Lerner / Berger | Im Banne der Arktis | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 344 Seiten

Lerner / Berger Im Banne der Arktis

Erlebnisse eines deutschen Polarfahrers
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-7481-2719-2
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Erlebnisse eines deutschen Polarfahrers

E-Book, Deutsch, 344 Seiten

ISBN: 978-3-7481-2719-2
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Theodor Lerner (1866-1931) unternahm in seinem an Abenteuern, Eskapaden und kleineren Skandalen reichen Leben sieben Expeditionen in die Arktis. Mal ging es dabei um die Rettung von Menschen­leben (Schröder-Stranz-Expedition), mal um Wissenschaft, Jagd, Journalismus (Ballonfahrt Andree) oder den Bergbau auf der Bäreninsel. Bei jener Unternehmung erwarb er sich den ironisch gemeinten Ehrentitel »Der Nebelfürst«. Lerner galt bei seinen Kritikern als »Polar-Rauhbein«, bei seinen Förderern jedoch als kompetenter, mutiger Expeditionsleiter mit großer Arktiserfahrung. In diesem äußerst unterhaltsam geschriebe­nen Buch läßt Lerner die Lesererinnen und Leser an den spannendsten Erlebnissen seines schillern­den Polarlebens teilhaben.

Theodor Lerner (1866-1931) unternahm in seinem an Abenteuern, Eskapaden und kleineren Skandalen reichen Leben sieben Expeditionen in die Arktis und galt als "Polar-Rauhbein".

