Lippmann | Die öffentliche Meinung | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 384 Seiten

Lippmann Die öffentliche Meinung

Wie sie entsteht und manipuliert wird
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-86489-716-0
Verlag: Westend
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Wie sie entsteht und manipuliert wird

E-Book, Deutsch, 384 Seiten

ISBN: 978-3-86489-716-0
Verlag: Westend
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Walter Lippmann gilt als einer der einflussreichsten Propagandisten des Neoliberalismus und einer gelenkten Demokratie, der dem marktradikalen Denken zum Siegeszug verhalf. Lippmanns 1922 erschienenes Buch 'Public Opinion' gilt als ein Klassiker in Sachen Manipulation und Beeinflussung der öffentlichen Meinung. Von ihm wurde der Begriff 'Kalter Krieg' geprägt und in den allgemeinen Sprachgebrauch gebracht. Weil die Durchschnittsbürger in einer Demokratie damit überfordert sind, komplexe gesellschaftliche Zusammenhänge zu durchschauen, entwickelte er das Konzept einer gelenkten Demokratie, um die Meinung der Masse mit Hilfe manipulativer Techniken zu steuern. Seine Methoden der Meinungsbeeinflussung sind heute aktueller denn je.

Walter Lippmann lebte von 1889 bis 1974 in den USA. Der Journalist, Schriftsteller und Medienkritiker gründete mit Herbert Croly das politische Magazin The New Republic. Sein Buch "Public Opinion" (1922) zu Stereotypen und Klischeevorstellungen gilt bis heute als Grundlagentext der Medien- und Politikwissenschaft sowie der Sozialpsychologie.

