Martin | Endspiel | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 368 Seiten

Martin Endspiel

Wie wir das Schicksal der Tropischen Regenwälder noch wenden können
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-86581-912-3
Verlag: oekom
Format: PDF
Kopierschutz: 0 - No protection

Wie wir das Schicksal der Tropischen Regenwälder noch wenden können

E-Book, Deutsch, 368 Seiten

ISBN: 978-3-86581-912-3
Verlag: oekom
Format: PDF
Kopierschutz: 0 - No protection



'Wenn die Regenwälder verschwinden, kippt unser Klima.' Claude Martin Für die einen sind sie Paradiese, andere sprechen noch immer von der grünen Hölle. Kaum ein Lebensraum löst so viel Faszination aus und ist gleichzeitig so bedroht: Rinderherden, Palmölplantagen und der Run auf Tropenhölzer nehmen die Regenwälder von allen Seiten in die Zange. Die Situation ist unübersichtlich wie die Wälder selbst: Einerseits wird illegal gerodet, andererseits mit staatlicher Unterstützung aufgeforstet; in weiten Teilen der Tropen geht die Waldfläche stark zurück, in manchen Regionen bleibt sie konstant; vielerorts existieren noch unerschlossene 'Urwälder' neben verarmten und isolierten Formen. Claude Martin fasst den aktuellen Status quo im neuen 'Bericht an den Club of Rome' zusammen: Er blickt auf die regional verschiedenen Ursachen der Rodungen, bewertet die Chancen von Schutzmaßnahmen und wagt eine Prognose für die Zukunft. Besonders interessant ist dabei die Frage, wie die Regenwälder auf den Klimawandel reagieren werden. Die Wissenschaft ist sich einig, dass hier eine Zeitbombe tickt, wenn der Wald kollabiert und in Flammen aufgeht, weil es immer trockener wird. Für Claude Martin findet aktuell am Äquator ein großes Finale statt - ohne dass jemand wirklich weiß, wie es ausgehen wird.

Der promovierte Schweizer Biologe Claude Martin hat in Tropenwäldern in Indien und Afrika geforscht. Von 1993 bis 2005 arbeitete er als Generaldirektor des WWF International. In dieser Position war er u. a. mitverantwortlich für das Zustandekommen der Allianz zum Schutz des Waldes zwischen WWF und der Weltbank und die Schutzgebietsprogramme im Amazonas- und Kongobecken. Heute lebt Martin im Westschweizer Jura und ist als Umwelt- und Nachhaltigkeitsberater für verschiedene akademische Institutionen tätig. Der Club of Rome ist ein Zusammenschluss von Persönlichkeiten aus Politik, Wissenschaft, Kultur und Wirtschaft. Sein Ziel ist es, sich für eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft der Menschheit einzusetzen.
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Weitere Infos & Material


