Mauthner | Der letzte Tod des Gautama Buddha | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, 90 Seiten

Mauthner Der letzte Tod des Gautama Buddha


1. Auflage 2017
ISBN: 978-80-272-1235-4
Verlag: Musaicum Books
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 90 Seiten

ISBN: 978-80-272-1235-4
Verlag: Musaicum Books
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



In 'Der letzte Tod des Gautama Buddha' wirft Fritz Mauthner einen faszinierenden Blick auf das Leben und die Lehren des historischen Buddha. Mit einem einzigartigen Mix aus historischer Forschung und philosophischen Spekulationen führt er den Leser durch die verschiedenen Stationen von Buddhas Leben und stellt die Frage nach der wahren Natur seiner Erleuchtung. Mauthners sprachlicher Stil ist präzise und akribisch, was einen starken Kontrast zu den oft mystischen Darstellungen Buddhas in der Literatur bildet. Dieses Werk ist ein Meisterwerk des deutschen Naturalismus und eine erfrischende Neuinterpretation eines altbekannten Themas. Der Autor Fritz Mauthner war selbst ein renommierter Philosoph und Schriftsteller, der sich intensiv mit den Themen Sprache und Denken auseinandersetzte. Seine einzigartige Herangehensweise an die buddhistische Lehre zeigt eine tiefe Verbundenheit mit philosophischen Fragen und führt zu einer erfrischend neuen Perspektive auf Buddhas Leben und Lehren. Dieses Buch ist für Leserinnen und Leser, die an einem intellektuell anspruchsvollen und originellen Zugang zur buddhistischen Philosophie interessiert sind, unbedingt zu empfehlen.

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II. Die Himalaja-Morcheln


Man vernahm die Trompeten der Vorreiter und bald darauf das Stampfen der Rosse; der Wagen hielt in schicklicher Entfernung vom Eingange des Mangohaines, in welchem der Buddha und seine Jünger die Nacht verbracht hatten.

Vom Wagen her schritt ungeleitet die Gebieterin auf den Buddha zu, die Witfrau, die regierende Fürstin von Pava, die schöne Tschundi. Während sie auf der schmalen Bambusbrücke den Bach überschritt, einen gefesselten Jagdfalken auf der linken Hand, warf sie eine nußgroße Perle und einen pflaumengroßen Smaragd in das Wasser, als wollte sie sagen: »Es tut mir leid, daß der Buddha und seine Jünger keine Kleinodien annehmen.« Sie blieb sieben Schritte vor dem Buddha stehen, fragte bescheiden nach seiner Gesundheit und nach seinem Pulsschlag; dann erst, einen halben Schritt vortretend, bat sie sich die Gnade aus, den Buddha und seine Jüngerschar heute in ihrem Lusthause empfangen und allen die Almosenschalen füllen zu dürfen. Der Buddha nickte stumm Gewährung; die Fürstin entließ sofort den Falken von ihrer Hand zum Zeichen für ihr Gefolge, daß der Buddha ihre Bitte gewährt hätte.

Bis zur Stunde des Bettlermahles hoffte die Fürstin bei den Mönchen weilen zu dürfen, um ihren Gesprächen über Lehre und Zucht zu lauschen.

»Ich bin alt geworden, liebe Schwester,« sagte der Buddha, »und nicht mehr viel nütze. Doch mein guter Ananda wird dir meine Lehre vortragen, Silbe für Silbe und Ton für Ton; dreimal nacheinander wird dir der gute Ananda die Lehre der Befreiung vortragen. Dreimal. Weil du ein Weib bist, und dreimal hören, dreimal prüfen willst, bevor du kaufst.« Der Buddha lächelte nicht und keiner der Jünger lächelte. Die Fürstin aber sprach: »Befreiung, Freiheit hoffte ich von deiner Lehre, Meister; wenig gelegen ist mir an der Freisprechung durch einen deiner Jünger.«

Da blickte der Buddha freundlich, hob sich ein wenig auf dem vierfachgefalteten Pilgermantel, stützte die linke Hand in ein schwellendes Moosstück und lud die Fürstin ein, an seiner linken Seite Platz zu nehmen. Sie ließ sich nur kurze Zeit bitten; dann breiteten die Jünger einen Mantel ungefaltet auf das Gras, drei Frauenschritte vom Buddha entfernt; auf den Mantel ließ die schöne Fürstin sich nieder, die Beine unter dem goldgewirkten Rocke gekreuzt, den Oberkörper aufrecht, die schwarzen Augen auf die Lippen des Buddha gerichtet. Der überwand seine Schwäche, vergaß der Zeit und sprach zu ihr zwei Stunden lang. Drohte er niederzusinken, so sprangen immer zwei der Jünger hinzu und stützten ihn. Der Buddha aber schloß kaum für einen Augenblick die Augen und sprach immer weiter.

