Kühn | Clara Schumann, Klavier | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 768 Seiten

Kühn Clara Schumann, Klavier

Ein Lebensbuch
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-10-403417-1
Verlag: S.Fischer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ein Lebensbuch

E-Book, Deutsch, 768 Seiten

ISBN: 978-3-10-403417-1
Verlag: S.Fischer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Clara Schumanns Lebensgeschichte ist Legende geworden. Ihre entsagungsreiche Kindheit, ihr enormes Talent als Pianistin und Komponistin, die frühe, gegen den Vater durchgesetzte Liebe zu Robert Schumann und die Erziehung von sieben Kindern geben genug Stoff für Mythen ab. Clara Schumann gilt als musikalisches Wunderkind, Ideal romantisch verklärter Liebesvorstellungen, als vorbildliche Mutter und oft verkannte Komponistin. Dieter Kühn geht in seiner großen Biographie den Lebensweg von Clara Schumann nach und erschafft mit Faktenkenntnis und Phantasie das Porträt einer hochsensiblen und selbstbewussten Frau, in deren Leben sich fast das ganze 19. Jahrhundert spiegelt.

Dieter Kühn, geboren 1935 in Köln, starb 2015 in Brühl. Für seine Biographien, Romane, Erzählungen, Hörspiele und hoch gerühmten Übertragungen aus dem Mittelhochdeutschen (das ?Mittelalter-Quartett?) erhielt er den Hermann-Hesse-Preis, den Großen Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste und zuletzt die Carl-Zuckmayer-Medaille. Zu seinen Werken gehören große Biographien (über Clara Schumann, Maria Sibylla Merian, Gertrud Kolmar sowie sein berühmtes Buch über Oswald von Wolkenstein), Romane (?Geheimagent Marlowe?), historisch-biographische Studien (?Schillers Schreibtisch in Buchenwald?) und Erzählungsbände (?Ich war Hitlers Schutzengel?). Zuletzt erschienen die beiden autobiographischen Bände ?Das Magische Auge? und ?Die siebte Woge? sowie sein Theaterbuch ?Spätvorstellung?. Literaturpreise (Auswahl): Hermann-Hesse-Preis Großer Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste Nominiert für den Deutschen Bücherpreis 2002 Carl-Zuckmayer-Medaille 2014
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Kurzgefaßter Bericht über die ersten zwanzig Jahre aus dem Leben des Robert Schumann, der an Präsenz gewinnen wird in Claras Bewußtsein und Gefühl, der Raum zur Entfaltung fordern wird in ihrem Leben und damit in diesem Buch.

Robert Schumann, ein Sachse. Das hörte man ihm an, sein Leben lang – soweit er überhaupt zu hören war; er sprach selten und meist leise. Geburtsort und Geburtsjahr sind in jedem Schallplatten-Begleittext genannt, werden hier nur als Service wiederholt: Zwickau, 1810. Seine Mutter: Johanna Christiana. Sein Vater: Friedrich August. Ihn soll nun der Sohn vorstellen: »Mein Vater war Buchhändler, ein höchst tätiger und geistreicher Mann, der sich namentlich durch seine Einführung der ausländischen Klassiker in Taschenausgaben, durch die zu ihrer Zeit vielgelesenen Erinnerungsblätter, durch eine Menge wichtiger kaufmännischer Werke und noch kurz vor seinem Tod durch Übersetzung mehrerer Byronscher Werke bekannt gemacht hat. (…) Ich genoß die sorgfältigste und liebevollste Erziehung. Starke Neigung zur Musik zeigte sich schon in den frühesten Jahren; ich erinnere mich, ohne alle Anleitung Chor- und Orchesterwerke schon in meinem elften Jahre geschrieben zu haben.«

