Lake | Das Blut des Assassinen | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 0 Seiten

Lake Das Blut des Assassinen

Roman
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-641-14025-0
Verlag: Blanvalet
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

E-Book, Deutsch, 0 Seiten

ISBN: 978-3-641-14025-0
Verlag: Blanvalet
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Eine Vampir-Saga voller Abenteuer und dunkler Romantik

Der junge Fischer Taro wurde zum Vampir und Mörder, um seine Familie zu rächen. Nun aber will er den Weg des Schwertes aufgeben. Da erfährt er, dass seine Mutter noch lebt. Sofort bricht Taro auf, ihr beizustehen – und kommt doch zu spät! Rasend vor Zorn und Trauer schwört er seinen Feinden blutige Rache. Einzig seine Freundin Hana erkennt in ihm noch den sanften Jungen, der er einst war. Doch wird sie zu ihm durchdringen? Oder verliert sie den Mann, den sie liebt, an Hass und vampirische Blutgier?

Nick Lake ist Jugendbuch-Lektor bei HarperCollins mit einem Oxford-Abschluss in Englisch. Er lebt mit seiner Frau in Oxfordshire.
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Im portugiesischen Hafen von Nagasaki,
Japan, 1566

Es war Nacht.

Es musste immer Nacht sein.

Der Blinde strich mit den Fingerspitzen an der Holzwand des Lagerhauses entlang und näherte sich so langsam der Tür. Der scharfe Geruch von Seetang und Salzwasser umgab ihn, als reckte das Meer seinen Herrschaftsanspruch bis in die Luft hinaus. Es regnete stark – der Blinde konnte hören, wie die Tropfen links von ihm aufs Wasser klatschten.

Das Lagerhaus war länger, als er erwartet hatte. Fast kam es ihm so vor, als schiebe er sich schon den ganzen Abend daran entlang. Aber es musste natürlich groß sein. Hier lagerten die Namban – die Barbaren aus dem Süden – die Waren, die sie in ihren riesigen, dickbäuchigen Schiffen aus China hierherbrachten: Seide, Silber, Porzellan.

Und Feuerwaffen.

»Was siehst du?«, fragte er Jun, den Jungen, der vor ihm herging.

»Ein Barbarenschiff liegt vor Anker. Die Lampe am höchsten Mast brennt, aber ich sehe keine Seeleute.«

»Gut. Und die Tür des Lagerhauses?«

»Vor uns, glaube ich. Da ist eine dunklere Stelle.«

Der Blinde nickte. »Führ mich dorthin.«

Jun nahm seine Hand. Der Blinde spürte, wie der Junge erschauerte, als er die vernarbte, raue Haut berührte. Dann zog Jun ihn sacht vorwärts. Sie trugen Stoffschuhe an den Füßen. Die Dunkelheit verbarg sie, und der prasselnde Regen übertönte ihre leisen Schritte.

Der perfekte Abend für ihre Arbeit.

Jun blieb stehen, und der Blinde streckte die Arme aus. Er strich mit den Händen über die Tür, die Angeln und den metallenen Griff nach Art der Barbaren. Dann runzelte er die Stirn. Wo die Tür an der anderen Seite auf den Rahmen treffen sollte, ertastete er einen schmalen, senkrechten Spalt.

Die Tür war offen.

Der Blinde hielt den Atem an und bedeutete Jun, ganz still zu sein. Zusammen hatten sie alles genau geplant – sie hatten festgestellt, wann die Seeleute sich unter Deck betrinken würden, und den Wächter bestochen, der sie hier am Eingang zum Lager treffen sollte. Der Blinde würde ihn bewusstlos schlagen und die Waffen stehlen, ehe sie ins Landesinnere geschmuggelt und dem falschen Fürsten übergeben werden konnten.

»Öffne ganz langsam die Tür«, flüsterte er Jun zu. »Sag mir, was du siehst.«

Ein leises Knarren war zu hören. »Da ist ein Tisch«, hauchte Jun. »Rotes Fleisch auf einem Teller, halb aufgegessen. Und ein Glas voll Blut.«

»Rindfleisch und Wein«, sagte der Blinde. »Kein Blut.« Er wusste, dass die Barbaren das Fleisch der sanften Kühe aßen und einen roten Alkohol tranken, der aus Trauben gewonnen wurde. Er hatte auch gehört, dass sie diesen Wein in ihren Kirchen tranken und ihn als das Blut ihres Gottes bezeichneten. Allerdings hielt er es für möglich, dass dies nur eines der wilderen Gerüchte über die Anhänger dieses Kirishitan war.