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Kapitel 1
Die Ballonfahrt des Schweden Andree zum Nordpol
(1896/1897)
Vorbereitungen zum Start. Kein Südwind. Sang- und klanglos zurück. Im nächsten Jahr mit selbst gechartertem Schiff zu Andree. Andree zum Start bereit. Abschiedsfeier im Zelt. Andrees Abflug. Erkundungsfahrten und Anlagen von Proviantstationen für die schwedische Expedition Welche Flut von Erinnerungen weckt der Name des schwedischen Nordpolforschers Andree. Seine kraftvolle sympathische Persönlichkeit mit den kühnen und doch so freundlich strahlenden Augen sehe ich heute noch deutlich vor mir. Seine Stimme, deren Wohllaut entzückte, einerlei, ob er schwedisch, deutsch, englisch oder französisch mit seinen Besuchern sprechen mußte, klingt noch immer in meinem Ohr, heute, wo ich nach so langer Zeit diese Zeilen schreibe. Und wie konnte Andree sprechen, begründen und überzeugen. Dieser Mann war schuld daran, daß ich mich fast zwanzig Jahre meines Lebens der Polarforschung gewidmet habe mit allen ihren erhabenen Augenblicken, aber auch mit ihren Sorgen und Kämpfen. Vorweg will ich anmerken, daß ich in den Jahren 1896 und 1897 die Vorbereitungen Andrees zum Nordpolflug beobachten, unterstützen und schließlich den Start miterleben durfte;1 daß ich ferner im darauffolgenden Jahr eine deutsche Nachforschungsexpedition mit dem Dampfer »Helgoland« leitete, die mich auch in die Gegenden führte, wo 1930 die Leichen gefunden wurden. Die Abfahrt Andrees mit dem Frachtdampfer »Virgo« aus dem Hafen von Göteborg im Frühjahr 1896 sah ein ganzes Volk in Einigkeit und Begeisterung. Andree wollte auf dem außergewöhnlichen Wege einer Ballonfahrt die schwedische Flagge zum Nordpol tragen, in voller Erkenntnis, daß das Unternehmen gefährlich sei und besten Falles eine mehrjährige Rückwanderung über das Treibeis bis zu bewohnten Stätten im Norden Asiens oder Amerikas mit sich bringen würde. Andree, seines Berufes Oberingenieur beim schwedischen Patentamt, hatte dem Freiballon mit Schlepptau und Segel eine Einrichtung gegeben, die eine gewisse Lenkbarkeit gewährleistete, und wohlvertraut mit dem Schrecken der Polarnacht durch eine Überwinterung, war er von dem endgültigen Erfolg überzeugt. Anfang Juni 1896 kamen die Schweden zur Däneninsel im Nordwesten Spitzbergens, und der Virgokapitän, ein außerordentlich tüchtiger Seemann namens Hugo Zachau, brachte das Expeditionsschiff durch das Eis der Dänenstraße sicher in einen kleinen Hafen, den man »Virgohafen« taufte. In dem Hafen stand ein solides ehemaliges Überwinterungshaus des Engländers Pike, das sofort in Besitz genommen wurde und treffliche Dienste leistete.2 Jetzt galt es, teilweise über das schwankende und vielfach brüchige Eis das ganze Material für das hölzerne Ballonhaus, für die Wasserstoff-Fabrikation sowie den Ballon und die Ausrüstung an Land zu bringen. Eine emsige Tätigkeit entwickelte sich an dieser abgelegenen Stelle, und die Eisbären und Seehunde verzogen sich schleunigst, als ihre Ruhe so rücksichtslos gestört wurde. Nur eine Eisbärenmutter mit ihren beiden Jungen mußte die Neugier büßen, und die ganze Gesellschaft wanderte portionsweise in den Kochtopf oder in die Bratpfanne, den Schwerarbeitern eine willkommene Abwechslung. Nach einigen Wochen betrat ich mit einer englischen Jagdgesellschaft, die den kleinen, 65 Fuß langen, 12 Fuß breiten und 7 Fuß tiefen Dampfer »Expres« gechartert hatte, die Däneninsel, wo uns Andree freundlich willkommen hieß, zumal wir eine Menge Post mitgebracht hatten. Der Virgohafen zwischen Amsterdaminsel und Däneninsel (Karte von Theodor Lerner) Mit tiefem Interesse verfolgten wir die Vorbereitungen zum Aufstieg und die wissenschaftlichen Beobachtungen der mit Andree hinaufgekommenen Gelehrten, unter denen der berühmte Physiker Prof. Svante Arrhenius und der Meteorologe Prof. Nils Ekholm waren, der die Nordpolfahrt mitmachen sollte. Zur Erkundung der Eisverhältnisse fuhren wir mehrfach mit dem »Expres« nach Norden und Osten, soweit es die mit fortschreitendem Sommer zurückweichende Treib- und Packeisgrenze zuließ, lagen der Jagd ob und mußten endlich, als die Charterzeit der »Expres« abgelaufen war, resultatlos zurückkehren, das heißt, ohne den für 1896 angesetzten Aufstieg miterlebt zu haben. Dieser unterblieb aber sowieso im ersten Jahre, weil trotz aller Anstrengungen die Arbeiten nicht fertig wurden und der sehnsüchtig erhoffte Südwind nach