglücklich zu sein jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Einleitung
»Es war herrlich draußen auf dem Lande. Es war Sommer. Das Korn stand gelb, der Hafer grün, das Heu war unten auf den Wiesen zu Haufen zusammengetragen« – inmitten dieser Idylle beginnt ein Märchen, das die meisten von uns kennen und bis heute anrührt. Denn hier kommt das hässliche Entlein zur Welt, von dessen Wandlung hin zu einem schönen Schwan uns sein Schöpfer Hans Christian Andersen vor mehr als 150 Jahren erzählt hat. Kinder wie Erwachsene lieben dieses Märchen, obwohl es so traurig beginnt, und begleiten das hässliche Entlein in ihren Gedanken gemeinsam auf seinem Weg in ein glückliches Leben. Von der Gemeinschaft ausgeschlossene Tiere wie das hässliche Entlein finden sich in vielen Märchen, ebenso wie unglückliche und einsame Kinder. Und nahezu alle Kinder lieben solche Erzählungen, obwohl sie anfangs so traurig beginnen. Sie fiebern mit ihren kleinen Heldinnen und Helden und freuen sich, wenn am Ende alles gut ausgeht. Und so sehen und empfinden es auch die Erwachsenen, wenn sie ihren Kindern solche Geschichten vor dem Einschlafen vorlesen. Am Ende winkt dem oder der Unglücklichen das Glück: »Und sie lebten glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende.« Dennoch scheint ein Buch, das auch dem eigenen Kind das Recht zugesteht, unglücklich zu sein, auf den ersten Blick als Provokation. Wollen denn nicht alle Eltern, dass ihr Kind von Geburt an glücklich ist, dass es ihm gutgeht, und dies nicht zufällig, sondern weil sie selbst als Eltern dafür Sorge getragen haben? Und dafür würden sie am liebsten alles tun. Vielleicht nicht immer das Richtige. Aber wer weiß schon, was in der Erziehung wann und zu welcher Zeit »das Richtige« für ein Kind ist? Aber damit, möglichst immer für ihr Kind da zu sein, besonders, wenn es ihm nicht gutgeht, wenn sie ihm am liebsten sämtliche Hindernisse aus seinem Lebensweg räumen möchten, übernehmen Eltern eine Aufgabe und Verantwortung, der sie kaum gerecht werden können. Oft fühlen sie sich dann schuldig, wenn sie sich ihr nicht gewachsen fühlen oder sich das Leben ihres Kindes anders entscheidet. Eltern haben nicht alles in ihrer Hand. Doch trotz Rückschlägen und bis auf sehr wenige Ausnahmen wollen Eltern, dass es ihren Kindern gutgeht, und dies möglichst immer. Das Glück ihrer Kinder befindet sich stets am oberen Ende ihrer Wunschskala. Das weiß auch die Werbeindustrie. Pausenlos preist sie uns Produkte an, die uns und unseren Kindern Glück bringen sollen, von der Wohnungseinrichtung über das passende Outfit, die kindgerechte Urlaubsreise und virtuelle Spielereien bis hin zur Marmelade, die seinen Namen trägt. Unzählige Filme, Videos in den sozialen Medien und Popsongs handeln vom Glück und geben uns nebenbei Ratschläge, wie wir glücklich werden können: »Don’t worry, be happy«, dieser Ruf erreicht uns aus allen Ecken des Internets, nahezu jede Vorabendserie im Fernsehen handelt davon, wie wir dieses Ziel trotz manchmal widriger Umstände am besten und dennoch erreichen können. »Don’t worry, be happy« dürfte die bis heute meist gespielte Beschwörungsmelodie sein, es, statt sich mit Sorgen und Kummer herumzuplagen, doch lieber einmal mit dem Glück zu versuchen. Nahezu jede und jeder hat diese Hymne in seinem oder ihrem Leben schon einmal gehört und selbst vor sich her gepfiffen. Das Glück, so greifbar nahe – man muss es nur wollen! Zahlreiche »Glücks-Apps« zeigen uns, wie das geht. Das Glück als höchstes aller Gefühle ist machbar! Von solcher Sogwirkung des Glücks wissen auch die Verlage. Gebe ich das Wortpaar »Glückliche Kinder« bei Amazon ein, kann ich mit weit mehr als 2000 positiven Ergebnissen rechnen. Glückliche Kinder werden in sämtlichen Spielarten in nahezu allen Elternratgebern beschworen. Denn wer will sie nicht? »Wie unsere Kinder glücklich werden« lautet die Beschwörungsformel, die uns auf Buchumschlägen in dieser und ähnlicher Form begegnet. Alle das Glück eines Kindes fördernde Umstände werden angepriesen. »Gesunde Ernährung, glückliche Kinder«, »Entspannt einschlafen – glücklich aufwachen«, »Das Geheimnis glücklicher Kinder«, »Warum dänische, französische oder brasilianische Kinder besonders glücklich sind«, »Wie Sie Ihrem Kind aktiv dabei helfen, im Leben wirklich glücklich zu sein« – so lauten die Werbebotschaften auf den Buchdeckeln, die uns ködern wollen. »Glückliche Kinder = glückliche Eltern« – das ist die dahinter versteckte Botschaft. Wer will mehr? Glück, Glück, Glück! Wer es wirklich will, bekommt es auch! So oder so ähnlich geht es zu auf dem unerschöpflichen Markt der Elternratgeber. Die