Der Weg zur Musik war freilich mit Umwegen verbunden. Erst einmal Probierbewegungen des Jungen, des jungen Mannes. Ausgangspunkt und perspektivischer Fluchtpunkt: »Er war von der absoluten Gewißheit beherrscht, künftig ein berühmter Mann zu werden – worin berühmt, das war noch sehr unentschieden, aber berühmt unter allen Umständen.« So berichtet Emil Flechsig, Hauptfreund seit der Schulzeit. Ansatzpunkte auf dem Weg zur Berühmtheit: Philologie, Literatur, Heraldik. Für das zweite Gebiet waren die Anregungen am intensivsten. Flechsig berichtet: »Das ganze Schumannsche Haus lag voll Klassiker, und wir durften uns die beschmutzten Exemplare aneignen. Ein besonderes Gaudium war es, als der alte August Schumann uns auch noch erlaubte, Sonntag nachmittags in seiner sonst sorgfältig verschlossenen Privatbibliothek zu verweilen, in der er alle klassischen Schätze der Welt aufgespeichert hatte.«

Vater Schumann förderte nicht nur die Lektüre, er unterstützte auch die musikalische Ausbildung des Jungen – gemeinsam mit der Mutter. Robert erhielt Klavierunterricht. Weil er den Namen des ersten Klavierlehrers sein Leben lang in Ehren gehalten hat, soll er auch hier genannt werden: Johann Gottfried Kuntsch. Ein zweiter Name muß auch gleich erwähnt werden: Ignaz Moscheles. Bei einer Kur in Karlsbad nahm der Verlagsbuchhändler das jüngste seiner fünf Kinder mit in ein Konzert des damals berühmten Pianisten und Komponisten: starke Resonanzen, großer Enthusiasmus beim Knaben!

Und die Mutter? Es gibt ein scheinbar bewährtes Interpretationsmuster der überlieferten Materialien: Vater ist aufgeschlossen für die künstlerischen Neigungen des Sohnes, unterstützt sie; Mutter sieht keine Chance für einen Berufsmusiker in der Familie, drum opponiert sie. So klar aber lassen sich hier Trennlinien nicht ziehen. Der Romanautor und Byron-Übersetzer war auch ein durchaus erfolgreicher, gut verdienender Verlagsbuchhändler. Roberts Mutter bezeichnete sich selbst als »lebendes Arienbuch«, und auch sie ging mit dem Jungen ins Konzert, ebenfalls in Karlsbad. Robert, mit 20 zurückblickend: »Und weißt Du noch, wie wir in Karlsbad im Konzert nebeneinandersaßen und Du mir freudig zuflüstertest: Moscheles sitzt hinter uns? Wie ihm dann alle achtend aus dem Weg gingen und wie er so bescheiden durch die Menschen ging. Ich will mir ihn in allem zum Vorbild machen.«

Hier ist schon viel von Musik die Rede, also muß mit Nachdruck ergänzt werden, daß Robert auf das Gymnasium ging, in Zwickau, hier das Abitur machte. Zu dieser Zeit war sein Vater bereits verstorben. Und seine schwermütige Schwester Elise hatte Selbstmord begangen. Der Abiturient fühlte sich vaterlos »hinausgeworfen in das Dasein«. Aber ganz so existentiell-dramatisch war sein Lebensgefühl damals nicht, er machte nach dem Abitur erst mal eine »Geniereise«. Weil er Bücher des Jean Paul verschlang, ging es auch nach Bayreuth. Dort besuchte er »Jean Pauls Witwe und bekam von ihr sein Bild. Wenn die ganze Welt Jean Paul läse, so würde sie bestimmt besser, aber unglücklicher – er hat mich oft dem Wahnsinne nahe gebracht, aber der Regenbogen des Friedens und der menschliche Geist schwebt immer sanft über allen Tränen, und das Herz wird wunderbar erhoben und mild verklärt.« Er lernte auch Heinrich Heine kennen; er führte ihn »einige Stunden in München herum«.

