Lang / Russwurm | Die europäische Alternative | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 256 Seiten

Lang / Russwurm Die europäische Alternative

Unser Weg in Zeiten des globalen Umbruchs

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

ISBN: 978-3-451-82593-4
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Europa steht vor einer Zeitenwende: Welchen Weg will unser Kontinent gehen – technologisch, sozial, politisch und ökonomisch? Wie können wir ein erfolgreiches Beispiel für andere Teile der Welt geben? Welche Rolle wird Europa in einer künftigen Weltordnung übernehmen? Das sind Fragen, die für die Zukunft unserer Wirtschaft von ebenso großer Relevanz sind wie für die Politik.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie hat zahlreiche Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Politik eingeladen, gemeinsam an einem neuen Leitbild für Europa mitzuarbeiten.
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Die europäische Alternative:
Unser Weg in Zeiten des globalen ­Umbruchs
Von Siegfried Russwurm und Joachim Lang »Die Welt ist aus den Fugen.« Mit diesem Zitat aus Shakespeares Hamlet beschrieb Bundeskanzlerin Angela Merkel 2016 ein verbreitetes Gefühl in der deutschen Bevölkerung. Krisen und Konflikte in und um Europa, Massenflucht und Migration aus instabilen Weltregionen und zuletzt die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten – all das schien anzuzeigen, dass die bekannte, etablierte Weltordnung, in der Europa einen sicheren Platz hatte, Risse bekam. Die internationale Ordnung hat sich nachhaltig verändert, und Europa muss die Kraft aufbringen, seinen Platz in Teilen neu zu definieren und zu finden. Ein Zurück zu den stabilen, sicheren Zuständen der alten Welt wird es nicht geben. So ist eben nicht im Sinne eines kontinuierlichen Prozesses das »Ende der Geschichte« eingetreten, das Francis Fukuyama nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion zuvor so eloquent beschrieben hatte. Diese Illusion ist zunehmend der ernüchternden Erkenntnis gewichen, dass die Welt nicht von einer Welle demokratisch verfasster und damit marktwirtschaftlich prosperierender Staaten erfasst wurde. Illusorisch war es zu glauben, der globale Süden und die asiatisch-pazifische Region würden auch durch die enge wirtschaftliche Verflechtung mit den westlichen Industriestaaten allmählich Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit einführen und die Gesellschaftssysteme sich in der modernen Welt zunehmend angleichen – diese Konvergenzthese lässt sich nicht pauschal aufrechterhalten. China als zentrale Regionalmacht und aufstrebende Weltmacht fordert das westliche Wertesystem und auch geltende Völkerrechtsnormen heraus. China widerlegt damit die Annahme der Konvergenz am deutlichsten: Je stärker China wirtschaftlich wird – und die Gesellschaft insgesamt wohlhabender –, desto stärker sind die Ressourcen für diese einzigartige Form des Ein-Parteien-Autoritarismus und den Export seiner illiberalen Ideen und Vorstellungen von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Hongkong ist das deutlichste Beispiel für dieses Bestreben Chinas und wohl nur eine weitere Episode auf dem Weg, langfristige strategische Ziele umzusetzen. China ist längst in vielen Bereichen auf dem Weg zur Technologieführerschaft und fest entschlossen, diese zu erreichen. Es besteht also ein grundsätzlicher Wettbewerb zwischen Ideen gesellschaftlicher Systeme und internationalen Ordnungsmodellen. Ist eine Entkopplung Europas von China deshalb