E-Book, Deutsch, 160 Seiten, E-Book
Reihe: Haufe Fachbuch
Matzka Crashkurs KI im Unternehmen
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-648-14921-8
Verlag: Haufe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Alles, was Sie über Data Science wissen müssen
E-Book, Deutsch, 160 Seiten, E-Book
Reihe: Haufe Fachbuch
ISBN: 978-3-648-14921-8
Verlag: Haufe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Dr. Stephan Matzka ist Professor für Mechatronik im Studiengang Maschinenbau der HTW Berlin. Zuvor war er Abteilungsleiter für Automatisierungstechnik im weltweit größten Automobilkonzern. Heute ist er zudem als Berater und Mentor bei Industrie-4.0.-Projekten mit Fokus auf KI tätig - hier insbesondere bei Schaffung von Beurteilungskompetenzen der Mitarbeiter. Daneben ist er Trainer sowohl bei der Haufe Akademie als auch bei der Haufe-e-Academy.
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3 KI-Projektmanagement
3.1 Projektstruktur
Eine häufige Problematik bei der Nutzung künstlicher Intelligenz im unternehmerischen Umfeld ist, dass der Ablauf von KI-Projekten sowie die einzelnen Projektphasen nicht wirklich bekannt sind.
Wie bei jedem Projekt ist ein gutes Projektmanagement ein entscheidender Faktor für einen erfolgreichen Projektabschluss. Dies trifft für KI-Projekte sogar noch stärker zu, da Projektstand, Reifegrad und Qualität nicht an einem realen Produkt zu sehen und zu begreifen sind.
3.1.1 CRISP-DM
Aus diesem Grund wurde neben anderen Prozessmodellen 1996 der sogenannte CRISP-DM (engl. cross industry standard process for data mining) als branchenübergreifender Standardprozess für die Massenauswertung von Daten entwickelt und seitdem verwendet. Er wurde unter anderem durch Konzerne wie IBM und Daimler entwickelt und gilt als der am weitesten verbreitete Prozessstandard auf dem Feld der KI-basierten Auswertung von Daten. Im Jahr 2015 wurde von IBM zudem – basierend auf dem CRISP-DM – der überarbeitete und erweiterte Prozessstandard ASUM-DM erstellt, der insbesondere auch den Produktlebenszyklus einer KI-Anwendung abbildet. (15; 16; 17)
In der Praxis verläuft der Prozess selten linear, sondern erfordert Rücksprünge in vorherige Projektphasen. Nach: (14). Der große Vorteil und gleichzeitig größter Nachteil des in Abbildung 11 schematisch dargestellten Prozessstandards ist, dass er branchenübergreifend ist. Das bedeutet, dass ihn Ihr Unternehmen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit einsetzen kann. Gleichzeitig bedeutet diese Flexibilität aber auch, dass dieser Prozessstandard weder für Ihre Branche optimiert ist, noch dass er konkrete Werkzeuge für die Umsetzung in Ihrem Unternehmen beinhaltet.
Abb. 11: CRISP-DM-Projektzyklus als branchenübergreifendes Standardprozessmodell für maschinelle Datenanalysen.
3.1.2 Die einzelnen Phasen des CRISP-DM
Der CRISP-DM wird in der Folge genauer betrachtet. Zunächst bietet er eine Beschreibung der einzelnen Projektphasen und Meilensteine, die ein erfolgreiches KI-Projekt üblicherweise beinhaltet. Ferner formuliere ich die wesentlichen Fragen, die vor dem Start der nächsten Projektphase geklärt sein sollten.
Projektplanung
In der ersten Phase, der Projektplanung (engl. business understanding) werden wesentliche unternehmerische Projektziele definiert, beispielsweise die automatisierte Prognose von Absatzzahlen im Produktsortiment für das nächste Quartal. Im Rahmen der Projektierung werden die erforderlichen personellen, organisatorischen und infrastrukturellen Ressourcen ermittelt und für die Projektdauer sichergestellt. Dieser Prozess ist detailliert in den Kapiteln 3.2 bis 3.4 beschrieben.
Explorative Analyse
In der zweiten Phase, der explorativen Analyse (engl. data understanding), werden die Daten einer ersten Sichtung unterzogen. Dabei wird neben einer Untersuchung auf Zusammenhänge und Muster auch die Verfügbarkeit und Qualität der Daten geprüft. Auf Basis der im Rahmen der explorativen Analysen gewonnenen Erkenntnisse lassen sich durch Fachexperten Hypothesen bilden, die für das unternehmerische Ziel relevant sind.
Im eben erwähnten Beispiel kann eine Hypothese sein, dass neben saisonalen Schwankungen der Absatzzahlen einzelner Produkte auch ein Zusammenhang zwischen verschiedenen, ähnlichen Produkten des Sortiments besteht.
Wesentliche Aspekte und Darstellungsformen der explorativen Analyse und die Möglichkeit, durch diese wesentliche Einsichten in die vorhandenen Daten zu gewinnen, werden in Kapitel 4 betrachtet.