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Weitere Infos & Material


Einführung
von Walter Ötsch und Silja Graupe:
Der vergessene Lippmann – Politik, Propaganda und Markt
Wer war Walter Lippmann?
Walter Lippmann gilt in den USA als der am meisten gelesene poli­tische Autor des 20. Jahrhunderts. Seine Lebenszeit (23.9.1889 – 14.12.1974) umspannt den Aufstieg der USA zur globalen Supermacht. Nicht ohne Berechtigung trägt eine umfangreiche Biografie den Titel Walter Lippmann and the American Century (Steel 1980). Eine andere Biografie beginnt mit folgender Aufzählung: Lippmann war Assistent des großen investigativen Journalisten Lincoln Steffen, geschäftsführender Sekretär eines sozialistischen Bürgermeisters, Mitglied im Team der Erstherausgeber eines führenden politischen Journals, Berater der Regierung Wilson in vier verschiedenen Funktionen, Herausgeber der führenden Zeitungen der 1920er-Jahre, über 35 Jahre Kolumnist in mehreren Pressemedien gleichzeitig (mit mehreren tausend Beiträgen), Autor von 22 Büchern und Freund und Kollege der angesehensten und mächtigsten Personen in den USA (Adams 1977, S. 15).1 Lippmann verfasste von 1931 bis 1967 (meist viermal, später dreimal die Woche) eine Kolumne in der New York Herald Tribune und dann in der Washington Post mit dem Titel Today and Tomorrow, diese Kolumne wurde in mehr als 200 Zeitungen im Lande gleichzeitig veröffentlicht (vgl. die Liste von über 300 Kolumnen in Goodwin 2014, S. 377ff.). Lippmann war primär ein Journalist, der für eine gebildete Elite schrieb und am Höhepunkt seines Wirkens regelmäßig mehr als zehn Millionen LeserInnen erreichen konnte (Goodwin 2013). Sein persönlicher Einfluss war legendär, Lippmanns Name konnte beinahe jede Türe öffnen. Mehrmals ist es ihm gelungen, den politischen Diskurs in den USA zu verändern; Präsidenten, Politiker und die politisch interessierte Öffentlichkeit hörten auf ihn. Er verhinderte einen Krieg der USA mit Mexiko (Wasniewski 2004, S. 63ff.), verhandelte geheim und erfolgreich zwischen Mexiko und dem Vatikan, hat den berühmten 14 Punkte-Plan von Wilson entscheidend mitgestaltet, verfasste politische Reden für viele Präsidenten und beriet Kennedy und Johnson (Steel 1980, S. xiiiff.) In Europa hingegen war und ist Walter Lippmann immer noch wenig bekannt, auch nicht in seinem Einfluss auf politische Weichenstellungen, die die Geschichte Europa verändert haben. Lippmann war etwa maßgeblich daran beteiligt, das Sprachbild des »Kalten Krieges« im politischen Bewusstsein zu verankern (Lippmann 1947; Porter 2011). Wodurch man die Öffentlichkeit erreicht und wie man Meinungen beeinflussen kann, wird von ihm in Die öffentliche Meinung auf eine neue Weise beschrieben, das Buch wurde 1922 publiziert und gilt als eines seiner wichtigsten Werke. Lippmann hat damit eines der ersten grundlegenden Arbeiten über eine Thematik verfasst, die damals im Klartext »Propaganda« genannt wurde, – heute wird dieser Begriff vermieden und lieber von Public Relation gesprochen, wobei sich in der Sache aber nichts geändert hat. Das Buch gilt vielen Autoren als zentral für das Verständnis der heutigen Massenmedien, von Public Relations und der Wirkung von Bildern auf und in der modernen Gesellschaft (etwa Gárcia 2010). Insbesondere in den Kommunikationswissenschaften wird es oft als grundlegend bezeichnet (Kaid 2004. Zu einem Überblick über die Rezeption in der Psychologie und in den Sozialwissenschaften vgl. Bottom/Kong 2012, S. 376ff.) Lippmanns beschreibt in Die öffentliche Meinung, wie Menschen durch imaginative Bilder beeinflusst und gesteuert werden können. Die Aktualität dieser Fragestellung liegt auf der Hand: Wir leben in einer Welt, in der andauernd versucht wird, die Vorstellungswelten breiter Schichten der Bevölkerung zu beeinflussen. Werbung, politischer Spin und Inszenierungen sind selbstverständlicher Bestandteil von Wirtschaft und Politik geworden. Der Rechtspopulismus hat dem eine neue Note verliehen. Auffallend ist, wie wenig über die mediale Beeinflussung von imaginativen Vorstellungen reflektiert wird. Ist Lippmanns Befund korrekt, dass die Fähigkeit verloren gegangen ist, über eigene Imaginationen und deren Veränderung in gebührender Distanz nachzudenken und sie aktiv zu gestalten? Lippmanns Werk ist für uns ein wichtiger Ausgangspunkt, um diese wichtige Frage zu thematisieren. Dazu passt noch eine zweite Seite von Lippmann, die kaum in ihrer Verbindung erkannt wird: Lippmann ist nicht nur ein Theoretiker der Propaganda, sondern hat auch in der Entstehungsgeschichte des Marktfundamentalismus (Ötsch u.a. 2017) eine Rolle gespielt: das Colloque Walter Lippmann 1937 in Paris gilt als die erste internationale Konferenz einer neuen Spielart des Liberalismus, die sich die Selbstbezeichnung Neoliberalismus gab. Nach unserer Sichtweise kann sich das marktfundamentale Denken, das durch die Finanzkrise 2008 noch an Bedeutung gewonnen hat, nur durch eine andauernde mediale Beeinflussung imaginativer Bilder am Leben erhalten. Zentral ist insbesondere das Bild »des Marktes« in der Einzahl, der wie eine Person agiert und dem »wir uns« zu unterwerfen haben. Wir wollen diese zwei Seiten von Lippmann am Ende unseres Essays in Beziehung setzen. Vielleicht liegt darin ein Schlüssel für ein Verständnis der aktuellen Gesellschaft. Zuvor aber beschreiben wir das Leben und Werk Lippmanns vor der Veröffentlichung von Die öffentliche Meinung im Jahre 1922, sodann das Werk selbst sowie die Wirkungsgeschichte Lippmanns nach 1922 am Beispiel des Neoliberalismus. Leben und Werk Lippmanns bis 1922