unvermeidbar, um souverän und unabhängig im internationalen Ordnungsgefüge aufgestellt zu sein? Diese antagonistische Sichtweise teilen wir als Herausgeber nicht und wollen zur Debatte ermutigen, wo die Grenzen zwischen Kooperation und Abwehr zerstörerischer Einflüsse gezogen werden können. Lediglich von Systemrivalität oder gar Feindschaft zu sprechen unterschätzt auch die innergesellschaftlichen Dynamiken und nicht vorhersehbaren internationalen Überraschungen. Wir dürfen uns auch nicht von der Staatsrhetorik blenden lassen, Chinas Politik und Gesellschaft sei für immer und ewig ein monolithischer Block. Kooperation und Anreize zum Ausgleich müssen immer Bestandteil internationaler Politik sein, sonst wird die grundlegende Annahme eines Kulturkampfes zur selbsterfüllenden Prophezeiung. Vielmehr muss der Blick darauf gerichtet sein, was Europa der Welt anbieten kann und wie ein gesellschaftlich freiheitliches Modell mit gleichzeitiger ökonomischer Prosperität funktioniert. Dieses Buch soll den Blick auf die vielfältigen Aspekte – historische, politische, soziale und ökonomische – richten, um an konkreten Beispielen und Politikfeldern an einem »Leitbild« und an Grundsätzen zur internationalen Zusammenarbeit Europas mitzuarbeiten. Wir haben als Herausgeber deshalb eine vielfältige Autorenschaft für diese Debattenplattform gewonnen, die sowohl Überblicke zum internationalen Geschehen bietet als auch in den Schwerpunktthemen ganz konkret Anspruch, Realität und Perspektiven für ein selbstbestimmtes, souveränes Europa herausarbeitet. Die zentrale Frage des Buchs ist deshalb, welchen Weg Europa einschlagen soll, um im globalen Wettbewerb künftig zu bestehen und sich als Alternative neben den USA und China zu entwickeln. Wir möchten damit einen Beitrag leisten, eine wichtige Diskussion in eine breitere Öffentlichkeit zu tragen. Die Welt ist nicht mehr unipolar, wie viele in Politik- und Wirtschaftswelt noch lange nach dem Kalten Krieg glaubten, sondern multipolar ausgestaltet. Die USA haderten zuletzt unter US-Präsident Trump mit ihrem Anspruch als globale Führungsmacht. Sein Nachfolger Joe Biden korrigiert diesen Kurs nun und setzt durch Allianzen und Bündnisse wieder auf eine starke westliche Gemeinschaft. Der heraufziehende Konflikt der Großmächte USA und China zwingt die Europäer zunehmend, sich zu positionieren. Was haben Wirtschaft und Industrie damit konkret zu tun? Durch die exportorientierte Wirtschaft ist unser Land eng mit den größten Wirtschaftsräumen der Welt verflochten. Hochwertige Technologieprodukte sind von länderübergreifenden Lieferketten abhängig. Vertiefte Handelsbeziehungen sichern uns Absatzmärkte für Produktions- und Konsumentengüter sowie hochwertige Dienstleistungen. Unser Wohlstand hängt damit entscheidend von einer starken Industrie ab, die nur gedeiht, wenn ausreichend faire internationale Wettbewerbsbedingungen vorliegen. Unser marktwirtschaftliches System, das auf Unternehmer- und Vertragsfreiheit gründet und dem Staat eine ordnende Funktion – etwa in der Wettbewerbs- und der Währungspolitik – zuweist und relativ freie Märkte absichert, steht international staatsdominierten Wirtschaftsmodellen gegenüber. Das wird im steigenden Ausmaß zum Problem, denn wechselseitig gelten unterschiedliche Investitionsbedingungen: Staatliche Unternehmen werden einseitig bevorzugt, während der wechselseitige Marktzugang asymmetrisch ist. Darüber hinaus bergen bestimmte Schlüsseltechnologien wie in der Telekommunikation die Gefahr, politisch instrumentalisiert zu