E-Book, Deutsch, 400 Seiten
Lebbon Star Wars™ Der Aufstieg der Jedi-Ritter -
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-641-12949-1
Verlag: Blanvalet
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ins Nichts
E-Book, Deutsch, 400 Seiten
ISBN: 978-3-641-12949-1
Verlag: Blanvalet
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Auf dem Planeten Tython wurde der Orden der Je‘daii gegründet, und Lanoree Brock folgt ihren weisen Meistern, um die Beherrschung der Macht zu erlernen. Da erfährt der noch junge Orden, dass der Anführer eines fanatischen Kults für die Erreichung seiner ehrgeizigen Ziele bereit ist, die Galaxis zu vernichten. Lanoree ist von Stolz erfüllt, als sie ausgewählt wird, ihn aufzuhalten. Doch noch größer ist ihr Schock, als sie begreift, warum sie ausgesucht wurde: Der Wahnsinnige, den sie um jeden Preis aufhalten muss, ist ihr eigener Bruder!
Dem New-York-Times-Bestsellerautor Tim Lebbon wurde viermal der British Fantasy Award und einmal der Bram Stoker Award verliehen. Außerdem war er bereits mehrmals Finalist des World Fantasy Awards.
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1. Kapitel
DUNKLE MATERIE
Schon zu Beginn unserer Reise fühle ich mich wie ein Stein im Fluss der Macht. Lanoree ist ein Fisch, der von diesem Fluss dahingetragen wird, sich davon nährt, darin lebt, das Wasser für sein Wohlergehen braucht. Ich hingegen bin reglos, ein Hindernis im Wasser, solange ich verweile. Und langsam, ganz langsam werde ich zu Nichts ausgewaschen.
– Dalien Brock, Tagebücher, 10651 ATY
Sie ist ein kleines Mädchen, der Himmel wirkt weit und endlos, und Lanoree Brock nimmt die Wunder von Tython in sich auf, während sie dahinläuft, um ihren Bruder zu finden. Dalien ist wieder unten am Meeresarm. Er ist gern allein, weg von all den anderen Kindern von Bodhi, dem Je’daii-Tempel der Künste. Ihre Eltern haben sie geschickt, um ihn zu suchen, und obwohl für diesen Nachmittag noch etwas Unterricht auf dem Plan steht, haben sie versprochen, dass sie heute Abend hoch zum Rand des Klingenwaldes gehen werden. Lanoree ist gern dort oben, und ein bisschen Angst macht es ihr auch. Dicht beim Tempel, nah am Meer, kann sie die Wogen der Macht fühlen, die alles durchdringt – die Luft, die sie atmet, die Landschaft, die sie sieht, und einfach alles, was die wunderschöne Umgebung ausmacht. Oben am Waldrand besitzt die Macht eine urtümliche Wildheit, die ihr Blut in Aufruhr versetzt.
Ihre Mutter würde lächeln und sagen, dass sie alles darüber erfahren wird, zu gegebener Zeit. Ihr Vater würde stumm in den Wald schauen, als würde er sich insgeheim danach sehnen, ihn zu erkunden. Und ihr kleiner, erst neun Jahre alter Bruder würde anfangen zu weinen. Beim Klingenwald weint er immer.
»Dal!« Sie streift durch das hohe Gras dicht am Ufer, die Hände zu den Seiten ausgestreckt, sodass das Gras ihre Handflächen streichelt. Sie hat nicht die Absicht, ihm etwas von dem für den Abend geplanten Spaziergang zu erzählen. Täte sie das, würde er mürrisch werden und wäre vielleicht nicht bereit, mit ihr nach Hause zu kommen. Manchmal konnte Dal ein ziemlicher Dickkopf sein, und ihr Vater sagt, das sei ein Zeichen dafür, dass jemand seinen eigenen Weg sucht.
Dal scheint sie nicht gehört zu haben. Als sie sich ihm nähert, verlangsamt sie den Gang und denkt sich: Wäre ich das, hätte ich meine Gegenwart schon vor einer Ewigkeit gespürt.
Dals Kopf bleibt gesenkt. Neben sich hat er mit den Steinen von Meppeln, seiner Lieblingsfrucht, einen perfekten Kreis gelegt. Das macht er oft, wenn er nachdenkt.
