E-Book, Deutsch, 144 Seiten
Lennox Zärtliche Träume in Sydney
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7515-3682-0
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 144 Seiten
ISBN: 978-3-7515-3682-0
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Geld, Erfolg im Beruf, ein Traumhaus mit Blick über Sydney - und trotzdem unglücklich? Der attraktive Neurochirurg Bryn Dalton ist ein Rätsel für Tierärztin Kiara. Erst als sie herausfindet, was der Einzelgänger verbirgt, sieht sie ihn plötzlich mit anderen Augen ...
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1. KAPITEL
„Mein Bruder ist ein selbstherrlicher Idiot. Er ist ein sehr guter Chirurg, aber seine Sozialkompetenz lässt stark zu wünschen übrig. Und jetzt ist er verletzt, weil er den Helden spielen musste und nicht auf den Rettungsdienst gewartet hat. Er hat die Betreuung seiner – unserer – Nichte übernommen, aber in seinem Zustand ist er der Letzte, der sich für die Rolle eignet.“
Vor zwei Tagen war die Frau unangekündigt in Dr. Kiara Brails Tierklinik und Auffangstation aufgetaucht. Sie hatte sich als Lady Beatrice Stonehouse vorgestellt und fast wie die Karikatur einer englischen Adligen gewirkt – eine untersetzte Frau, die trotz des herrlichen australischen Frühlingswetters ein Tweedkostüm und derbe Schuhe getragen hatte und es offenbar gewohnt war, Anweisungen zu erteilen.
„Ich muss nach England zurückkehren“, hatte sie verkündet. „Ich bin nur hergeflogen, um mich um das Kind zu kümmern, bis mein Bruder aus dem Krankenhaus entlassen wird. Mein Mann hat meine Pferde und meine Hunde jetzt lange genug betreut, aber ich kann die beiden hier nicht einfach zurücklassen, ohne dass sie sich an etwas festhalten können. Meiner Meinung nach sind ein Hund oder ein Pferd die einzige Lösung. Da mein Bruder ja unbedingt dieses dämliche Architektenhaus kaufen musste, kommen Pferde nicht infrage, also muss es ein Hund sein. Sie sind dafür bekannt, dass Sie auch schwierigen Haltern passende Hunde vermitteln, und mein Bruder ist schwierig. Beide sind es. Aus dem Kind bekomme ich kein Wort heraus. Doch wenn Sie den richtigen Hund für die beiden finden können und ihm beim Einleben helfen, werde ich mich mehr als großzügig zeigen.“
Dann hatte sie ihr eine Summe genannt, die Kiara den Atem geraubt und sie zum Nachdenken gebracht hatte.
Die Nachfrage war größer als das Angebot. Doch die Aussage des Bauunternehmers am Vortag hatte ihr große Angst gemacht. Das Gebäude war von Termiten zerfressen, und ihr fehlte das Geld für die Renovierungsarbeiten.
Deshalb stand sie nun vor dem schmiedeeisernen Tor zu dem imposanten Anwesen in Clovelly, einem der schönsten und teuersten Vororte von Sydney.
Der Garten war perfekt gepflegt, das Haus niedrig und aus hellem Stein erbaut, sodass es eine harmonische Einheit mit den Klippen bildete. Kiara sah einen großen Parkbereich, der mit demselben Stein gepflastert war. Sicher gab es auch mehrere Garagen. Hinter den Bäumen schimmerte das blaue Wasser eines Swimmingpools durch.
Unwillkürlich musste sie an ihren verwilderten Garten in Birralong in den Blue Mountains denken. Um keinen Preis in der Welt hätte sie sich von dem heruntergekommenen Haus und ihrer geliebten Auffangstation getrennt, doch nun verspürte sie einen Anflug von Neid. Was hätte sie mit einem Bruchteil der Summe, die dieses Gebäude wert war, anfangen können?
