E-Book, Deutsch, Band 4, 384 Seiten, E-Book
Reihe: Grundkurs des Steuerrechts
Meissner / Neeser Umsatzsteuer
28. überarbeitete und aktualisierte Auflage 2025
ISBN: 978-3-7910-6572-4
Verlag: Schäffer-Poeschel Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 4, 384 Seiten, E-Book
Reihe: Grundkurs des Steuerrechts
ISBN: 978-3-7910-6572-4
Verlag: Schäffer-Poeschel Verlag
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Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Prof. Dr. Gabi Meissner, Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg, Lehrbeauftragte am Masterstudiengang Taxation der Universität Freiburg.
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2 Umsatzsteuer in der Europäischen Union
Die USt ist die erste und bisher einzige einheitliche Steuer innerhalb der EU. Mit geringfügigen Abweichungen sind die Besteuerungsgrundlagen für die USt in allen EU-Ländern einheitlich gestaltet. Unterschiede bestehen vor allem noch bei den Steuersätzen. Aber auch insoweit wird eine Harmonisierung angestrebt. Die EU-Länder haben sich darauf geeinigt, dass der Regelsteuersatz in allen EU-Ländern bei mindestens 15?% liegen soll und 25?% grundsätzlich nicht übersteigen darf.
Welche unterschiedlichen Steuersätze innerhalb der EU gelten, zeigt die nachfolgende Übersicht (Stand Januar 2021):
| Staaten | Normalsatz | ermäßigte Sätze |
| Belgien Bulgarien Dänemark Deutschland Estland Finnland Frankreich Griechenland | 21 20 25 19 22 25,5 20 24 | 6; 12 (Zwischensatz 12) 9 ? 7 9 10, 14 2,1; 5,5/10 6; 13 |
| Irland4 Italien Kroatien Lettland Litauen Luxemburg Malta Niederlande Österreich Polen Portugal Rumänien | 23 22 25 21 21 17 18 21 20 23 23 19 | 4,8; 9; 13,5 4; 5; 10 5; 13 12; 5 5; 9 3; 8; 14 5; 7 9 10; 13 5; 8 6; 13 5; 9 |
| Schweden Slowakei Slowenien Spanien Tschechien Ungarn Zypern (nur griechischer Teil) | 25 23 22 21 21 27 19 | 6; 12 10 5; 9,5 10 12/0 5; 18 5; 9 |
| Quelle: Die Mehrwertsteuersätze in den EU-Ländern https://europa.eu/youreurope/business/taxation/vat/vat-rules-rates/index_de.htm (abgerufen am 07.03.2025) |
Der Erklärung der Europäischen Kommission vom 07.12.2021 zufolge5 sollen die Vorschriften für die auf Waren und Dienstleistungen erhobene Mehrwertsteuer (MwSt) aktualisiert werden und die Regierungen mehr Flexibilität in Bezug auf die anwendbaren Steuersätze erhalten. Gleichzeitig soll für eine Gleichbehandlung zwischen den EU-Mitgliedstaaten gesorgt werden. Durch diese Aktualisierung werden die MwSt-Vorschriften gleichzeitig mit gemeinsamen EU-Prioritäten wie etwa der Eindämmung des Klimawandels, der Förderung der Digitalisierung und dem Schutz der öffentlichen Gesundheit in Einklang gebracht.
Die einheitliche Regelung der USt innerhalb der EU geht auf die vom EG-Ministerrat am 17.05.1977 verabschiedete 6. EG-RL zur Harmonisierung der Umsatzsteuern der Mitgliedstaaten zurück. Die EU-Länder haben sich dabei verpflichtet, ihre nationalen USt-Gesetze entsprechend der 6. EG-RL abzuändern (RL?77/388, Abl. EG vom 13.06.1977 Nr.?L?145,?1). Sinn der Vereinheitlichung der nationalen Umsatzsteuergesetze war zum einen das Bestreben, die innergemeinschaftlichen Steuergrenzen aufzuheben, zum anderen, der EU eigene Einnahmen zu verschaffen. Letzteres geschieht in der Weise, dass die EU von allen EU-Ländern einen bestimmten Anteil des USt-Aufkommens erhält. Wegen der gerechten Verteilung der Beiträge richtet sich der Anteil aufgrund der unterschiedlichen Steuersätze nicht direkt nach dem USt-Aufkommen. Vielmehr dient als Basis für die Errechnung dieses Anteils der im jeweiligen EU-Land getätigte Umsatz an den Endverbraucher. Dieser lässt sich aufgrund der einheitlichen Bestimmungen ohne Schwierigkeiten ermitteln (vgl.?VO des Rates der EG vom 19.12.1977, Abl. EG vom 27.12.1977 Nr.?L?336/8 i.?V.?m. BGBl I 1977, 154).
Eine weitergehende Vereinheitlichung des USt-Rechts innerhalb der EU erfolgte Ende 1991 durch die sog. Binnenmarktrichtlinie. Ziel war die Schaffung eines einheitlichen Binnenmarkts. Deshalb wurden zum 01.01.1993 die Zollgrenzen zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten abgeschafft. Wegen der weiterhin bestehenden unterschiedlichen Steuersätze wurden als Ersatz für den Wegfall der EUSt und der Steuerfreiheit der Ausfuhrlieferungen Sonderregelungen für den innergemeinschaftlichen Warenverkehr eingeführt. Sie sollten zunächst nur für eine Übergangszeit von vier Jahren gelten, um dann durch einen echten Binnenmarkt, wie er innerhalb der einzelnen Mitgliedstaaten besteht, abgelöst zu werden. Allerdings haben sich diese Übergangsregelungen als beständig erwiesen. Es ist derzeit noch nicht absehbar, ob und wann es tatsächlich zu einem vollständig harmonisierten europäischen Binnenmarkt kommen wird.
