Laßwitz | Gegen das Weltgesetz (Science-Fiction-Roman) | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 85 Seiten

Laßwitz Gegen das Weltgesetz (Science-Fiction-Roman)

Eine Erziehungsanstalt im Jahre 3877
1. Auflage 2016
ISBN: 978-80-268-6910-8
Verlag: e-artnow
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Eine Erziehungsanstalt im Jahre 3877

E-Book, Deutsch, 85 Seiten

ISBN: 978-80-268-6910-8
Verlag: e-artnow
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Dieses eBook: 'Gegen das Weltgesetz (Science-Fiction-Roman)' ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Der Science-Fiction Roman spielt sich im Jahr 3877 ab. Der Science-Fiction Roman beginnt in Erziehunganstalt wo man den zukünftigen Weg seiner Kinder festlegen kann indem man das Gehirn der Kinder entsprechend erzieht. Kurd Laßwitz (1848-1910) gilt als einer der Väter der modernen Science Fiction.

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II. Das vierte Jahrtausend. Ein Stückchen Kulturgeschichte


Die europäische Zivilisation hatte gegen Ende des dritten Jahrtausends ihren Höhepunkt erreicht. Man flog durch die Luft, man beherrschte die Erde bis ins Innere Asiens und Afrikas, wo große Wüsten urbar gemacht, ganze Landstrecken im Klima verändert worden waren; man hatte die wilden Völkerschaften daselbst unterworfen und zivilisiert oder vernichtet; man hatte durch die Vervollkommnung der Technik eine übergewaltige Machtfülle erreicht; aber man hatte auch jeden Genuss aufs Subtilste verfeinert und die Erwerbsquellen bis auf das Maximum ihrer Ertragsfähigkeit ausgebeutet. Noch um die Mitte des dritten Jahrtausends hatte sich der Aufschwung zu so hoher Blüte der Kultur auch in einer idealen Erhebung vom kühnsten Schwunge kundgetan. Solange die Entwicklung fortschritt, durchdrang das Bewusstsein von der großen Aufgabe der Menschheit und die Überzeugung von der eigenen Befähigung, sie zu erfüllen, alle Schichten der Bevölkerung. Man war stolz, zu leben und Mensch unter Menschen zu sein; Wohlstand herrschte überall, und die schlimmen Gegensätze im Volksleben am Ende des zweiten Jahrtausends waren ausgeglichen. Der von Deutschland im neunzehnten Jahrhundert ausgegangene Aufschwung der Schulbildung hatte das meiste beigetragen; neue Lehrer im Ideal waren dem Volke erstanden, und Kants und Schillers unsterbliche Anschauungen waren tief eingedrungen – nicht ohne Kämpfe, aber das Losungswort hatte gesiegt: Ideen und Opfer! Die Ehrfurcht vor dem Ideal hatte die Rohheit gezähmt und den Egoismus gebändigt; das tiefere Verständnis für die Welt hatte die Geistesträgheit der Massen gehoben und die Pleonexie der Reichen beseitigt. Das Urteil der öffentlichen Meinung erhob sich zu einer Macht, welche die Geister regierte und als die Personifikation der Wahrheit und Gerechtigkeit angesehen werden konnte. Es war eine Zeit höchsten Glückes auf Erden um die Mitte des dritten Jahrtausends. Aber je weiter das Jahrtausend seinem Ende zuschritt, umso mehr zeigten sich die Spuren des Verfalls.