Beendigung der Vorbereitungen auf sich warten ließ. Außerdem war der Herbst herangekommen, die Tage nahmen ab, und so entschloß sich Andree schweren Herzens zur Verschiebung der Fahrt auf das nächste Jahr. Er war sich darüber klar, was ihm nach seiner Rückkehr seitens berufener und unberufener Kritiker blühen würde. So kam er eines Tages sang- und klanglos in den schwedischen Heimathafen zurück, von dem er, umrauscht von dem begeisterten Jubel eines ganzen Volkes, die Ausreise angetreten hatte. Die Rückschläge ließen nicht auf sich warten. Den Dampfer »Virgo« aufs neue zu chartern, erlaubten die spärlichen Geldmittel nicht mehr, sein Kamerad Prof. Ekholm trat aus wissenschaftlichen Gründen von der Teilnahme an der nächstjährigen Fahrt zurück, und der Streit in den Zeitungen und den Luftschiffervereinigungen wollte kein Ende nehmen. Ich erinnere mich noch eines Andree tief kränkenden Artikels des österreichischen Sportmannes und Schriftstellers Viktor Silberer, der mit nicht zu überbietender Anmaßung Andrees Vorhaben kurzerhand als Humbug und Schwindel bezeichnete und überhaupt an dem Willen zum Aufstieg zweifelte. Andree sagte nach erhaltener Kenntnis dieses Angriffes: »Herr Silberer mag sich beruhigen, ich werde aufsteigen.« Und es klang wie ein Gelöbnis. In dieser nicht leichten Zeit blieb Andree das unwandelbare Vertrauen seines alten Königs Oskar II. erhalten. Der König bewirkte, daß im folgenden Jahr das kleine schwedische Kanonenboot »Svensksund« die Expedition hinausbrachte.3 Ballonhaus und das meiste Material waren unter Bewachung auf der Däneninsel geblieben, so daß man in erheblich kürzerer Zeit als im Jahre vorher startbereit sein konnte. An die Stelle von Prof. Ekholm war der tüchtige schwedische Ingenieur Fraenkel getreten. Das Jahr 1897 kam, und nun mußte gehandelt werden. Im Banne der Persönlichkeit Andrees und der Arktis mit Haut und Haar verfallen, setzte ich alle Hebel in Bewegung, um mit einem eigenen Schiff den kommenden Ereignissen nahe zu sein und, soviel in meinen Kräften stand, mithelfen zu können. Es gelang u. a., den Verlag eines großen Berliner Blattes für die Expedition zu interessieren, und so konnte ich mit drei Begleitern nach Tromsö reisen, wo das gecharterte Schiff, der aus dem vorigen Jahr bekannte »Expres«, den man inzwischen auseinandergeschnitten und um ganze sieben Fuß verlängert hatte, uns erwartete. Beim Anblick dieses »Schiffsriesen«, der im Tromsöer Hafen auf- und niederschaukelte, machte ein Expeditionsmitglied entschlossen kehrt und fuhr nach den lieblichen Ufern der Spree zurück. Die beiden anderen Herren, ein Berliner Oberlehrer, Dr. Violet, zugleich Mitberichterstatter, und ein Münchner Heldengreis, Herr Meisenbach, der in Kanada bereits Wapiti geschossen und sich auf einen Eisbären zum würdigen Abschluß seines Jägerlebens kapriziert hatte, boten zusammen mit dem neugebackenen Expeditionsführer den kommenden Ereignissen die Stirn, und sie brauchten es nicht zu bereuen. Wir hatten zwei kleine Schiffsboote an der Davits hängen und ein funkelnagelneues Fangboot mit vollständiger Ausrüstung im Schlepp. So traten wir die Reise über das Nordpolarmeer nach Nordspitzbergen an, wo Andree bereits zwei Wochen vorher eingetroffen sein mußte. Bei der Bäreninsel gerieten wir in einen richtigen Sturm, der aber die Seetüchtigkeit unseres Schiffchens glänzend veranschaulichte. Doch schlug eine See das Backbordboot aus dem Davits heraus und in Stücke. Gleichzeitig schloß sie die Tür des mittschiffs aufgesetzten Steuerhauses so unsanft, daß der sich nach den Bootstrümmern umschauende Norweger Hansen wider den Kartentisch geschleudert und durch den eben gekochten Kaffee von außen schmerzhaft erwärmt wurde. Glücklicherweise war die voluminöse Kanne aus Blech und blieb ganz. Eine halbe Stunde später gab es einen Ruck, und unser schönes Fangboot ging ebenfalls zum Teufel. Die Schleppleinen hatten gehalten, aber den Vordersteven herausgerissen, der an Bord geholt werden mußte. Damit war es genug, der Sturm legte sich, und wir kamen nach fünf anstatt nach drei Tagen ziemlich mitgenommen zur Däneninsel. Um Mitternacht liefen wir in den Virgohafen ein und fanden alles im tiefsten Schlaf, der uns aber auch nottat. So verzichteten wir auf das Abbrennen der Kanonenschläge zur Begrüßung, wohl auch der Gasfabrik wegen. Aber die Post brachten wir still an Land und...



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