E-Book, Deutsch, Band 2, 679 Seiten
Reihe: Liz Sansborough
Lynds Dark Shadows
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-98690-241-4
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Thriller - Liz Sansborough, Band 2 | »Ein Spionage-Thriller, wie ich sie liebe.« (Douglas Preston)
E-Book, Deutsch, Band 2, 679 Seiten
Reihe: Liz Sansborough
ISBN: 978-3-98690-241-4
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Gayle Lynds wurde in Nebraska geboren und wuchs in Iowa auf. Sie studierte Journalismus und arbeitete nach dem Abschluss viele Jahre lang als Reporterin sowie für den US-amerikanischen Geheimdienst. Ihre preisgekrönten Spionage-Bestseller wurden bislang in 20 Sprachen übersetzt; Erfolge feiert sie außerdem als Co-Autorin von Bestsellerautor Robert Ludlum. Heute lebt sie in Portland, Maine. Die Website der Autorin: gaylelynds.com/ Bei dotbooks veröffentlichte Gayle Lynds ihre Thriller: »Dark Memory - Liz Sansborough, Band 1« »Dark Shadows - Liz Sansborough, Band 2« »Buch des Verrats - Ryder und Blake, Band 1« »Kartell der Angst - Ryder und Blake, Band 2« »Spymaster« »Cold Heart« »Das Bernstein-Enigma«
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Prolog
Februar 1998
Fredericksburg, Virginia
Als die State Department-Limousine durch den winterlichen Wald rauschte, drückte Außenminister Grey Mellencamp auf den Knopf zum Heben der schalldichten Glasscheibe, die ihn von seinem Chauffeur abschottete. Er blickte hinaus auf die kahlen Bäume und Sträucher, kalt und schwarz im Dämmerlicht. Sie bildeten auf beiden Seiten der von schmutzigen Schneehaufen gesäumten Straße eine dunkle Mauer, fast einen Tunnel, so dicht standen sie aneinander gedrängt. Nichts rührte sich draußen im Dunkel des Waldes, kein Zeichen von Leben.
Beklommen ließ sich Mellencamp in den Sitz zurücksinken. Er kam gerade von seinem Treffen mit Liz Sansborough, bei dem es ihm nicht gelungen war, die Informationen zu erhalten, die er benötigte. Er war wütend und enttäuscht, aber genau besehen auch erleichtert, weil sie eigentlich hatte geopfert werden sollen. Früher oder später wurde immer jemand geopfert. Am Ende wahrscheinlich sogar viele. Er hoffte, jeder von ihnen wäre schuldig, damit ihre Eliminierung gerechtfertigt wäre. Ihm gefiel das ganz und gar nicht, und das umso weniger, als er Liz Sansborough inzwischen für unschuldig hielt.
Er starrte weiter aus dem Fenster, atmete den Geruch der teuren Lederpolster ein und versuchte, sich zu entspannen. Er hatte schon tausende erfolgreicher Abschlüsse getätigt, zuerst für seine große Anwaltskanzlei, jetzt als Außenminister, und er wusste, wann er die Lage unter Kontrolle hatte.
Er zog sein Handy aus der Innentasche seines Mantels und rief in Brüssel an.
