Lesch / Schwartz / Biallowons | Die Zukunftsformel | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 176 Seiten

Lesch / Schwartz / Biallowons Die Zukunftsformel

Echter Fortschritt braucht Wiederholung
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-451-82872-0
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Echter Fortschritt braucht Wiederholung

E-Book, Deutsch, 176 Seiten

ISBN: 978-3-451-82872-0
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Was sagen einem Astrophysiker die Sterne über die Welt und das Leben? Kann ein Wirtschaftsprofessor die Entwicklung der Finanzwelt vorhersagen und was bedeutet das für unseren Alltag? Und überhaupt: Gibt es sie, die Formel für die Zukunft? Antworten auf solche Fragen geben Harald Lesch und Thomas Schwartz in ihrem neuen Buch. Sie verbinden Mathematik, Ökologie und vor allem viel Alltagsklugheit zu einem brillanten Blick in das Hier, Jetzt und Morgen. Sie erklären das wichtigste Prinzip der Natur, die Wiederholung, und weshalb nur sie echten Fortschritt garantiert. Fortschritt, der nachhaltig ist und kollektiv nützt. Die beiden Bestsellerautoren verknüpfen scheinbar banale Details mit den großen Zusammenhängen von Natur und Gesellschaft und tauchen so ein in die Grundprinzipien unseres Lebens. Ein Buch, das uns überraschende Fakten und Erklärungen liefert und Vertrauen, das nichts so bleiben muss, wie es ist - und manches so bleiben darf, wie es ist. Unterhaltsam, klug und überaus originell.

Harald Lesch, geb. 1960, ist ein deutscher Astrophysiker, Naturphilosoph und Fernsehmoderator. Er studierte Physik und Philosophie in Gießen und Bonn und war später am Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) tätig, 1992 wirkte er als Gastprofessor an der University of Toronto, 1994 erfolgte seine Habilitation. Lesch ist als Fernsehmoderator und Autor bekannt, seine letzten Bücher waren allesamt Bestseller.
Lesch / Schwartz / Biallowons Die Zukunftsformel jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


3. INSPIRATION ODER TRANSPIRATION:


WIE WISSENSCHAFT WIRKLICH FUNKTIONIERT


Das muss ein äußerst merkwürdiger Anblick gewesen sein. Immer vorausgesetzt, dass sich die Szene wirklich so zugetragen hat, wie sie uns von den beiden antiken Autoren Plutarch und Vitruv überliefert worden ist. Denn auch wenn manche Details in den Berichten des Griechen und des Römers variieren, ein zentrales Bild findet sich bei beiden: Da läuft ein Mann durch die Straßen von Syrakus, jener antiken Metropole, die Cicero einmal zur größten und schönsten Stadt ganz Griechenlands erklärt hatte, da läuft also ein Mann wild gestikulierend in diesem urbanen Kleinod herum, nackt, komplett nackt, und ruft: „Heureka, heureka …!“

Dieser Ruf ist inzwischen zu einem festen Bestandteil des Wissenschaftsjargons geworden, und der Mann, der ihn, wollen wir Plutarch und Vitruv Glauben schenken, geprägt hat, zählt zu den wichtigsten Mathematikern und Physikern der Antike und gilt als Erfinder des nach ihm benannten Prinzips: Archimedes von Syrakus. Archimedes lebte im 3. Jahrhundert vor Christus in besagtem Syrakus, und seine Überlegungen und Erkenntnisse zu mathematischen Gesetzen waren bahnbrechend. Allein sein Hebelgesetz gilt als eine entscheidende Grundlage der Mechanik. Daneben verdanken wir dem Syrakuser viele weitere Entdeckungen und Erkenntnisse, sei es in der Mathematik, der Physik oder auf dem Feld der Ingenieurskunst. Nicht nur friedfertige Entdeckungen, sondern auch Konstruktionen, die für See- und Landschlachten genutzt wurden. Das bereits genannte Archimedische Prinzip wiederum wurde für die Weiterentwicklung der Schifffahrt wesentlich. Archimedes formuliert es in seinem Werk Über die schwimmenden Körper so: „Der statische Auftrieb eines Körpers in einem Medium ist genauso groß wie die Gewichtskraft des vom Körper verdrängten Mediums.“ Weswegen z. B. Frachter, die aus Eisen gebaut sind, schwimmen können, obwohl Eisen an sich im Wasser untergeht. Alles eine Frage der Verdrängung. Und eine enorm wichtige Einsicht.

