Marshall | UNGEZÄHMT UND WUNDERSCHÖN | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

Reihe: Historical

Marshall UNGEZÄHMT UND WUNDERSCHÖN


1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-95446-784-6
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

Reihe: Historical

ISBN: 978-3-95446-784-6
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Niemand könnte schlechter vorbereitet sein auf die strenge Etikette der Londoner Society als die blutjunge, ungestüme Lady Cressida Mortimer, die nach dem Tod ihres Vaters als Mündel in die Obhut von James Chavasse, Earl of Lydale, kommt. Aufgewachsen in Italien, hat sie an den Archäologiestudien und Ausgrabungen des Vaters Teilgenommen und weder ihren Wissendrang noch ihr Temperament je zügeln müssen. Doch so sehr der Earl die Freizügigkeit seines Müdels schockiert, so fasziniert ist er von ihrem sprühenden Charme. Auch James' Neffe Frank und dessen Freund Barrett können sich Cressys' Ausstrahlung nicht entziehen. Und der Earl, der doch selbst Frank als Gatten für Cressy auserwählt hat, spürt plötzlich, wie der Stachel der Eifersucht in ihm bohrt. Nach einem hitzigen Streit mit Cressy bricht sich die Leidenschaft Bahn. Aber so sehr sie einander auch begehren - der Altersunterschied und Cressys Stellung im Haus verbieten diese Liebe...



Als Bibliothekarin hatte Paula Marshall ihr Leben lang mit Büchern zu tun. Doch sie kam erst relativ spät dazu, ihren ersten eigenen Roman zu verfassen, bei dem ihre ausgezeichneten Geschichtskenntnisse ihr sehr hilfreich waren. Gemeinsam mit ihrem Mann hat sie fast die ganze Welt bereist. Ihr großes Hobby ist das Malen.

Marshall UNGEZÄHMT UND WUNDERSCHÖN jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


1. KAPITEL


„Das Herz hat seine Gründe, die der Verstand nicht kennt.“

Pascal

„Niemand, ich wiederhole, niemand würde es für möglich halten“, behauptete Lady Louisa Bampton in tragischem Ton, „dass mein verstorbener Schwager so furchtbar nachlässig sein konnte. Oh, ich weiß“, fuhr sie fort und fächelte sich mit einem kostbaren Spitzentaschentuch Kühlung zu, „er war ein Exzentriker. Wie anders sollte man einen anglikanischen Bischof und Earl bezeichnen, der nicht an Gott glaubte?“ Gequält verdrehte sie die Augen. „In Italien grub er die Ruinen einer Stadt aus, die fast zweitausend Jahre lang unter der Erde gelegen hatte, heiratete meine bedauernswerte junge Schwester, zeugte eine Tochter, die er zu seiner Sekretärin ernannte, als sie vierzehn Jahre alt war … Und dann segnet er rücksichtsloserweise das Zeitliche, wenn sie erst achtzehn ist, nachdem er ausgerechnet James Lyndale zu ihrem Vormund bestimmt hat!“

„Sei doch fair!“, bat ihr Bruder, Gervase Markham. „Zweifellos wollte Silchester sie seinem alten Freund überantworten, Lyndales Vater, der weiß Gott sehr seriös war. Ich glaube, seine Ausgrabungen in Herculaneum nahmen ihn so in Anspruch, dass er nichts vom Tod seines Freundes erfuhr. Und ebenso wenig konnte er wissen, welch ein Einsiedler und Sonderling dessen Sohn geworden ist.“

„Wie soll er denn für das Mädchen sorgen?“, jammerte Lady Bampton. „Wahrscheinlich will er das auch gar nicht.“

Geduldig erklärte Gervase seiner Schwester, wie es zu der beklagenswerten Situation gekommen war. „Im Testament wird James Chavasse, Earl of Lyndale, zum Vormund ernannt. Welcher Earl gemeint ist, bleibt unerwähnt. Als Silchesters Testamentsvollstrecker fragte ich die Anwälte, ob man Lyndale irgendwie daran hindern könnte, die Vormundschaft zu übernehmen. Aber da gibt es keine Möglichkeit. Lyndale ist eindeutig James Chavasse und unsere Nichte leider sein Mündel.“

„Ein weiteres Beispiel für die Unvernunft unseres Schwagers! Welch ein Durcheinander! Und du sagst, das Kind habe Italien verlassen, um nach England zu reisen? Wann wird es eintreffen?“

