Libera | Das Materielle und das Geistige in der chinesischen Kunst. Kunst und Kunsthandwerk Chinas | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 184 Seiten

Libera Das Materielle und das Geistige in der chinesischen Kunst. Kunst und Kunsthandwerk Chinas

E-Book, Deutsch, 184 Seiten

ISBN: 978-3-96146-230-8
Verlag: Diplomica Verlag
Format: PDF
Kopierschutz: Kein



Im vorliegenden Buch werden zwei Aspekte – das Materielle und das Geistige – in der chinesischen Kunst besprochen. Der Begriff ‚Materielles‘ wird auf das Handwerk verwendet, da die Handwerkserzeugnisse für den alltäglichen Gebrauch bestimmt sind. Im Buch werden die handwerklichen und technischen Verfahren wie Papier, Tusche, Farbenherstellung und Holzschnitte sowie der gesellschaftliche Status der Handwerker beschrieben.
Der Begriff ‚Geistiges‘ erfasst die Maltheorien und Landschaftsmalerei Chinas. Damit wird betont, dass die Gemälde in China keine utilitären Gegenstände waren, mit denen ein Künstler einen hohen Preis erzielen wollte. Ein wahrer Künstler sollte unabhängig und frei von äußeren Einflüssen sein. Daher gehören nach dem chinesischen Verständnis die Architektur und Bildhauerei nicht zum Kunstbereich, da diese beiden Arten von den Wünschen der Auftraggeber abhängig sind und ein Bildhauer außerdem eine schwere körperliche Arbeit verrichten muss. Ein chinesischer Künstler fühlt sich verpflichtet, den Geist und die Seele der Menschen durch seine Werke mit der Natur in Einklang zu bringen. Dieses Streben und die Suche nach Methoden zur Erlangung dieser Harmonie werden in zahlreichen theoretischen Abhandlungen chinesischer Künstler – wie Xie He, Jing Hao, Guo Xi und Shi Tao – beschrieben.
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Textprobe:

Kapitel III. Die innere Gestaltung der chinesischen Bilder:

1. Die Perspektive:

Im Unterschied zur linearen Perspektive in der westlichen Malerei, wird die chinesische Perspektive in zwei Binomen zusammengefasst: ‚liwai‘ (innen – außen) und ‚yuanjin‘ (fern – nah). Das bedeutet, dass die Darstellung in einem Bild auf die Kontraste und Balance zwischen dem Inneren und dem Äußeren basiert. Die chinesische Perspektive wird auch Vogel - und Reiterperspektive genannt. Damit platziert sich ein Maler auf einer Anhöhe, um die gesamte Landschaft ansehen zu können, und gleichzeitig kann er sich durch das Gemälde bewegen. Ein Bild ist nicht ein Objekt des Betrachtens, sondern ein Werk mit eigenem Leben. Der berühmte chinesische Maler und Maltheoretiker Guo Xi beschrieb es so: „Es gibt gemalte Landschaften, die man durchquert oder betrachtet, andere, in denen man herumspazieren kann; und wieder andere, in denen man verweilen oder leben möchte. Alle derartigen Landschaften erreichen einen Grad der Vortrefflichkeit. Und doch sind diejenigen, in denen man leben möchte, allen anderen überlegen. Das Verlangen, das durch Malerei ausgelöst wird, lässt sich so beschreiben: Man ist versucht, sich auf den Saumpfad zu begeben, der sich durch den bläulichen Dunst hinaufwindet, oder einen Blick auf den Widerschein der Abendsonne im friedlichen Fluss zu werfen; man wünschte sich, die Erfahrung der Einsiedler an ihrem Rückzugsort im Herzen der Berge zu erleben oder zwischen den Felsen zu spazieren, die aus schroffen Überhängen hervorragen. Die Malerei muss im Betrachter den Wunsch erwecken, sich in ihr wiederzufinden. Nur so wird der Eindruck des Wunderbaren, den sie erzeugt, über sie hinauswachsen und sie übersteigen.“
2. Die Proportionen:

Ein anderer wichtiger Aspekt, der von einem guten Maler berücksichtigt sein sollte, ist es ein Gefühl für die richtige Proportion, und die Beziehung zwischen den Bildelementen zu entwickeln. Der berühmte chinesische Maler und Dichter Wang Wei (699 – 759) schrieb folgendes dazu: „Will man ein Landschaftsgemälde malen, muss die Idee dem Pinsel vorausgehen. Für die Perspektive gilt: bei einem Mensch in der Ferne sieht man die Augen nicht; bei einem weit entfernten Baum kann man die Zweige nicht unterscheiden; auf einem Berg in der Ferne, dessen Umrisse so weich geschwungen sind wie Augenbrauen, ist kein Fels erkennbar; genauso wenig ist auf einer Wasserfläche, die am Horizont die Wolken berührt, eine Welle zu sehen. Zur Beziehung zwischen den einzelnen Elementen: die Berge sind von Wolken umschlossen; die Felsen verbergen Quellen; Pavillons und Terrassen sind von Bäumen umgeben; auf den Pfaden sind menschliche Spuren zu sehen. Ein Felsen muss von drei Seiten zu sehen sein; ein Weg kann von seinen beiden Enden her verstanden werden; ein Baum wird vom Wipfel aus wahrgenommen; eine Wasserfläche wird durch den Wind empfunden, der über sie hinwegstreicht. Vor allem anderen muss man die Anzeichen in Betracht ziehen, die die Atmosphäre ausmachen. Zwischen Hellem und Dunklem, Deutlichem und Undeutlichem unterscheiden. Eine Randordnung zwischen den einzelnen Figuren erstellen. Ihre jeweilige Haltung und Gangart bestimmen und ihre wechselseitigen Grußbezeigungen festhalten. Zu viele Elemente bergen die Gefahr der Verstopfung; zu wenige die der Erschlaffung. Man muss daher das rechte Maß und die angemessene Entfernung finden. Was zwischen fern und nah an Leere verbleibt, kommt sowohl den Bergen als auch den Wasserläufen zugute.“
In der chinesischen Perspektive wurden drei Distanzen festgelegt:

‚Shenyuan‘ – die tiefe Distanz, dabei wird ein Betrachter auf einer Anhöhe platziert, daraus kann er einen weiten Überblick über eine Landschaft bekommen.
‚Gaoyuan‘ – die erhöhte Distanz, diese wird meistens in vertikalen Bildern verwendet. Der Betrachter befindet sich auf einer niedrigen Ebene und sein Blick ist nach oben gerichtet.
‚Pingyuan‘ – die ebene Distanz, aus dieser Distanz kann der Betrachter einen grenzenlosen Landschaftsraum überblicken.
IV. Die Malgründe in der chinesischen Malerei:

Das weiße Papier und die goldige Seidenfarbe spielen in der chinesischen Malerei ebenfalls eine wichtige Rolle. Diese Objekte wirken so als ob sie beseelt wären: Die transparente, leichte Farben sowie die körnige und weiche Oberfläche einer Papier – oder Seidenrolle erlaubten einem Künstler sie als Hintergrund oder Luftraum zu benutzen. Nur mit einigen leichten Pinselstrichen erreichten die chinesischen Maler in ihren Werken verblüffende, räumliche Effekte. Ein weißer Hintergrund kann in einem Bild ein Luftraum, oder eine unendliche Weite, ein verschneites Tal oder eine Wasserfläche dar.
1. Die Seide:

Die Seidenstoffherstellung in China hat eine lange Geschichte. Seidenraupen lebten einstmals wild und ernährten sich von Maulbeerbaumblättern, deswegen nennt man sie Maulbeere – Seidenraupen. Auf vielen Bronzegefäßen aus der Zeit der Shang – Dynastie (ca. 16 – 11 Jahrhundert v. Chr.) fand man die Darstellungen von Seidenstoffen. Mit der Zeit nahm die Bedeutung der Seidenproduktion zu, sie wurde zum Zahlungsmittel für den Warenaustausch. Die Nachfrage nach den Seidenstoffen führte zur Massenseidenraupenzucht in China. In zahlreichen Berichten wurde die Seidenraupenzucht beschrieben. Im Xia Xiao Zheng (Kleiner Kalender der Xia – Dynastie (ca. 21. – 16. Jhd. v. Chr.)) schrieb man: „Im dritten Mondmonat müssen Maulbeerbäume beschnitten werden und die Frauen können mit der Seidenraupenzucht beginnen.“
In China wachsen verschiedenen Arten des Maulbeerbaums. Jedoch bevorzugt man den weißen Maulbeerbaum, ‚morus alba‘, wegen seinen breiten, fleischigen Blättern, die bessere Nahrung für die Seidenraupen bieten. Da die Raupen sehr empfindlich gegen Lärm, Gerüche und Temperaturschwankungen waren, musste man bei der Gewinnung des Seidenfadens sehr behutsam vorgehen. „Die Seidenraupen verabscheuen feuchte Blätter; sie ekeln sich vor warmen Blättern.
Gerade erst geborene Raupen verabscheuen es, wenn Fisch oder Fleisch gesotten oder gebraten werden;
Sie mögen es nicht, wenn in ihrer Nähe (Reis) zerstoßen wird; sie mögen es nicht, wenn auf dumpf klingende Gefäße geschlagen wird; es beliebt ihnen nicht, als Amme eine Frau zu bekommen, die von weniger als einem Monat niederkam; sie ekeln sich, wenn ein Mann, der Wein mit sich trägt, ihnen Maulbeerblätter zu essen gibt, sie fortträgt und auf Leinwand verteilt. Von der Geburt bis zu ihrer Reife verabscheuen die Seidenspinner Rauch und Gerüche. Sie ekeln sich, wenn schmutzige Leute ins Seidenraupenhaus eintreten, im Seidenraupenhaus muss übler Geruch und Schmutz vermieden werden.“
Die Webtechniken der Seide waren ebenfalls wohldurchdacht. Die ältesten Webstühle dürften Spannwebstühle sein. In der Zeit der Shang (1700 – 1045 v. Chr.) – bis – Han- Dynastie (206 v.Chr. – 220 n.Chr.) hat man verschiedene Webstuhlarten entwickelt. Während der Han – Dynastie benutzte man einen Webstuhl mit horizontalen Pedalen. Mit dieser Methode konnte die Webmethode verbessert werden und führte zum Vielfalt der Seidenarten: Stoffe mit einseitigem Muster, einfarbigen und mehrfarbigen Seidentextilien. Die einfarbigen Seidenstoffe wurden im Ganzen eingefärbt. Bei der Herstellung der mehrfarbigen Stoffe, wurden erst die Fäden eingefärbt, und dann gewebt. Das gleiche Verfahren verwendet man bei der Herstellung von Ikat – Stoffen in Indonesien auf der Insel Bali. Nach der Han – Dynastie entwickelte man die Batikmethode, dabei wurde der Stoff vor der Färbung an den gewissen Stellen verknotet, sodass die Farbe nicht eindringen konnte, und danach wurde der Stoff gefärbt. Mit der Zeit konzentrierte sich die Seidenherstellung in den Händen der chinesischen Aristokratie. Die Seide diente zur Verzierung der kostspieligen Gewänder, später verwendete man die Seide als Zahlungsmittel. Die Seide wurde in der chinesischen Malerei neben dem Papier gerne als Malgrund verwendet. Mit der Zeit verdunkelte sie sich und bekam einen dunklen gelb-orangenen Ton, man nennt diesen Prozess auch „die Seide wird fuchsig“, damit vergleicht man den Farbton solcher Seide mit der Farbe des Pelzes von einem Fuchs. Dieser Effekt verleiht dem Hintergrund zusätzliche warme, goldige Nuancen und betonnt die Farben des Vordergrundes eines Bildes.


Svetlana Libera wurde 1963 in Südrussland geboren. Ihr Studium der Sinologie an der Universität Bonn schloss die Autorin im Jahre 2017 mit dem akademischen Grad Doktor der Philosophie erfolgreich ab. Sie unterrichtete die chinesische Sprache an der VHS Euskirchen und in Eupen (Belgien). Es folgt eine Lehrtätigkeit an der Universität Bonn in der Abteilung für Islamische und Asiatische Kunstgeschichte. Schon während des Studiums entwickelte die Autorin ein besonderes Interesse an der Geschichte der fernöstlichen Kunst und des Kunsthandwerks.


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