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E-Book, Deutsch, Band 2, 785 Seiten, E-Book

Reihe: Finanz und Steuern

Meissner / Peter / Rittig Umsatzsteuer


21. überarbeitete und aktualisierte Auflage 2024
ISBN: 978-3-7910-6079-8
Verlag: Schäffer-Poeschel Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, Band 2, 785 Seiten, E-Book

Reihe: Finanz und Steuern

ISBN: 978-3-7910-6079-8
Verlag: Schäffer-Poeschel Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Band 2 der Reihe 'Finanz und Steuern' enthält eine vertiefende Darstellung des gesamten Umsatzsteuerrechts. Umfassend behandelt werden insbesondere die Themenbereiche Lieferungen und sonstige Leistungen einschließlich der Sonderfälle Tausch und Arbeitgeberleistungen an Arbeitnehmer:innen, Vermittlungsleistungen und (Dienstleistungs-)Kommission, Grundstücks- und Finanzumsätze, unentgeltliche Wertabgaben, Vorsteuerabzug und Vorsteuerberichtigung sowie Besteuerungsverfahren. Dargestellt werden ferner Sonderfragen bei Personengesellschaften, im Rahmen von Exportgeschäften, für die Land- und Forstwirtschaft sowie die Besteuerung von Reiseleistungen. Alle Bereiche werden übersichtlich dargestellt und anhand zahlreicher Übersichten, Beispiele und Übungsfälle ausführlich erläutert. Die Übungsfälle und Klausuraufgaben wurden in langjähriger Lehrtätigkeit entwickelt und eignen sich hervorragend zur Prüfungsvorbereitung. Das Lehrbuch empfiehlt sich für Studierende in den Bachelor- und insbesondere den Masterstudiengängen, zur Vorbereitung auf die Steuerberaterprüfung, die Prüfung für Steuerfachwirt:innen und die Bilanzbuchhalterprüfung sowie als Nachschlagewerk für Praktiker:innen in der Steuerberatung, in den Betrieben und in der Finanzverwaltung.   Die 21. Auflage wurde grundlegend überarbeitet und berücksichtigt u.a. die Änderungen durch das Wachstumschancengesetz.      

Prof. Dr. Gabi Meissner, Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg, Lehrbeauftragte am Masterstudiengang Taxation der Universität Freiburg.
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2.1 Grundsätzliches zur Lieferung


Die Lieferung ist ein Unterfall des zentralen Oberbegriffs der Leistung. Eine solche liegt stets dann vor, wenn ein zivilrechtliches Verpflichtungsgeschäft erfüllt wird. § 3 Abs. 1 UStG definiert als Lieferungen Leistungen, durch die der Leistende die Verfügungsmacht an einem Gegenstand verschafft. Unter Gegenstand versteht das UStG alle Sachen i.?S.?d. BGB sowie darüber hinaus lebende Tiere, auf die grundsätzlich die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend Anwendung finden (§ 90a Satz 3 BGB). Schließlich fallen auch alle Wirtschaftsgüter darunter, die im Wirtschaftsverkehr wie körperliche Sachen behandelt werden, z.?B. elektrischer Strom und Wärme (Art. 15 Abs. 1 MwStSystRL und A 3.1. Abs. 1 UStAE).

Vereinfacht lässt sich feststellen: Eine Lieferung (i.?S.?v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG) liegt vor, wenn ein gegenseitiger Vertrag, der auf die Übertragung einer Sache gerichtet ist, erfüllt wird.

Es kann sich hierbei um die Erfüllung eines Kauf-, Tausch- oder Werklieferungsvertrags oder eines besonders gestalteten Vertrags (sui generis) handeln.

Aufgrund der im UStG bedeutsamen wirtschaftlichen Betrachtungsweise braucht dabei der Vertrag nicht einmal vollständig erfüllt zu werden, um eine Lieferung zu bejahen. Sie liegt z.?B. auch dann vor, wenn gestohlene Ware veräußert wird, dem Abnehmer also wegen § 935 Abs. 1 BGB kein Eigentum übertragen werden kann. Dies folgt aus Art. 14 Abs. 1 MwStSystRL, der unionsrechtlichen Grundlage des § 3 Abs. 1 UStG, die für die »Lieferung von Gegenständen« lediglich die Übertragung der Befähigung, »wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand verfügen zu können«, verlangt.

Maßgebend ist dabei nicht die Eigentumsübertragung nach den Formen des Zivilrechts; ausschlaggebend ist vielmehr die Ermächtigung einer Person, über einen Gegenstand faktisch so zu verfügen, als wäre sie der Eigentümer (EuGH Rs. C-185/01 Auto Lease Holland, BStBl II 2004, 573, und Rs. C-63/04 Centralan Property Ltd., UR 2006, 20).

In der Regel ist mit der Lieferung die Übertragung des Eigentums an der Sache verbunden. In diesen Fällen wird die Frage des Verschaffens der Verfügungsmacht zu einer Frage des bürgerlichen Rechts z.?B. der §§ 925 (i.?V.?m. § 873), 929, 930, 931 BGB.

Allerdings gibt es insoweit zwei Ausnahmen, und zwar

  1. solche, die trotz Eigentumsübergangs zu keiner Lieferung führen und

  2. solche, die trotz fehlenden Eigentumsübergangs zu Lieferungen führen.