Sofort meldete sich eine Stimme mit englischem Akzent: »Hier Kronos.«
Mellencamps Ton war bestimmt. »Ich komme gerade von dem Gespräch mit Sansborough aus dem konspirativen Haus. Sie behauptet, nichts von irgendwelchen Aufzeichnungen zu wissen und dass so etwas auch absolut untypisch für ihren Vater wäre. Von dieser Darstellung wich sie kein einziges Mal ab.«
»Das kann nicht sein! Er muss sich irgendwelche Aufzeichnungen gemacht haben.« Kronos’ Stimme wurde lauter, der englische Akzent messerscharf. »Er muss irgendwo festgehalten haben, was er für wen getan hat. Seine Kontakte, Herrgott noch mal. Wer unbedenklich war, wer nicht. Was funktionierte, was nicht. Adressen. Telefonnummern. Decknamen. Niemand kann sich, speziell in einem Geschäft wie diesem, so lange halten, ohne sich Aufzeichnungen zu machen. Sie lügt garantiert!«
Der Außenminister verkniff sich eine gereizte Erwiderung. »Sansborough sagt, der Carnivore hatte ein fotografisches Gedächtnis. Das heißt, er hatte es nicht nötig, sich Einzelheiten aufzuschreiben. Er hat ihr erzählt, er hätte nach Erledigung eines Auftrags immer alles Schriftliche vernichtet – Pläne, Karten, Zeitpläne, Dinge in der Art. Sansboroughs Mutter hat uns bei ihrer Vernehmung das Gleiche gesagt, und jeder weiß, der Hauptgrund, weshalb er sich in diesem Geschäft so lange hielt, war seine extreme Vorsicht.«
Der Engländer hörte sich nicht sehr überzeugt an. »Nach allem, was passiert ist, müssen solche Aufzeichnungen existieren. Und Sansborough muss wissen, wo sie sind. Sie ist die Einzige, die dafür in Frage kommt, jetzt, wo ihre Mutter nicht mehr lebt.«
»Ja, es gibt offensichtlich irgendwelche Aufzeichnungen, aber ihre Eltern ließen sie über ihre Aktivitäten im Dunkeln. Hätte sie ihren Vater damals in Lissabon nicht bei der Durchführung eines Auftrags ertappt, hätte sie vermutlich nie etwas vom Doppelleben ihrer Eltern erfahren – und wir wahrscheinlich auch nicht. Ihre Ahnungslosigkeit war ihr bester Schutz. Aus welchem Grund hätten sie ihr also etwas von irgendwelchen Aufzeichnungen erzählen sollen? Außerdem stiegen sie aus, als sie nach England kam, um bei ihnen zu leben. Sie bekam nie mit, wie sie einen Anschlag planten. Alles in allem gibt es also keinen einleuchtenden Grund, weshalb sie irgendwelche Aufzeichnungen zu sehen bekommen haben sollte.« Er hielt inne und straffte seine massigen Schultern. »Wir werden sie finden, aber nicht mit ihrer Hilfe.«
»Sie hat Ihnen was vorgemacht, Helios. Dazu ist sie durchaus in der Lage. Sie gehört zu den besten Leuten der CIA.«
Mellencamp wurde erneut wütend. »Glauben Sie, ich würde nicht alle mir zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, wenn ich nur den leisesten Verdacht hätte, dass sie uns etwas verschweigt? Immerhin geht es hier um meinen Kopf. Für mich steht erheblich mehr auf dem Spiel als für Sie. Sie werden nicht wegen etwas erpresst, was in diesen verfluchten Aufzeichnungen steht.« Er spürte, wie sein Herz zu klopfen begann. Er hatte Übergewicht und Herzprobleme, und das machte ihm Sorgen, wenn er sich gestattete, darüber nachzudenken.
Er schloss die Augen und versuchte, seine Gefühle unter Kontrolle zu bekommen. Liz Sansborough war das einzige Kind Hal Sansboroughs – des Carnivore, eines der am meisten gefürchteten und am schwersten zu fassenden Auftragskillers zur Zeit des Kalten Krieges. Obwohl Leute wie Carlos, der Schakal, Imad Fayez Mugniyeh und der Abt kaum weniger berüchtigt waren, galt der Carnivore unter Insidern als der Größte – gehasst, aber von allen Seiten engagiert. Ihm war nie ein Fehler unterlaufen, der so schwerwiegend war, dass seine wahre Identität enthüllt worden wäre. Es gab keine Fotos von ihm, und bis kurz vor seinem Selbstmord war es niemandem gelungen, seinen richtigen Namen herauszufinden. Er war eine Chimäre gewesen, ein Chamäleon in der Halbwelt der Spione und international gesuchten Kriminellen, unzerstörbar. Der Mann ohne Gesicht.
Als Kronos wieder zu sprechen begann, war sein Tonfall nicht mehr so vorwurfsvoll. »Werden Sie tun, was der Erpresser verlangt, Helios?«
»Auf gar keinen Fall.« Der Ton des Außenministers ließ keinen Zweifel aufkommen. »Wir müssen diese Aufzeichnungen selbst finden. Ich muss ständig an die drei Zeitungsausschnitte denken, die ich Ihnen geschickt habe. Die Lösung könnte in einem von ihnen zu finden sein.« Er zog sie aus seinem Aktenkoffer.
