E-Book, Deutsch, 210 Seiten
Krause Hör auf zu röcheln
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7557-8469-2
Verlag: BoD E-Short
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein Beziehungsthriller
E-Book, Deutsch, 210 Seiten
ISBN: 978-3-7557-8469-2
Verlag: BoD E-Short
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Matthias Krause wurde 1987 in Cuxhaven geboren. Schon seit seiner Kindheit erzählt er in jeglicher Form eigene Geschichten. Auch nach seiner Schauspielausbildung und während einiger Engagements an Theatern und im Fernsehen war er dem Schreiben treu geblieben. Nach einigen Kurzgeschichten erschien im Mai 2021 sein Debütroman HÖR AUF ZU BRENNEN. Juni 2021 folgte sein zweites Buch HÖR AUF ZU FRESSEN. HÖR AUF ZU RÖCHELN ist seine neueste Geschichte. Matthias Krause konzentriert sich in seinen Romanen auf die Antihelden und ihr Verhalten in überspitzten Situationen. Es geht in seiner neuen Geschichte auch um aktuelle Themen wie die Auswirkungen von psychischer und körperlicher Gewalt, und Fanatismus (z.B. Religion, Nationalismus). Dennoch ist dieses Buch kein Tatsachen-Roman, sondern ein überspitzter Psychothriller mit Horrorelementen und satirischen Untertönen. Einige Figuren kommen in allen drei Geschichten vor. Die drei Bücher können auch unabhängig voneinander gelesen werden. Aktuell lebt Matthias in Berlin.
Autoren/Hrsg.
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Kapitel 3
»Du wolltest mir doch noch einen Kaffee spendieren«, flüsterte Sonja mir ins Ohr.
Es war fast 22 Uhr und der Supermarkt sollte demnächst schließen. Ich war gerade damit beschäftigt, im Supermarkt eingelegte Gurken ins Regal zu sortieren. Die Gläser mit dem längsten Haltbarkeitsdatum nach hinten.
»Wollte ich das?«, fragte ich unschuldig.
»Wie wäre es mit morgen? Da haben wir beide frei.«
Sonja war sehr schlank, hatte ein schönes Gesicht, welches sie gerne mit Piercings schmückte.
Fast jeden Tag färbte sie ihre Haare neu.
Heute waren sie grün.
»Morgen soll es regnen. Können wir das nicht verschieben?«
Die Bäckereien und Kaffeestuben boten durch den neuen Corona-bedingten Lockdown nur Heißgetränke zum Mitnehmen an.
Der aufkeimende Frühling bot gerade nur Nieselregen und kalte Luft. Mir wurde bei dem Gedanken schon kalt, mich mit Sonja und zwei lauwarmen Kaffeebechern an die frische Luft zu setzen.
»Wir können doch auch zu dir gehen«, sagte sie.
Ich nickte etwas unmotiviert, wusste selber allerdings nicht, warum.
Ich mochte Sonja, sie war gewitzt, meistens äußerst gut gelaunt und sie war eine liebenswerte und hübsche Kollegin.
Außerdem hingen wir beide sowieso ständig bei der Arbeit miteinander ab, wenn einer von uns Corona hätte, würden wir es beide schon längst haben. Trotzdem schien mir der Gedanke an ein Kaffeekränzchen mit ihr gerade zu anstrengend zu sein.
Warum auch immer.
Ich nickte mechanisch. Sonja seufzte neben mir.
»Dann eben nicht.«
Nun musste ich den Schaden begrenzen.
»Nein, nein. Sorry. Bin nur genervt von den Gurken. Können wir gerne machen.«
Doch Sonja sah mich nur skeptisch an.
Ich riss vor gespielter Begeisterung meine Augen auf, bis ich befürchtete, sie würden herausfallen.
»Das ist echt eine coole Idee! Hätten wir doch schon längst mal machen sollen«, sagte ich und schenkte ihr mein berühmtes verschmitztes Lächeln.
Das reichte wohl. Sie lächelte auch und gab sich damit zufrieden.
»Ich weiß gar nicht, was du hast. Ich mag Gurken.«
»Ja, ich weiß«, murmelte ich abwesend. Ich dachte an die Maisdosen und die Gläser mit den eingelegten Würstchen, die noch folgen würden, bis meine Mission für heute erfüllt war.