meisten dieser Bücher sind, auch wenn sie sich in unendlich vielen Spielarten wiederholen, dennoch gut gemeint. Wer will schon ein Kind, das unglücklich ist? Aber genau hier lauert die Gefahr ihrer Botschaft. Denn das so werbewirksam versprochene Glück, zumal in einem Umfeld, welches häufig Glücksfähigkeit und persönlichen Erfolg miteinander verknüpft, stellt Eltern vor eine sie immer wieder von Neuem überfordernde Aufgabe und konfrontiert sie mit einem Anspruch, den Erziehung nicht einlösen kann. Es ist ein den Eltern vorgegebenes Maß, das sie, wenn es verfehlt wird, häufig im Stillen verzweifeln lässt und traurig macht. Sie beziehen die einfache Tatsache, dass ihr Kind manchmal oder über einen längeren Zeitraum nicht glücklich ist, auf sich selbst, ihr Unvermögen, ihr Kind glücklich zu machen. Sie suchen die Schuld für das Unglück ihrer Kinder bei sich. Denn unsichtbar schwingt bei dieser Art von Glücksversprechen immer auch das Misstrauen solchen Eltern gegenüber mit, die es einfach nicht hinbekommen, ihr Kind glücklich zu machen. Hinzu kommt, dass Eltern von Verwandten, Freunden und Bekannten, aber auch von pädagogischen Fachkräften, häufig vermittelt wird, ein unglückliches Kind sei ein schwaches Kind, das den vielfältigen Anforderungen, die an es gestellt werden, nicht gerecht werden kann. Auch deshalb dürfe man einem Kind nicht zumuten, unglücklich zu sein, und müsse stattdessen dafür sorgen, dass es, wie es in vielen Elternratgebern heißt, möglichst »stark« oder »resilient« ist. * Mein Buch will mit dem schlechten Ruf, der einem »unglücklichen Kind« vorauseilt und der viele, wenn nicht die meisten Eltern belastet, gründlich aufräumen. Es tritt dafür ein, dass Kinder ebenso wie glücklich zu sein auch das Recht haben, sich unglücklich zu fühlen. Sich unglücklich oder traurig zu fühlen ist nichts Schlechtes, sie sollen es ausleben dürfen, ohne dass wir, ob als Eltern oder Pädagogen, sofort dagegen einschreiten. Ein Kind mit den Worten zu belehren »Ist doch alles nicht so schlimm«, hilft ihm nicht weiter, denn in diesem Moment möchte es unglücklich sein, und niemand soll es dabei stören. Wenn sich ein Kind zum Beispiel ungerecht behandelt fühlt, will es unglücklich sein, und niemand soll ihm widersprechen. Und manchmal will ein Kind auch in seiner Phantasie unglücklich sein wie diejenigen, denen es in Kinderbüchern, Märchen oder in Filmen begegnet. In der Hoffnung, dass am Ende alles gut ausgeht. Kinder, besonders, wenn sie älter und zu Jugendlichen werden, schwelgen manchmal gerne im Unglück, was auch der Abgrenzung von der Welt der Erwachsenen dient: »Ihr und die ganze Welt seid schuld, dass es mir gerade nicht gutgeht.« Unglücklich zu sein kann also auch Entlastung bedeuten, wenn man sich bemüht, selbständig zu werden. Andererseits kann es aber auch ein Hilfeschrei sein, obwohl Kinder und Jugendliche aus unterschiedlichen Gründen meistens nicht gerne zugeben, unglücklich zu sein. Dem Kind oder Jugendlichen aber sein Unglück zu bestreiten, lässt es sprachlos und schweigsam werden, und wir können ihm nicht helfen, aus seinem Unglück wieder herauszufinden. Jedes Kind fühlt sich immer wieder einmal unglücklich. Aus verschiedenen Anlässen. Kinder erleben derlei Unglück oft unmittelbar im Augenblick – ohne dabei nach Gründen zu suchen oder sofort an die eigene Zukunft zu denken. Das nimmt ihnen auch ihre Angst vor diesem Gefühl. Am nächsten Tag könnte die Welt ja schon wieder ganz anders aussehen, zumindest so lange, wie kein neues Unglück passiert. Das unterscheidet sie von Jugendlichen oder Erwachsenen, die oft mehr fürchten, sich unglücklich zu fühlen, da sie sofort an die Konsequenzen denken, die dieses Gefühl für sie mitbringen könnte. Ihr Blick richtet sich in der Suche nach Gründen für ihr Unglück sowohl in die...


Koch, Claus
Dr. Claus Koch, geb. 1950, ist Psychologe und Bindungsexperte. Als solcher hat er bereits eine Reihe von Büchern, Aufsätzen und wissenschaftlichen Artikeln über die Zeit der Kindheit, der Jugend und über den Prozess des Erwachsenwerdens geschrieben. Bis 2015 war er Verlagsleiter beim Beltz Verlag, dessen Ratgeber- und Sachbuchprogramm er betreute. Zahlreiche Publikationen.

Dr. Claus Koch, geb. 1950, ist Psychologe und Bindungsexperte. Als solcher hat er bereits eine Reihe von Büchern, Aufsätzen und wissenschaftlichen Artikeln über die Zeit der Kindheit, der Jugend und über den Prozess des Erwachsenwerdens geschrieben. Bis 2015 war er Verlagsleiter beim Beltz Verlag, dessen Ratgeber- und Sachbuchprogramm er betreute. Zahlreiche Publikationen.



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.