May | Die Feenjägerin – Das verbotene Königreich | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 2, 480 Seiten

Reihe: Die Feenjägerin

May Die Feenjägerin – Das verbotene Königreich

Roman
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-641-18479-7
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

E-Book, Deutsch, Band 2, 480 Seiten

Reihe: Die Feenjägerin

ISBN: 978-3-641-18479-7
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die Schlacht um Schottland ist verloren, und Aileana Kameron, die letzte Feenjägerin, verschwand durch das magische Portal, das sie eigentlich für immer verschließen wollte. Nun ist sie in den Händen ihres gefährlichsten Feindes und gefangen in der düsteren Feenwelt. Aileana hat schon jede Hoffnung auf Rettung aufgegeben, als sie Hilfe von unerwarteter Seite bekommt und zurück in die Welt der Menschen fliehen kann. Doch dort herrschen inzwischen die Feen. Nur wenn Aileana alles auf eine Karte setzt, kann sie die, die sie liebt, noch retten ...

Elizabeth May wurde in Kalifornien geboren, wo sie auch ihre ersten Lebensjahre verbrachte, bevor sie nach Schottland zog. Sie studierte Anthropologie an der Universität von St. Andrews. Seit dem Abschluss ihrer Doktorarbeit widmet sie sich hauptberuflich dem Schreiben und stürzt sich mit Begeisterung in fantastische Welten. Die Autorin lebt zusammen mit ihrem Mann in Edinburgh.
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1

Ich erinnere mich, dass die Luft um mich herum brannte und nach Asche und Zunder roch. Dass sein Schwert die Haut an meinem Hals durchbohrte und das Blut warm meine Kehle hinab lief. Dass die Schlacht, die um mich herum tobte, plötzlich verstummte und sich verlangsamte, als wäre die Zeit stehen geblieben.

Es gab bloß noch Lonnrach und mich, die Spitze seines Schwertes entschied über Leben und Tod. Bloß ein kleiner Stoß und …

Dunkelheit.

Meine Lider sind schwer, meine Augen brennen. Kampfszenen blitzen vor mir auf. Jene kostbaren Momente, die ich hatte, um das Rätsel des Siegels der Falknerinnen zu lösen und die Feen wieder in den Untergrund zu verbannen, bevor es zu spät war. Das Lichtschild um mich herum wurde immer schwächer und löste sich unter der Wucht der Feenangriffe langsam auf.

Ein Lachen reißt mich jäh aus meinen Erinnerungen. Dann drängen sich andere Stimmen zwischen die Bilder in meinem Kopf. Wo bin ich? Sie sprechen im selben klingenden Akzent wie Kiaran, es ist ein liebliches Gemurmel in einer Sprache, die ich nicht kenne und auch nicht verstehe.

Mach die Augen auf, befehle ich mir selbst. Mach die Augen auf.

Panik zwingt mich, aufzuwachen. Ich sehe einen winzigen Lichtblitz, bevor ich erneut niedergedrückt werde. Eine Hand schließt sich um meine Kehle, und ein sengender Schmerz bohrt sich in meine Schläfe.

»Ich habe dir nicht erlaubt, dich zu bewegen.« Ein Zischen, hervorgepresst durch Reihen spitzer Zähne an meinem Hals.

Ich sacke zusammen. Ich kann mich nicht bewegen, selbst als jemand mit so scharfkantigen Nägeln über meinen Arm kratzt, dass ich zu bluten beginne. Ein Lachen, tief und gurrend. Ein Flüstern in meinem Ohr, heißer Atem an meinem Hals.

Du hast verloren. Und jetzt gehörst du mir.

Dann träume ich erneut – Erinnerungen an mein vergangenes Leben, an die vielen Male, als ich fast gestorben wäre. Eine Abfolge beinahe tödlicher Erlebnisse, jedes durch das vorherige bedingt. Das erste Mal, als Kiaran mich vor dem Wasserdrachen und damit mein Leben rettete. Und die vielen Male danach – Hunderte namenlose Feen, die ich abgeschlachtet habe und von denen jede ein Abzeichen auf meinem Körper hinterließ. Die erste, die mir eine Narbe verpasste. Die erste, die ich mit Kiaran gemeinsam getötet habe. Und wie er mich danach mit so etwas Ähnlichem wie Stolz angesehen hatte.