Der Fluss fließt schnell vorüber, angeschwollen von den jüngsten Regenfällen. Die Kraft, die dem Wasser innewohnt, ist einschüchternd, und als sie die Augen schließt, fühlt Lanoree die Macht und nimmt eine Unzahl von Lebewesen wahr, die den Fluss ihr Zuhause nennen. Einige sind so klein wie ihr Finger, andere, die vom Meer her stromaufwärts schwimmen, fast halb so groß wie ein Wolkenjäger-Schiff. Dank ihrer Studien weiß sie, dass viele von ihnen Zähne haben. Sie beißt sich zögerlich auf die Lippen. Dann streckt sie forschend ihren Geist aus und …
»Ich habe dir gesagt, du sollst das niemals bei mir machen!«
»Dal …«
Er steht auf und dreht sich mit zornigem Blick um. Einen flüchtigen Moment lang ist da ein Feuer in den Augen, das seiner Schwester nicht gefällt. Sie hat diese Flammen schon früher gesehen – das knotige Narbengewebe an ihrer Unterlippe ist eine Erinnerung daran. Dann vergeht seine Wut, und er lächelt. »Tut mir leid. Du hast mich erschreckt, nichts weiter.«
»Zeichnest du?«, fragt sie, als sie sein Skizzenbuch entdeckt.
Dal schließt das Buch. »Das sind bloß Kritzeleien.«
»Das glaube ich nicht«, meint Lanoree. »Du bist wirklich gut. Das sagt sogar Tempelmeister Fenn.«
»Tempelmeister Fenn ist ein Freund von Vater.«
Lanoree ignoriert die in den Worten versteckte Anspielung und tritt näher an ihren Bruder heran. Sie erkennt bereits, dass er sich einen guten Platz ausgesucht hat, um die Landschaft zu zeichnen. Der Fluss macht hier eine Biegung, und von den Hügeln des Klingenwaldes mündet ein kleinerer Zufluss in das Gewässer, was zu einem Wirrwarr von Strudeln führt. Das Unterholz am anderen Ufer ist bunt und voller Leben, und es gibt einen riesigen alten Akbaum, dessen hohler Stamm einem Schwarm Webervögel als Zuhause dient. Ihr goldenes Gefieder schimmert in der Nachmittagssonne. Der Vogelgesang wetteifert mit dem Tosen des Flusses. »Lass mich mal sehen«, sagt Lanoree.
Dal sieht sie zwar nicht an, klappt jedoch den Block auf.
»Das ist großartig«, sagt sie. »Die Macht hat deine Finger geführt, Dal.« Doch eigentlich ist sie sich da nicht so sicher.
Dal zieht einen Stift aus der Tasche und streicht seine Zeichnung mit fünf dicken Strichen durch, von links nach rechts, ehe er das Papier zerreißt und das Bild für immer ruiniert. Dabei verändert sich seine Miene ebenso wenig wie seine Atmung. Fast ist es, als empfände er nicht den geringsten Groll. »So«, sagt er. »Das ist besser.«
Einen Moment lang sehen die Striche wie Kratzer von Krallen aus, und als Lanoree Atem holt und blinzelt …
Ein leiser, hartnäckiger Weckruf riss Lanoree aus dem Schlaf. Sie seufzte, setzte sich auf und rieb sich die Augen, um den Traum fortzuwischen. Ihr lieber Dal. Sie träumte häufig von ihm, doch normalerweise träumte sie dabei von jenen späteren Zeiten, als alles bergab ging. Nicht von den Tagen, als sie noch Kinder waren, für die Tython so voller Möglichkeiten steckte. Vielleicht lag es daran, dass sie sich auf dem Heimweg befand.
Lanoree war seit über vier Jahren nicht mehr auf Tython gewesen, denn als Je’daii-Rangerin kam sie viel herum. Einige Ranger hatten Gründe dafür, regelmäßig nach Tython zurückzukehren. Familienbande, die Fortsetzung ihrer Ausbildung, persönliche Nachbesprechungen von Einsätzen – letztlich lief alles auf dasselbe hinaus: Sie waren nicht gern von zu Hause fort. Zudem glaubte sie, dass es Je’daii gab, die schlicht die Notwendigkeit verspürten, von Zeit zu Zeit in die machtreiche Umgebung Tythons einzutauchen, als seien sie nicht sicher, dass ihre Verbundenheit zur Macht sonst stark genug wäre.
