E-Book, Deutsch, Band 6, 526 Seiten
Reihe: Café-Engel-Saga
Lamballe Café Engel
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7517-7455-0
Verlag: Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein unvergessliches Fest. Der neue Band der SPIEGEL-Bestsellersaga - für Fans von Anne Jacobs. Roman
E-Book, Deutsch, Band 6, 526 Seiten
Reihe: Café-Engel-Saga
ISBN: 978-3-7517-7455-0
Verlag: Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Wiesbaden, 1968. Ins Café Engel wurde eingebrochen. Die Familie Koch ist zutiefst erschüttert. Doch als Hilde bei den Aufräumarbeiten ein altes Foto aus der Gründerzeit findet, offenbart dies eine freudige Überraschung: Ihr Café wird 75 Jahre alt - und das muss gefeiert werden! Doch die Vorbereitungen zum Fest werden von unerwarteten Ereignissen überschattet. Während Hilde mit gesundheitlichen Problemen kämpft, verliert sich ihr Sohn Andi in Frankfurt in den Wirren der 68er-Bewegung, wo er in Claudia seine große Liebe findet. Als plötzlich seine Exfreundin Marlis mit einer überraschenden Neuigkeit im Café eintrifft, wird die Zukunft des Familienbetriebs auf eine harte Probe gestellt ...
Marie Lamballe wuchs in Wiesbaden auf. Sie studierte Literatur und Sprachen und begann schon kurz nach dem Studium mit dem Schreiben von zunächst Kurzgeschichten, später Theaterstücken, Drehbüchern und Romanen. Inzwischen lebt sie als freie Autorin in der Nähe von Frankfurt am Main und hat unter verschiedenen Pseudonymen zahlreiche Romane - darunter mehrere Top-Ten-SPIEGEL-Bestseller - veröffentlicht.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Oktober 1968
HILDE
Wie immer wacht Hilde auf, bevor der Wecker klingelt. Sie tastet mit geschlossenen Augen nach dem Plagegeist, schaltet die Weckfunktion aus und knipst die Nachttischlampe an. Halb sieben. Draußen ist es noch stockdunkel, ihr Eheliebster schnarcht neben ihr in seligem Morgenschlummer.
Leise gleitet sie aus dem Bett, damit er nicht aufwacht, und geht ins Bad. Soll Jean-Jacques ruhig ausschlafen, dann ist er besser gelaunt und geht ihr nicht mit seinen ironischen Bemerkungen auf die Nerven. Ach, sie versteht ja, dass es ihm unendlich schwergefallen ist, sein geliebtes Weingut nun doch abzugeben – aber der Rücken hat es einfach nicht mehr geschafft, und in den roten Zahlen war er auch. Im Grunde kann er von Glück reden, dass Mischa nach zwei Jahren gemischter Erfahrungen als Hotelier schließlich doch bereit war, das Weingut in Eltville zu übernehmen. Man ist sich einig geworden, und seit gut einem Jahr ist ihr Eheliebster nun dauerhaft im Café Engel an ihrer Seite. So, wie sie es sich immer gewünscht hat. Dass er hin und wieder ein wenig Trübsal bläst und Sehnsucht nach seinen Reben hat, muss sie in Kauf nehmen; dafür ist er im Café eine echte Bereicherung, denn er hat ein gutes Händchen für die Gäste und sorgt darüber hinaus in der Küche für ein friedliches Miteinander.
Hilde fühlt sich an diesem Morgen alles andere als frisch und munter – vermutlich kommt es daher, dass sie schlecht geschlafen hat. Mehrmals ist sie aufgewacht und hat sich eingebildet, Geräusche im Haus zu hören, einmal hat sie sogar Jean-Jacques deshalb geweckt, aber der hat sie nur verschlafen angeblinzelt und gemurmelt: »Tu es folle, ain? Laisse-moi tranquille!«
Nein, sie ist nicht verrückt. Aber natürlich – sie hat ab und zu merkwürdige Anwandlungen, dann ist sie nervös und kann Leute grundlos vor den Kopf stoßen. Was ihr hinterher oft leidtut.
