Lerangis Seven Wonders - Die Bestie von Babylon
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-641-14012-0
Verlag: cbj
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 2, 416 Seiten
Reihe: Die Seven Wonders-Reihe
ISBN: 978-3-641-14012-0
Verlag: cbj
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Jack, Cass, Marco und Aly sind die Auserwählten: nur diese vier Freunde mit ihren Superkräften können die sieben magischen Gefäße finden, die einst in den sieben Weltwundern der Antike versteckt wurden. Wenn die Mission misslingt, ist die Menschheit in Gefahr!
Trotz ihres Siegs über den Koloss von Rhodos sind die Freunde ihrem Ziel kein Stück näher gekommen. Denn einer von ihnen, Marco, ist seitdem spurlos verschwunden – und mit ihm das erste der sieben magischen Gefäße. So bleibt Jack, Cass und Aly nichts anderes übrig, als zu ihrem nächsten Ziel aufzubrechen: den hängenden Gärten der Semiramis. Im antiken Babylon angekommen, stehen die Gefährten vor einer schrecklichen Wahl. Schweren Herzens treffen sie ihre Entscheidung – und merken nicht, dass sie geradewegs in eine tödliche Falle tappen.
Peter Lerangis, Biochemiker mit Harvard-Abschluss und ehemaliger Broadway-Schauspieler, ist als Autor hocherfolgreich, seine Bücher sind in 28 Sprachen übersetzt mit über fünf Millionen verkauften Exemplaren weltweit. Er ist außerdem begeisterter Bergsteiger und Marathon-Läufer – allerdings nicht gleichzeitig. Er lebt mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen in New York City.
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Tot. Erledigt.
Am dritten Tag nach meiner Rückkehr aus Griechenland stank ich nicht mehr nach dem Speichel des Greifen. Doch hatte ich einer schlecht gelaunten Bronzeskulptur ein paar blaue Flecken zu verdanken; meine Haut schälte sich, weil ich auf einem fliegenden Ball quer übers Mittelmeer geflogen war, und in meinem Innern tickte eine Zeitbombe.
Und jetzt jagte ich in einem Jeep durch den Dschungel, neben mir ein 150-Kilo-Riese, dem es einen Heidenspaß machte, durch die Schlaglöcher zu brettern.
»Guck auf die Straße, Torquin!«, rief ich, als mein Kopf gegen die Decke krachte.
»Vorsicht mit Kopf«, brummte Torquin.
Auf der Rückbank schrien Aly Black und Cass Williams vor Schmerz auf. Doch alle wussten, dass wir keine Zeit zu verlieren hatten.
Wir mussten Marco finden.
Apropos, was die Zeitbombe angeht, so ist sie nicht physischer Natur. Ich besitze nur eines dieser Gene, das einem 14-Jährigen normalerweise den Garaus macht. Es heißt G7W, und wir haben es alle – nicht nur ich, sondern auch Marco Ramsay, Aly und Cass. Glücklicherweise gibt es ein Heilmittel dagegen. Unglücklicherweise benötigt man jedoch sieben Zutaten, die kaum aufzutreiben sind. Marco ist mit der ersten abgehauen.
Weshalb wir jetzt in diesem rasenden Jeep sitzen und eine wahnwitzige Rettungsaktion gestartet haben.
»Diese Fahrt bringt mich noch um«, stöhnte Aly auf der Rückbank. Und popel nicht ständig in deinem Gesicht rum, Jack, das ist ekelhaft.« Sie strich sich eine rosa Haarsträhne aus dem Gesicht. Ich hab keine Ahnung, wo sie auf dieser dämlichen Insel ihr Haarfärbemittel auftreibt. Muss sie unbedingt mal danach fragen. Cass saß neben ihr, die Augen geschlossen, den Kopf nach hinten gelehnt. Normalerweise hat er braune Locken, doch heute sehen seine Haare wie ölige schwarze Spaghetti aus, die mit Tintenfischtinte gefärbt wurden.
Cass hat mit dem Greifen schlimmere Erfahrungen gemacht als wir anderen.
Ich betrachtete den Hautfetzen zwischen meinen Fingern. Ich hatte gar nicht wahrgenommen, dass ich mir die Haut abpulte. »Sorry.«
»Einrahmen«, murmelte Torquin abwesend.
Seine Augen waren auf das Navigationssystem gerichtet, das eine Karte des Atlantiks zeigte.
