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E-Book, Deutsch, 192 Seiten

Längert Wir verdienen mehr!

Frauen im Profifußball - ein Manifest
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7307-0756-2
Verlag: Die Werkstatt
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Frauen im Profifußball - ein Manifest

E-Book, Deutsch, 192 Seiten

ISBN: 978-3-7307-0756-2
Verlag: Die Werkstatt
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Für eine gerechtere solidarische Fußballwelt Die ehemalige Profifußballerin Kathrin Längert berichtet in diesem Buch von ihren Erlebnissen in der Welt des Fußballs, die exemplarisch sind für eine Gesellschaft, die ihre Sportlerinnen nach wie vor systematisch abwertet und marginalisiert - teils bewusst, teils unbewusst. Bis heute bekommen Frauen nicht die gebührende Anerkennung für ihre Leistungen, ihre Geschichten werden nicht erzählt. Die Autorin will das ändern. Basierend auf ihren Erfahrungen als Spielerin und Trainerin kritisiert sie nicht nur den Status quo, sondern überlegt: Welche Maßnahmen wären erforderlich, damit Frauen im Fußball endlich die Strukturen bekommen, die ihnen zustehen und die ihnen jahrzehntelang vorenthalten wurden. • 'Kathrin Längerts Geschichte ist die Geschichte von Generationen fußballspielender Frauen. Ein wichtiger Text.' (Katja Kraus) • 'Kathrin Längerts Mut und Leidenschaft sind ein Ansporn für uns alle. Und mit Sicherheit wird dieses Buch die Diskussion um Gleichberechtigung im Fußball nachhaltig bereichern.' (Turid Knaak) Kathrin Längert zeigt, wie eine gerechtere, solidarische Fußballwelt aussehen sollte und wie es dem Frauenfußball gelingen könnte, sich weiterzuentwickeln, ohne die Fehler des Männerfußballs zu wiederholen.

Kathrin Längert (Jahrgang 1987) war noch im Kindergarten, als sie zum ersten Mal ein Tor verteidigte und diese Euphorie spürte, wenn es gelingt, einen sogenannten Unhaltbaren zu halten. Später folgten 15 Jahre als Torhüterin im Leistungssport, 12 davon im Profifußball, der nur aufgrund des Trainingsumfangs so heißen durfte, nicht aufgrund der Bezahlung. Sie gewann mit dem FCR Duisburg den UEFA Women's Cup (heute Champions League), mit Duisburg und dem FC Bayern den DFB-Pokal und mit dem FC Rosengård zweimal die schwedische Meisterschaft.
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Prolog

IST ES EIN HYPE?


Es ist viel passiert im Frauenfußball der letzten Jahre. Eine überzeugende Europameisterschaft 2022 in England begeisterte nach den tristen Corona-Jahren eine breite Öffentlichkeit und konnte neue Fans für unseren Sport gewinnen. Endlich keine aufgezwungenen Gespräche mehr, in denen ich irgendwas rechtfertigen soll, nur weil ich selbst Spielerin war. Im Gegenteil, zum ersten Mal spürte ich auch in fußballfernen Kreisen Respekt und Anerkennung für meine Karriere im Fußball. Und die guten Einschaltquoten schienen meinen Eindruck zu bestätigen, dass es nun wirklich angebrochen ist – das Zeitalter der Frauen1 im Fußball.

Bald war von einem Hype die Rede, immer mehr Zuschauer*innen strömten in die Stadien, Bundesliga- und Champions-League-Spiele wurden plötzlich in die großen Arenen verlegt – der Höhenflug schien keine Grenzen zu kennen. Dann kam 2023. Die Hoffnungen für die Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland waren riesig, Deutschland ist ja schließlich eine „Turniermannschaft“, wie man so schön sagt.

Ich verfolgte das letzte Gruppenspiel gegen die Südkoreanerinnen gebannt auf dem Tablet. Dabei saß ich mitten in einer Fachkonferenz für das neue Schuljahr. Also Ton aus und verstohlene Blicke auf den Bildschirm. „Das kann doch nicht wahr sein“, schoss es mir immer wieder durch den Kopf. Da Marokko im Parallelspiel überraschend gegen Kolumbien führte, brauchten die deutschen Frauen plötzlich unbedingt einen Sieg, um ins Achtelfinale einzuziehen.

Mitte der zweiten Hälfte stand es noch 1:1 unentschieden, aber ich war mir sicher: „Die schießen hundert pro noch ein Tor.“ Doch die Zeit lief gnadenlos runter, eine letzte gefährliche Flanke klärte Südkorea in der Nachspielzeit. Und dann war es geschehen: Kolumbien und Marokko im Achtelfinale, Deutschland und Südkorea mussten die Koffer packen.