1;ENDSPIEL;1
2;Geleitwort des Club of Rome;5
3;Inhalt;7
4;Vorwort;13
5;Danksagung;15
6;Einführung;17
6.1;Die ungeschminkte Wahrheit ergründen;19
6.2;Kein Raum für Pessimismus;21
7;KAPITEL 1: Ein destruktives 20. Jahrhundert: Das Erwachen des Problembewusstseins;25
7.1;Tropische Entwaldung in früheren Jahrhunderten;25
7.2;Die Welt wacht auf: Notsignale der Wissenschaftler;28
7.3;Erste systematische Versuche einer Datenerhebung für die tropischen Regenwälder;31
7.3.1;BOX 1-1 "Tropische Regenwälder" oder "tropische Feuchtwälder"? Eine Frage der Definition;34
7.4;Ein Zwischenfazit;41
8;KAPITEL 2: Monitoring von Regenwaldtrends: Eine Übung voller Irrungen und Wirrungen;43
8.1;BOX 2.1 Der Tropenwaldaktionsplan (The Tropical Forestry Action Plan, TFAP): Ein gescheiterter Versuch?;44
8.2;Forest Resources Assessments (FRA): Die Waldbestandsaufnahme der FAO;46
8.2.1;BOX 2.2 FRA 2010: Begriffe und Definitionen;49
8.3;Das Aufkommen der Fernerkundungstechnologie;52
8.4;Neue Horizonte bei den Fernerkundungstechnologien;56
8.4.1;BOX 2.3 Eine neue Entwaldungsanalysefür das Amazonas-Biom, 2004 bis 2012;58
9;KAPITEL 3: Globale und regionale Entwaldungsmuster;63
9.1;Veränderungen der tropischen Regenwalddecke im 21. Jahrhundert;64
9.2;Divergierende Trends in verschiedenen Regionen;68
9.2.1;BOX 3.1 Umwandlung von Wald in agroindustrielle Plantagen: Ein aufkommendes Problem in Zentralafrika;76
9.3;EXPERTENMEINUNG: Die Ölpalme: Gefahr für den Naturschutz, Chance für die Armen?;83
10;KAPITEL 4: Die Grundursachen für Entwaldung und Walddegradierung;87
10.1;Landwirtschaft durch Brandrodungsfeldbau: Nach wie vor ein wichtiger Entwaldungstreiber;90
10.2;Selektiver Holzeinschlag: The good, the bad and the ugly;92
10.2.1;BOX 4.1 Der FSC: Verlust an Einfluss in den Tropen;95
10.3;Illegaler Holzeinschlag und Korruption: Eine unheilige Allianz;98
10.4;Der steigende Konsum hinterlässt seinen Fußabdruck;105
10.4.1;BOX 4.2 Papua-Neuguinea: Das neue Grenzland des illegalen Holzeinschlags;107
10.5;Die Ölpalme: Ein Abkömmling aus Afrika richtet Unheil in Südostasien an;109
10.5.1;BOX 4.3 RSPO: ein runder Tisch für eine nachhaltige Palmölproduktion;115
10.6;Der weltweite Hunger nach Fleisch zerstört die Regenwälder Südamerikas;116
10.7;Ineffizienz hat einen Namen: Rindfleisch von Regenwaldböden;120
10.8;Soja und Rindfleisch aus Amazonien: Eine Lektion für die Welt;125
10.9;Rapide Urbanisierung: Gut oder schlecht für die Regenwälder?;126
10.10;EXPERTENMEINUNG: Nachhaltiges Management tropischer Regenwälder: Vom Wunschbild zum Machbaren;146
11;KAPITEL 5: Forest Transitions: Bescheidene Hoffnung;159
11.1;Beispiele tropischer Wiederbewaldung;161
11.2;Wiederbewaldung: Vor allem ein Phänomen der Randregionen;165
11.3;Modellierung von Forest transitions;166
12;KAPITEL 6: Biodiversität im Regenwald: Schätze ohne Preisschild;171
12.1;Artenreichtum: Nach den Sternen greifen;173
12.2;Aussterberaten: Ein gültiger Indikator für Biodiversitätsverlust?;176
12.3;Populationsdaten deuten auf massive Biodiversitätsverluste;182
12.4;Regenwaldfragmente und die Theorie der Inselbiogeografie;185
12.4.1;BOX 6.1 Die Theorie der Inselbiogeografie im Spiegel der Waldfragmentierungsdynamik;188
12.4.2;BOX 6.2 Leere Wälder: Der Preis der Fragmentierung;192
12.5;Die Ökonomie von Ökosystemen und Biodiversität;196
12.6;EXPERTENMEINUNG: Indigene Völker und Entwaldung;203
13;KAPITEL 7: Schutz der Regenwälder: Beeindruckende Ergebnisse – aber reicht das?;213
13.1;Regenwälder schützen? – Bis vor wenigen Jahrzehnten keine Priorität;214
13.2;Boomjahre für den Regenwaldschutz;218
13.2.1;BOX 7.1 Was Führungsstärke bewirken kann: Eine Begegnung mit Präsident Cardoso;222
13.2.2;BOX 7.2 Der Yaoundé-Prozess;226
13.2.3;BOX 7.3 Das "Herz von Borneo" retten!;227
13.3;Primärwälder: Wichtig, aber im Verschwinden begriffen;233
13.4;Schutzstrategien sind unverzichtbar;235
13.4.1;BOX 7.4 Instrumente zur Verhinderung von Primärwalddegradierung;236
13.4.2;EXPERTENMEINUNG: Amazonien: Es gibt noch Hoffnung – wenn wir alle das Richtige tun!;239
14;KAPITEL 8: Klimawandel im 21. Jahrhundert: Das Ende der Regenwälder?;255
14.1;Das Vermächtnis des Paläoklimas;256
14.2;Bedrohliche "Tipping-Points" für die Regenwälder;262
14.3;Unsicherheiten in den Klimamodellen;267
14.4;Eindeutige Trends, ungewisser Ausgang;269
14.5;EXPERTENMEINUNG REDD+ ist ein wenig komplizierter, als "einen Baum nicht zu fällen";271
15;KAPITEL 9: Das 21. Jahrhundert: Entscheidend für die tropischen Regenwälder!;281
15.1;Globale Entwaldungstrends: Sagen sie die Zukunft voraus?;283
15.2;Die Dynamik der kommenden Jahrzehnte;286
15.3;BOX 9.1 Unendliche Hoffnung: Die Biodiversitätskonvention;292
15.4;BOX 9.2 The World Bank-WWF Alliance for Forest Conservation and Sustainable Use;294
15.5;Die tropischen Regenwälder im Jahr 2050;297
15.6;BOX 9.3 Das sechste Massensterben ist bereits Realität;300
15.7;Kernbotschaften für die Zukunft;302
15.8;Schlusswort;310
16;ANHANG 1;313
17;ANHANG 2;314
18;ANHANG 3;318
19;ANHANG 4;320
20;Glossar;322
21;Quellen und Anmerkungen;332
22;Register;361


