Kremser | Frau Maier wirbelt Staub auf | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 320 Seiten

Reihe: Chiemgau-Krimi

Kremser Frau Maier wirbelt Staub auf

Frau Maiers 4. Fall
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-86532-613-3
Verlag: Pendragon
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Frau Maiers 4. Fall

E-Book, Deutsch, 320 Seiten

Reihe: Chiemgau-Krimi

ISBN: 978-3-86532-613-3
Verlag: Pendragon
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



In ein paar Tagen hat Frau Maier Geburtstag. Jetzt, da sie endlich Freunde hat, ein Grund zum Feiern. Doch dann findet sie auf einem Parkplatz die Leiche eines angesehenen Bürgers des Dorfes und die Lust aufs Feiern vergeht ihr. Eigentlich wollte Frau Maier sich ja aus Kriminalfällen heraushalten - wenn da nur nicht ihr untrügliches Gespür wäre. War es der fremde Mann, der sich neuerdings im Dorf aufhält und von dem keiner weiß, wer er ist? Oder liegt das Motiv in der Vergangenheit des Opfers? Als ein zweiter Mord passiert, muss Frau Maier unbedingt weiter ermitteln und gerät in große Gefahr.

Jessica Kremser wurde 1976 in Traunstein geboren und wuchs am Chiemsee auf. Zum Studium der englischen und italienischen Literatur und der Theaterwissenschaften zog es sie nach München, wo sie als Redakteurin für verschiedene Zeitschriften schreibt.
Kremser Frau Maier wirbelt Staub auf jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Erstes Kapitel
Mittwoch

I

„Alles voller Staub“, murmelte Frau Maier und strich mit dem Finger über die dicke Schicht auf der obersten Schachtel. Sie hob den Deckel an und nieste. Vorsichtig schlug sie das Tuch in der Schachtel zurück.

Da war es. Das alte Kaffeeservice ihrer Mutter. Unser Hochzeitsservice, hatte sie es genannt, und ihre Stimme hatte traurig geklungen. Als kleines Mädchen hatte Frau Maier nie verstanden, warum. Eine Hochzeit war doch etwas Schönes. Und das Kaffeeservice war auch schön. Weiß mit roten Blumen. Da gab es keinen Grund, traurig zu sein.

Alles handbemalt. Frau Maier hatte damals versucht sich vorzustellen, wer die beiden Tassen und die Untertasse, die vom Service noch übrig waren, wohl mit der Hand verziert hatte. Sie hatte sich einen alten Mann mit dicker Brille und langen Fingern vorgestellt. Dem einzigen Teller, der den Transport überlebt hatte, fehlte eine Ecke, aber er wirkte trotzdem noch sehr elegant.

Einmal hatte sie sich eine Tasse genommen und Kakao daraus getrunken. Da war ihre Mutter sehr böse geworden. Sie hatte den Kakao in den Ausguss geschüttet und Frau Maier aus der Küche geschickt.

Frau Maier, die damals noch nicht Frau Maier, sondern ein kleines Mädchen war, hatte lange geweint. Weil sie nicht verstand, was sie falsch gemacht hatte.

Und wegen des guten Kakaos, der einfach im Abfluss verschwunden war.

II

Es war Herbst, aber es war kein goldener Herbst. Die Blätter hatten sich zwar in prächtigen Gelbund Rottönen verfärbt, aber seit Tagen schon war es so düster, dass man die strahlenden Farben kaum wahrnahm. Es wehte ein kräftiger Wind, der Himmel war dunkel verhangen und immer wieder peitschten heftige Regenschauer über den See. Das Wasser war grau.

Es war ungewöhnlich kalt und Frau Maier fror, als sie sich auf den Weg ins Dorf machte. Sie schlug den Mantelkragen hoch. Aber es half nichts.

Sie hatte einen Termin mit Elfriede. Elfriede Gruber leitete die Filiale der Sparkasse in Kauzing, aber sie war in den letzten Jahren auch eine gute Bekannte geworden. Und sie hatte Frau Maier überredet, ein Sparkonto anzulegen. Darüber wollte sie jetzt anscheinend mit ihr sprechen. Obwohl ich nicht weiß, was es da zu besprechen gibt, dachte Frau Maier. Bei den paar Kröten, die auf meinem Konto liegen.

Auf dem kleinen Parkplatz direkt hinter dem Wäldchen, in dem Frau Maiers Haus sich befand, stand nur ein einziges Auto. Kein Wunder, bei diesem Wetter hatte niemand Lust auf Spaziergänge.

