Lennox | Der Landarzt, der ein Playboy war | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 130 Seiten

Reihe: Digital Edition

Lennox Der Landarzt, der ein Playboy war


1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7515-1289-3
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 130 Seiten

Reihe: Digital Edition

ISBN: 978-3-7515-1289-3
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Um feste Beziehungen hat Landarzt Tom Blake bisher einen großen Bogen gemacht. Dass er ein Playboy ist, weiß auch die hinreißende Tasha. Wie soll er sie je davon überzeugen, dass seine Gefühle für sie echt sind?

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1. KAPITEL

Das Meer vor dem Fenster lockte ihn wie der Gesang einer Sirene. Die Sonne schien auf die regelmäßigen, perfekten Wellen, und Dr. Tom Blake sah sehnsüchtig aus dem Fenster, bevor er den nächsten Patienten hereinrief.

Zum Glück war der Nachmittag kurz. Cray Point war ein kleiner, versteckter Ort auf einer Halbinsel der australischen Südostküste, und die meisten Einwohner liebten das Surfen genauso wie Tom. An einem Tag wie heute wurden alle Wehwehchen auf später verschoben, und nur die ernsten Fälle sprachen bei ihm vor.

Endlich konnte auch er sich ins Meer stürzen.

„Das war’s!“, rief er seiner Sprechstundenhilfe zu, als er die letzte Patientenakte schloss. „Schluss für heute.“

„Eine Patientin haben wir noch“, rief Rhonda. „Mrs. Tasha Raymond. Hat sich ganz kurzfristig einen Termin gemacht.“

Eine Touristin? Hoffentlich war es etwas Einfaches. Er trat aus seinem Sprechzimmer, um sie zu sich zu rufen.

Und hielt inne.

Die Frau saß am anderen Ende des Wartezimmers. Sie war um die dreißig, schätzte er, und hochschwanger. Sie sah erschöpft aus mit dunklen Ringen unter den Augen. So sahen oft Schwangere aus, die zu viel um die Ohren hatten – Kleinkinder zu Hause, eine zu anstrengende Arbeit, oder sie waren unglücklich über die Schwangerschaft.

Tasha Raymond war recht klein, vielleicht eins sechzig oder eins fünfundsechzig, hatte helle Haut und dunkle Locken, die sie in einem unordentlichen Dutt zusammengefasst hatte. Sie trug Schwangerschaftsjeans und eine riesige Windjacke. Offensichtlich hatte sie seit Tagen nicht mehr geschlafen.

Er kannte sie. Er hatte sie als Tasha Blake kennengelernt.

„Tasha“, begrüßte er sie. Sie lächelte und stand schwerfällig auf.

„Tom, hallo. Ich hätte nicht gedacht, dass du mich noch erkennst.“

Das konnte er ihr nicht verdenken. Tasha war die Witwe seines Halbbruders, und sie hatten sich nur einmal getroffen – auf Pauls Beerdigung.

Seine Stiefmutter Deidre hatte ihm damals klargemacht, dass sie es bevorzugen würde, wenn er wegbliebe. Aber er hatte das Gefühl, hingehen zu müssen. Er hatte sich im Hintergrund gehalten, bis einer von Pauls Kletterfreunden, der die Familiengeschichte kannte, eingegriffen und ihn vorgestellt hatte.

„Tom, wahrscheinlich kennst du Tasha gar nicht. Tasha und Paul waren verheiratet.“

Die Nachricht, dass Paul versucht hatte, den Mount Everest zu besteigen, hatte Tom nicht besonders überrascht. Er hatte ein Abenteuer an das nächste gereiht und immer größere Risiken in Kauf genommen. Dass er zwischendurch geheiratet hatte, war da viel verblüffender.

Die schmale Frau, die von Pauls Kletterfreunden umringt gewesen war, hatte auf ihn gewirkt wie ein Geist. Er hatte ihr sein Beileid ausgesprochen, aber nach wenigen Worten hatte sich seine Stiefmutter dazwischengedrängt. Jemand hatte der blassen Tasha einen großen Mantel um die Schultern gehängt, um sie vor dem eisigen Friedhofswind zu schützen – aber vielleicht auch vor ihrer Schwiegermutter.