Einführung


»Überall geht ein frühes Ahnen dem späteren Wissen voraus.«
Alexander von Humboldt
Als im Jahr 1972 der erste Bericht an den Club of Rome, Die Grenzen des Wachstums, veröffentlicht wurde, lebte ich gerade im Dschungel Zentralindiens, wo ich als junger und ziemlich unbedarfter Biologe arbeitete. Auf mich wie auch auf viele andere, die wegen der Konsequenzen des ungebremsten Wachstums und Ressourcenverbrauchs beunruhigt waren, hinterließ das Buch einen bleibenden Eindruck. Die Begrenztheit der tropischen Regenwälder auf der Erde war nicht Gegenstand des Berichts. Die Ausdehnung dieser Wälder kannte man damals noch nicht, und die öffentliche Diskussion über ihr Schicksal hatte noch nicht begonnen. Zwar hatten einige wenige Wissenschaftler bereits ihrer Besorgnis Ausdruck verliehen, aber der Wissensstand, diese Wälder betreffend, hatte sich kaum über das hinausentwickelt, was in den historischen Berichten der frühen Forscher, Missionare und kolonialen Forstverwalter beschrieben wurde. Viele der tropischen Länder, selbst die größten unter ihnen, hatten überhaupt keine Vorstellung davon, über welche Fläche sich der Regenwald auf ihrem Territorium ausdehnte.
Seit 1972 haben wir enorm viel Wissen dazugewonnen. Die wissenschaftliche Literatur über tropische Regenwälder ist geradezu explodiert, insbesondere in den letzten beiden Jahrzehnten. Heute verfügen wir über satellitengestützte Fernerkundungstechnologien, mittels deren wir einen Elefanten im Kongobecken erkennen und Waldrodungen von der Größe eines Hinterhofes nachverfolgen können. Wir verfügen über das Handwerkszeug, um nachvollziehen zu können, was den Wandel in der tropischen Landnutzung antreibt. Wird aber die internationale Gemeinschaft diese Instrumente auch wirklich nutzen, um die tropische Entwaldung und den Verlust an Biodiversität erfolgreich zu bekämpfen? Oder werden wir den langsamen Untergang dieser Wälder erleben, so wie wir ja bereits die verheerenden Folgen des Klimawandels in vielen Teilen der Welt erfahren?
Wissenschaftsinstitute wie Nichtregierungsorganisationen publizieren derzeit Hunderte von Artikeln und Berichten pro Jahr zu den unterschiedlichsten Facetten des Themas Regenwald: zur Veränderung der Waldbedeckung, Fragmentierung des Waldes, Biodiversität, Klimawandel und Kohlenstoffspeicherung. Allerdings arbeiten die meisten Wissenschaftler innerhalb ihrer eigenen wissenschaftlichen Disziplinen und veröffentlichen ihre Ergebnisse in spezialisierten Fachzeitschriften, ohne aufeinander Bezug zu nehmen oder eine Gesamtübersicht zu präsentieren. Forschungsarbeiten sind in hohem Maße fachspezifisch und für Nichtfachleute schwer zu lesen. Wenn nicht bekanntere Wissenschaftsmagazine wie Science oder Nature Forschungsergebnisse publizieren, deren Wirkung breit genug ist, um von den Medien aufgegriffen zu werden, dann kann es passieren, dass wesentliche wissenschaftliche Erkenntnisse von Politik und Öffentlichkeit nicht registriert werden.
