Kubica | Good Girl. Entführt | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 448 Seiten

Kubica Good Girl. Entführt

Roman
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-641-15353-3
Verlag: Diana
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

E-Book, Deutsch, 448 Seiten

ISBN: 978-3-641-15353-3
Verlag: Diana
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Vertraust du deiner Familie?

Die junge Lehrerin Mia Dennett verschwindet spurlos, nachdem sie abends mit einem fremden Mann eine Bar verlassen hat. Monate später wird sie aus einer einsamen Blockhütte in den Wäldern Minnesotas befreit. Mia ist völlig wesensverändert, zutiefst verstört und kann sich nur bruchstückhaft erinnern. Und warum nennt sie sich auf einmal Chloe? Als Detective Gabe Hoffman den Fall übernimmt, stößt er auf ungeahnte Abgründe in Mias Familie – und der wahre Albtraum beginnt.

Mary Kubica lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Chicago. Sie studierte amerikanische Geschichte und Literatur und widmet sich heute dem Schreiben. »Good Girl. Entführt«, ihr erster Roman, wurde in den USA von Lesern und Presse mit großer Begeisterung aufgenommen.
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Gabe

VORHER

Es ist schon dunkel, als ich vor dem Haus eintreffe. Aus den Fenstern der stattlichen Villa im Tudorstil strömt Licht und erhellt die von Bäumen gesäumte Straße. Drinnen kann ich eine kleine Gruppe von Leuten erkennen, die bereits auf mich wartet. Da ist der Richter, der im Raum auf und ab geht, und Mrs. Dennett, die auf der Kante eines gepolsterten Stuhls hockt und aus einem Glas trinkt, das etwas Alkoholisches zu enthalten scheint. Dann sind ein paar uniformierte Beamte anwesend und eine weitere Frau, eine Brünette, die gerade aus dem Fenster sieht, als ich bedächtig am Straßenrand anhalte und meinen großen Auftritt damit noch ein wenig verzögere.

Die Dennetts sind genau wie all die anderen Familien an Chicagos North Shore, einer Ansammlung von Vororten, die sich nördlich der Stadt den Lake Michigan entlangzieht. Sie sind stinkreich. Kein Wunder also, dass ich noch auf dem Fahrersitz meines Wagens verharre, während ich eigentlich schon im vollen Bewusstsein der Macht, die ich angeblich besitze, auf den klotzigen Bau zumarschieren sollte.

Ich muss an die Worte des Sergeants denken, mit denen er mir den Fall übertragen hat: Verbocken Sie mir das bloß nicht.

Sicher und warm sitze ich in meinem schäbigen Auto und betrachte das imposante Gebäude. Es besitzt den für ein Tudorhaus typischen Charme der Alten Welt: Fachwerk, niedrige Fenster und steile Dreiecksgiebel. Mich erinnert es an eine mittelalterliche Burg. Obwohl ich sehr entschieden zur Vertraulichkeit ermahnt wurde, sollte ich mich im Grunde geschmeichelt fühlen, dass der Sergeant mich mit einem Fall von derart großem öffentlichen Interesse beauftragt hat. Aus irgendeinem Grund tue ich das aber nicht.

Ich laufe quer über den Rasen zum Gehweg, steige die beiden Stufen zur Eingangstür hoch und klopfe. Es ist kalt. Während ich warte, stopfe ich die Hände in die Jackentaschen. Meine billigen kakifarbenen Hosen und das Polohemd, das ich unter meiner Lederjacke zu verbergen suche, kommen mir lächerlich unpassend vor, als mir einer der einflussreichsten Richter des Landes die Tür öffnet.

»Richter Dennett«, sage ich und trete ein. Ich bewege mich mit mehr Autorität, als ich wohl habe, und zeige Anzeichen eines Selbstbewusstseins, das ich für Momente wie diese irgendwo unter Verschluss gehalten haben muss. Richter Dennett ist ein Mann von eindrucksvoller Statur und Macht. Wenn ich das Ding in den Sand setze, bin ich im besten Fall meinen Job los. Mrs. Dennett erhebt sich von ihrem Stuhl. In meinem kultiviertesten Ton sage ich zu ihr: »Behalten Sie doch bitte Platz.« Die andere Frau, die deutlich jünger ist, wahrscheinlich Ende zwanzig oder Anfang dreißig, und bei der es sich meinen ersten Nachforschungen zufolge um Grace Dennett handeln dürfte, kommt uns entgegen und stellt sich zu Richter Dennett und mir in den Übergang zwischen Eingangshalle und Wohnzimmer.