Lanoree indes quälten solche Zweifel nicht. Sie war mit ihrer Kraft und ihrem Gleichgewicht in der Macht zufrieden. Die kurzen Zeitspannen, die sie zusammen mit anderen auf Ashla und Bogan zugebracht hatte – als freiwillige Maßnahme im Rahmen der Padawanausbildung –, hatten ihre Zuversicht diesbezüglich noch bestärkt.
Sie stand von ihrer Koje auf und streckte sich, reckte die Hände zur Decke und packte die Streben, die sie selbst dort angeschweißt hatte. Dann zog sie sich in die Höhe, atmete behutsam, hob die Beine und streckte sie aus, bis sie sich horizontal zum Boden befanden. Ihre Muskeln zitterten, und sie atmete tief durch, als sie fühlte, wie die Macht sie durchströmte wie ein vibrierendes, lebendiges Etwas. Mentale Übungen und Meditation waren zwar gut und schön, doch manchmal bereitete es ihr die größte Freude, sich physisch zu verausgaben. Sie war der Meinung, dass man einen starken Körper brauchte, um stark in der Macht zu sein.
Der Weckruf ertönte noch immer.
»Ich bin wach«, sagte sie und ließ sich langsam wieder zu Boden sinken. »Für den Fall, dass du es noch nicht bemerkt hast.«
Das Alarmsignal verstummte, und der schmutzig gelbe Wartungsdroide ihres Kreuzers der Friedenshüter-Klasse marschierte auf gepolsterten Metallfüßen in das kleine Wohnquartier. Der Droide war Teil der vielen Anpassungen, die sie im Laufe der Jahre, die sie draußen im Tython-System verbrachte, an dem Schiff vorgenommen hatte. Die meisten Friedenshüter hatten einen ganz einfachen Droiden an Bord, doch sie verfügte nun über einen holgorianischen IM-220, der eingeschränkt dazu in der Lage war, mit einem menschlichen Herrn zu kommunizieren und diverse andere Pflichten zu erfüllen, die nicht notwendigerweise etwas mit der Wartung des Schiffs zu tun hatten. Außerdem hatte sie ihn mit einer starken Panzerung versehen, was ihn zwar doppelt so schwer machte, seinen Nutzen in riskanten Situationen jedoch deutlich erhöhte.
Lanoree sprach mit dem Droiden, auch wenn seine Erwiderungen von einer gewissen Begriffsstutzigkeit zeugten. In ihren Augen war es so, als würde man versuchen, sich daheim mit einem Graskapir zu verständigen. Sie hatte dem Droiden sogar einen Namen gegeben. »He, Eisenholg! Wäre besser gewesen, wenn du mich nicht so früh geweckt hättest.«
Der Droide piepste und knatterte. Ob er wohl auf seine alten Tage allmählich launisch wurde?
Lanoree sah sich in dem beengten, aber gemütlichen Wohnquartier um. Sie hatte den Kreuzer einem Jäger wegen seiner Größe vorgezogen. Noch bevor sie ihre erste Mission als Je’daii-Rangerin flog, wusste sie bereits, dass sie einen Großteil ihrer Zeit im All verbringen wollte. Ein Jäger der Aufspürer-Klasse war zwar schnell und wendig, aber zu klein, um darin zu leben. Beim Friedenshüter hingegen musste sie zwar Abstriche bei der Manövrierfähigkeit in Kauf nehmen, doch da sie über weite Strecken hinweg allein auf dem Schiff gehaust hatte, war es so einfach am besten.
Wie die meisten Ranger hatte Lanoree ihr Schiff zahlreichen Modifikationen unterzogen, die dem Friedenshüter ihren ganz persönlichen Stempel aufdrückten. Sie hatte den Tisch und die Stühle entfernt und durch eine Kraftmaschine ersetzt, um sich fit zu halten. Jetzt saß sie auf ihrer schmalen Pritsche und aß etwas. Das HoloNet-Unterhaltungssystem war einem älteren Flachbildschirm gewichen, der zugleich als...