Sprachbarrieren verschärfen dieses Problem zusätzlich. Der größte Teil der wissenschaftlichen Literatur über tropische Regenwälder kommt heute von Universitäten in den Vereinigten Staaten oder Großbritannien, und Wissenschaftsinstitute in einigen Sprachräumen haben oft Schwierigkeiten, die aktuelle Forschung zu verfolgen. Umgekehrt trifft dies allerdings auch zu. Forschungsarbeiten zur Ökologie der Regenwälder in den ehemaligen französischen und belgischen Kolonien in Afrika tauchen selten auf dem Radarschirm englischsprachiger Wissenschaftler auf. Dies ist ein Grund dafür, warum man allgemein annimmt, die afrikanischen Regenwälder seien biologisch verarmt und nicht ausreichend erforscht und verstanden. Vielleicht ist es ja nur die Sprache der Untersuchungen, die nicht ausreichend verstanden wird. In einem wunderbaren Buch von Jean-Pierre Van de Weghe, Forets d’Afrique Centrale, la Nature et l’Homme, beziehen sich etwa die Hälfte der mehr als 350 Literaturverweise auf französische Publikationen, die sich mit der Biologie der afrikanischen Regenwälder beschäftigen.
Geheimnis und Schönheit der äquatorialen Regenwälder wecken bei einem sehr breiten Publikum nach wie vor große Neugier und tiefe Emotion. Keine andere Vegetationszone hat so viele Bücher und Filme hervorgebracht wie der tropische Regenwald. Geht es hier nicht um die Gegenden, in denen unsere nächsten Verwandten überlebt haben und immer noch leben? Seit dem Beginn des neuen Jahrtausends jedoch scheint das öffentliche Interesse an tropischen Regenwäldern ins Stocken geraten zu sein. Mit der wachsenden Anzahl globaler Umweltprobleme leiden einige Naturschutzorganisationen an Ermüdungserscheinungen, das Thema Regenwald zu verfolgen. Seit sich die Welt voll auf den Klimawandel konzentriert, sind die tropischen Regenwälder zur bloßen Kohlenstoffsenke degradiert worden. Diese grob reduktionistische Sichtweise hat Aufmerksamkeit und Interesse der Öffentlichkeit in Bezug auf das Überleben dieser Wälder wieder zurück auf eine technische und akademische Diskursebene gelenkt, die für die meisten Menschen uninteressant oder nicht zugänglich ist.
In den vergangenen Jahren hatte ich immer öfter den Eindruck, dass viele Leute davon überzeugt zu sein scheinen, die Vernichtung des tropischen Regenwaldes sei kein Thema mehr oder das Anliegen, sie zu retten, ohnehin chancenlos. Beides ist nicht zutreffend; ohne öffentliche Aufmerksamkeit jedoch wird sich nicht genug politischer Druck aufbauen lassen für Maßnahmen gegen die immensen wirtschaftlichen Kräfte, die in der Lage sind, die verbleibenden Gebiete des unberührten tropischen Regenwalds zu zerstören.
Die ungeschminkte Wahrheit ergründen
In diesem Buch habe ich versucht, einen Überblick über den derzeitigen Wissensstand in Bezug auf die tropischen Regenwälder der Erde zu geben. Ich habe dieses Buch nicht einfach deshalb geschrieben, weil ich schon immer von ihnen fasziniert war; vielmehr wollte ich die ungeschminkte Wahrheit entdecken und Antworten finden, Antworten auf die Fragen, warum wir diese Wälder verlieren, obwohl sie so lebenswichtig für die Zukunft der Biodiversität auf unserem Planeten sind, und was wir tun können, um zumindest das zu bewahren, was noch übrig ist. Ich gebe meine Erkenntnisse weiter in der Hoffnung, durch meine Arbeit auch bei anderen Menschen Interesse und Motivation zu wecken.
Obwohl ich mich bemüht habe, die wichtigsten Erkenntnisse der wissenschaftlichen Literatur, insbesondere der jüngsten Forschungsarbeiten, abzudecken, behandelt dieses Buch nur einen Bruchteil dessen, was in den Tausenden Artikeln und Büchern, die in den letzten Jahrzehnten veröffentlicht worden sind, nachzulesen ist. Ich erhebe daher selbstverständlich nicht den Anspruch, den riesigen Reichtum an Wissen über die Biodiversität aller tropischen Regenwälder und der indigenen Gemeinschaften, die darin wohnen, vollständig darzulegen. Ich habe mich lediglich mit solchen Aspekten und Trends befasst, denen ich die höchste Relevanz zuschreibe, wenn es um die Zukunft des größeren Teils der tropischen Regenwälder geht. Um meine eigene Beurteilung und Erfahrung zu ergänzen und abzurunden, habe ich acht Experten gebeten, zu bestimmten Fragen ihre eigene Sichtweise beizusteuern.