Robert begann an der Universität von Leipzig zu studieren, »hauptsächlich um philosophische Vorträge zu hören«. Aber weitaus intensiver war sein Interesse an Musik. Flechsig: »Er nahm Klavierunterricht bei Wieck, der ihn immer ›enragé auf dem Piano‹ nannte, und mußte wieder Fingerübungen wie ein Anfänger treiben, zum Verzweifeln einförmig anzuhören. – Daneben immer das Neueste in der Literatur: Heines , Menzels  – besonders viel Lektüre von Jean Paul, dessen Stil und Manier er leider zu sehr nachahmte in seinen Schreibereien, die er täglich mehrere Stunden fortsetzte.

Außerdem begann er eifrig zu komponieren. – von Schubert spielte er prächtig, und da er in meiner Goethe-Ausgabe gleich hinter dem den fand, so geriet er über diesen und setzte ihn in Noten – wahrscheinlich sein erstes Lied, das ich heute noch pfeifen kann. – Außerdem wurden sechs Lieder fertig, die er an Wiedebein zur Begutachtung sandte, darauf auch eine beifällige Antwort bekam mit obligaten Winken und gutem Rat.

Für den damals erst bekannt werdenden Schubert faßte er eine rasende Vorliebe und schaffte alles an, was von ihm zu haben war. Bei den Polonaisen mußte ich den Baß begleiten und bekam viel Rüffel wegen meines unzulänglichen Spieles. Als Schubert im nächsten Winter starb, geriet er bei der ersten Nachricht seines Todes in solche Aufregung, daß ich ihn die ganze Nacht schluchzen hörte.«

Wechsel des Studienorts, Szenenwechsel: Heidelberg! Robert konnte seine Mutter und Herrn Rudel, den Vormund, davon überzeugen, daß die Fortsetzung des Studiums an dieser Universität sinnvoll war – in Heidelberg lehrten zwei berühmte Juristen. Und Jurisprudenz sollte er ja studieren, um einen »Brotberuf« ergreifen zu können – darin waren sich Mutter und Vormund einig. Robert war hier allerdings anderer Meinung, jedoch er fügte sich, hörte in Heidelberg Vorlesungen beim berühmten Thibaut, doch Musik gewann immer größere Bedeutung für ihn.

Im Sommer nahm er häufig teil am Heidelberger Studentenleben außerhalb der Universitätsgebäude. Spaziergänge bei Sonnen- und Mondschein, Zechereien in Kneipen, Exkursionen. Stichworte, die sich in seinen Tagebuchnotizen wiederholen: »Bier – Champagner – knill – Knillität – große Knillität – Katzenjammer.« Details ließen sich hier einbringen, plastisch und drastisch, aber nur ein einziges Zitat zu diesem Stichwort, denn es läßt aufhorchen. Im März 30 schrieb er: »Aus Langeweile betrunken – schwer knill – meine Sehnsucht, mich in den Rhein zu stürzen.« Zufällige Entsprechung zu seinem späteren Selbstmordversuch? Antizipation?

Der Robert Schumann dieser Zeit hatte sich nicht, wie der Volksmund in solchen Fällen gern sagt, dem stillen Suff ergeben, sondern dem lauten. Das war allerdings Gruppenverhalten: es gehörte zum Selbstverständnis vieler damaliger Studenten, öfter einen über den Durst zu trinken; auch Roberts Freunde waren zuweilen »knill«. Der Alkohol machte Robert mitteilsamer. Auch damals schon neigte er zur Schweigsamkeit: sein oft lang währendes Verstummen, und wenn er sprach, so war das meist vernuschelt.

In Heidelberg allerdings lebte der Introvertierte nach außen gewendet. Er kokettierte mit Mädchen. Wie ein wahrer Herzensbrecher konnte er eine ganze Leporello-Arie von Mädchennamen heruntersingen, aber die markierten meist nur flüchtige Regungen, nicht einmal flüchtige Begegnungen.

Zum Kokettieren das Flanieren, gelegentlich sogar das Studieren. Und er machte eine Italienreise. Von der muß hier nicht weiter berichtet werden: keine prägenden Einflüsse, keine Nachwirkungen.