Es hatte wenig Sinn gemacht, diese Bekanntschaft zu vertiefen. Also hatte er noch einmal gesagt, wie leid es ihm tat, und war verschwunden.

Das war jetzt vier Jahre her. Warum erinnerte er sich da so gut an ihr Gesicht? Warum musste er nicht einmal nachdenken, wer sie war?

Rhonda sah neugierig zwischen Tom und Tasha hin und her. Rhonda war die größte Klatschtante der ganzen Welt – abgesehen von ihrer Zwillingsschwester. Beide arbeiteten für Tom: Rhonda als Sprechstundenhilfe und Hilda als Haushälterin. Die verwitweten, mittelalten Schwestern erledigten ihre Arbeit vorbildlich, aber sie steckten ihre Nase in alles, was sie anging und nicht anging.

„Ich komme jetzt allein zurecht, Rhonda“, sagte er und nickte Tasha lächelnd zu in der Hoffnung, professionell zu wirken. „Sie können gehen.“

„Oh, aber Mrs. Raymond …“

„Mrs. Raymond ist die Witwe meines verstorbenen Halbbruders“, sagte er. Warum sollte er es nicht gleich erzählen? Tasha musste ohnehin ein Patientenformular ausfüllen, und Rhonda hätte die Verbindung schnell gefunden. „Wahrscheinlich ist es ein privater Besuch. Sie müssen nicht bleiben.“

Widerstrebend nahm Rhonda ihre Tasche und ging.

Tasha war mit Tom allein. Ihr war übel. Was machte sie hier eigentlich?

Aber das wusste sie nur zu gut: Sie war verzweifelt. Sie brauchte Hilfe.

Ich komme allein zurecht. Das war schon ihr Mantra gewesen, als ihre Eltern in Afghanistan von einer Bombe am Straßenrand getötet worden waren. Dabei war sie damals erst ein Teenager gewesen. Es war auch ihr Mantra geblieben, als Paul auf dem Everest gestorben war.

Aber seit zwei Tagen war alles anders.

Dieser Mann hier war Pauls Halbbruder, und sie kannte ihn kaum. Sein Haar war vom gleichen Dunkelbraun wie Pauls, aber an den Spitzen war es sonnengebleicht. Wahrscheinlich verbrachte er viel Zeit auf dem Surfbrett. Von seinem Praxisfenster aus konnte man direkt den Strand sehen. Er war größer als Paul, fast eins neunzig, um seine blauen Augen sammelten sich Falten, und seine Haut war gebräunt. Er war schlank und muskulös. Ob er auch gern seine Grenzen austestete? Warum dachten Männer nur, dass es so viel Spaß machte, Risiken einzugehen?

Ihr lief ein Schauer den Rücken hinunter.

Sie war hier, weil sie ihn brauchte. Das war ein Gedanke, der ihr nicht gefiel. Noch ein Blake?

„Tasha“, sagte er sanft und sah sie aufmerksam an. „Wie kann ich dir helfen?“

Immer noch schweiften ihre Gedanken ab. Dass Tom zu Pauls Beerdigung gekommen war, hatte sie überrascht. Die beiden hatten niemals die Möglichkeit gehabt, wirklich Brüder zu sein. „Meine Mutter würde mich enterben, wenn sie mich dabei erwischen würde, wie ich mit dieser Seite der Familie spreche“, hatte Paul ihr einmal gesagt. „Als ich noch klein war, ist mein Vater mit mir in Urlaub gefahren. Mum hat er gesagt, Vater und Sohn müssten einmal Zeit miteinander verbringen. Aber er hatte auch meinen Halbbruder eingeladen. Tom ist vier Jahre älter als ich, und ich fand ihn cool. Und nett, wenn man bedenkt, dass ich als kleiner Stöpsel hinter ihm hergerannt bin. Aber Mum hat es natürlich rausgefunden und ist ausgeflippt. Deswegen habe ich Tom als Kind nie wieder getroffen. Später ein paarmal, bei Dad, aber irgendwann haben wir den Kontakt ganz verloren. Trotzdem hatte ich immer das Gefühl, dass ich einen Bruder hatte, auf den ich mich verlassen kann. Ich glaube, Tasha, wenn mir mal was passieren sollte, kannst du auf ihn zählen.“