Für unseren Zusammenhang ist aber eine andere archimedische Feststellung wichtiger, nämlich das Heureka-Prinzip, wie wir es nennen wollen, das uns als Symbol des Genialischen gilt. „Heureka“ wird ins Deutsche gemeinhin mit „Ich habe es gefunden“ übersetzt, und man verbindet damit oft das, was man einen Geistesblitz nennt. Die Erkenntnis, die uns schlagartig überfällt und uns nach langem Nachdenken die Lösung eines Problems glasklar vor Augen führt, die erlösende geistige Befreiung von ständigem Grübeln, Scheitern und erneutem Grübeln.

Archimedes, so die Legende, soll dieser Geistesblitz in einem Umfeld getroffen haben, das für Blitze normalerweise eher gefährlich ist, im Wasser. Genauer in der Badewanne, als er über eine Denkaufgabe nachsann, die ihm von König Hieron II. gestellt worden war. Es ging darum, ob dessen Krone aus purem Gold gefertigt war oder nicht. Nun hätte man einfach ein wenig von der Krone abkratzen können, um das Material zu prüfen. Aber es war Archimedes verboten, die Krone zu beschädigen. Er lag also in der Badewanne und bemerkte, wie das Wasser von seinem Körper verdrängt wurde und deshalb über den Rand der Wanne schwappte. Und er stellte fest: Die Menge Wasser, die überschwappte, entsprach genau dem Volumen seines Körpers – und ab ging es mit Begeisterungsstürmen durch die Straßen von Syrakus, nackt.

Archimedes hatte erkannt, dass jeder Körper, legt man ihn in eine mit Wasser gefüllte Wanne, eine ganz spezifische Menge an Wasser verdrängt. Er konnte also das Volumen des Körpers genau bestimmen. Aber zur Lösung des Rätsels fehlt noch ein kleines Detail. Eine weitere Größe spielt eine ebenso wichtige Rolle: das Gewicht. Konnte Archimedes das Volumen der Krone durch den Badewannentrick bemessen, dann musste er die Krone nur noch wiegen. Und wenn er dieses Gewicht mit dem eines Klumpens aus purem Gold verglich, der dieselbe Menge an Wasser verdrängte, war das Rätsel gelöst. Wogen beide gleich viel und hatten sie dasselbe Volumen, war die Krone aus Gold. Heureka! (Übrigens stellte sich heraus, dass die Krone nicht aus purem Gold gefertigt, sondern das Material verunreinigt war.)

Der Heureka-Ruf oder Gedankenblitz, wie es heute eher heißt, steht für den überraschenden Einfall, für die Inspiration, die ein Problem löst und uns eine Erkenntnis schenkt, die sich als wesentlich für den Fortschritt eines Denkprozesses oder gar einer Wissenschaft erweist. Aber das ist nicht die ganze Wahrheit. Wir könnten es auch anders sehen: Denn Archimedes musste ziemlich lange tüfteln und überlegen. Der König hatte von ihm ja verlangt, das Material der Krone zu überprüfen, ohne die Krone selbst zu beschädigen. Und das war nicht als lustige Denksportaufgabe gemeint, sondern geschah unter Androhung von Gewalt. So etwas nennt man Druck. Und der Druck wurde dadurch nicht geringer, dass der König ungeduldiger und ungeduldiger wurde, je länger Archimedes für die Lösung brauchte. Ob er auf seinem Weg zur Lösung wirklich in der Badewanne saß oder nicht, das sei dahingestellt, wir sollten uns aber den Glauben an diese wunderliche Wassergeschichte gönnen. Spannender für unser Thema ist die eigentliche Lehre aus dieser Anekdote, nämlich dass zwar letztlich ein Heureka-Moment für die Er-Lösung sorgt, zuvor aber ordentlich Gehirnschmalz verbraten werden muss. Man kann sich vorstellen, wie Archimedes über Formeln und Zeichnungen gebrütet hatte und ins Schwitzen geraten war, ehe er in die offensichtlich erfrischende und kreativitätssteigernde Badewanne stieg.

