Lessing / Hantzsche / Bremer | Nathan der Weise. Studienausgabe | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 229 Seiten

Reihe: Reclams Universal-Bibliothek

Lessing / Hantzsche / Bremer Nathan der Weise. Studienausgabe

Lessing, Gotthold Ephraim - Deutsch-Lektüre, Deutsche Klassiker der Literatur - 19142
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-15-960389-6
Verlag: Reclam Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Lessing, Gotthold Ephraim - Deutsch-Lektüre, Deutsche Klassiker der Literatur - 19142

E-Book, Deutsch, 229 Seiten

Reihe: Reclams Universal-Bibliothek

ISBN: 978-3-15-960389-6
Verlag: Reclam Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Editorisch gesehen gehören Lessings Hauptwerke, und so auch der »Nathan«, fast schon zu den großen Unbekannten unter den Klassikern. Das liegt sicher auch daran, dass die historisch-kritische Lessing-Ausgabe zu den Gründungsdokumenten der Germanistik im frühen 19. Jahrhundert gehört - aber eben auch veraltet ist und einen fehlerhaften Text bietet. Neuere Lessing-Ausgaben haben die Situation nicht grundlegend verbessert. Die Studienausgabe des »Nathan« hilft dem ab, indem erstmals derjenige Druck (von dreien aus dem Erscheinungsjahr 1779) zugrundegelegt wird, der vollständig vom Autor gutgeheißen war.

Gotthold Ephraim Lessing (22. 1. 1729 Kamenz, Sachsen - 15. 2. 1781 Braunschweig) gehört zu den bedeutendsten deutschen Schriftstellern der Aufklärung und trat auch als Publizist hervor. Schwerpunkt seines Werkes sind Dramen, literaturkritische Schriften sowie Fabeln und Epigramme.
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Zweyter Aufzug.

Erster Auftritt.

Die Scene: des Sultans Pallast.

SALADIN und SITTAH spielen Schach.

SITTAH. Wo bist du, Saladin? Wie spielst du heut?

SALADIN. Nicht gut? Ich dächte doch.

SITTAH.                                  Für mich; und kaum.

Nimm diesen Zug zurück.

SALADIN.                     Warum?

 790

SITTAH.                                         Der Springer

Wird unbedeckt.

SALADIN.           Ist wahr. Nun so!

SITTAH.                                         So zieh’

Ich in die Gabel.

SALADIN.           Wieder wahr. – Schach dann!

SITTAH. Was hilft dir das? Ich setze vor: und du

Bist, wie du warst.

SALADIN.            Aus dieser Klemme, seh’

795

Ich wohl, ist ohne Buße nicht zu kommen.

Mags! nimm den Springer nur.

SITTAH.                           Ich will ihn nicht.

Ich geh vorbey.

SALADIN.         Du schenkst mir nichts. Dir liegt

An diesem Platze mehr, als an dem Springer.

SITTAH. Kann seyn.

SALADIN.             Mach deine Rechnung nur nicht ohne

800

Den Wirth. Denn sieh’! Was gilts, das warst du nicht

Vermuthen?

SITTAH.        Freylich nicht. Wie konnt’ ich auch

Vermuthen, daß du deiner Königinn

So müde wärst?

SALADIN.          Ich meiner Königinn?

SITTAH. Ich seh’ nun schon: ich soll heut meine tausend

805

Dinar’, kein Naserinchen mehr gewinnen.

SALADIN. Wie so?

SITTAH.            Frag noch! – Weil du mit Fleiß, mit aller

Gewalt verlieren willst. – Doch dabey find’

Ich meine Rechnung nicht. Denn ausser, daß

Ein solches Spiel das unterhaltendste

810

Nicht ist: gewann ich immer nicht am meisten

Mit dir, wenn ich verlor? Wenn hast du mir

Den Satz, mich des verlornen Spieles wegen

Zu trösten, doppelt nicht hernach geschenkt?

SALADIN. Ey sieh! so hättest du ja wohl, wenn du

815

Verlorst, mit Fleiß verloren, Schwesterchen?