Wir werden sie alle töten, hatte er zu mir gesagt, und ein Lächeln war wie ein Geist über sein Gesicht gehuscht.

Die Erinnerungen lösen sich in Rauch auf. Plötzlich befinde ich mich wieder auf dem Schlachtfeld. Meine Rüstung ist so schwer, dass jede Bewegung einer Todesqual gleichkommt. Kiaran liegt regungslos neben mir, durch die Brandwunde auf seiner Wange scheinen Knochen hindurch. Ist er tot?

Nein, er ist nicht tot. Er kann nicht tot sein. Ich schreie ihn an, hämmere mit meinen Fäusten auf ihn ein. Wach auf. Wach auf! Wach …

Ich reiße die Augen auf und schließe sie genauso schnell wieder, so hell ist das Licht. Ich atme tief ein und zucke unter dem pochenden Schmerz zusammen, der sich in meinen Kopf bohrt. Ich presse mir die Hand auf die Schläfe.

Feucht.

Ich ziehe die Hand zurück und blinzle, bis mein Blick klar wird. Meine Finger sind voller Blut, eine klebrige Erinnerung an meine Verletzungen.

Ich habe dir nicht erlaubt, dich zu bewegen.

Meine Rüstung ist fort. Ich sehe an mir hinab. Meine Brust ist mit eingetrocknetem Blut befleckt, und drei ausgeprägte Kratzer verlaufen über meinen Oberarm. Die Haut ist jedoch nur ein wenig angeritzt, als wäre es bloß eine Drohung gewesen. Eine Warnung.

Du hast verloren. Und jetzt gehörst du mir.

Grauen steigt in mir hoch, doch ich schüttle den Kopf, um es zu vertreiben. Konzentrier dich. Orientier dich. Ich höre Kiarans Stimme in meinen Gedanken. Das war eine seiner wirklich wichtigen Lektionen. Allein der Gedanke an ihn lässt mich beinahe erstarren – Wo ist er? Ist er tot? Sind alle, die ich liebe, tot? –, doch sein nützlicher Rat hält mich erneut davon ab. Bewerte deine Umgebung.

Ich schiebe meine Emotionen beiseite, unterdrücke die heiße, aufkeimende Panik und ersetze sie durch kalte Vernunft. Ich trage ein dünnes, figurbetontes, edles Kleid wie Sorcha. Ich streiche mit der Hand über den seidenen Stoff, der jedoch keiner Seide ähnelt, die ich kenne. Das hier ist glatter, glänzender und wärmer. Als hätte jemand schwarze Rabenfedern und Blumen zu einem Stoff verwoben. Die Ärmel fallen lose über meine Handgelenke, und der Stoff rutscht zurück, wenn ich die Arme hebe. Meine Füße stecken in zarten Schühchen aus dunklen Orchideenblättern, die mit Metallperlen vernäht sind.

Nach einem schnellen Blick auf meine Wunden wende ich mich meiner Umgebung zu. O Gott. Angst steigt durch die unbeteiligte, analytische Ruhe hoch, die ich mir gerade erkämpft habe. Das kann doch nicht real sein? Oder doch?

Ich befinde mich auf einer Platte aus schwarzem Stein, der wie ein Obsidian schimmert. Sie ist abgesplittert und schwebt über einem Tal voller dunkler Klippen, einer Schlucht, die sich bis über mein Blickfeld hinaus ausdehnt. Es sieht aus, als wäre das Land in zwei Hälften auseinandergebrochen, und vereinzelte Platten, wie jene, auf der ich mich befinde, treiben durch den leeren Raum in der Mitte wie Blätter auf einem Fluss.

Auf den anderen schwebenden Platten befinden sich Gebäude – eines davon ist ein Palast, der sich auf einem felsigen Bruchstück erhebt. Die Bruchstellen des Felsens unter ihm sind so scharfkantig wie Messerklingen. Der Palast selbst ist prächtig und schöner als alles, was ich bisher gesehen habe. Er sieht aus, als bestünde er aus reinem, glänzendem Metall – doch sein Schimmern verrät, dass er aus einer anderen Welt stammt. Selbst aus der Ferne glitzert und glänzt er in zahllosen Schattierungen wie ein Opal. An den Seiten des Palastes ragen Türme wie Scherben empor. Sie umgeben eine Kuppel aus schimmerndem roten, blauen und gelben Metall, die einem eingeschlossenen Firmament gleicht.