Wieder in Heidelberg, nach den Sommerferien: der Hauptakzent wurde von der Jurisprudenz auf die Musik verlagert. Dabei wurde Anton Friedrich Justus Thibaut zur Schlüsselfigur: der Jurist leitete einen privaten Singkreis; auch Robert wurde zu den »musikalischen Gesellschaften« im Haus des Professors eingeladen. Professor Thibaut, Mitte Vierzig, am Cembalo, ein Taktschläger schräg hinter ihm, es wurden meist Chöre von Händel gesungen, und weil Thibauts Klaviertechnik minimal war, spielte er langsam, also mußte auch der Chor langsam singen, »er kannte kein anderes Tempo als Largo«. Charakteristischer Ausspruch des musischen Professors: »Die Jurisprudenz ist mein Geschäft, mein Musiksaal ist mein Tempel.« Hat Robert diesen Satz zu hören bekommen? Den wird er sich dann bestimmt gleich angeeignet haben. »Was Thibaut anbelangt, so hat er mich zur Kunst hingewiesen.«

Formell setzte er das Jura-Studium fort, berichtete Mutter und Vormund, wie fleißig er sei. Aber das war er eigentlich nur in seinen musikalischen Studien. In Heidelberg trat er zum ersten und zugleich letzten Mal als Klaviervirtuose auf. Dieses Datum muß festgehalten werden: 24. Januar 1830. Ein Konzert im »Museum«, einer musikalischen Studentenvereinigung. Kein eigener Konzertabend, er spielte, als...


Kühn, Dieter
Dieter Kühn, geboren 1935 in Köln, starb 2015 in Brühl. Für seine Biographien, Romane, Erzählungen, Hörspiele und hoch gerühmten Übertragungen aus dem Mittelhochdeutschen (das ›Mittelalter-Quartett‹) erhielt er den Hermann-Hesse-Preis, den Großen Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste und zuletzt die Carl-Zuckmayer-Medaille. Zu seinen Werken gehören große Biographien (über Clara Schumann, Maria Sibylla Merian, Gertrud Kolmar sowie sein berühmtes Buch über Oswald von Wolkenstein), Romane (›Geheimagent Marlowe‹), historisch-biographische Studien (›Schillers Schreibtisch in Buchenwald‹) und Erzählungsbände (›Ich war Hitlers Schutzengel‹). Zuletzt erschienen die beiden autobiographischen Bände ›Das Magische Auge‹ und ›Die siebte Woge‹ sowie sein Theaterbuch ›Spätvorstellung‹.

Literaturpreise (Auswahl):

Hermann-Hesse-Preis
Großer Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste
Nominiert für den Deutschen Bücherpreis 2002
Carl-Zuckmayer-Medaille 2014

Dieter KühnDieter Kühn, geboren 1935 in Köln, starb 2015 in Brühl. Für seine Biographien, Romane, Erzählungen, Hörspiele und hoch gerühmten Übertragungen aus dem Mittelhochdeutschen (das ›Mittelalter-Quartett‹) erhielt er den Hermann-Hesse-Preis, den Großen Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste und zuletzt die Carl-Zuckmayer-Medaille. Zu seinen Werken gehören große Biographien (über Clara Schumann, Maria Sibylla Merian, Gertrud Kolmar sowie sein berühmtes Buch über Oswald von Wolkenstein), Romane (›Geheimagent Marlowe‹), historisch-biographische Studien (›Schillers Schreibtisch in Buchenwald‹) und Erzählungsbände (›Ich war Hitlers Schutzengel‹). Zuletzt erschienen die beiden autobiographischen Bände ›Das Magische Auge‹ und ›Die siebte Woge‹ sowie sein Theaterbuch ›Spätvorstellung‹.

Literaturpreise (Auswahl):

Hermann-Hesse-Preis
Großer Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste
Nominiert für den Deutschen Bücherpreis 2002
Carl-Zuckmayer-Medaille 2014



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