Der lebensgeschichtliche Kontext (1889–1917)
Walter Lippmann wird am 23.9.1889 in New York geboren.2 Er wächst als Einzelkind in einem wohlhabenden Elternhaus auf, seine Eltern pflegen ein ausgiebiges Gesellschaftsleben mit berühmten Persönlichkeiten. Lippmann kommt schon früh mit der Kunstszene in Kontakt, er reist als Kind auch mehrmals nach Europa (Goodwin 2013, S. 94), ursprünglich will er Kunsthistoriker werden (Steel 1980, S. 9). Lippmann besucht das Sachs College Institute, eine etablierte Privatschule in Manhattan. Mit 17 Jahren beginnt er in Harvard zu studieren und belegt Kurse in Literatur, Geschichte, Philosophie und Ökonomie; einen Abschluss aber macht er nicht. Das Studium lässt ihm Zeit, erste literarische Texte zu verfassen, die auch die Aufmerksamkeit des Philosophen und Psychologen William James erlangen, der ihn zu einer wöchentlichen Teestunde einlädt (William James stirbt 1910). Im Frühjahr 1908 vernichtet ein Feuersturm einen nahegelegenen Slum und Tausende werden obdachlos. Lippmann engagiert sich in einer studentischen Hilfsaktion und lernt erstmals die bittere Armut seiner Zeit kennen. Darauf beginnt er sozialistische und utopische Literatur zu lesen und gründet mit acht anderen Kollegen den Sozialistischen Klub. Lippmann begeistert sich für die britische Fabian Society, die in den 1880er-Jahren von Beatrice und Sidney Webb gegründet wurde und sich dann zu einer der historischen Wurzeln der Labour Party entwickelt. Er lernt unter anderem auch einen der ersten Fabians kennen – Graham Wallas, der auch in Harvard Unterricht hält. Von ihm übernimmt Lippmann zwei Gedanken: dass die aktuelle Gesellschaft eine Great Society bilde, die so komplex und unsichtbar sei, dass es den meisten schwerfalle, sich dazu ein Urteil zu bilden, und zweitens eine skeptische Grundhaltung zum Sozialismus. (Wallis widmet 1914 sein Buch The Great Society seinem Schüler Lippmann.) 1910 wird Lippmann Assistent von Lincoln Steffen beim Magazin Everybody’s (1911 wird er sub-editor) und verfasst als investigativer Journalist einen umfangreichen Bericht über Machenschaften von Wall Street Banken und die Macht von J.P. Morgan. Der Aufschrei darüber führt zu einer Kommission im Kongress (Pujo Committee), eine Folge ist der Federal Reserve Act von 1913, mit dem die US-Zentralbank gegründet wird. Lippmann geht kurz in die Politik, wird Wahlkampfmanager und Assistent eines Bürgermeisters, wendet sich aber bald enttäuscht ab. Lippmann lernt die Schriften von Sigmund Freud kennen und wendet in seinem ersten Buch (A Preface to Politics, 1913) erstmals die Freud’sche Theorie des Unbewussten auf die Politik an (er korrespondiert auch mit Freud, lernt ihn einige Jahre später in Wien kennen und trifft auch Adler und Jung. Freud verfasst in seinem Journal Image auch eine positive Rezension von Lippmanns Preface.) Ein Exemplar des Werkes erreicht Teddy Roosevelt, der 1901 bis 1908 Präsident der USA war und 1912 mit einer eigenen Liste gegen Woodrow Wilson unterlag. 1914 trifft sich Roosevelt mit Lippmann, seither sind sie befreundet. Zu dieser Zeit bewegt sich Lippmann bereits mit großer Selbstverständlichkeit in einem umfangreichen Kreis bekannter Personen aus der Literatur, der Kunst, der Wissenschaft, der Politik, der Wirtschaft und der Medien. (Die Liste umfasst Namen wie George Bernard Shaw, Leonard Woolf, H.G.Wells, John Reed, Alfred Kuttner, John Dewey oder Isodora Duncan.) Lippmann kann diese Kontakte ausweiten, als er im gleichen Jahr Mitbegründer von New Republic wird, einem progressiven Organ ohne radikale Töne, das von reichen Geldgebern finanziert wird. Lippmann verabschiedet sich in diesen Jahren von sozialistischen Positionen. Er versteht sich zunehmend als Sozialingenieur und setzt seine Hoffnung auf die Managerelite, die er als...


Walter Lippmann lebte von 1889 bis 1974 in den USA. Der Journalist, Schriftsteller und Medienkritiker gründete mit Herbert Croly das politische Magazin The New Republic. Sein Buch "Public Opinion" (1922) zu Stereotypen und Klischeevorstellungen gilt bis heute als Grundlagentext der Medien- und Politikwissenschaft sowie der Sozialpsychologie.



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