Unter dem hoch aufragenden Palast schweben andere Gebäude auf ihren eigenen Platten in der unermesslichen Leere zwischen den gewaltigen Klippen. Manche haben ebenfalls kuppelförmige Dächer aus Metall, andere aus glänzendem Stein, der wie reinster Saphir schimmert.

Im Gegensatz dazu sind die Klippen zu beiden Seiten vollkommen eintönig und kein einziger Farbtupfer stört ihre Gleichmäßigkeit. Selbst die Bäume scheinen aus Glas zu bestehen, und die dünnen, spitzen Äste wirken scharf genug, um jemanden zu töten. Unter den Bäumen am Rand der Klippen glimmen Blumen, ihre zarten Knospen bestehen aus glitzerndem Eis.

Ich atme ein, und der eisige Duft des Winters dringt schmerzhaft in meine Brust. Es riecht wie am Strand, nachdem Schnee gefallen ist. Der Wind bringt den Geruch nach Salz, Erde, Eis und einer Spur Myrrhe mit sich.

Ich träume. Das hier muss ein Traum sein. Ich presse meine Hand auf den kalten Stein unter mir und gleite mit den Fingern über die glänzende Oberfläche. Am äußeren Rand der Platte bohren sich kleine Scherben in meine Haut und hinterlassen rote, schmerzende Kratzer.

Das hier ist kein Traum. Kein Traum. Ich atme panisch aus. Ich ziehe ruckartig die Hand zurück, stemme mich hoch und bleibe vor dem Rand der Platte stehen.

Ich mache den Fehler, über die Kante zu blicken.

Mein Magen krampft sich zusammen. Unter mir ist bloß Dunkelheit. Ein Steilabbruch, der im Nichts verschwindet. Kein Licht durchdringt die Leere, und es gibt nichts, woran ich mich festhalten könnte, sollte ich fliehen müssen. Keine anderen Platten in unmittelbarer Nähe, keine Felsen, auf die ich springen könnte, und auch die schwebenden Gebäude sind zu weit entfernt.

Das hier ist ein Gefängnis, und die einzige Möglichkeit zur Flucht wäre ein Sprung in den Tod. Wo zur Hölle bin ich, verdammt noch mal?

»Gut. Du bist wach.«

Ich wirble herum und sehe Lonnrach, der auf einer weiteren Platte steht, die etwas kleiner als meine eigene ist. Ich war so abgelenkt, dass ich den Geschmack seiner Kraft nicht bemerkt habe, der sich jetzt über meine Zunge legt und süß nach Blütenblättern, Natur und Honig schmeckt. Seine glänzende Feenrüstung ist verschwunden. Stattdessen ist er wie ein Mensch gekleidet und trägt eine rauchgraue Hose und ein weißes Batist-Hemd. Er hat sich die salzweißen Haare aus dem Gesicht gekämmt und im Nacken zusammengefasst.

Er betrachtet meine Kopfverletzung. »Ich hoffe, es bleibt kein dauerhafter Schaden zurück.«

Warum?, hätte ich beinahe gefragt, doch die bloße Tatsache, dass er noch lebt, lässt Wut in mir hochsteigen. Mein Blick wandert zu der Wunde auf seiner Wange, die ich ihm mit meinem Schwert zugefügt habe. Ich hatte die Chance, ihn zu töten, und habe sie nicht genutzt. Diesen Fehler werde ich nicht noch einmal begehen.

»Wo sind wir?«, frage ich. Meine Stimme klingt rau, meine Kehle ist wund. Ruhig. Bleib ruhig.

»Im Sìth-bhrùth, im ehemaligen Königreich der Dunkelfeen.« Sein Blick wandert über die Klippen rechts und links von uns, und sein Gesichtsausdruck verhärtet sich. »Das ist alles, was davon übrig blieb.«

Hätten wir uns in einem...


May, Elizabeth
Elizabeth May wurde in Kalifornien geboren, wo sie auch ihre ersten Lebensjahre verbrachte, bevor sie nach Schottland zog. Sie studierte Anthropologie an der Universität von St. Andrews. Seit dem Abschluss ihrer Doktorarbeit widmet sie sich hauptberuflich dem Schreiben und stürzt sich mit Begeisterung in fantastische Welten. Die Autorin lebt zusammen mit ihrem Mann in Edinburgh.



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