Gervase hüstelte nervös. „Nun, Cressida ist schon hier. Gestern Abend wurde sie meiner Obhut übergeben. Ich möchte dich bitten, sie vorerst aufzunehmen, mitsamt ihrer Gesellschaftsdame, bis wir sie nach Haven’s End schicken können.“

„Haven’s End“, seufzte Lady Bampton bedrückt. „Dieses arme, verwaiste kleine Ding! Warum hast du sie nicht sofort zu mir gebracht, Gervase?“

„Sie sitzt mit ihrer Gesellschafterin im Damenzimmer, und Brunton serviert heiße Schokolade. Eigentlich wollte ich vor ihrer Ankunft in England mit dir sprechen. Ich hatte sie erst in einer Woche erwartet, aber wegen des günstigen Winds kam das Schiff schneller voran. Bitte, sag ihr nichts von unserer Sorge. Wir sollten uns von Vorurteilen befreien und erst einmal abwarten, wie Lyndale sie behandeln wird. Seien wir vorsichtig, Louisa. Wir dürfen auch nicht erwähnen, wie sehr wir den Leichtsinn ihres Vaters missbilligen. Vermutlich standen sich die beiden sehr nahe.“

„Der Butler serviert ihr Schokolade!“, stöhnte Lady Bampton, die sich über die unwichtigsten Dinge aufzuregen pflegte. „Und wie konnte sie ihrem Vater nahe stehen? Immerhin war er über siebzig. Armes Kind! Wenn Cressida Trost suchte, vermochte sie sich immer nur an Silchester zu wenden. Sie braucht die Liebe einer Frau. Welch ein Jammer, dass sie ihre Mutter nie gekannt hat! Hier, im Kreis fremder Menschen, wird sie sich ganz verloren fühlen.“

„Nun ja …“ Gervase Markham hüstelte etwas unbehaglich. „Das sollte man erwarten. Aber vielleicht müsste ich dich warnen …“

„Warnen?“ Lady Bampton hob die Brauen. „Wovor, Gervase? Sie ist doch präsentabel?“

„Gewiss. Am besten bringe ich sie jetzt zu dir.“

„Ja, natürlich. Ich bedaure nur, dass wir das arme kleine Ding bald zu Lyndale schicken müssen. Er hat die Vormundschaft doch angenommen?“

An der Tür drehte sich Gervase noch einmal um und nickte. „Wann immer ich mir vorstelle, was auf sie zukommt, wird mir das Herz schwer. Seine Antwort lautete: ‚Wenn es sein muss …‘ Das war alles.“

Bis zur Rückkehr ihres Bruders schwelgte Lady Bampton in ihrem Zorn und wusste nicht, wem sie heftiger grollte – ihrem toten Schwager oder James Lyndale. Da sich beide außerhalb ihrer Reichweite befanden, konnte sie nur untätig dasitzen, bis Gervase mit zwei Frauen zurückkehrte.

„Meine Liebe“, begann er in sanftem Ton, denn er war immer sanft, „erlaube mir, dich deiner Tante Louisa vorzustellen, Lady Bampton, der älteren Schwester deiner verstorbenen Mutter. Louisa, das sind unsere Nichte Lady Cressida Mortimer und ihre Gesellschafterin Miss Sykes, die engagiert wurde, um sie von Italien hierher zu begleiten.“

Verwirrt starrte Lady Bampton die beiden an. Die Gesellschaftsdame war eine unscheinbare, dürre, hochgewachsene Frau von Mitte vierzig, diskret gekleidet. Um so ungewöhnlicher sah die junge Nichte aus. „Cressida?“ Etwas anderes wusste die Hausherrin nicht zu sagen.

Cressida schüttelte lebhaft den Kopf. Alles an ihr wirkte lebhaft. Sie war nicht sehr groß, hatte einen elfenbeinfarbenen Teint und trug das dichte kastanienrote Haar zu einem unmodischen griechischen Knoten festgesteckt. Sie besaß graue Augen, das Profil einer klassischen Statue und volle Lippen. Weder schön noch hässlich, dachte Lady Bampton. Das Wort „hübsch“ konnte man wohl kaum anwenden.

Jedenfalls war Cressida grauenhaft gekleidet. Sie trug eine schäbige dunkelblaue Pelisse und darunter ein altmodisches Wollkleid mit hoher Taille. Lady Bamptons Verwunderung wurde von Entsetzen verdrängt. Aber noch schlimmer als die äußere Erscheinung ihrer Nichte fand sie deren Manieren.