SITTAH. Zum wenigsten kann gar wohl seyn, daß deine

Freygebigkeit, mein liebes Brüderchen,

Schuld ist, daß ich nicht besser spielen lernen.

SALADIN. Wir kommen ab vom Spiele. Mach ein Ende!

 820

SITTAH. So bleibt es? Nun dann: Schach! und doppelt Schach!

SALADIN. Nun freylich; dieses Abschach hab’ ich nicht

Gesehn, das meine Königinn zugleich

Mit niederwirft.

SITTAH.           War dem noch abzuhelfen?

Laß sehn.

SALADIN.   Nein, nein; nimm nur die Königinn.

825

Ich war mit diesem Steine nie recht glücklich.

SITTAH. Blos mit dem Steine?

SALADIN.                        Fort damit! – Das thut

Mir nichts. Denn so ist alles wiederum

Geschützt.

SITTAH.     Wie höflich man mit Königinnen

Verfahren müße: hat mein Bruder mich

Zu wohl gelehrt (Sie läßt sie stehen.)

 830

SALADIN.           Nimm, oder nimm sie nicht!

Ich habe keine mehr.

SITTAH.                 Wozu sie nehmen?

Schach! – Schach!

SALADIN.            Nur weiter.

SITTAH.                                    Schach! – und Schach! – und Schach! –

SALADIN. Und matt!

SITTAH.               Nicht ganz; du ziehst den Springer noch

Dazwischen; oder was du machen willst.

Gleichviel!

 835

SALADIN.    Ganz recht! – Du hast gewonnen: und

Al-Hafi zahlt. – Man laß ihn rufen! gleich!

Du hattest, Sittah, nicht so unrecht; ich

War nicht so ganz beym Spiele; war zerstreut.

Und dann: wer giebt uns denn die glatten Steine

840

Beständig? die an nichts erinnern, nichts

Bezeichnen. Hab’ ich mit dem Iman denn

Gespielt? – Doch was? Verlust will Vorwand. Nicht

Die ungeformten Steine, Sittah, sinds

Die mich verlieren machten: deine Kunst,

Dein ruhiger und schneller Blick …

 845

SITTAH.                                 Auch so

Willst du den Stachel des Verlusts nur stumpfen.

Genug, du warst zerstreut; und mehr als ich.

SALADIN. Als du? Was hätte dich zerstreuet?

SITTAH.                                          Deine

Zerstreuung freylich nicht! – O Saladin,

850

Wenn werden wir so fleißig wieder spielen!

SALADIN. So spielen wir um so viel gieriger! –

Ah! weil es wieder los geht, meynst du? – Mags! –

Nur zu! – Ich habe nicht zuerst gezogen;

Ich hätte gern den Stillestand aufs neue

855

Verlängert; hätte meiner Sittah gern,

Gern einen guten Mann zugleich verschafft.

Und das muß Richards Bruder seyn: er ist

Ja Richards Bruder.

SITTAH.               Wenn du deinen Richard

Nur loben kannst!

SALADIN.            Wenn unserm Bruder Melek

860

Dann Richards Schwester wär’ zu Theile worden:

Ha! welch ein Haus zusammen! Ha, der ersten,

Der besten Häuser in der Welt das beste! –

Du hörst, ich bin mich selbst zu loben, auch

Nicht faul. Ich dünk’ mich meiner Freunde werth. –

865

Das hätte Menschen geben sollen! das!

SITTAH. Hab’ ich des schönen Traums nicht gleich gelacht?

Du kennst die Christen nicht, willst sie nicht kennen.

Ihr Stolz ist: Christen seyn; nicht Menschen. Denn

Selbst das, was, noch von ihrem Stifter her,

870

Mit Menschlichkeit den Aberglauben wirzt,

Das lieben sie, nicht weil es menschlich ist:

Weils Christus lehrt; weils Christus hat gethan. –

Wohl ihnen, daß er ein so guter Mensch

Noch war! Wohl ihnen, daß sie seine Tugend

875

Auf Treu und Glaube nehmen können! – Doch

Was Tugend? – Seine Tugend nicht; sein Name

Soll überall verbreitet werden; soll

Die Namen aller guten Menschen schänden,

Verschlingen....



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