So ist das meistens mit den Wissenschaften. Unser Bild vom Genie, das ohne großes Nachdenken aus heiterem Himmel eine Erleuchtung empfängt, ist natürlich Quatsch. Oder, um es anders zu sagen: Zum Genie gehören 90 Prozent Transpiration und 10 Prozent Inspiration – so funktioniert Wissenschaft wirklich.

Dieser Spruch ist in der Wissenschaft bekannt, wenngleich manche Kolleginnen oder Kollegen die Rolle der Inspiration und des eigenen Genies gern etwas stärker betonen. Doch egal, ob wir uns mit mathematischen Gleichungen beschäftigen, mit physikalischen Experimenten oder auch mit dem Durchdenken ökonomischer Prinzipien: Fortschritte gelingen nur durch beständiges Wiederholen. Ob nach dem bereits angesprochenen Prinzip der Allmählichkeit, verbunden mit einem Heureka-Moment, oder wirklich nur als beständiger Prozess ohne eine gedankliche Disruption: Das Wiederholungsprinzip macht wissenschaftliches Arbeiten aus und ist die Voraussetzung, die wissenschaftliches Fortkommen erst ermöglicht.

Thomas Alva Edison kannte obigen Spruch übrigens auch schon, wobei er die Anteile von Transpiration und Inspiration noch etwas markanter verteilte: „Genius is one per cent inspiration, ninety-nine per cent perspiration.” Oder, noch knapper: „Genius is not inspired. Inspiration is perspiration.” Inspiration ist also nichts anderes als Transpiration. Edison selbst hatte übrigens durchaus etwas Genialisches an sich, und seine Erfindungen bereiteten den Weg für viele wissenschaftliche Entdeckungen und für den technischen Fortschritt insgesamt. 1847 in Ohio geboren, machte er seine ersten Erfinderschritte in der Telegrafenbranche, ehe er sich anderen Bereichen zuwandte. Er erfand etwa den Phonographen, verbesserte die Telefontechnik und wurde so erfolgreich, dass ihn Zeitgenossen gern als den „Zauberer von Menlo Park“ rühmten. Menlo Park, so hieß das Stadtentwicklungsgebiet in New Jersey, wo sich Edison mit seinem Labor angesiedelt hatte. Seit Mitte des vergangenen Jahrhunderts heißt die Gemeinde ganz folgerichtig Edison. 1878 gründete der Zauberer schließlich die Edison Electric Light Co. und schickte sich an, New York zu elektrifizieren. Voraussetzung dafür war die Erfindung und vor allem Massenfertigung der Glühbirne. Deren Siegeszug, der in Deutschland übrigens erst Mitte der 1880er-Jahre begann, sollte unsere Gesellschaft für immer verändern.

Die Glühbirne ist ein gutes Beispiel dafür, dass Erleuchtung allein nicht ausreicht, um in der Forschung einen Durchbruch zu erzielen. Harte Arbeit ist dafür mindestens genauso wichtig. Mehrere zehntausend Seiten Berechnungen, unzählige Experimente, Analysen und viele weitere Prozessschritte haben die Grundlage für die Glühbirne gelegt und waren das Ergebnis der Gemeinschaftsarbeit zahlreicher Forscher und Erfinder. Die Erfindung der Glühbirne war geprägt von vielen kleinen Durchbrüchen, aber auch von etlichen Fehlschlägen und Sackgassen. Insgesamt mehr als tausend Anläufe soll Edison genommen haben, und einmal darauf angesprochen, antwortete er: „It took 1000 steps for me to perfect the bulb.“ Tausend Schritte – oder auch tausend Wiederholungen.