Inzwischen waren im Lusthause der Fürstin Speisen und Getränke in Fülle bereitet worden, und mit Tanz und Gesang, mit Harfen und Tuben und Pauken nahte dem Mangohaine von Pava ein Zug, um die Fürstin samt den Bettelmönchen einzuholen.

Gegen fünfhundert Mönche erhoben sich da, fast schweigsam und doch in froher Erwartung eines recht ausgesuchten Bettlermahles; sie hoben den Meister auf eine Bahre, und immer je vier von den Jüngern trugen die Bahre je hundert Schritte weit. Die Witfrau, die regierende Fürstin von Pava, die schöne Tschundi, schritt ganz nahe zur Linken der Bahre, und der Buddha sprach weiter Lehren der Befreiung; denn es ziemte sich nicht für den Buddha, die Freuden eines leckeren Mahles vorher in seine Vorstellung einzulassen. Den Mönchen voran eilte fröhlich der Zug der Tänzer und der Musikanten. Aber dem ganzen Zuge voraus schritt bedächtig ein junger Aszet, seines Amtes der Schützer der Schwachen; er hatte darauf zu achten, daß nach Möglichkeit kein Käfer und kein Würmchen, keine Schnecke und keine Schmetterlingspuppe zertreten würde, daß beim Zurückbiegen von Zweigen und Schlingpflanzen kein Vogelnest verletzt würde. Scharfäugig war er wie ein Falke, aber nicht gierig wie ein Falke.

Einmal aber ließ er den Zug der Mönche und der Tänzer weit ausweichen, weil ein toter Hund, vom niedern Busche kaum halb bedeckt, am Wege lag. Als der Buddha und zu seiner Linken die Fürstin Tschundi den Hund erblickten, rief die Fürstin »Pfui« und einige Mönche riefen laut barsche Worte über den üblen Geruch; und ein jeder fand etwas anderes an dem Anblick der Hundeleiche zu rügen.

»Ei,« sagte da der Buddha, »auch etwas Lobenswertes sehe ich an dem Hunde noch nach seinem Sterben. Seht doch die schönen weißen Zähne; die Zähne ordnen sich ihm wie die Blätter einer weißen Rose.« Und der Buddha hob segnend seine Hand.

Da man im Lusthause angelangt war, wurde der Buddha auf zehnfache Polster und Teppiche gebettet und die Mönche sogar durften auf weiche Teppiche niederkauern. Alles war bereitet für eine ehrfürchtige Bedienung der hauslosen Bettler. Ihre eigenen hölzernen Schalen mußten sie in den Gürteln lassen. In silbernen Almosenschalen wurden ihnen die Speisen gereicht, in silbernen Bechern die Getränke; die ersten Beamten der Fürstin, die Krieger und ihre Frauen, dienten den Bettlern. Dem Buddha selbst aber reichte, auf ein Knie gebeugt, die Fürstin Speisen in einer goldenen Almosenschale, den Trank aus seltenen Früchten in einem Becher aus Bergkristall. Der Buddha trank nicht unmäßig, doch froh gestimmt den köstlichen Trank und aß ein wenig von den erlesenen Speisen; fast hätte er gegen die Sitte ein kleines Wort über die Vortrefflichkeit der Mahlzeit geredet, so wohlschmeckend und bekömmlich erschienen ihm die Gaben der Hausfrau. Da nahte die Fürstin wieder, beugte ein Knie vor dem Buddha und hob mit einem bescheiden bittenden Blick den goldenen Deckel von einer goldenen Schüssel. Der Buddha und alle seine fünfhundert Mönche kannten den rauchenden Duft, welcher der goldenen Schüssel entstieg. Himalaja-Morcheln nur verbreiteten so erfreulichen Duft; Weltleute, welche die Weltüberwindung des Buddha nicht verstanden, nannten ein solches Gericht Himalaja-Morcheln die Leibspeise des Buddha. Der Buddha setzte sich auf seinem zehnfach weichen Lager ohne Hilfe aufrecht, während ihm die Fürstin wie mit bescheidener Bitte die goldene Almosenschale mit Morcheln füllte; dann nahm er aus ihrer Hand einen goldenen, mit Rubinen geschmückten Löffel und schickte sich an, der meisterlich gewürzten Speise alle Ehre anzutun. Das Schweigen der fünfhundert Mönche wurde noch stiller als bisher; sie wußten, daß der Buddha an seine Lieblingsjünger verteilen würde, was er in der großen goldenen Schüssel von den Himalaja-Morcheln etwa übriglassen würde. So hatte er es immer gehalten, so oft in einem gastfreien Hause das Gericht geboten worden war, das die Welt unverständig seine Leibspeise nannte.