Schon reichte der Geist des Einzelnen nicht mehr aus, das Gesamtbild der Gegenwart zu überblicken, und man war genötigt, auf die speziellsten und engsten Gebiete der Wissenschaft sich zu beschränken, um nur auf diesen das Seine zu leisten. So musste es geschehen, dass trotz der großartigen Mittel des geistigen Verkehrs schon im 28. Jahrhundert ein Verständnis in den einzelnen Teilen der Wissenschaft nicht mehr zu erzielen war. Das Material war den Methoden über den Kopf gewachsen. Man suchte nach einem allgemeinen Prinzip, wie nach einem Zauberwort, das die getrennten Teile vereinigte. Aber man fand das Rechte nicht und erkannte nur immermehr die eintretende Zersetzung als notwendig. Fantastische Spekulationen tauchten wieder auf und hatten zerstörenden Skeptizismus als notwendige Reaktion zur Folge. Wieder stand man an den Grenzen der Vernunft. So ging zuerst der Mut verloren unter den Vorkämpfern des Geistes, und es war die natürliche Folge, dass unter dem großen Publikum das Interesse am Idealen mehr und mehr schwand. Damit aber brach sich die Überzeugung des Niederganges der Bildung Bahn; die Menschheit, hieß es, ist angekommen auf dem abwärts führenden Zweige ihrer Lebenskurve.

Und nun erhob sich die Partei der Unzufriedenen, die sich sofort bildet, wo die Gelegenheit sich bietet, mit Untergrabung des allgemeinen Gerechtigkeitssinnes eine Schuld für Geschehenes auf Personen zu werfen. Man erkannte nicht das geheime Naturgesetz der augenblicklichen Entwicklung und sank zurück in die Herrschaft des Affekts. Anfeindungen der Bevölkerung unter sich fanden statt, und wenn auch das Niveau der Zivilisation noch ein zu hohes war, als dass es zu blutigen Bürgerkriegen gekommen wäre, so wurde doch die Macht und Stellung einer Partei immer drohender, welche nichts anderes bezweckte als einen vollständigen Umsturz des Bestehenden; welche, den geschichtlichen Zusammenhang verkennend, glaubte, aus dem Urzustande der Natur heraus die Gesellschaft regenerieren zu können – in der Geschichte kein neuer Gedanke, der auch hier wieder nicht begriff, dass »ursprüngliche Natur« nach dem Vorangegangenen gerade Unnatur geworden sei.

Unter solchen Kämpfen der Geister, bei denen auch die im Laufe der Zeit glücklich überwundenen oder vergessenen Rassenunterschiede wieder zum Vorschein kamen, floss das 29. Jahrhundert dahin. Es brachte keinen neuen Beitrag zur Erhöhung des Kulturzustandes, vielmehr sank die allgemeine Erwerbstätigkeit, und die Gefahr trat nahe, dass die übervölkerte Erde bei einer Erschlaffung der Tatkraft ihrer Bewohner nicht mehr zur Ernährung derselben ausreichen würde. Schon erhob sich das alte Malthussche Gespenst in den Gemütern, und der Schrecken der sozialen Frage, der verstummt war im gewaltigen Aufschwunge aller Verhältnisse, drang mit erneuter Kraft in die europäische Gesellschaft. Schon sah man im Geiste sich gegenseitig zerfleischen, um zu entscheiden, wer untergehen müsse, um dem Überlebenden Platz zu machen.