»Die Wechseljahre!«, sagt Mama. »Du bist jetzt Mitte vierzig, da ist das normal. Bei mir kamen sie ja spät, erst mit fünfzig. Aber ich habe ja auch eine sehr jugendliche Konstitution …«
Mamas Sprüche können einem wirklich den Tag verhageln. Hilde beschließt, sich heute früh eine Dusche zu gönnen, um besser wach zu werden. Die Duschkabine ist ein Luxus, den es in der Wohnung erst seit ein paar Monaten gibt. Vorher hat man sich halt kurz in der Badewanne abgebraust, wenn es schnell gehen sollte, aber natürlich wurde dann trotz Vorhang immer der Fußboden nass. Hilde hat dem Drängen ihres Sohnes Frank zunächst nur widerwillig nachgegeben und eine Weile gezögert, bevor sie die Kabine aus durchsichtigem Plexiglas einbauen ließ – aber jetzt muss sie zugeben, dass so eine Duschkabine wirklich eine feine Sache ist.
Erfrischt und nach Lilienseife duftend kehrt sie ins Schlafzimmer zurück, wo ihr Ehemann sich tief ins Bettzeug vergraben hat und ihr den Rücken zuwendet. Drüben in Franks Zimmer ist das schrille Dröhnen des Weckers zu vernehmen, dann ein dumpfer Schlag, begleitet von einem metallischen Klirren – Frank hat den morgendlichen Unruhestifter vom Nachttisch gefegt. Hilde schüttelt den Kopf, kleidet sich fertig an und geht in die Küche, um rasch einen Kaffee zu kochen und ein schnelles Frühstück für sich und den erwachsenen Sohn zu richten. Draußen auf der Wilhelmstraße hat schon der Berufsverkehr eingesetzt, der – so kommt es Hilde jedenfalls vor – mit jedem Jahr lauter und dichter wird und auch für die Gäste an den Außentischen der Cafés eine permanente Belästigung darstellt.
Frank duscht ausgiebig – du liebe Güte, er verbraucht wirklich eine Menge Wasser. Vielleicht hat Jean-Jacques ja recht – der Junge müsste zumindest eine kleine Summe für Kost und Logis an die Eltern abgeben, schließlich ist er seit der bestandenen Gesellenprüfung im Autohaus Pahl in fester Anstellung und bekommt einen guten Lohn ausgezahlt. Mein Gott, der Junge ist jetzt schon einundzwanzig Jahre alt, wie die Zeit vergeht!
»Keinen Toast, Mama«, knurrt der Sprössling, als er verschlafen und mit nassem Haar in die Küche geschlurft kommt. »Ich hol mir sowieso gleich was an der Bude. Nur’n Kaffee …«
Er trinkt im Stehen und starrt dabei missmutig zum Fenster, das auf den Hof hinausgeht. Regentropfen schlagen dagegen – die Morgendämmerung zeigt sich grau und wolkenverhangen.
»Ich hab so was von beschissen geschlafen …«, brummt er. »Dauernd war ich wach, das hörte sich ja an, als wäre unten im Café ’ne Party im Gang!«
Hilde fängt geschickt den Toast auf, der aus dem Gerät herausspringt.
»Du auch?«, fragt sie erstaunt zurück. »Ich hab es auch rumpeln gehört. Aber ich habe gedacht, dass ich mir das nur einbilde.«
Frank kippt den Rest Kaffee in sich hinein, setzt die Tasse zurück auf die Untertasse und schaut seine Mutter bedenklich an.
»Hey«, meint er. »Am Ende haben sie bei uns eingebrochen. Da schauen wir besser gleich mal nach, Mama.«
Sie lacht auf und meint, er würde zu viele Krimis im Fernsehen anschauen. Trotzdem wird ihr jetzt mulmig, und sie geht in den Flur, um die Schuhe anzuziehen.
»Lass mich mal lieber vorgehen, Mama!«
»Sei nicht albern, Frank.«
»Sicher ist sicher!«
Na gut, sie lässt ihn gewähren. Es ist nett, von dem erwachsenen Sohn auf diese Weise »beschützt« zu werden. Frank hat die Statur seines Vaters geerbt, er ist mittelgroß und kräftig, vor allem die Arm- und Schulterpartie ist eindrucksvoll, da er immer noch zum Boxtraining geht.
Sie steigen die Treppe herunter – im ersten Stockwerk in der Wohnung der Eltern regt sich nichts. Mama, die früher immer die Erste war, gönnt sich inzwischen ihren wohlverdienten Morgenschlummer, und Papa ist ja zeitlebens ein Spätaufsteher gewesen. Auch Margit, die hier in Hildes ehemaligem Zimmer wohnt, ist noch nicht auf den Beinen.
Auf der Treppe zum Erdgeschoss, wo sich der Hintereingang des Cafés befindet, stößt Frank einen leisen Fluch aus.