Die Transpiration ist ausschlaggebend, wobei es gar nicht um solch bahnbrechende Erfindungen wie die der Glühbirne gehen muss. Das geht auch eine Spur banaler. So rechnen wir zum Beispiel in unserem universitären Alltag eine Gleichung durch und sagen danach: Bitte noch einmal, weil wir a) nicht schnell genug waren, b) das Ergebnis noch nicht präzise genug ausfiel oder c) wir am Thema vorbeigerechnet haben. Das mag bei einigen Beteiligten nicht immer auf die allergrößte Begeisterung stoßen. Doch nur durch Transpiration lernen wir etwas Entscheidendes, für das es ein wunderbar mehrdeutiges Wort gibt: unser Handwerk. Und gerade Wissenschaft ist vor allem Handwerk.

Selbst Albert Einstein brauchte zehn Jahre, um aus seiner 1905 formulierten Speziellen Relativitätstheorie eine Allgemeine Relativitätstheorie zu entwickeln. Zehn Jahre harte Arbeit vor allem an sich selbst waren vonnöten, denn Einstein hatte schwer mit der unerlässlichen Mathematik zu kämpfen. Ohne seinen Freund Marcel Grossmann, der ihn Schritt für Schritt in die Mathematik...


Biallowons, Simon
Simon Biallowons, geb. 1984, ist studierter Philosoph und Absolvent der katholischen Journalistenschule ifp. Er arbeitete als Korrespondent in Rom, lebte im Nahen Osten und berichtete als Reporter für verschiedene Medien aus vielen Ländern. Biallowons ist Verfasser mehrerer Bestseller und derzeit Geschäftsführer und Cheflektor des Herder Verlages.

Schwartz, Thomas
Thomas Schwartz, Prof. Dr., geb. 1964, studierte Theologie und Philosophie in Münster, Augsburg und Rom. 1990 wurde er zum Priester geweiht und 2001 im Fach Moraltheologie an der Universität Freiburg promoviert. Schwartz lehrt heute Wirtschafts- und Unternehmensethik an der Universität Augsburg und ist Hauptgeschäftsführer von Renovabis, dem Osteuropa-Hilfswerk der deutschen Katholiken. Er ist bekannt aus mehreren TV-Sendungen, gefragter Redner und Verfasser mehrere Bücher.

Lesch, Harald
Harald Lesch, geb. 1960, ist ein deutscher Astrophysiker, Naturphilosoph und Fernsehmoderator. Er studierte Physik und Philosophie in Gießen und Bonn und war später am Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) tätig, 1992 wirkte er als Gastprofessor an der University of Toronto, 1994 erfolgte seine Habilitation. Lesch ist als Fernsehmoderator und Autor bekannt, seine letzten Bücher waren allesamt Bestseller.

Harald Lesch, geb. 1960, ist ein deutscher Astrophysiker, Naturphilosoph und Fernsehmoderator. Er studierte Physik und Philosophie in Gießen und Bonn und war später am Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) tätig, 1992 wirkte er als Gastprofessor an der University of Toronto, 1994 erfolgte seine Habilitation. Lesch ist als Fernsehmoderator und Autor bekannt, seine letzten Bücher waren allesamt Bestseller.
Thomas Schwartz, Prof. Dr., geb. 1964, studierte Theologie und Philosophie in Münster, Augsburg und Rom. 1990 wurde er zum Priester geweiht und 2001 im Fach Moraltheologie an der Universität Freiburg promoviert. Schwartz lehrt heute Wirtschafts- und Unternehmensethik an der Universität Augsburg und ist Hauptgeschäftsführer von Renovabis, dem Osteuropa-Hilfswerk der deutschen Katholiken. Er ist bekannt aus mehreren TV-Sendungen, gefragter Redner und Verfasser mehrere Bücher.
Simon Biallowons, geb. 1984, ist studierter Philosoph und Absolvent der katholischen Journalistenschule ifp. Er arbeitete als Korrespondent in Rom, lebte im Nahen Osten und berichtete als Reporter für verschiedene Medien aus vielen Ländern. Biallowons ist Verfasser mehrerer Bestseller und derzeit Geschäftsführer und Cheflektor des Herder Verlages.



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.