werden. Ferner können Rohstoffe dem Zugang Dritter entzogen werden, um so die eigene Wettbewerbsposition zu verbessern. Das Kernproblem liegt also darin, dass Wirtschaft immer stärker in ein geopolitisches Strategiekonzept integriert wird, um Machtressourcen für die politische Herrschaft auszubauen, Abhängigkeiten zu schaffen und andere Länder beeinflussbar zu machen. Das steht unserem Gesellschaftssystem und unseren Wertvorstellungen diametral entgegen. Lässt die EU sich im Systemwettbewerb innerlich spalten, kann sie nach außen nicht als relevanter internationaler Akteur auftreten. Das galt im geringeren Maße bezüglich der US-Positionierung während der Präsidentschaft von Donald Trump, im stärkeren Maße jedoch hinsichtlich der Seidenstraße-Initiative Chinas, die Vereinbarungen mit Regionen und Ländern der EU anstrebt. Deutschland und Europa können sich jedoch weder international davor abschotten, wie die politische Rechte glauben machen will, noch ist es empfehlenswert, staatliche Lenkung der Wirtschaft nachzuahmen, um die persönlichen Freiheitsrechte zu sichern – das wiederum ist ein Irrglaube bei Teilen der politischen Linken. Das europäische Projekt ist im Kern ein Befriedungsprojekt im Inneren, indem tiefe wirtschaftliche Integration zu institutionalisiertem Interessenausgleich führt und kriegerische Konflikte obsolet macht. Je stärker jedoch die globale Ordnung durch geopolitischen und geoökonomischen Wettbewerb gekennzeichnet ist, der auch militärisches Eskalationspotenzial birgt, desto stärker muss die EU auch eine eigene internationale Gestaltungsmacht werden. Der unmittelbare strategische Vorhof der EU auf dem Balkan steht hier exemplarisch für die Verantwortung, kriegerische Konflikte einzuhegen. Hierzu gehören neben sicherheits- und verteidigungspolitischen Fragen eben auch industrie- und handelspolitische Aspekte sowie Technologiekontrolle und Standardsetzung in den Bereichen Soziales und Nachhaltigkeit. Die einstweilige Rückkehr der USA zum Multilateralismus als Richtschnur internationaler Politik kann die EU nur kurz aufatmen lassen, keinesfalls darf sie sich nun wieder zurücklehnen – das entgegengesetzte Extrem, sich äquidistant zu den USA und China zu positionieren, wäre ebenso grundfalsch. Der europäische Binnenmarkt muss sich gegenüber anderen Wirtschaftsräumen behaupten und eng verbunden bleiben. Wir sind der Ansicht, dass die EU nur als Teil der transatlantischen Gemeinschaft Gestaltungsmacht erlangen kann. In der Handels-, Technologie- und Klimapolitik müssen europäische Standards als internationales Vorbildmodell entwickelt werden. Das kann die EU nur, wenn sie geschlossen eine gemeinsame internationale Agenda verfolgt, politische Durchsetzungskraft ausbaut und ein wettbewerbsfähiger, hochfortschrittlicher Wirtschaftsraum bleibt. Dadurch ist Europa sowohl attraktiver Partner der USA als auch ernst zu nehmender Wettbewerber Chinas. Für uns steht fest, dass unsere Wirtschafts- und Gesellschaftsform verteidigt werden muss. Die Soziale Marktwirtschaft als Grundlage der demokratisch-freiheitlichen Gesellschaftsordnung ist zukunftsfähig. Wir sehen in der Industrie einen Hebel, um u. a. durch kluge Wettbewerbspolitik, Forschungspolitik und Außenwirtschaftspolitik das europäische Friedensprojekt auch künftig erfolgreich zu machen. Europa steht vor der entscheidenden Aufgabe, eine sogenannte strategische Souveränität zu entwickeln, die zugleich die internationale Handelsvernetzung als Rückgrat unseres Wohlstands stärkt. Wir sind deshalb davon überzeugt, dass...