»Verdammte Scheiße …«
»Du sollst nicht solche Worte …«
»Siehst du das denn nicht, Mama? Die haben die Tür aufgebrochen!«
»O Gott!«
Hilde wird schlecht, sie muss sich am Treppengeländer festhalten. Tatsächlich – die Tür ist am Schloss beschädigt, man sieht deutlich, wo die Einbrecher den Hebel angesetzt haben. Also doch! Oh, verdammt! Warum hat sie nicht nachgeschaut, anstatt sich im Bett herumzudrehen? Lärm hätte sie machen sollen! Die Hausbewohner aufscheuchen! Die Polizei alarmieren …
»Fass bloß nichts an, Mama. Da sind bestimmt Fingerabdrücke drauf.«
Die Tür ist nur angelehnt. Frank stößt sie mit dem Fuß auf und geht langsam voran, Hilde folgt ihm. Ihr Herz hämmert, ihr Puls fliegt. Was werden sie vorfinden? Die haben doch nicht etwa die teure Kuchenvitrine …
Zunächst ist nichts Verdächtiges zu bemerken. Die Stühle stehen noch umgedreht auf den Tischen, die Kuchentheke ist heil – Gott sei gelobt! Frank achtet gar nicht auf das teure Stück, er steuert direkt auf die Wandnische neben der Küchentür zu, wo die Ladenkasse steht.
»Aufgehebelt. Das war klar«, hört sie ihren Sohn knurren. »Und die Schubladen von der Kommode auch. Wie oft hab ich euch gesagt, dass ihr einen Safe und eine moderne Ladenkasse anschaffen sollt!«
Die Kasse steht auf einer Kommode mit abschließbaren Schubladen, in denen Hilde das Kassenbuch und allerlei andere Dinge aufbewahrt. Auch eine Kassette für das Bargeld, das zur Bank gebracht werden muss, befindet sich dort.
»Du meine Güte, die Kasse ist doch höchstens zehn Jahre alt, die haben wir Ende der Fünfziger neu angeschafft! Absolut diebstahlsicher, hat der Verkäufer uns damals gesagt.«
Frank rollt mit den Augen, weil die Mutter seinerzeit offenbar auf einen Schwätzer hereingefallen ist. Dann will er wissen, wie viel in der Kasse war.
»Nur das Wechselgeld. Etwa zweihundert Mark«, sagt Hilde erleichtert. »Die Einnahmen vom Wochenende habe ich gestern Nachmittag noch auf die Bank getragen. Puh – da sind wir ja mit einem blauen Auge davongekommen …«
»Du musst aber auf alle Fälle die Polizei anrufen«, drängt Frank und hat schon den Hörer in der Hand. »Immerhin, das Telefon funktioniert. Was für ein Glück. Sie hätten auch die Schnur durchschneiden oder den Anschluss aus der Wand reißen können …«
Hilde ist jetzt ruhiger – es war nur die Kasse. Und da war nicht viel drin. Immerhin muss die Tür repariert werden, und eine neue Kasse brauchen sie auch. Aber der Kuchentheke ist nichts passiert. Das ist die Hauptsache …
»Polizeirevier Friedrichstraße …«
Hilde muss sich zweimal räuspern, bevor sie sprechen kann. Der Schrecken sitzt doch tiefer, als sie geglaubt hat.
»Hilde Perrier am Apparat. Ich bin die Mitinhaberin vom Café Engel auf der Wilhelmstraße. Bei uns ist heute Nacht eingebrochen worden …«
»Heute Nacht? Nichts anfassen, Frau Perrier. Alles so liegen lassen, wie Sie es vorgefunden haben. Sonst könnten Sie Spuren verwischen. Ich schicke zwei Beamte vorbei.«
»Ja … Vielen Dank …«
Sie legt den Hörer auf, und auf einmal fällt ihr siedend heiß ein, dass in der Küche teure Geräte stehen. Sie reißt die Küchentür auf. Fehlt etwas? Der neue Kühlschrank? Die Gefriertruhe? Aber nein, alles ist an Ort und Stelle. Sie schämt sich etwas für ihre Einfalt. Wie hätten die Diebe wohl auch die schweren Geräte abtransportieren sollen?
»Qu’est-ce qui se passe ici?«, hört sie die Stimme ihres Ehemannes Jean-Jacques drüben im Gastraum. »Was ist denn hier los? Wer...