»Detective Gabe Hoffman«, sage ich ohne weitere Begrüßungsfloskeln. Ich lächle nicht, ich biete niemandem die Hand an. Tatsächlich stellt die junge Frau sich als Grace vor. Wie ich durch meinen Backgroundcheck weiß, ist sie in der Kanzlei Dalton & Meyers als Anwältin angestellt. Und rein intuitiv weiß ich, dass sie mir auf Anhieb unsympathisch ist. Sie strahlt schon so ein Gefühl von angeborener Überlegenheit aus, wie sie geringschätzig meine ordinäre Straßenkluft mustert, und spricht mit diesem zynischen Unterton, bei dem ich Zustände bekomme.

Mrs. Dennett ergreift das Wort. Sie hat noch immer einen starken britischen Akzent, obwohl sie meinen Recherchen nach bereits seit ihrem neunzehnten Lebensjahr in den Vereinigten Staaten lebt. Sie scheint mit den Nerven am Ende zu sein. Zumindest ist das mein erster Eindruck. Ihre Stimme klingt schrill, ihre Finger spielen an allem herum, was in Reichweite liegt. »Meine Tochter wird vermisst, Detective«, bricht es aus ihr heraus. »Keiner ihrer Freunde hat sie gesehen. Niemand hat etwas von ihr gehört. Ständig rufe ich auf ihrem Handy an und hinterlasse Nachrichten.« Sie kämpft verzweifelt gegen die Tränen an, beginnt zu stammeln. »Ich bin zu ihrer Wohnung gefahren, um zu sehen, ob sie dort ist. Den ganzen Weg zu ihr raus bin ich gefahren, und dann hat der Vermieter mich nicht hineingelassen.«

Mrs. Dennett ist eine atemberaubende Erscheinung. Der oberste Knopf ihrer Bluse steht offen, und ich kann meinen Blick nicht von dem langen blonden Haar lösen, das voll und schwer auf dem sich durch das Dekolleté abzeichnenden Ansatz ihrer Brüste liegt. Ich kenne bereits Fotos von Mrs. Dennett, wie sie neben ihrem Mann auf der Treppe zum Gericht steht. Aber Fotos sind kein Vergleich zum Anblick von Eve Dennett in natura.

»Wann haben Sie zuletzt mit ihr gesprochen?«, frage ich.

»Vergangene Woche«, sagt der Richter.

»Nicht vergangene Woche, James«, sagt Eve. Die Miene ihres über die Unterbrechung verärgerten Mannes lässt sie kurz stutzen, bevor sie fortfährt: »Es war die Woche davor. Vielleicht sogar zwei Wochen davor. So ist es nun einmal um unsere Beziehung zu Mia bestellt. Manchmal kommen wir wochenlang nicht dazu, miteinander zu reden.«

»Also ist daran noch nichts Außergewöhnliches?«, frage ich. »Ich meine, eine Weile gar nichts von ihr zu hören?«

»Nein«, gibt Mrs. Dennett zu.

»Und wie sieht es bei Ihnen aus, Grace?«

»Wir haben uns letzte Woche gesprochen. Nur ein kurzer Anruf. Mittwoch, glaube ich. Vielleicht auch Donnerstag. Ja, es war Donnerstag, weil sie anrief, als ich gerade das Gerichtsgebäude betrat und zu einer Verhandlung musste, bei der es um einen Ablehnungsantrag von Beweismitteln ging.« Die Nebenbemerkung sollte mir offenbar bedeuten, dass sie Anwältin ist. Als würden der Nadelstreifenblazer und die lederne Aktentasche zu ihren Füßen daran noch irgendeinen Zweifel lassen.

»Irgendetwas Ungewöhnliches?«

»Nur Mia, wie man sie so kennt.«

»Und das bedeutet?«

»Gabe«, mischt der Richter sich ein.

»Detective Hoffman«, korrigiere ich bestimmt. Wenn ich ihn Richter nenne, kann er mich wenigstens mit Detective anreden.