»Wenn dem so ist, sehe ich sie jedenfalls nicht.«
Mellencamp sagte nichts, während er sie überflog.
Times, Großbritannien
Sir Robert Childs, MP, wurde heute mit aufgeschnittenen Pulsadern tot in der Badewanne aufgefunden. Offensichtlich handelte es sich um einen Selbstmord. Die Hausangestellte, die den beliebten Parlamentarier entdeckte, sagte aus, sie habe einen Abschiedsbrief gefunden, in dem er seine Familie wegen seiner Affären mit verschiedenen Callgirls um Verzeihung bat ...
Bild, Deutschland
Mit tiefer Bestürzung nahm heute Morgen das ganze Land die Rücktrittserklärung von Bundeskanzler Hans Raab zur Kenntnis. Unter dem Druck der Anschuldigungen, während seiner 16-jährigen Amtszeit illegal Spenden entgegengenommen zu haben, hat Raab um Mitternacht ...
Washington Post, Vereinigte Staaten
Der Wahlkampf hat eine weitere überraschende Wendung genommen, nachdem innerhalb von sechs Wochen der sechste Kongressabgeordnete angekündigt hat, nicht mehr für seinen Sitz im Kongress zu kandidieren. Jay White (DOR) führte als Grund die Geburt seines dritten Kindes an und erklärte, er müsse, um für seine Familie aufkommen zu können, in die Privatwirtschaft zurückkehren.
Das sind mittlerweile drei Republikaner und drei Demokraten, jeweils vom extrem rechten oder linken Flügel ihrer Partei, die nicht für eine Wiederwahl kandidieren. Keiner hatte einen ernst zu nehmenden Herausforderer ...
»Nehmen Sie doch Sir Robert«, sagte Mellencamp. »Er verblutete wie ein dekadenter römischer Senator in der Badewanne, angeblich, weil herausgekommen war, dass er mit ein paar Nutten rumgemacht hatte. Dass er sich wegen so einer Lappalie umgebracht haben soll, ist doch vollkommen lächerlich.«
»In bestimmten Londoner Kreisen war längst bekannt, dass er mit Callgirls verkehrte.«
»Genau. Er muss befürchtet haben, etwas anderes – etwas, das schwerer wog – könnte an den Tag kommen. Sonst hätte er auf keinen Fall Selbstmord begangen.«
Mellencamp seufzte. »Und Raab ist unter dem Vorwand irgendwelcher finanzieller Unregelmäßigkeiten zurückgetreten. Vollkommen unglaubwürdig, dass er wie ein billiger kleiner Dieb um Mitternacht zurücktritt, und das alles bloß wegen einer belanglosen Schmiergeldaffäre.«
»Jedenfalls kann er jetzt seinen Wunschkandidaten für den Posten des Wirtschaftsministers nicht mehr durchsetzen. Die Umweltschutz-Bestimmungen hätten die internationalen Märkte um zehn Jahre zurückgeworfen.« Die Stimme am anderen Ende der Leitung hielt kurz inne und resümierte schließlich nachdenklich: »Vielleicht ist es das. Vielleicht wurde Raab erpresst und wegen der Ernennung des neuen Wirtschaftsministers zum Rücktritt gezwungen, während diese Schmiergeldaffäre nur als Vorwand für die Öffentlichkeit diente.«
Mellencamp nickte. »Aber was hat das mit diesen sechs Kongressabgeordneten zu tun, die sich kurz vor den Wahlen aus der Politik zurückgezogen haben? Drei vom äußersten rechten Flügel, drei vom äußersten linken. Falls wir mit unserer Vermutung richtig liegen und falls diese Leute mit den Aufzeichnungen des Carnivore erpresst wurden ...«
»Demnach muss zwischen den Kongressabgeordneten, Robert Childs, Kanzler Raab und Ihnen irgendein Zusammenhang bestehen. Vielleicht sollten Sie auf die Forderungen des Erpressers eingehen, Helios. Immerhin hat er Ihnen mit dem Tod gedroht. Er verlangt ja auch nichts wirklich Gravierendes. Nur eine kleine Abänderung dieses neuen Abkommens zwischen der EU und den USA ...«
»Ich habe Ihnen doch gesagt, nein!«, platzte Mellencamp heraus und fiel...