Genau deshalb bin ich doch hier, rief sie sich ins Gedächtnis. Sie musste nur ein Zuhause für einen ihrer Hunde finden und diesen Bryn Dalton dazu bringen, sich von einem Teil seines hart verdienten Geldes zu trennen.
Oder hart ererbten. „Mein Halbbruder ist sehr vermögend“, hatte Lady Stonehouse verkündet. „Unsere Eltern waren, gelinde gesagt, unzulänglich, aber sie haben uns alle … uns beide gut versorgt.“
Nachdem Kiara tief durchgeatmet hatte, drückte sie auf den Knopf der Sprechanlage.
Und wartete.
Um den Stadtverkehr zu umgehen, hatte sie den Zug genommen und war den Pfad auf den Klippen entlanggegangen. In der von blühenden Frangipanibäumen gesäumten Straße war es ruhig, man hörte nur das Kreischen der Loris.
„Er wird zu Hause sein“, hatte Lady Stonehouse gesagt. „Da sein Knie zertrümmert war, brauchte er ein künstliches Gelenk. Jetzt macht er zu Hause Reha.“
Es hatte so geklungen, als hätte sie ihren Halbbruder gezwungen, sie zu empfangen. Vielleicht war dieser Besuch Zeitverschwendung.
Trotzdem musste sie es versuchen. Wieder drückte Kiara auf den Knopf und wäre fast zusammengezuckt, als sich eine schroffe Stimme meldete.
„Sind Sie die Tierärztin?“
„Ja, ich bin Dr. Kiara Brail“, bestätigte Kiara.
Wieder herrschte Stille. Kiara sah auf und senkte schnell wieder den Blick, als sie eine Kamera auf sich gerichtet sah.
Dr. Bryn Dalton würde eine Frau Anfang dreißig in einer weißen Bluse und ihren besten Jeans sehen. Da sie von ihrer Großmutter, einer Aborigine, die dunkle Haut geerbt hatte, schminkte sie sich immer nur leicht. Sie war klein und schlank und bändigte ihr dichtes schwarzes Haar meistens zu einem Pferdeschwanz. „Sie ist eher für die Arbeit gemacht“, hatte ihr Vater immer gesagt. „Und wenigstens weiß sie sich im Hintergrund zu halten.“
Aus irgendeinem Grund fühlte sie sich jetzt ganz klein. Sie befand sich weit außerhalb ihrer Komfortzone.
Doch sie brauchte unbedingt Geld, wie sie sich erneut ins Gedächtnis rief. Was sein muss, muss sein. Warum dachte sie ausgerechnet jetzt an diese Redewendung? War es das Gefühl, von jemandem beobachtet zu werden, den seine Schwester als selbstherrlichen Idioten beschrieben hatte?
Er kann kein kompletter Idiot sein, sagte Kiara sich. Sie hatte im Internet über ihn recherchiert. Offenbar war Bryn Dalton Neurochirurg. Den Artikeln zufolge galt er als einer der besten. Sein Lebenslauf war, gelinde gesagt, beeindruckend. Also konnte er zumindest im Beruf kein Idiot sein.
„Ich stelle Ihrer Schwester meinen Besuch in Rechnung“, verkündete sie schroff. „Möchten Sie ihr Geld noch mehr vergeuden, indem Sie mich hier weiter warten lassen?“
Wieder folgte eine Pause. Entnervt wandte Kiara sich ab. Im nächsten Moment wurde das Tor hinter ihr geöffnet. Sie blieb stehen. Inzwischen war sie fuchsteufelswild. Diese Leute in ihren großen Häusern, ihren privilegierten Positionen …
„Es tut mir leid“, erwiderte die Stimme. „Bitte kommen Sie rein.“
Atme tief durch, sagte Kiara sich. Dies war nicht der richtige Zeitpunkt, ihren Hitzkopf zu zeigen. Falls sie ihren Hunden zuliebe ein wenig zu Kreuze kriechen musste, würde sie es tun.