Elfriedes Büro war angenehm warm und eine dampfende Tasse stand schon bereit. Mit einem dankbaren Seufzer ließ sich Frau Maier in den Besucherstuhl sinken. „Ich würde Sie niemals hierherbitten, ohne einen Kaffee fertig zu haben“, sagte Elfriede lächelnd.

Obwohl die beiden Frauen sich in den letzten Jahren immer besser kennengelernt hatten, waren sie immer noch per Sie. Elfriede wartete darauf, dass Frau Maier ihr das Du anbot, denn sie war schließlich die Ältere. Und Frau Maier wartete darauf, dass Elfriede es ihr anbot, denn sie hatte keine Ahnung, wie man so etwas machte.

Frau Maier trank einen Schluck. „Gibt es ein Problem mit meinem Konto?“, fragte sie dann.

„Ein Problem?“, fragte Elfriede erstaunt. „Nein, überhaupt nicht. Warum denn?“

„Na ja, Sie haben mir doch geschrieben, dass wir uns deswegen zusammensetzen sollten.“

„Geschrieben habe ich, weil Sie noch immer kein Telefon haben.“ Elfriede sagte das in einem übertrieben vorwurfsvollen Ton, der spaßhaft klingen sollte, aber es war durchaus ein Funken Ernsthaftigkeit dabei. Sowohl sie als auch Dr. Frank Schön, der Psychologe, mit dem Frau Maier sich angefreundet hatte, drängten sie immer wieder, sich endlich ein Telefon installieren zu lassen. Und Frau Maier gingen allmählich die Argumente aus. „Ich brauche kein Telefon, mich ruft sowieso niemand an“ – das war immer ihr Standardsatz gewesen. Aber der stimmte nun nicht mehr. Denn offenbar gab es inzwischen schon zwei Menschen, die sie gerne anrufen wollten.

Elfriede räusperte sich. „Aber darum geht es ja heute nicht. Sondern um das Konto. Allerdings nicht, weil es ein Problem gibt. Das ist ein ganz normales Beratungsgespräch.“ Und sie begann, etwas über Zinsen, Kontoführungsgebühren und Laufzeiten zu erzählen. Frau Maier wollte wirklich zuhören und mitdenken, aber sie schaffte es nicht. Sie kannte sich mit Geld nicht aus, sie hatte eigentlich auch nie welches gehabt. Vom Erbe ihrer Eltern hatte sie das kleine Haus am See gekauft. Es bestand aus einem Wohnzimmer und einer Küche im Erdgeschoss, einem Schlafzimmer und einem Badezimmer im ersten Stock und dem winzigen, vollgestopften Dachboden, den Frau Maier gerade zu entrümpeln versuchte. In dieses Haus war jeder Pfennig geflossen, den sie jemals besessen hatte.

Am Ende des Gespräches stimmte Frau Maier allem zu, was Elfriede vorschlug, unterschrieb auf zwei Dokumenten und trank den letzten Schluck Kaffee. Er war inzwischen nur noch lauwarm.

„Ach, Frau Maier, Sie haben ja in zehn Tagen Geburtstag“, sagte Elfriede da plötzlich. Frau Maier erschrak. Sie war es nicht gewohnt, dass irgendjemand etwas Privates über sie wusste. Und an ihren Geburtstag hatte niemand mehr gedacht, seit ihre Eltern tot waren. Abgesehen vom Karli, aber das war etwas anderes.

„Woher wissen Sie das?“

„Es steht in meinen Unterlagen. Als Sie das Konto eröffnet haben, haben Sie Ihre Personalien angegeben.“ Elfriede sah Frau Maier aufmerksam an. „Was ist denn los? Habe ich etwas Falsches gesagt?“

Frau Maier schüttelte den Kopf und lächelte Elfriede an. Die lächelte zurück und fragte: „Also, wie feiern wir?“

„Feiern?“ Frau Maier wurde immer unsicherer. Sie hatte ihren Geburtstag seit Jahrzehnten nicht gefeiert. Einige Male im Laufe der Jahre hatte der Karli ihr versprochen, mit einer Flasche Sekt vorbeizukommen. Und jedes Mal war er nicht aufgetaucht. Weil er arbeiten musste. Oder weil die Maria sich schlecht gefühlt hatte.

„Da gibt es doch nichts zu feiern!“ Sie winkte lächelnd ab und hoffte, dass Elfriede die Sache damit auf sich beruhen lassen würde. Das Gegenteil war der Fall.