Bei dem Gedanken brach mir der Schweiß aus.
Ich war immer sehr sportlich gewesen, aber in letzter Zeit ging mir sogar beim Einräumen schon die Puste aus.
Auch geistig verlangte mir das Einsortieren in letzter Zeit jegliche Konzentration ab.
»Ich nehme dich beim Wort. Passt dir 15 Uhr?«, riss mich Sonja aus meinen düsteren Gedanken.
Ich nickte.
Sie knuffte mich liebevoll in die Seite.
»Unser Date steht.«
»Ja. Machen wir ein Kaffeekränzchen.«
»Wir könnten doch auch anschließend auf den Teufelfsberg steigen.«
Ich war nicht so von ihrer neuen Idee begeistert. Meine Ausdauer war in letzter Zeit grenzwertig, da musste ich nicht unbedingt den Trümmerberg in Grunewald besteigen.
»Ich liebe Berge«, schwärmte sie. »Selbst wenn ich mal nicht Bouldern kann. Ich kletter gerne die ganz steilen Felswände hinauf. Aber ich will nicht in irgendeinem Verein Mitglied sein. Ich hasse das. Am liebsten boulder ich alleine und ich mag lieber die richtig hohen Berge. Hier haben wir leider kein richtiges Gebirge. Sobald ich genug Kohle zusammengekratzt habe, will ich wieder verreisen und bouldern. Kletterst du auch gerne?«
Ich verneinte entsetzt.
Doch meine athletische Kollegin ließ sich von meiner Sportmüdigkeit nicht bremsen.
»Solltest du aber. Es ist absolut geil! Für den Einstieg können wir ja auch hier einfach nur erst mal wandern gehen. Allein das ist schon ein schönes Gefühl. Es ist ...«
Sie stockte, als sie mir meine Skepsis ansah.
Ich bekam schon beim Gedanken ans Bouldern regelrechte Atemnot und das lag nicht nur an meiner mangelnden Ausdauer.
Ein Freund von mir war dadurch vor einigen Jahren ums Leben gekommen.
»Du magst es lieber flach, was?«
»Ja. Wo kommst du eigentlich her?«, frage ich sie.
Sonja sah mich etwas irritiert an.
»Wie kommst du jetzt darauf?«
»Du hast so einen norddeutschen Dialekt. Ähnlich wie meiner.«
»Ich komme zwar nicht aus Cuxhaven so wie du!«, lachte sie. »Aber ich war schon oft dort Wattwandern.«
»Aber du bist doch auch aus der Ecke?«
»Eher Richtung Hamburg.«
»Wo kommst du denn jetzt her?«
»Das musst du erraten.«
»Horneburg? Otterndorf? Buxtehude?«
Ich zuckte durch meine eigenen Worte zusammen.
Entsetzt stellte ich fest, dass ich soeben den Ort genannt hatte, aus dem die sterbende Mutter stammte.
Sonja sah mich eindringlich an.
»Lorenz? Alles Okay?«
Plötzlich hörte ich, wie jemand neben mir hustete und geräuschvoll Rotze hochzog.
Einen Moment dachte ich schon, ich hätte einen Spucketropfen abbekommen.
Ich drehte mich um und sah zwei durchtrainierte Männer Anfang zwanzig, die Sporttaschen trugen.
»Ich mache heute Bizeps!«, sagte der eine junge Mann. Er schien seinen bräunlichen Hautton ausschließlich dem Sonnenstudio zu verdanken, und hatte kurz geschorene, blonde Haare.
»Ne, ich mach Trizeps. Bizeps hatte ich gestern schon«, erwiderte der andere.
Er hatte ein sehr symmetrisches Milchgesicht mit hohen Wangenknochen und braune Haare, die nur etwas heller waren als meine eigenen. Ein Schönling, der sich mit einer auffälligen Scheitelfrisur verunstaltete.
Nicht nur die Sporttaschen und den Drang, sich zu bewegen, hatten die beiden gemeinsam.
Beide trugen keine Masken. Zumindest nicht in ihrem Gesicht.
Stattdessen baumelten sie an ihren Hälsen.
Ich fragte mich, wo die Jungs denn trainieren wollten. Die Fitnessketten hatten doch alle zu.
Die Antwort kam prompt.