Datenaufbereitung
In der dritten Phase, der Datenaufbereitung (engl. data preparation), werden die Daten bereinigt und die Auswahl der Trainingsdaten für das maschinelle Lernverfahren getroffen. Im Beispiel sind dafür die Absatzzahlen der Produkte in den zurückliegenden Quartalen sowie weitere Informationen, wie Produktpreise, Rabatte, Werbemaßnahmen etc., erforderlich. Die verschiedenen Datenquellen werden in einen Gesamtdatensatz integriert, auf fehlende und fehlerhafte Werte hin untersucht und bereinigt.
In der Mehrzahl der Projekte ist die Vorbereitung der Daten für die Modellbildung die mit Abstand aufwendigste Phase des gesamten Projekts und gleichzeitig von entscheidender Bedeutung für die Qualität der resultierenden maschinellen Modelle. Die Phase der Datenaufbereitung wird in Kapitel 5 eingehend beschrieben.
Modellbildung
Die vierte Phase, die eigentliche Modellbildung (engl. modeling), ist einerseits natürlich das Herzstück eines KI-Projekts, jedoch ist die Ergebnisqualität dieser Phase vor allem davon abhängig, dass alle vorbereitenden Schritte sorgfältig erfolgt sind. Unter einem Modell wird ein vom Computer erstelltes Regelwerk verstanden, das aus den Eingabedaten sinnvolle Prognosen oder Reaktionen ableiten kann. In unserem Beispiel ist die Zielsetzung, mithilfe der Daten der Vergangenheit und dem Wissen über geplante zukünftige Maßnahmen, wie Rabatte oder gezielte Werbung, den zukünftigen Absatz der Produkte automatisiert zu prognostizieren.
Evaluation
In der fünften Phase, der Evaluation, werden die maschinell erstellten Modelle von Ihnen beurteilt und miteinander verglichen. Die entscheidende Frage ist, ob die in der ersten Phase aufgestellte Zielsetzung des Projekts durch die Ergebnisse der Modellbildung ausreichend gut erreicht oder übertroffen wird.
Falls das nicht der Fall ist, bedeutet dies entweder eine Rückkehr in eine frühere Projektphase oder sogar einen Projektabbruch.
Tatsächlich ist es aber sehr selten, dass KI-Projekte bis zu dieser Projektphase keine verwertbaren Ergebnisse erbracht haben. Gerade am Anfang gibt es viele »niedrig hängende Früchte«, die mit wenig Aufwand einen hohen Nutzen bieten. Sind diese geerntet, ist im Unternehmen dann meist so viel Erfahrung zu KI-Projekten vorhanden, dass auch schwierigere und komplexere Problemstellungen angegangen werden können.
Die Fähigkeit von Entscheiderinnen, in dieser Phase zu erkennen und beurteilen zu können, ob und unter welchen Umständen ein praktischer Einsatz der künstlichen Intelligenz unternehmerisch sinnvoll ist, kann nicht genug hervorgehoben werden. Neben der Fähigkeit zur Planung von KI-Projekten stellt die Beurteilungskompetenz die zentrale Zielkompetenz dieses Buches dar und wird für die verschiedenen maschinellen Lernverfahren in den Kapiteln 6 bis 8 behandelt.
Praktische Umsetzung
Überraschend häufig wird im Rahmen der Projektplanung die letzte Phase des Projekts nicht bedacht: Die praktische Umsetzung der Erkenntnisse. Die Hauptursache hierfür ist, dass – anders als bei Produktentwicklungen oder Dienstleistungen des Unternehmens, für die die Verantwortung in der Organisation Ihres Unternehmens eindeutig geklärt ist – oft keine klare Verantwortung für die Entwicklung, den Betrieb und Überwachung von KI-basierten Algorithmen definiert ist. Wenn diese Fragen jedoch nicht bereits im Rahmen der Projektplanung geklärt worden sind, besteht die Gefahr, dass der angestrebte unternehmerische Nutzen nicht realisiert werden kann. Die wesentlichen Formen der praktischen Umsetzung von Algorithmen und deren Betrieb wird in Kapitel 9 vorgestellt.
3.2 Projektziel definieren
Die erste und wichtigste Aufgabe in der Phase der Projektplanung ist es, eine konkrete und unternehmerisch attraktive Zielsetzung für das KI-Projekt zu definieren. Dafür sollte zunächst sichergestellt werden, dass ein reales unternehmerisches Problem existiert und dass dieses nicht besser durch erprobte und kostengünstige klassische Maßnahmen gelöst werden kann.
In der Praxis ist häufig zu erleben, dass, mit der Absicht, auf dem Stand der Technik zu sein, oder auf äußeren Druck hin, ein KI-Projekt initiiert wird, für das dann ein geeignetes Problem gesucht wird. In vielen Fällen gibt es für diese Probleme entweder bereits eine effiziente Lösung oder sie stellen sich als grundsätzliche Probleme heraus, die sich weder mit noch ohne künstliche Intelligenz lösen lassen. In beiden Fällen ist eine Unzufriedenheit mit dem Ergebnis vorprogrammiert.
Für den nicht seltenen Fall, dass in einem Unternehmen jedoch die Erwartungshaltung existiert, für ein bekanntes und gelöstes Problem zukünftig KI einzusetzen, kann eine einfache und in vielen Fällen ideale Lösung sein, bestehende automatisiert angewandte Regeln (zum Beispiel Grenzwerte, automatisierte Reports) fortan als künstliche Intelligenz zu...