Da trat ein Ereignis ein, das im Stillen schon seit Jahrtausenden durch die geheimen Kräfte der Natur vorbereitet, jetzt in seinen Folgen als eine plötzliche Katastrophe in den Gang der Geschichte eingriff. Während der seit Jahrtausenden in langsamem Versinken begriffene Kontinent Australiens und die Inseln des Großen Ozeans mehr und mehr unter den Wellen verschwanden, indes die Korallentierchen rastlos an der Meeresoberfläche bauten, erhob sich im Norden von Europa ebenso langsam ein neuer Kontinent. Schon waren zwischen Norwegen, Spitzbergen und Nowaja Semlja neue Inseln aus dem nördlichen Eismeere aufgetaucht, und die beiden letzten Inseln verband bald ein festländischer Streifen, welcher die Berge von Franz-Josephs-Land mit einschloss und sich bis in die Nähe des Nordpols erstreckte, andererseits bis zum Kap Tscheljuskin sich ausdehnte und den neuen Kontinent mit Sibirien verband. Zugleich änderten sich die Meeresströmungen und mit ihnen in wunderbarer Weise die klimatischen Verhältnisse dieser Länder. Die Verbindungen des Karischen Meeres nach Westen und Norden schlossen sich, und Ob und Jenissei ergossen sich nunmehr in ein Binnenmeer, das sie mit ihren warmen Gewässern erfüllten, während der Golfstrom, durch Vorgänge im Atlantischen Ozean zu außerordentlicher Kraft gesteigert, die Westküste des neuen Kontinents umspülte. Warme Winde wehten im Sommer von den heißen Hochebenen des inneren Asiens her, und im Winter führte der Golfstrom warme Regen zu. Das Eis schmolz, und an den Ufern, die noch vor tausend Jahren mit ewigen Gletschermassen bedeckt waren, sprossten grüne Wiesen und Wälder, und eine reiche Tierwelt belebte dieselben. Ihr war der Mensch gefolgt. Die sibirischen Stämme, mit russischem Blute vermischt und erneuert, bemächtigten sich des neuen Kontinents und hatten sich rasch zu einem kräftigen Jägervolke herangebildet, in welchem man die tranigen Hyperboreer kaum wieder erkannte. So günstig waren die neuen Zustände ihrer Entwicklung, dass ihnen die heimatlichen Fluren trotz der Geschenke des Ozeans bald zu eng zu werden drohten. Man hatte während des dritten Jahrtausends in Europa und Amerika seine Blicke auf die Kultivierung der südlicheren Kontinente so vollständig konzentriert, dass man sich um die polaren Gegenden verhältnismäßig wenig gekümmert. Man konnte die Sahara bewässern, aber nicht die Gletscher von Franz-Josephs-Land schmelzen. So war die überraschende Entwicklung der Hyperboreer bei der Veränderung des Klimas anfänglich ziemlich unbeachtet vor sich gegangen. Denn man hatte wohl in Europa vor der Gefahr gewarnt, die im Norden drohte – doch man hatte darüber gelacht. Die Luftspritzgeschütze, die elektrischen Massenschläge schienen ein unüberwindliches Verteidigungsmittel gegen die »Barbaren« zu sein. Und sie hätten wohl auch für längere Zeit genügt; aber etwas ganz Unerwartetes geschah.

Ein Erdbeben von nie erlebten Dimensionen und von einer unbeschreiblichen Gewalt wütete auf der südlichen Halbkugel im Oktober 2998. Die Kette der Anden spaltete sich, an tausend Stellen brach das feurig-flüssige Erdinnere hervor, der Ozean flutete über ganz Südamerika und Australien, und alle Bewohner dieser reichen Erdteile – bis auf wenige Hunderte – kamen um, alle dort angehäuften Schätze der Kultur gingen im Rasen der Elemente verloren. Aber die alte Erdrinde hielt – sie war stark genug geworden. Die Wasser verliefen sich, und die Kontinente blieben – nur Australien hatte einen bedeutenden Teil seines Landes verloren und stellte nur noch eine größere Inselgruppe vor.

Der Schrecken war ungeheuer. Der Verlust an Kapital, Wissen und Bildung betrug ein Drittel von allem auf der Erde Vorhandenen. Aber man fasste sich allmählich, und schon die folgende Generation besiedelte mit neuer Kraft die ihrer Bewohner entblößten Erdteile. Da die Menschen nicht mehr genügend untereinander aufräumten, hatte es die Natur getan und noch einmal die Schrecken der Übervölkerung durch eine plötzliche, freilich nicht minder schreckliche Katastrophe verscheucht. Aber zugleich war auch der Nordkontinent noch mächtiger, schöner und reicher, seine Bewohner mutiger, stärker und unternehmungslustiger geworden.

Im Jahre 3105 brachen die ersten Scharen der Arktiker als eine ungeheuere Völkerwanderung über das geschwächte Europa herein. Es waren nicht die rohen, verwüstenden Stimmen, wie sie Europa im ersten Jahrtausend wiederholt sah, und sie waren nicht völlig barbarisch, nicht völlig fremd der europäischen Zivilisation, aber doch tief unter ihr stehend. Platz war jetzt vorhanden, und die Einwanderung geschah ohne hervorragend blutige Kämpfe. Die mittelländische Rasse wich langsam vor der...



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