»Dennis hat sich noch mehr Gewichte liefern lassen. Ich schwöre, ich trainier heute, bis es brennt!«, sagte der Blonde.
»Ich glaube, ich mache heute nur Sixpack«, sagte der andere Mann mit dem Scheitel Kaugummi schmatzend.
Ich fragte mich auch, warum die beiden durchtrainierten Jungs so eine konsequente Selbstdisziplin an den Tag legten, es wohl aber zu hart für sie war, für zehn Minuten Masken zu tragen.
»Schultern! Ganz viel Schultern!«, rief der Blonde wieder, bevor sich beide an die Kasse stellten.
»Ne, mach mal Brust, Alter!«
Der Blonde stöhnte plötzlich lustlos.
»Hab schon genug Titten. Ich muss mehr definieren.«
»Ihr blöden Wichser!«, schrie plötzlich eine schrille Frauenstimme.
Die beiden Männer fuhren synchron mit ihren Köpfen zur parallelen Kasse herum, wo zwei junge Frauen anstanden.
»Entschuldigen Sie, was haben Sie gesagt?«, fragte der Typ mit dem dunklen Scheitel die beiden Damen süßlich, die höchstwahrscheinlich im Alter der beiden Jungs waren. Auch von den Haarfarben und vom Fitness-Level her würden die beiden Mädchen gut zu ihnen passen.
Die Brünette wiederholte wütend ihre Beleidigung.
»Tragt eure Masken, ihr blöden Wichser!«
Ich fand, dass sie recht hatte, allerdings macht der Ton die Musik und ich würde mich mit diesen beiden Hobbysportlern nur ungern anlegen wollen.
»Hören Sie bitte auf, uns zu beleidigen«, sagte nun auch der Blonde formell und lächelte schief dabei.
»Dann tragt doch einfach eure Masken. Wir müssen da doch auch alle durch!«, sagte die Blonde mit einer auffallend hohen Stimme.
Der Dunkelhaarige lächelte sie süffisant an und zog die Maske bis unter die Nase hoch.
Der Blonde ließ sie weiterhin unten und warf der brünetten Dame vernichtende Blicke zu.
»Hast wohl schlechten Sex gehabt, was? Ich hab es gar nicht nötig ein Wichser zu sein, du dumme Bitch!«, zischte er.
»Lass meine Freundin in Ruhe, du sexuell frustriertes Arschloch!«, rief nun die blonde Kundin.
Der Dunkelhaarige lachte laut auf, während sein blonder Kumpel durch die Beleidigung zusammenzuckte.
»Pass auf, was du sagst«, knurrte er, bevor er sich einen Proteinriegel aufs Band legte.
Neben mir stand auf einmal Per, der Security-Wachmann vom Supermarkt und beobachtete die beiden argwöhnisch, doch er mischte sich nicht ein.
Ich sah ihn auffordernd an. Doch er schüttelte den Kopf.
»Ich kenne die beiden Typen. Die machen schon nichts.«
Ich fragte mich, woher er sie kannte.
Er schien mir meine Frage anzusehen.
»Max wohnt direkt über mir. Hasso besucht ihn ständig. Manchmal schmeißen sie auch Corona-Partys. Die beiden nehmen das alles nicht so ernst«, sagte er ruhig.
Auch sein Dialekt war norddeutsch.
Er kam ursprünglich aus Bremerhaven.
Für eine große Stadt wie Berlin war es schon ein spannender Zufall, dass wir beide und Sonja wohl ganz in der Nähe aufgewachsen waren.
Die beiden Frauen bezahlten und verließen kopfschüttelnd den Laden.
Eilig bezahlten auch die beiden jungen Männer und folgten den Damen.
Per stand immer noch ruhig neben mir. Obwohl er sehr schmal war, füllte er dank seiner beachtlichen Körpergröße fast den ganzen Raum aus.
»Lass gut sein, Lorenz. Ärger dich nicht über diese Kerle. Lass uns lieber über den Eisbecher sprechen, den du mir morgen spendieren wirst«, sagte Sonja und lächelte mich keck an.
»Oh je. Vorhin war es noch Kaffee.«
Ich sah sie mit gespielter Verzweiflung an.
»Wenn schon, denn schon.«
Ich seufzte laut. »Da geht ja mein ganzes Gehalt von heute...