Joachim Lang, Dr. jur., geboren 1967, ist Hauptgeschäftsführer und Mitglied des Präsidiums des Bundesverbandes der Deutschen Industrie e. V. (BDI). Der promovierte Jurist war nach Stationen im Verteidigungsministerium und im Bundesrat sechs Jahre als Koordinator für Bund-, Länder- und Europaangelegenheiten beim Ersten Parlamentarischen Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion tätig. Danach koordinierte er im Bundeskanzleramt die Europapolitik der Bundesregierung. Ende 2007 wechselte er zum DAX-Unternehmen E.ON SE, dessen Konzernrepräsentanz er bis 2016 leitete. Seit Oktober 2017 gehört er dem Vorstand des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft im BDI e. V. an.

Siegfried Russwurm, Prof. Dr.-Ing., geboren 1963, ist seit 2021 Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie. 1988 schloss er sein Studium der Fertigungstechnik an der Universität Erlangen-Nürnberg als Diplom-Ingenieur ab. 1992 trat er in die Siemens AG ein, zunächst als Produktionsplaner und Projektleiter im Bereich Medizinische Technik, später in diversen Führungsfunktionen im Medizin-und Industriegeschäft in Deutschland und in Schweden. Im Jahr 2006 wurde er Bereichsvorstand in der Medizintechnik, im Januar 2008 Mitglied des Vorstands der Siemens AG, in dem er bis März 2017 tätig war. In dieser Zeit war er verantwortlich für alle Industriethemen, als Chief Technology Officer für Technik, für Healthcare und für Personal. Er wurde im Oktober 2019 zum Vorsitzenden des Aufsichtsrats der Thyssenkrupp AG gewählt. Seit März 2019 ist er Vorsitzender des Gesellschafterausschusses und des Aufsichtsrats der Voith GmbH & Co.

Marie-Janine Calic ist seit 2004 Professorin für Ost- und Südosteuropäische Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Sie war u.a. als politische Beraterin des UN-Sondergesandten für das ehemalige Jugoslawien sowie des Sonderkoordinators des Stabilitätspakts für Südosteuropa. Zuletzt erschien "Tito. Eine Biographie" (München: C.H. Beck 2020) sowie "Südosteuropa. Weltgeschichte einer Region (München: C.H. Beck 2016). Sie ist eine gefragte Gesprächspartnerin der Medien zu Balkanthemen.

Dr. Daniela Schwarzer ist Direktorin der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V. (DGAP). Zuvor war sie Forschungsdirektorin im Vorstand des German Marshall Fund of the United States. Ab 2005 war sie acht Jahre bei der Stiftung Wissenschaft und Politik beschäftigt und leitete von 2008 bis 2013 die Forschungsgruppe Europäische Integration. Von 1999 bis 2005 arbeitete sie als Redakteurin und Frankreich-Korrespondentin der Financial Times Deutschland. 2014 wurde Daniela Schwarzer zur Senior Research Professorin an der Johns Hopkins University ernannt und war im akademischen Jahr 2012/2013 Fritz-Thyssen-Fellow am Weatherhead Center for International Affairs der Universität Harvard. Sie ist Mitglied im Beirat des European Council on Foreign Relations (ECFR), des Jacques Delors Instituts, Paris, des European Policy Center (EPC), Brüssel sowie im Aufsichtsrat von BNP Paribas.

Dr. Guntram Wolff ist Direktor von Bruegel. Seine Forschungsschwerpunkte sind die europäische Wirtschaft und Governance, die Fiskal- und Geldpolitik sowie die globalen Finanzen. Er sagt regelmäßig auf der ECOFIN-Sitzung der Europäischen Finanzminister, vor dem Europäischen Parlament, dem Deutschen Bundestag und dem französischen Parlament (Assemblée Nationale) aus. Von 2012 bis 2016 war er Mitglied des Conseil d'Analyse Economique des französischen Premierministers. Guntram Wolff ist außerdem Mitglied des internationalen Beirats der Solvay Brussels School der Brussels Free University. Er wechselte von der Europäischen Kommission zu Bruegel und koordinierte zuvor das Forschungsteam für Finanzpolitik bei der Deutschen Bundesbank. Er war auch als Berater des Internationalen Währungsfonds tätig.

Dr. Stefan Mair ist seit dem 1.


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