Dreimal siebenmal hatte der Buddha den goldenen Löffel zum Munde geführt und behaglich geleert, dann faßte er plötzlich mit der linken Hand nach seiner Stirn, als empfände er dort einen heftigen Schmerz; darauf entfiel der Löffel der rechten Hand und der Buddha sank ohnmächtig auf sein Lager zurück. Die Fürstin sprang auf ihre Füße, breitete die Arme aus und sagte: »Der Buddha ist tot! Der Buddha ist in meinem Hause gestorben.«

Die fünfhundert Mönche schrien auf, warfen sich auf die Knie und ließen ihre geschorenen Köpfe die Teppiche berühren, die den Boden bedeckten. Nur der ehrwürdige Ananda erhob sich und reckte sich empor, daß er eine Spanne gewachsen zu sein schien. War der Buddha tot, der Gautama, der Fürstensohn, so fiel dem getreuen Ananda die Sorge für die Jünger zu; mit der Sorge auch wohl die Herrschaft, die Huldigung der tausend und tausend Mönche, welche weit und breit in Indien nach der Lehre und der Zucht des Meisters lebten und beim Volke in so hohem Ansehen standen. Wer weiß, vielleicht erlebte er dann endlich die Vollendung und wurde selbst ein Buddha, und wurde dereinst mit den Ehren eines Erderoberers bestattet, sowie er jetzt seinen Meister mit königlichen Ehren bestatten lassen wollte.

Der ehrwürdige Ananda trat mit einer feierlich segnenden Bewegung seiner beiden Hände an das Lager des Buddha, und ein strenger Blick seiner Augen schien die Fürstin aufzufordern, ihr Knie vor dem Nachfolger des Buddha zu beugen. Schon war sie geneigt, schon warf sie einen Abschiedsblick auf den Buddha; da öffnete dieser einen Spalt seiner Augenlider und ließ regungslos einen Strahl seiner Augen zuerst auf die Fürstin fallen und dann auf den getreuen Ananda, der rasch sein Antlitz dem Boden zuwandte und wieder um eine Spanne kleiner zu werden schien. »Er lebt,« rief die Fürstin; die fünfhundert Mönche sprangen empor und sammelten sich schweigend und doch laut hinter Ananda am Lager des Meisters.

Der Buddha, der arge Schmerzen zu leiden schien, wies mit einer leisen Erhebung seines Fingers nach der goldenen Schüssel.

Nur einen Nu später wurde der Koch von zwei Dienern hereingeschleppt und auf die Kniee geworfen; beim Haarschopf wurde er festgehalten und hinter ihm stand ein starker Mann, den Oberkörper entblößt, ein scharfgeschliffenes Richtschwert hoch in beiden Händen. Niemand sprach; nur der Koch murmelte ergeben ein leises Gebet zu Brahma. Da hörte man den Buddha flüstern:

»Der Brahma kann dir nicht helfen. Es gibt keinen Gott, der helfen kann. Um meinetwillen soll nicht getötet werden, kein Mensch und kein Wurm. Hat der Mann etwas zu sühnen, so wird er es nach seinem Tode sühnen, auf dem argen Wege, auf dem Wege der Wandlungen. Um der irdischen Gerechtigkeit willen soll er von diesen Morcheln dreimal sieben Löffelvoll essen. Er wird gesund bleiben, und man soll den Rest von den Morcheln mitsamt der goldenen Schüssel und dem Deckel und dem Löffel verscharren; zwei Ellen tief. Und...



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