Am 28.11.2006 wurde die Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem verabschiedet. Mit dieser Richtlinie wurde insbesondere die 6. EG-RL (Basisrechtsakt) neu gefasst. Diese Neufassung trat am 01.01.2007 in Kraft. Zum gleichen Zeitpunkt wurden die 1. sowie 6. EG-RL und die jeweiligen Änderungsrechtsakte aufgehoben.
Mit der Neufassung des geltenden Gemeinschaftsrechts durch die Richtlinie 2006/112/EG sind keine Änderungen des geltenden Rechts verbunden, es erfolgte zur besseren Übersichtlichkeit lediglich eine Neustrukturierung der einzelnen Artikel. Mit der Richtlinie 2008/8/EG, ABl. EU 2008 Nr. L?44, 11 vom 12.02.2008 (MwStSystRL) wurden die gemeinschaftsrechtlichen Regelungen zum Ort der Dienstleistung und zum Vorsteuervergütungsverfahren neu gefasst (sog. EU-Paket). Diese Regelungen hat das JStG 2009 durch die Neufassung der §§ 3a, 3b, 3e UStG in Art. 7 am 19.12.2008 BGBl I 2008, 2794 in nationales Recht umgesetzt. Die Änderungen traten am 01.01.2010 in Kraft. Mit dem Amtshilferichtlinien-Umsetzungsgesetz (2013) und dem Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts (StÄnd-AnpG-Kroatien 2014) sowie dem Zollkodex-Anpassungsgesetz (Zollkodex-AnpG) wurden weitere europarechtliche Vorgaben in das nationale USt-Recht integriert.
Eine Zäsur in der Rechtsentwicklung und einen Meilenstein stellt der sog. Aktionsplan im Bereich der Mehrwertsteuer dar, den die Kommission am 07.04.2016 angenommen hat. Ihn gilt es in den nächsten Jahren Schritt für Schritt umzusetzen. Mit dem Ziel der Vereinfachung des grenzüberschreitenden Handels, der Bekämpfung des MwSt-Betrugs, der Sicherung fairer Wettbewerbsbedingungen für EU-Unternehmen und der Gleichbehandlung elektronischer Veröffentlichungen werden bzw. wurden sowohl administrative als auch formelle bzw. materiellrechtliche Änderungen beschlossen und mit großem Nachdruck angegangen. Denn, um es mit den Worten der Kommission auszudrücken, »dieser Mehrwertsteuerraum soll eine Stütze für einen vertieften und faireren Binnenmarkt sein und zur Förderung von Beschäftigung, Wachstum, Investitionen und Wettbewerbsfähigkeit beitragen. Nur ein solcher Mehrwertsteuerraum wird den Erfordernissen des 21. Jahrhunderts gerecht.«
Was den zeitlichen Horizont angeht, ist beabsichtigt, das europäische Mehrwertsteuerrecht ? frühestens 2027 ? auf ein endgültiges System umzustellen.
In diesem Zusammenhang wurden zunächst zum 01.01.2020 mit den sog. Quick fixes, mithin die für die Praxis dringlichsten Regelungen umgesetzt.6 Sie umfassen im Wesentlichen:
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die Abgabe der Zusammenfassenden Meldung (§ 4 Nr. 1b UStG) und die Implementierung der Umsatzsteuer Identifikationsnummer (§ 6a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und Nr. 4 UStG) als zwingende Voraussetzungen für die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung,
-
die Neuregelung des Reihengeschäfts einschließlich der Zuordnungsregeln für die bewegte Lieferung innerhalb des innergemeinschaftlichen Warenverkehrs (§ 3 Abs. 6a UStG),
-
die Einführung einer Gelangensvermutung bei innergemeinschaftlichen Lieferungen in Beförderungs- und Versendungsfällen (§ 17 a UStDV) und
-
die Konsignationslagerregelung (§ 6b UStG).
Überdies wurde mit dem Jahressteuergesetz 20207 zum 1. Juli 2021 die zweite Stufe des sog. Mehrwertsteuer-Digitalpakets in nationales Recht übertragen. Diese beinhaltet insbesondere
-
die Änderungen beim Versandhandel an Privatpersonen (§ 3c UStG) einschließlich der Lieferungen mittels elektronischer Schnittstelle (§ 3 Abs. 3a und Abs. 6b UStG);
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die Erweiterung des bestehenden (besonderen) Besteuerungsverfahrens für in der EU ansässige Unternehmer, die bestimmte Dienstleistungen erbringen, auf innergemeinschaftliche Fernverkäufe und alle am Ort des Verbrauchs ausgeführten Dienstleistungen an Privatpersonen in der EU (sog.?One-Stop-Shop, OSS, vgl.?§§ 18 und 13a UStG);
-
die Ausdehnung des bestehenden (besonderen) Besteuerungsverfahrens für nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer, die bestimmte Dienstleistungen erbringen (sog.?ECOM-Verfahren), auf alle am Ort des Verbrauchs ausgeführten Dienstleistungen an Privatpersonen in der EU (§ 18i UStG);
-
die Einführung eines neuen?Import-One-Stop-Shops (IOSS) für Fernverkäufe von Gegenständen in Sendungen mit einem Sachwert bis 150 Euro aus Staaten außerhalb der EU an Privatpersonen in der EU (§ 18k UStG);
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die Schaffung einer...