Darüber stand SUCHE RAMSAY. Doch es war kein Signal zu sehen. Zero. Uns allen war ein Peilsender implantiert worden, mit dessen Hilfe man uns jederzeit lokalisieren konnte. Doch Marcos Sender schien außer Funktion zu sein.
»Wieso soll sich Jack seine gepellte Haut einrahmen?«, wollte Aly wissen.
»Sammeln. Collage machen.« Hätte ich Torquin nicht gekannt, wäre ich davon ausgegangen, dass er Alys Frage nicht richtig verstanden hat. Wir mögen ja alle ein bisschen eigen sein, aber an Torquin kommt in dieser Beziehung keiner ran.
Es ist weit über zwei Meter groß, und das ohne Schuhe. Denn er ist immer barfuß unterwegs. (Wahrscheinlich passen diese beiden Quadratlatschen auch wirklich in keinen Schuh.) Was ihm an Eloquenz fehlt, macht er durch seine Schrägheit wett. »Kannst was von mir haben. Erinnere mich.«
Alys Gesicht wurde aschfahl. »Erinnere mich, dich nicht zu erinnern.«
»Ich wünschte, ich hätte einen Sonnenbrand« sagte Cass mit einem Stöhnen.
»Diesmal musst du nicht mitkommen«, beruhigte ihn Aly.
Cass runzelte die Stirn, ohne die Augen zu öffnen. »Ich bin zwar ein bisschen müde, aber ich habe meine Behandlung gehabt, und sie war erfolgreich. Wir müssen Marco finden. Wir sind doch eine Familie.«
Aly und ich tauschten wissende Blicke. Cass war in den Fängen eines Greifen über das Meer geflogen, um diesem als Snack zu dienen. Und jetzt musste er sich auch noch von einer sogenannten Behandlung erholen, was ebenfalls kein Zuckerschlecken war.
Wir alle waren schon behandelt worden, sonst wären wir nicht mehr am Leben. Dadurch wurden unsere Symptome gemildert, was uns in die Lage versetzte, nach dem Mittel zu suchen, das uns endgültig heilen sollte. Es ist die wichtigste Aufgabe des Karai Instituts, uns zu helfen, mit den Auswirkungen von G7W klarzukommen.
Ich will ja nicht angeben oder so was, aber wer das G7W-Gen besitzt, ist zweifellos ein Nachfahre der königlichen Familie, die einst über das sagenumwobene Atlantis herrschte. Was vermutlich die spannendste Sache an diesem stinknormalen, völlig talentfreien Jungen ist, der als Jack McKinley bekannt ist. Also meine Wenigkeit. Das Positive an diesem Gen ist, dass es die Fähigkeiten, die man bereits hat – Marco ist zum Beispiel gut in Sport, Aly versteht was von Computern, und Cass hat ein fotografisches Gedächtnis –, verstärkt und sozusagen in Superkräfte verwandelt.
Weniger positiv ist die Tatsache, dass wir dazu verdammt sind, die gestohlenen Loculi von Atlantis wiederzufinden, die vor Urzeiten in den sieben Weltwundern der Antike versteckt wurden.
Und als wäre das noch nicht kompliziert genug: Sechs dieser Weltwunder existieren nicht mehr.
Loculus ist übrigens das seltsame atlantische Wort für »Himmelskörper mit magischen Kräften«. Und wir haben tatsächlich einen Loculus gefunden. Zu der ganzen Geschichte gehört gewissermaßen ein Loch in Raum und Zeit (das ich zufällig entdeckt habe), ein Greif (ziemliches unangenehmes Vieh, halb Adler, halb Löwe, das durch dieses Loch schlüpfte), ein Ausflug nach Rhodos (wo besagter Greif Cass verfrühstücken wollte), ein paar durchgeknallte Mönche (allesamt Griechen) sowie der Koloss von Rhodos (der zum Leben erwachte und uns töten wollte). Die Einzelheiten erspare ich euch. Alles, was ihr wissen müsst, ist, dass ich den Greifen rausgelassen habe, dass also alles meine Schuld ist.
»Hey …«, sagte Aly und sah mich mit zusammengekniffenen Augen an.
Ich drehte mich weg. »Hey was?«
»Ich weiß, was du denkst, Jack«, sagte sie. »Aber hör auf damit. Du kannst nichts dafür, was mit Cass passiert ist.«
Ich glaub echt, dass Gedankenlesen zu Alys Hobbys zählt.