»Mia ist ein sehr unabhängiger Mensch. Sie folgt in allem, was sie tut, nur ihrem eigenen Kopf, könnte man sagen.«

»Ihre Tochter ist also vermutlich seit Donnerstag verschwunden, ja?«

»Eine Freundin hat gestern noch mit ihr gesprochen und sie auf der Arbeit gesehen.«

»Um wie viel Uhr?«

»Keine Ahnung … So um drei.«

Ich sehe auf meine Uhr. »Mit anderen Worten, sie wird seit siebenundzwanzig Stunden vermisst?«

»Stimmt es, dass sie erst als vermisst betrachtet wird, wenn sie achtundvierzig Stunden fort ist?«, erkundigt sich Mrs. Dennett.

»Natürlich nicht, Eve«, erwidert ihr Mann in abfälligem Ton.

»Nein, Ma’am«, sage ich und bemühe mich, besonders freundlich zu klingen. Die demütigende Art ihres Mannes gefällt mir nicht. »In Wahrheit sind bei Vermisstenanzeigen gerade die ersten achtundvierzig Stunden häufig die entscheidenden.«

Erneut mischt der Richter sich ein. »Meine Tochter ist keine vermisste Person. Sie ist bloß nicht an ihrem Platz. Sie tut irgendetwas Unüberlegtes, Fahrlässiges, irgendetwas Verantwortungsloses. Aber eine vermisste Person ist sie nicht.«

»Euer Ehren, wer hat denn nun Ihre Tochter zuletzt …« Da ich ein Klugscheißer bin, kann ich es mir einfach nicht verkneifen: » … an ihrem Platz gesehen?«

Die Antwort kommt von Mrs. Dennett. »Eine Frau namens Ayanna Jackson. Sie ist eine Kollegin von Mia.«

»Haben Sie eine Nummer, unter der ich sie erreichen kann?«

»Auf einem Zettel in der Küche.« Ich nicke einem der Beamten zu, der in die Küche geht.

»Hat Mia so etwas schon einmal gemacht?«

»Nein, noch nie.«

Die Körpersprache von Grace und Richter Dennett besagen etwas anderes.

»Das stimmt nicht, Mom«, wirft Grace ein. Ich sehe sie erwartungsvoll an. Anwälte hören sich einfach ungeheuer gern selbst reden. »Fünf- oder sechsmal ist Mia bei verschiedenen Gelegenheiten von zu Hause abgehauen. Hat die ganze Nacht weiß Gott was mit weiß Gott wem getrieben.«

Ja, denke ich bei mir, Grace Dennett ist wirklich ein Aas. Grace hat das dunkle Haar ihres Vaters. Sie ist so groß wie ihre Mutter, hat aber den Körperbau ihres Vaters. Keine günstige Mischung. Manche Menschen würden Sanduhrfigur dazu sagen. Ich wahrscheinlich auch, wenn ich sie leiden könnte. Aber so würde ich sie einfach drall nennen.

»Das war etwas völlig anderes. Damals war sie noch in der Highschool. Sie war ein wenig naiv und ungezogen, aber …«

»Miss dieser Sache hier bitte nicht mehr Bedeutung zu, als sie hat, Eve«, sagt Richter Dennett.

»Trinkt Mia?«, frage ich.

»Selten«, sagt Mrs. Dennett.

»Woher willst du wissen, was Mia tut, Eve? Ihr beide sprecht euch doch kaum.«

Sie hebt die Hand, um sie gegen die laufende Nase zu pressen, und einen Moment lang bringt mich der Anblick des gewaltigen Diamanten an ihrem Finger völlig aus dem Konzept. Ich höre James Dennett nur noch mit halbem Ohr darüber lamentieren, dass seine Frau, ohne seine Heimkehr abzuwarten, unbedingt schon Eddie habe einschalten müssen. Bei dieser Bemerkung erschüttert mich allerdings die Tatsache, dass der Richter nicht nur ein Duzfreund meines Chefs ist, sondern ihn sogar ganz vertraulich beim Spitznamen nennt. Richter Dennett jedenfalls ist davon überzeugt, dass seine Tochter sich nur ein wenig herumtreibt und kein...


Kubica, Mary
Mary Kubica lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Chicago. Sie studierte amerikanische Geschichte und Literatur und widmet sich heute dem Schreiben. »Good Girl. Entführt«, ihr erster Roman, wurde in den USA von Lesern und Presse mit großer Begeisterung aufgenommen.



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