Als sie vor der Haustür stand, öffnete diese sich automatisch. Kiara ging hinein und blickte sich in der Eingangshalle um, betrachtete den glänzenden Marmorboden und die gewölbte Decke, den exquisiten antiken Tisch und zwei nutzlose Stühle, auf denen man sicher nicht sitzen konnte. Auf dem Tisch stand ein exquisites Blumenarrangement, das sicher genauso viel gekostet hatte, wie sie in der Woche für Hundefutter ausgab.
Und genau deshalb bin ich hier, rief sie sich wieder ins Gedächtnis. Dennoch fühlte sie sich ganz klein.
„Kommen Sie durch“, erklang die Stimme aus der Sprechanlage über der Tür.
Nun zuckte Kiara zusammen. Die einzige offene Tür war die links.
Nachdem sie erneut tief durchgeatmet hatte, betrat sie den Raum. Ein Arbeitszimmer? Nein, es handelte sich vielmehr um eine Bibliothek. Mit Ledermöbeln und einem enormen Mahagonischreibtisch, der in einem Erker auf der gegenüberliegenden Seite stand.
Ein Mann in einem Rollstuhl drehte sich zu ihr um.
Dunkel, war ihr erster Eindruck, und das bezog sich sowohl auf den Raum als auch auf den Mann. Nicht einmal die Schreibtischlampe erhellte sein Gesicht. Sein Bein hatte er hochgelegt, und er machte keine Anstalten, auf sie zuzukommen. Einen Moment lang herrschte Stille, während er sie anscheinend von Kopf bis Fuß musterte.
„Ich bin Kiara Brail. Freut mich, Sie kennenzulernen, Dr. Dalton.“ Sie bemühte sich um einen geschäftsmäßigen Tonfall. „Ihre Schwester hat mir erzählt, dass Sie gern einen Hund hätten.“
„Sie ist meine Halbschwester, und eigentlich will ich keinen Hund“, entgegnete er scharf. „Das hat Beatrice sich in den Kopf gesetzt.“ Er atmete tief durch, als müsste er sich zusammenreißen. „Doch ich will es wenigstens versuchen, denn das Kind braucht etwas. Allerdings möchte ich nichts mit dem Ding zu tun haben. Sobald ich wieder arbeiten kann, werde ich kaum noch zu Hause sein. Beatrice hat mir erzählt, dass sie Sie dafür bezahlt. So fühlt sie sich besser und kann uns endlich allein lassen. Also bringen Sie den Hund her. Doch der Deal ist, dass Sie eine Woche bleiben, um den Hund ans Haus und an mich zu gewöhnen, sodass ich nicht in meinen Abläufen gestört werde. Wenn meine Nichte dann möchte, dass er bleibt, geht es in Ordnung. Ansonsten verschwindet er wieder, aber Sie bekommen trotzdem Ihr Geld.“
Oha!
Zwei Worte waren herausgestochen. Das Ding.
Two Tails war keine gewöhnliche Auffangstation. Kiaras Ziel war es, den perfekten Begleiter für Menschen zu finden, die unbedingt einen brauchten. Sie scheute auch keine Mühe, um das zu verwirklichen.
Sie hatte sich auf ältere Tiere spezialisiert, deren Besitzer sich nicht mehr um diese kümmern konnten und die man in den meisten anderen Auffangstationen eingeschläfert hätte. Wer wollte schon ein Tier mit begrenzter Lebenserwartung annehmen?
Den Namen Two Tails hatte sie aus zwei Gründen gewählt – einmal wegen der Redewendung Glücklich wie ein Honigkuchenpferd, denn dass ihre Hunde glücklich wurden, war ihr erklärtes Ziel, und zweitens, weil ihre Hunde fast immer zwei Geschichten hatten – ein Vorher und ein Nachher.
Die Tierärzte in der...