»Torquin schuld!«, bellte Torquin und schlug so hart aufs Lenkrad, dass der ganze Jeep hochsprang, als wäre er ein rostiges, ölleckendes Känguru. »War eingesperrt. Euch alleingelassen. Cass nicht geholfen. Marco nicht gestoppt, der weg ist mit Loculus. Verdammt!«
Cass stöhnte erneut. »Au, meine Zlim!«
»Äh, Torquin«, sagte Aly, »bitte fahr vorsichtig.«
»Was ist Zlim?«, fragte Torquin.
»Milz«, erklärte ich. »Du musst es nur rückwärts aussprechen.«
Zum Glück hatten wir das Ende des holprigen Dschungelpfads erreicht und rumpelten auf den Asphalt einer schmalen Landebahn. Endlich waren wir am Ziel. Vor uns glänzte ein umgebauter stromlinienförmiger Jagdflieger in der Sonne.
Torquin legte eine Vollbremsung hin, worauf sich der Jeep um hundertachtzig Grad drehte. Zwei Leute inspizierten das Flugzeug. Einer von ihnen war ein Typ mit Pferdeschwanz und schmaler Brille. Die andere ein Mädchen mit Tattoos und schwarzem Lipgloss, die ein bisschen wie mein letztes Au-pair-Mädchen Vanessa aussah, nur toter. Ich erinnerte mich vage daran, die beiden schon mal im Comestibule, unserer Cafeteria, gesehen zu haben.
»Elddif«, sagte Cass benommen, »Anavrin …«
Das Mädchen machte ein erschrockenes Gesicht. »Er kann nicht mehr richtig sprechen.«
»Er benutzt nur seine Lieblingssprache«, stellte Aly klar: »Rückwärtsisch, eine Art Englisch. Daher wissen wir, dass es ihm besser geht.«
»Das sind … die Namen … der beiden«, stotterte Cass.
Ich rief mir die Wörter ins Gedächtnis und versuchte, die Buchstaben in umgekehrter Reihenfolge anzuordnen. »Ich glaube, er meint Fiddle und Nirvana.«
»Ah.« Fiddle lächelte mich verhalten an. »Ich hab diese Maschine auf Vordermann gebracht. Sie ist mein Baby, hört auf den Namen Slippy und erreicht Mach 3, wenn du alles aus ihr rausholst.«
Nirvana klopfte mit ihren langen schwarzen Fingernägeln auf die Außenhaut der Maschine. »Ein Flugzeug, das die Schallmauer durchbricht, braucht natürlich ein super Soundsystem. Ich hab es mit jeder Menge MP3s versorgt.«
Fiddle schob ihre Hand weg. »Also bitte, sie ist gerade frisch gestrichen.«
»Tut mir leid, Picasso«, entgegnete sie. »Heavy Metal, Emo, Techno, Indie … es gibt alles, was ihr wollt. Da ihr nach Amerika zurückkehrt, sollten wir vielleicht was hören, was euch an zu Hause erinnert.«
Zu Hause?
Ich versuchte, mein Zittern zu unterdrücken. Zu Hause wurde vermutlich rund um die Uhr nach mir gefahndet. Dort würde ich mit Fragen bombardiert werden. Würde nicht mehr auf die Insel zurückkehren können und keine Behandlungen mehr bekommen. Würde die anderen Ingredienzien für das Heilmittel nicht mehr zusammensuchen können. Das wäre mein sicherer Tod.
Ohne Marcos Loculus waren wir erledigt.
Tod und erledigt. Es war einmal …
Doch was konnten wir tun, wenn Marco kein Signal aussandte? Ihn bei sich zu Hause zu suchen war vermutlich der vielversprechendste Ansatz.
Als wir aus dem Jeep stiegen, rülpste Torquin so laut, dass die Erde erzitterte.
»Viereinhalb auf der Richterskala«, stellte Nirvana fest. »Echt beeindruckend.«
»Seid ihr sicher, dass ihr das tun wollt?«, fragte Fiddle.
»Muss sein«, antwortete Torquin. »Befehl von Professor Bhegad.«
»Warum fragst du?«, erkundigte sich Cass.
Fiddle zuckte mit den Schultern. »Ihr habt doch alle einen Chip implantiert bekommen,...