»Noch etwas?«, flüsterte er.

»Neben dem Tisch liegt eine lange Kiste auf dem Boden. Sie ist aufgebrochen worden.«

»Liegt etwas darin?«

»Nein. Sie ist leer. Und da ist …« Ein scharfes Einatmen. »Da ist etwas auf dem Boden. Es könnte Wein sein oder …«

Blut.

Er hörte, wie Jun sich bückte und etwas vom Boden aufhob. Dann wurde ihm ein schwerer, kalter Gegenstand in die Hände gedrückt. Er drehte ihn herum und ertastete sich ein Bild davon. Eine Leiste mit zwei Sprossen, die an den Seiten herausragten.

Ein Kreuz.

Der Blinde hatte so etwas schon gesehen, ehe ihm die Augen ausgebrannt worden waren. Die barbarischen Kirishitan verehrten dieses Symbol und behaupteten, an ein solches Kreuz genagelt sei ihr Gott gestorben. Der Blinde fand es merkwürdig, dass sie vor eben dem Ding niederknieten, das ihren Gott getötet hatte – aber wenn man das Fleisch der Kuh essen konnte, die der Buddha für heilig erklärt hatte, und Blut in den Kirchen trank, war es wohl beinahe eine Kleinigkeit, den Tod seines Gottes zu feiern.

Was das Trinken von Blut anging, durfte er ihnen natürlich keine Vorwürfe machen.

Der Blinde steckte das Kreuz in eine Tasche, die innen in seinen Kimono eingenäht war. Am oberen Ende war eine Kette befestigt, und er nahm an, dass jemand es bis vor Kurzem um den Hals getragen hatte. Der Wächter vielleicht. Irgendetwas war hier geschehen, und jetzt waren die Gewehre höchstwahrscheinlich weg.

Er fluchte leise. »Wir sollten gehen«, flüsterte er Jun zu. Offenbar hatte außer ihm noch jemand von den Waffen erfahren. Dieser Jemand war hier gewesen, hatte den Wächter getötet oder verschleppt und die kostbare Ladung gestohlen.

Das war ärgerlich, überraschte ihn aber nicht. Er hatte sich selbst nach Süden aufgemacht, sobald er das Gerücht vernommen hatte. Die Portugiesen hatten mit ihrer jüngsten Fracht neuartige Gewehre mitgebracht, hieß es – Waffen, in denen ein metallenes Rad einen Funken erzeugte, der das Schießpulver entzündete. Im Gegensatz zu den Gewehren mit Lunte konnte man die neuen Waffen also auch bei Regen zuverlässig abfeuern. Der Blinde wusste, dass viele Fürsten bereits Gewehre besaßen – Daimy? Oda hatte angeblich mehrere tausend Stück des portugiesischen Modells nachbauen lassen und sogar Regimenter seiner Samurai an diesen Waffen ausgebildet. Aber sie waren so lang wie Speere, unhandlich und nutzlos bei nasser Witterung.

Der Blinde hatte in vielen Schlachten gekämpft und war mit der brutalen, aber schlichten Kunst des Krieges vertraut. Auf Feuerwaffen zu setzen, die durch das Wetter unbrauchbar gemacht werden konnten, war keine gute Strategie. Doch als Einziger Feuerwaffen zu besitzen, denen die Elemente nichts anhaben konnten? Dafür würde man über Leichen gehen.

Während er, geführt von Jun, denselben Weg wieder zurückging und mit den Fingerspitzen an der Holzwand entlangstrich, fragte er sich, wer das getan haben mochte. Wer konnte ihm zuvorgekommen sein? Oda war tot – in seinem eigenen Turm getötet. Vielleicht war es ?mura Sumitada, der zur Religion der Kirishitan übergetreten war und sich jetzt Bartolomeu nannte. Sumitada war derjenige, der Nagasaki den Barbaren übergeben hatte. Als Gegenleistung bekam er die erste Wahl bei jeder Ladung Seide, die man in Japan nicht mehr gesehen hatte, seit die Chinesen sich weigerten, sie Japanern zu verkaufen – aus Protest gegen die japanischen Piraten, die immer wieder ihre Handelsschiffe angegriffen hatten.