Nach dem Schlusspfiff sah ich, wie die deutschen Spielerinnen stumm zu Boden sanken. Viele hatten Tränen in den Augen angesichts des erstmaligen Ausscheidens in der Gruppenphase einer Weltmeisterschaft. Als negative Krönung dieser WM folgte an deren Ende der sexuelle Übergriff des damaligen spanischen Verbandspräsidenten Luis Rubiales, der während der Siegerehrung die Spielerin Jenny Hermoso gegen deren Willen auf den Mund küsste. Sein ekelhaftes Verhalten überstrahlte den verdienten sportlichen Erfolg der spanischen Nationalelf auf tragische Weise (und tut das bis heute). Und der Leistungseinbruch der deutschen Elf, gefolgt von den Irritationen rund um die Erkrankung und spätere Entlassung von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg, brachte das noch kurz zuvor gewonnene Selbstverständnis des Frauenfußballs in Deutschland wieder ins Wanken. Mir schossen unendlich viele Fragen durch den Kopf: Gehen die dummen Sprüche jetzt wieder los? Was, wenn nun die Zuschauer*innen wieder wegbleiben? Werden Sponsoren sich wieder zurückziehen? Und am schlimmsten: Was, wenn wir2 erneut aus dem Blickfeld verschwinden, zurück ins Schattendasein der Fußballperipherie?

Die Sorgen waren nicht unberechtigt. Seitdem scheint sich die öffentliche Meinung wieder etwas zu verschieben, nur bedingt unter Medienschaffenden, aber die Frauenfußballhasser unter den Fans trauen sich doch wieder mehr aus der Deckung: „Was wollen die denn noch?!“, „Ist ja wie Kreisliga“ oder „Erst läuft die Scheiße dauernd im Fernsehen, jetzt wollen die auch noch mehr Geld!“

So oder ähnlich schallt es jedes Mal durch die sozialen Medien, wenn der sportliche Erfolg ausbleibt oder eine Fußballerin es wagt, höhere Gehälter oder zumindest bessere Spielbedingungen für sich und ihre Kolleginnen einzufordern. Es scheint fast wie ein unvermeidbarer Reflex, dass, sobald eine Frau öffentlich etwas fordert, ihre Leistung oder ihre Existenz im Fußball grundsätzlich infrage gestellt werden. Die Wahrheit ist, dass die grundlegende Ablehnung gegen fußballspielende Frauen nie wirklich verschwunden war, auch wenn der durchschlagende Erfolg des Nationalteams 2022 das kurzzeitig überdecken konnte und ein wenig Bewegung in die Entwicklung der Bundesliga brachte.

2023 war auch das Jahr, als mit Turbine Potsdam ein großer und einst erfolgreicher Traditionsverein des Frauenfußballs absteigen musste. In der Saison 2023/24 gab es mit Theresa Merk beim SC Freiburg nur eine Trainerin in der 1. Bundesliga, in der Folgesaison durch ihre Elternzeit zunächst gar keine. Und mit Melanie Leupolz, Svenja Huth, Tabea Sellner und Almuth Schult traten zwischen 2023 und 2025 gleich vier Mütter aus der deutschen Nationalelf zurück oder beendeten ihre Karriere.3

Die Spiele laufen größtenteils im Pay-TV, während in traditionsreichen Sendungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wie „Sportschau“ und „Aktuelles Sportstudio“ selbst Zusammenfassungen eine Seltenheit sind. Die Übertragungen hinken in Sachen Qualität weit hinter denen im Männerbereich hinterher; Vorberichte und Spielanalysen sind nur in der 1. Liga sowie bei einigen Teams der 2. Liga eine Selbstverständlichkeit. Die Unsichtbarkeit hat System.

Viel Hoffnung brandet jedes Mal auf, wenn die deutschen Frauen einen internationalen Erfolg erringen, so beim ersten WM-Titel 2003 in den USA, bei der Titelverteidigung 2007 in China, beim Olympiasieg 2016 in Brasilien oder eben bei jenem Finaleinzug 2022. Hinzu kommen die unzähligen internationalen Vereinstitel der letzten 15 Jahre, insbesondere durch den 1. FFC Frankfurt, den VfL Wolfsburg und Turbine Potsdam. Aber die Wahrheit ist: Langfristig und in der Breite hat sich bislang kaum etwas gebessert. Nur am oberen Ende kristallisieren sich einige Topklubs heraus, bei denen das anders ist. Die durchschnittliche Bundesligaspielerin krebst immer noch am Existenzminimum herum, von denen in der 2. Liga oder in den Regionalligen ganz zu schweigen. Zur intensiven Trainingsbelastung kommt meist eine Ausbildung hinzu, ein Studium oder die Berufstätigkeit in Teil- oder gar Vollzeit. Die medizinische Versorgung ist zu oft unzulänglich und die Infrastruktur auf Vereinsebene kann in vielen Fällen nur als Frechheit bezeichnet werden. Wenn es im Fußball wirklich ein Leistungsprinzip gäbe, nach dem sich Geld, Zuschauerzahl und Aufmerksamkeit richten, müssten viele Fußballerinnen Superstars sein. Dass sie es nicht sind, hat nichts mit unseren Fähigkeiten auf dem Fußballplatz oder unseren Kompetenzen in der Generierung und Verwaltung von Etats zu tun. Das alles ist vielmehr Ausdruck einer patriarchalen Gesellschaft,4 die eine hypersexistische Fußballwelt kreiert hat und aufrechterhält. Der Grund für die mangelhaften Verhältnisse ist schlicht und einfach: dass wir Frauen sind!