Wenn ihm etwas passieren sollte. Zum Beispiel, wenn er auf dem Everest von Tonnen aus Eis und Schnee erschlagen werden sollte.

Damals hatte sie Tom jedoch nicht gebraucht. Sie hatte sich schon früh selbst das Versprechen gegeben, niemals irgendjemanden mehr zu brauchen. Außerdem hatte Paul ihre Welt ohnehin schon zum Einsturz gebracht, bevor er gestorben war.

Was tat sie also hier? Warum wollte sie einen anderen Blake um Hilfe bitten? Paul und sein Vater waren beide charmante Frauenhelden gewesen, auf die man sich nicht verlassen konnte. Warum sollte dieser Blake hier anders sein?

„Tasha?“ Tom klang immer noch sanft und freundlich wie ein besorgter Hausarzt. Vielleicht sollte sie die Sache so angehen, von Arzt zu Arzt. Nur fühlte sie sich gerade gar nicht professionell. Sie fühlte sich wie eine verängstigte Mutter ohne Familie, die gerade die schlimmste aller Nachrichten bekommen hatte.

„Tee“, sagte Tom knapp. Er legte ihr die Hände auf die Schultern, sodass sie sich wieder hinsetzte. „Du siehst erschöpft aus. Ich mache dir einen Tee mit viel Zucker, und dann kannst du mir ganz in Ruhe erzählen, was los ist.“

„Ich hätte einen extralangen Termin machen sollen“, sagte sie schließlich scherzhaft. „Jetzt kriegst du nicht einmal den erhöhten Satz für mich.“

„Das rechne ich nicht ab“, erwiderte er und klang plötzlich angespannt. Er stand mit dem Rücken zu ihr und stellte den Wasserkocher hinter Rhondas Schreibtisch an. „Das ist eine Familiensache.“

Familie. Sie starrte auf seinen breiten Rücken und die gebräunten, starken Arme, die aus dem schneeweißen Kurzarmhemd ragten. Aus seiner hinteren Tasche baumelte ein Stethoskop. Er strotzte nur so vor Kompetenz. Und Fürsorge.

Er war praktischer Arzt und kümmerte sich um ganze Familien. Aber das war sein Beruf, und es gab wirklich keinen Grund für die Tränen, die ihr in die Augen stiegen, und ihren Wunsch, sich in seine Arme zu flüchten, um dort ausführlich zu weinen, nur weil er „Familie“ gesagt hatte.

Also blieb sie ruhig sitzen und versuchte, ihre Gedanken und Gefühle unter Kontrolle zu bekommen.

Tom nahm sich Zeit, den Tee zu machen. Er fragte, ob sie Milch oder Zucker wolle, und rührte ausführlich um, als ob er merkte, dass sie Zeit für sich brauchte. Als er ihr die Tasse in die Hände drückte und sich einen Stuhl heranzog, waren ihre Tränen wieder verschwunden. Sie war gefasst – so gefasst, wie sie sein konnte.

„Also.“ Tom lächelte sie an, ein kompetentes, professionelles Lächeln für Patienten, das sie selbst vor dem Spiegel geübt hatte, als sie zu arbeiten angefangen hatte. Auf einem Beistelltisch stand eine Box mit Taschentüchern, und er schob sie ihr wie nebensächlich hin. Sie musste lächeln.

„Ich werde schon nicht losheulen.“

„Du kannst so viel heulen, wie du willst. Du hättest auch vor vier Jahren heulen können. Aber da haben wir...



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