Es ist meiner Meinung nach wichtig, gegenüber den Fragen, welche die Zukunft der tropischen Regenwälder betreffen, einen pragmatischen Standpunkt einzunehmen. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) sagt für die Zeit zwischen 2015 und 2050 einen 60-prozentigen Anstieg beim weltweiten Bedarf an landwirtschaftlichen Produkten voraus – eine Folge der Zunahme der Weltbevölkerung, der Urbanisierung und der Veränderungen in den Ernährungsgewohnheiten, insbesondere des raschen Anstiegs beim Fleisch- und Palmölverbrauch in den Schwellenländern. Es könnte so kommen, dass die Welt die tropischen Regenwälder buchstäblich aufisst, da geeignete Flächen zur Ausweitung der Landwirtschaft anderswo kaum noch zur Verfügung stehen. Leider bringt es mehr Profit, ein paar Tonnen Rindfleisch oder Tiernahrung pro Hektar zu produzieren, als ebendiesen Hektar intakten tropischen Regenwald zu erhalten. Solange das gängige ökonomische Leitbild der Gewinnmaximierung zu derart drastischen Fehlentwicklungen führt, bleiben die nationalen Regierungen und die internationale Gemeinschaft – ganz zu schweigen von den indigenen Waldbewohnern – in einer schwachen, wenn nicht vollkommen machtlosen Position.
Wollen wir den tropischen Regenwald verstehen und erhalten, dann ist es nicht hilfreich, ihn in ein romantisches Licht zu rücken; ich will also auf alle Vorstellungen dieser Art verzichten, vor allem, weil andere dies schon viel überzeugender getan haben, als es mir je gelingen könnte. Das soll nicht heißen, dass ich nicht tiefe Anerkennung empfinde gegenüber den frühen Beschreibungen der Wunder des tropischen Regenwaldes, etwa von Charles Darwin, Alexander von Humboldt oder P. W. Richards. Aus der Zeit, als ich im tropischen Regenwald lebte, sind mir viele Augenblicke der Freude und des Staunens in lebhafter Erinnerung: wie ich auf den tiefen Nachhall lauschte, der entsteht, wenn Schimpansen zur Markierung ihres Territoriums gegen die Brettwurzeln der Bäume trommeln, oder wie ich von der Terrasse meines Bungalows in Westghana aus zuschaute, wie die karminrote Sonne sich in tiefes Purpurrot verwandelte, bevor sie über dem vollkommen intakten Kronendach der Regenwaldbäume unterging. Ich weiß noch, wie erstaunt ich war, als große Fische eines halben Dutzend unterschiedlicher Arten in unser Boot sprangen, während wir langsam einen schmalen Seitenarm des Amazonasstroms...


Der promovierte Schweizer Biologe Claude Martin hat in Tropenwäldern in Indien und Afrika geforscht. Von 1993 bis 2005 arbeitete er als Generaldirektor des WWF International. In dieser Position war er u. a. mitverantwortlich für das Zustandekommen der Allianz zum Schutz des Waldes zwischen WWF und der Weltbank und die Schutzgebietsprogramme im Amazonas- und Kongobecken. Heute lebt Martin im Westschweizer Jura und ist als Umwelt- und Nachhaltigkeitsberater für verschiedene akademische Institutionen tätig.
Der Club of Rome ist ein Zusammenschluss von Persönlichkeiten aus Politik, Wissenschaft, Kultur und Wirtschaft. Sein Ziel ist es, sich für eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft der Menschheit einzusetzen.



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