„Jeder Geburtstag ist ein Grund zu feiern. Sollen wir zum Griechen fahren? Sie waren doch schon einmal dabei und es hat Ihnen geschmeckt. Ich könnte noch die Helga und die Barbara einladen, mit denen verstehen Sie sich doch gut. Oder Doktor Schön?“ Elfriede sah sie erwartungsvoll an.

„Ja, vielleicht, mal sehen. Vielleicht mache ich auch eine kleine Feier zu Hause.“ Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, verfluchte sie sich selbst innerlich. Sie hatte das nur gesagt, um Elfriede vom Griechen abzulenken und um sie davon abzuhalten, weitere Pläne zu schmieden. Aber sie sah an Elfriedes begeistertem Gesichtsausdruck, dass sie einen Fehler gemacht hatte. „Was für eine herrliche Idee! Bei Ihnen ist es ja so gemütlich. Ich helfe Ihnen beim Vorbereiten. Sie überlegen schon einmal, wen Sie einladen wollen. Und ich komme nächste Woche für die genauere Planung vorbei.“

„Die Geister, die ich rief“, murmelte Frau Maier, als sie sich warm eingepackt wieder auf den Heimweg am See entlang machte. Irgendwie musste sie Elfriede bremsen. Aber da würde ihr bis zur nächsten Woche schon etwas einfallen. Im Moment musste Sie sich erst einmal darauf konzentrieren, nicht weiter darüber nachzudenken, warum ihr der Gedanke an eine Geburtstagsfeier eigentlich so unangenehm war.

III

Der Wind wirbelte die Blätter über den Parkplatz und ließ den See unter unruhigen Kräuselwellen zittern. Frau Maier senkte den Kopf und stemmte sich gegen eine kräftige Böe, die ihr entgegenwehte. Wo war eigentlich ihre warme Strickmütze? Sie konnte die Mütze nicht leiden, weil sie alle Locken plattdrückte und Frau Maier fand, dass das sehr unvorteilhaft aussah. Aber wenn der Ostwind über den See fegte, konnte man auf solche Befindlichkeiten keine Rücksicht nehmen.

Aus dem Augenwinkel registrierte sie, dass auf dem Parkplatz immer noch dasselbe Auto stand wie zuvor. Sie warf einen Blick auf das Nummernschild. Ein einheimisches Kennzeichen. Um diese Jahreszeit waren die meisten Touristen schon wieder abgereist. Sie wollte weitergehen, doch dann stutzte sie. Da saß ja jemand hinter dem Steuer! Das war ihr auf dem Hinweg gar nicht aufgefallen, weil sie das Auto nicht richtig angeschaut hatte. Oder hatte vorher noch niemand dort gesessen? Die Person hatte jetzt jedenfalls den Kopf auf das Steuer gelegt und machte offensichtlich ein Nickerchen. „Auch nicht verkehrt, bei dem Wetter“, murmelte Frau Maier und vergrub ihre eisigen Hände noch tiefer in ihren Manteltaschen.

Sie war froh, als sie ihr Haus erreicht und die Tür hinter sich geschlossen hatte. „Jetzt schnell einen heißen Kaffee“, sagte sie zur Katze, die wie ein geölter Blitz mit ihr durch die offene Haustür gewischt war.

Die Katze gab keine Antwort. Sie war ein wenig beleidigt, weil sie so lange auf Frau Maier hatte warten müssen. Bei ungemütlichem Wetter schätzte sie das nicht. Doch als Frau Maier sich später, nach dem Abendessen, auf das Sofa sinken ließ, da konnte die Katze nicht widerstehen. Sie beschloss, dass sie lange genug beleidigt gewesen war und sprang mit einem Satz auf Frau Maiers Schoß, wo sie sich schnurrend zusammenrollte.

IV

You are always on my mind. Eines ihrer Lieblingslieder von Elvis Presley.

Sie verehrte Elvis, seit sie ein kleines Mädchen war. Ihr Blick fiel auf das gerahmte Foto von ihm, das ihn als jungen Soldaten zeigte. Es stand in ihrem Bücherregal. Während sie es vor einiger Zeit geschafft hatte,...


Jessica Kremser wurde 1976 in Traunstein geboren und wuchs am Chiemsee auf. Zum Studium der englischen und italienischen Literatur und der Theaterwissenschaften zog es sie nach München, wo sie als Redakteurin für verschiedene Zeitschriften schreibt.



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.