Aber woher kommt diese Ablehnung von Frauen im Fußball? Warum müssen wir Frauen ständig Erneuerung, mehr Mitbestimmung oder wenigstens ein Mindestmaß an Respekt innerhalb der deutschen Fußballwelt fordern? Den vielfältigen Gründen dafür nachzugehen und die Oberflächlichkeit und Scheinheiligkeit vieler der vermeintlichen „Argumente“ gegen fußballspielende Frauen offenzulegen ist eines der Ziele dieses Buches. Denn ich bin eine dieser Frauen. Ich war insgesamt 15 Jahre lang Torhüterin in der 1. Liga in Deutschland und Schweden sowie in der deutschen Jugend- und A-Nationalelf. Ich habe über 200 Pflichtspiele absolviert für den FCR Duisburg, den USV Jena, den FC Rosengård und den FC Bayern München, wo ich zudem dreieinhalb Jahre die Kapitänsbinde tragen durfte. Viele Jahre meines Lebens hat sich alles nur um eine Sache gedreht: Fußball, Fußball, Fußball. Ich habe 15 Jahre lang meine Knochen hingehalten und bin jedem Ball hinterhergehechtet. Ich habe dieses Spiel, das mein Beruf war, geliebt – und mir trotzdem am Karriereende geschworen, nie wieder etwas damit zu tun haben zu wollen. Wie ist es so weit gekommen? Und welche Erfahrungen habe ich auf diesem Weg gemacht? Auch davon möchte ich berichten.

Natürlich habe ich die Abstinenz, die ich mir so fest vorgenommen hatte, nicht lange durchgehalten, sondern bin zurückgekehrt in die Fußballwelt. Ich habe Trainer*innen-Lizenzen erworben und gleichzeitig angefangen, in Podcasts, auf Podien und in Vorträgen darüber zu berichten, welches Unrecht uns als Spielerinnen widerfahren ist. Ich habe begonnen, darüber zu sprechen, warum ich nicht länger bereit bin, diese Ungerechtigkeiten hinzunehmen – und all die Herabwürdigung, Ausbeutung und Nichtbeachtung, die damit einhergehen.

So ist schließlich dieses Buch entstanden, mit viel Wut im Bauch. Wut über die Widerstände und die Unwissenheit, gegen die wir permanent anspielen mussten. Wut darüber, dass für jeden kleinen Fortschritt unendlich viele Kämpfe geführt werden müssen. Es wird Zeit, dass sich endlich dauerhaft etwas ändert! Wir haben oft genug freundlich um etwas gebeten, vorsichtig nachgefragt oder sind mit Leistung und Erfolg sozusagen in Vorkasse gegangen, um Investitionen in unseren Sport zu rechtfertigen – geholfen hat uns das aber kaum.

Daher ist dieser Text auch ein Dokument der Zeitgeschichte, denn eine Konsequenz der historischen Ignoranz gegenüber dem Fußball der Frauen ist, dass es viel zu wenige Berichte von Zeitzeug*innen gibt oder Dokumente von und über uns Spielerinnen, unsere Erfolge und Kämpfe. Nur wenige Bücher halten unsere Geschichte fest, daher gibt es kaum Heldinnensagen oder...


Längert, Kathrin
Kathrin Längert (Jahrgang 1987) war noch im Kindergarten, als sie zum ersten Mal ein Tor verteidigte und diese Euphorie spürte, wenn es gelingt, einen sogenannten Unhaltbaren zu halten. Später folgten 15 Jahre als Torhüterin im Leistungssport, 12 davon im Profifußball, der nur aufgrund des Trainingsumfangs so heißen durfte, nicht aufgrund der Bezahlung. Sie gewann mit dem FCR Duisburg den UEFA Women’s Cup (heute Champions League), mit Duisburg und dem FC Bayern den DFB-Pokal und mit dem FC Rosengård zweimal die schwedische Meisterschaft.

Kathrin Längert (Jahrgang 1987) war noch im Kindergarten, als sie zum ersten Mal ein Tor verteidigte und diese Euphorie spürte, wenn es gelingt, einen sogenannten Unhaltbaren zu halten. Später folgten 15 Jahre als Torhüterin im Leistungssport, 12 davon im Profifußball, der nur aufgrund des Trainingsumfangs so heißen durfte, nicht aufgrund der Bezahlung. Sie gewann mit dem FCR Duisburg den UEFA Women's Cup (heute Champions League), mit Duisburg und dem FC Bayern den DFB-Pokal und mit dem FC Rosengård zweimal die schwedische Meisterschaft.



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