Doch der Blinde hatte bereits Erfahrung mit den Missionaren gemacht, die den portugiesischen Hafen leiteten, und er wusste, dass sie nicht dumm waren. Sie brauchten Daimy? ?mura wegen des Handelshafens, doch ihnen war klar, dass er für die Zukunft Japans keine Bedeutung hatte – er war kaum mehr als ein Blatt, das auf einem Teich trieb. Die Wellen, die das Blatt bewegten, waren die wirklich mächtigen Fürsten wie Tokugawa.

Außerdem war ?mura Sumitada ein Feigling, kein Stratege. Unter den Samurai war er zum Gespött geworden, weil er zum Glauben der Barbaren konvertiert war, und die Bauern in seinem Fürstentum hassten ihn. Der Blinde hatte sogar gehört, dass Sumitada-Bartolomeu einmal bei einem Spaziergang auf den Schrein einer Hahnengottheit gestoßen war, die man in jener Gegend verehrte. Er hatte die Statue des Hahns zerschlagen, kreischend Flüche gegen die Shint?-Götter ausgestoßen und irres Zeug über Götzenbilder geredet. Wäre er irgendein Geringerer als ein Fürst gewesen, hätte man ihn für diese Schmähung auf der Stelle getötet.

Daimy? mochte er sein, doch der Blinde glaubte nicht, dass ?mura Sumitada noch länger als ein Jahr überleben würde.

Das Geräusch des Regens änderte sich, und der Blinde wurde gewahr, dass Jun stehen geblieben war. Er hörte Schritte, die sich ihnen von hinten näherten.

Viele Füße, die sich schnell bewegten.

»Wer ist das?«, fragte er, als die Schritte sie umzingelten.

»Barbaren«, sagte Jun mit bebender, nervöser Stimme. »Ihre Arme sind tätowiert, und sie tragen Dolche.«

»Seeleute?«, fragte der Blinde.

»Ich weiß nicht. Sie sind groß und weiß und haben grüne und blaue Augen, wie Katzen.«

Portugiesen, dachte der Blinde.

Er hörte einen der Männer – rechts vor ihm – auf Japanisch mit starkem Akzent sagen: »Halt, ihr Diebe.«

Der Blinde hob die leeren Hände. »Wir haben nichts gestohlen.«

Der Barbar – der Blinde vermutete, dass sein Gegenüber der Anführer war, vielleicht sogar der Kapitän des Schiffes – trat einen Schritt vor. »Unsere Wache ist weg. Unsere Gewehre sind weg. Und ihr seid hier.«

Der Blinde wich zurück, bis er mit dem Rücken an der Wand stand. »Wir können diese Angelegenheit klären wie …«

»Nein. Wir klären das mit eurem Tod.« Waffen wurden gezogen, und Jun schrie, als die Männer vordrangen.

Der Blinde war noch kein alter Mann, und er fürchtete den Tod. Aber er war aus freien Stücken hier – der Junge war hier, weil er dafür bezahlt wurde. Der Blinde packte Jun bei den Armen, zog ihn an die Wand und deckte ihn von der Seite mit dem eigenen Körper. Im selben Augenblick formte er mit der Hand die Karanamudra, mit der man Geister austrieb – Zeigefinger und kleiner Finger ausgestreckt –, eine Waffe, getarnt als Meditationspraxis. Er schlug mit den hart gespannten Fingern auf den Druckpunkt am Hals des Jungen, was ihn mindestens für die Länge eines Räucherstäbchens bewusstlos machen würde. Jun sackte zu Boden. Gut. Es war besser, wenn er ohnmächtig, aber...


Lake, Nick
Nick Lake ist Jugendbuch-Lektor bei HarperCollins mit einem Oxford-Abschluss in Englisch. Er lebt mit seiner Frau in Oxfordshire.



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