E-Book, Deutsch, 1159 Seiten
Krug Die Söldnerin
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-96255-178-0
Verlag: Afinion
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
30-jähriger Krieg
E-Book, Deutsch, 1159 Seiten
ISBN: 978-3-96255-178-0
Verlag: Afinion
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Gerhard Krug schreibt seit 1980 als Ghostwriter und Autor für Presse und Rundfunk. Daneben hat er zahlreiche Fachartikel und zwei Sachbücher zum Thema Projektmanagement veröffentlicht. Bei seinem historischen Roman: Die Söldnerin hat er sich vor allem mit der Frage beschäftigt, wie existenzielle Probleme einen Menschen verändern. Also eine Frau, die sich als Mann in einer Armee versteckt, in einer reinen Männergesellschaft die typischen männlichen Verhaltensweisen übernimmt und anwendet. Und dabei ihren Widerspruch zwischen den beiden Geschlechtern erlebt.
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Die Flucht
Der Eschenhofbäuerin steht schon der Schreck im Gesicht, bevor sie ihren Sohn wirklich heranstürmen sieht. So schnell wie er rennt, ist etwas nicht in Ordnung. Auch die Reiter und Knechte in der Ferne, die auf den Hof zukommen, verheißen nichts Gutes.
Die Bäuerin verlässt den Garten mit einer Schüssel Ackerbohnen im Arm, das Messer noch in der Hand, und blickt ihrem Sohn entgegen.
»Mama, Mama, sie wollen die Viktoria holen. Die Leute haben gesagt, sie ist eine Hexe und muss brennen«, hört die Mutter nun Anton, ihren Zwölfjährigen, atemlos rufen, während er auf den Hof rennt, seiner Mutter, die ihn schon sorgenvoll erwartet hat, direkt in die Arme.
Als er ihr so abrupt in den Arm fliegt, rutscht ihr fast die Schüssel aus der Hand. Sie kann diese gerade noch festhalten und auf die Seite stellen. Im Gesicht der Bäuerin hat sich der Schreck nun in Überraschung und Angst gewandelt.
Sie hält den Jungen an beiden Armen fest und beugt sich zu ihm herunter.
»Woher weißt du denn das? Wer hat das gesagt?«, bohrt die Bäuerin besorgt nach.
»Da kommen sie schon!«, ruft Anton, anstatt ihr zu antworten, und zeigt auf den Weg, der zum Eschenhof führt.
Tatsächlich sind die drei Reiter bereits gut zu sehen, wie sie auf den Hof zusteuern.
Zwei Hunde sind dabei und zwei Knechte zu Fuß. Diese haben ihre Hellebarden geschultert und gehen hinter den Reitern.
»Ich war mit Karl im Flecken1, weil ich für Vater die Trense vom Schuster holen sollte. Da sagten sie, dass der Pfarrer geschworen habe, dass die Viktoria vom Eschenhof zu Hause mit der Axt mehrfach die Kühe vom Nachbarn gemolken habe. Und er habe bei ihr auch ein Teufelsmal am Hals erkannt. Die Völlnerin habe es auch gesehen.«
In diesem Augenblick kommt Viktoria um die Ecke des Bauernhofs, ebenfalls mit einer Schüssel. Sie sieht die erschrockenen Gesichter der Mutter und des kleinen Anton. »Was ist los?«, fragt sie besorgt.
»Die Schergen des Vogts wollen dich holen. Du wärst eine Hexe! Mein Gott Kind, was hast du gemacht?«
Viktoria wird bleich.
»Lauf schnell zu Tante Agathe und bleib dort. Sag ihr, sie muss dich irgendwo verstecken und darf niemand sagen, dass du bei ihr bist, bis ich vorbeikomme und dich wieder hole. Lauf. Schnell. Schnell. Lauf!«
Noch während die Bäuerin diese Worte ruft, stößt sie Viktoria in Richtung Sommeracker, der hinter dem Hof in Richtung Wald und der Tante liegt. Die irdene Schüssel, die Viktoria dabeihatte, rutscht ihr dabei aus der Hand und zerbricht klirrend auf dem groben Schotter des Hofes.
»Lauf so schnell du kannst und bleib nicht stehen, bis du bei Agathe bist.«
Viktoria ist bei diesen Worten schon losgelaufen. Sie hat zwar noch nichts verstanden, aber sie läuft in Richtung des Hofes der Tante auf der anderen Seite der Anhöhe.
Viktoria hört auch schon die Hunde bellen, die ihre Häscher dabeihaben, und die sich jetzt nicht mehr weit vom Hof befinden.
Sie dreht sich kurz um und sieht gerade noch, wie einer der Reiter auf sie zeigt und dem Pferd die Sporen gibt. Nochmals schießt ihr die Angst in die Brust, und Viktoria beginnt noch schneller zu laufen. Dabei hält sie direkt auf den Hang zu.
In wilder Panik jagen ihr Gedanken an Folter und Tod durch den Kopf, während sie den hier noch flachen Hang, hinter dem Hof zum alten Kieshang, hochrennt. Vor ihr liegt die steile Böschung der alten Kiesgrube. Da muss sie hinauf.
Der Reiter war ihr sofort nach dem Fingerzeig gefolgt, durch den Hof gestürmt und ist nun nur noch wenige Meter hinter ihr. Da das Gelände hier aber rasch ansteigt, und das Pferd den steilen Hang nicht hochkommt, springt er ab und folgt ihr zu Fuß.
Mit einem kleinen Hechtsprung versucht er sie am Fuß zu fassen. Aber während er nach ihr greifen will, rutscht er mit seinen schweren, glatten Reiterstiefeln ab. Er muss sich rasch mit beiden Händen abstützen, um nicht mit dem Kopf auf dem Boden aufzuschlagen.
In diesem kurzen Moment ist Viktoria bereits zwei Schritte weiter nach oben gehastet.
Ihr Häscher sieht, dass er sie jetzt zu Fuß nicht mehr erwischen kann. Er flucht, lässt von ihr ab und rutscht zurück zu seinem Pferd. Er springt auf und reitet, das Pferd heftig antreibend, ein Stück zurück und dann weiter nach links vorn, wo der Hang flacher ist, um dann Viktoria oben über das Feld nachzusetzen.
Währenddessen ist Viktoria weiter nach oben gehastet. Dabei gräbt sie ihre nackten Zehen in den Hang und zieht sich mit beiden Händen wechselweise am Gras hoch. Nun am oberen Rand angekommen, schiebt sie sich auf die Kante...