„Oh nein, Tante Bampton!“ Eine Hand ausgestreckt, eilte Cressida zu ihr, wie ein übermütiger Junge und keineswegs wie eine Dame von Stand. „Nicht Cressida. Cressy! So wurde ich immer von Robert genannt. Die arme Mama suchte meinen Namen aus, bevor sie starb, aber er hasste Formalitäten. Oh nein, ich möchte keine Cressida sein.“

„Robert?“, fragte die Tante mit schwacher Stimme. Entgeistert beobachtete sie, wie ungeniert sich dieses unmögliche Mädchen im Salon umschaute, die reizvollen Aquarelle und die hellblaue Tapete musterte, die eleganten Vorhänge vor den hohen Fenstern. Wahrscheinlich hatte Cressida nie zuvor einen so zivilisierten Raum gesehen. Zu Lady Bamptons Bestürzung wurde nun ihre Hand geschüttelt, die sie hastig zurückzog. Zitternd fragte sie: „Bitte, wer ist Robert?“

Cressy schenkte ihr ein freundliches Lächeln. „Mein Vater“, erklärte sie geduldig und wandte sich zu Gervase. „Ich weiß, es mag seltsam klingen, aber Robert wünschte keine Formalitäten zwischen uns. Er sagte, wir alle seien Kinder des Ewigen Geistes und in Seinen Augen gleich.“

Als Gervase die verdutzte Miene seiner Schwester sah, konnte er seine Belustigung kaum verbergen. „Ich dachte, dein Vater hätte nicht an Gott geglaubt“, entgegnete sie. „Zumindest wies er mich darauf hin, ehe er deine Mutter nach Italien mitnahm.“

„Er glaubte tatsächlich nicht an Gott, sondern an den Ewigen Geist, der das Universum beherrscht und sich in keinerlei Gestalt zeigt. Der Begriff ‚Augen‘ war nur symbolisch gemeint.“

„Ach …“, hauchte Lady Bampton völlig verständnislos, und ihr Bruder vermochte, sie nicht mehr anzuschauen, sonst wäre er in Gelächter ausgebrochen. Eins stand jedenfalls fest – trotz ihrer Jugend war Lady Cressida Mortimer kein „armes Kind“, das man beschützen musste.

Energisch wandte sie sich zu ihm, und ihr Tonfall ließ keinen Zweifel daran, dass sie es gewöhnt war, ihren Willen durchzusetzen. „Übrigens, Onkel Gervase, es ist wohl höchste Zeit, etwas gegen diese elende Vormundschaft zu unternehmen. Ich redete mit den Anwälten, die mich offenkundig für ein törichtes, der englischen Sprache nicht mächtiges Mädchen hielten. Wie ich dabei erfuhr, hat Robert sein Testament gemacht, als ich achtzehn Monate alt war. Sicher glaubte er nicht, ich würde mit achtzehn Jahren noch einen Vormund brauchen. Während der letzten drei Jahre kümmerte ich mich um alle seine Angelegenheiten. Außerdem will ich möglichst bald nach Italien zurückkehren, um seine Arbeit fortzusetzen.“

„Italien! Um seine Arbeit fortzusetzen! Ich fasse es nicht!“ Einen so aufregenden Vormittag hatte Lady Bampton nur selten erlebt.

„Herculaneum, um genau zu sein.“ Was das ganze Getue sollte, war Cressy rätselhaft. „Vor Kurzem haben Robert und ich eine interessante kleine Anlage freigelegt, einen Tempel mit schönen Statuen. Eigentlich hätte ich gar nicht wegfahren dürfen. Aber Mr Hargrove, euer Anwalt, und Miss Sykes bestanden auf meiner Anwesenheit in England, wo dieser juristische Unsinn geklärt werden soll. Schätzungsweise hat Lord Lyndale ohnehin keine Lust, die Verantwortung für mich zu übernehmen, ich möchte auch nichts mit ihm zu tun haben, also wird es da keine Probleme geben. Er ist schon ein älterer Mann, nicht war?“

Sowohl der Onkel als auch die Tante dachten, mit seinen siebenunddreißig Jahren müsste James Lyndale einer Achtzehnjährigen ziemlich alt erscheinen. Sie wussten nicht, dass man versäumt hatte, Lady Cressy über den Irrtum ihres Vaters aufzuklären.

„Mein liebes Kind“, erwiderte Gervase Markham sanft. „Nach dem Tod deines Vater geziemt es sich nicht mehr für dich, in Italien zu leben. Das haben Mr Hargrove und Miss Sykes gewiss schon erwähnt.“

...



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.