Zu a): Kein Verschaffen der Verfügungsmacht und damit keine Lieferung liegt trotz bürgerlich-rechtlicher Eigentumsübertragung bei der Sicherungsübereignung vor (A 3.1 Abs. 3 Satz 1 UStAE). Diese stellt nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise lediglich die Übertragung eines Pfandrechts dar. Es ist daher systemgerecht, bei der Übertragung des Sicherungseigentums noch keine Lieferung anzunehmen. Zu einer Lieferung kommt es erst dann, wenn der Sicherungsnehmer von seinem Verwertungsrecht Gebrauch macht (A 1.2 Abs. 1 Sätze 1 und 2 UStAE). Da insoweit regelmäßig eine Weiterveräußerung des Gegenstands erfolgt, kommt es üblicherweise zu einem Doppelumsatz (A 1.2 Abs. 1 Satz 2 UStAE).

Zu b): Die Verschaffung der Verfügungsmacht trotz fehlenden Eigentumsübergangs wird insbesondere in folgenden Fällen angenommen:

  • bei Veräußerung gestohlener bzw. sonst abhanden gekommener Ware (kein gutgläubiger Erwerb wegen § 935 BGB),

  • bei Verschaffung des wirtschaftlichen ohne Übertragung des bürgerlich-rechtlichen Eigentums (z.?B. bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden),

  • bei Verlust der Ware auf dem Transport zum Abnehmer,

  • bei fiktiven Lieferungen (Verkaufs- oder Einkaufskommission nach § 3 Abs. 3 UStG i.?V.?m. Art. 14 Abs. 2c MwStSystRL).

Befördert oder versendet der Lieferer die Ware zum Abnehmer, gilt die Lieferung aufgrund der Fiktion des § 3 Abs. 6 UStG bereits mit Beginn des Transports als ausgeführt. Geht die Ware auf dem Transport verloren, hindert der Verlust der Ware zwar den Eigentumsübergang nach § 929 BGB, macht jedoch nicht die bereits erfolgte Lieferung rückgängig (A 3.12 Abs. 1 und Abs. 7 UStAE).

In bestimmten rechtlichen Situationen nutzt der Gesetzgeber das Rechtsinstitut der Lieferung, obwohl dieses nach der Beurteilung des zugrunde liegenden zivilrechtlichen Vorgangs eigentlich nicht gegeben ist. Er arbeitet dann mit einer gesetzlichen Fiktion und kommt damit letztlich zu dem Ergebnis, das er fiskalpolitisch anstrebt.

Fiktive Lieferungen kennt das Umsatzsteuerrecht in folgenden Fällen:

Beim sog. innergemeinschaftlichen Verbringen (§ 3 Abs. 1a UStG) transportiert der Unternehmer Ware innerhalb seines Unternehmens von einem Unternehmensteil in einem EU-Mitgliedstaat in einen anderen Unternehmensteil in einem anderen Mitgliedstaat. Wären beide Unternehmensteile im Inland angesiedelt, wäre dieser Vorgang aufgrund des Grundsatzes der Unternehmenseinheit (§ 2 Abs. 1 Satz 2 UStG) als nicht steuerbarer Innenumsatz zu beurteilen. Wechselt jedoch die Ware über die Landesgrenzen eines EU-Staates, fingiert § 3 Abs. 1a UStG eine Lieferung des Unternehmers an sich selbst. Diese Lieferung ist in der Regel steuerfrei im EU-Abgangsstaat der Ware und wird im EU-Bestimmungsstaat der Erwerbsbesteuerung unterworfen (§§ 1 Abs. 1 Nr. 5, 1a Abs. 2 UStG analog nach dem Recht des Bestimmungsstaates). Der Unionsgesetzgeber1 trägt auf diese Weise dem Bestimmungslandprinzip Rechnung und vollzieht den Warenweg umsatzsteuerlich nach.

Beim Kommissionsgeschäft gem. § 3 Abs. 3 UStG liegt eine fingierte Lieferung zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär vor; die eigentliche Geschäftsbesorgung wird umsatzsteuerrechtlich durch die Aussage des § 3 Abs. 3 UStG überlagert. Der Gesetzgeber vollzieht auf diese Weise das Auftreten des Kommissionärs, nämlich das Handeln im eigenen Namen und für fremde Rechnung (§ 383 HGB) umsatzsteuerrechtlich nach.

Letztlich nutzt er diese Technik auch bei der Lieferung über eine sog. elektronische Schnittstelle wie z.?B. eBay oder Amazon durch einen Händler mit Sitz im Drittland an eine Privatperson in der EU. Für diesen Fall fingiert er – genauso wie bei § 3 Abs. 3 UStG – in § 3 Abs. 3a UStG eine Lieferkette mit einer fingierten bewegten Lieferung (§ 3 Abs. 6b UStG) zwischen dem Betreiber der elektronischen Schnittstelle und dem nicht unternehmerischen Endkunden. Auf diese Weise nimmt der Unionsgesetzgeber den Betreiber der elektronischen Schnittstelle in die Verantwortung für die Umsatzsteuer, und zwar unabhängig davon, wo der eigentliche Händler, der seine Ware über die elektronische Schnittstelle anbietet, seinen Unternehmenssitz hat.

Der grundsätzliche Gleichklang des Verschaffens der Verfügungsmacht (= Lieferung nach § 3 Abs. 1 UStG) und dem bürgerlich-rechtlichem Eigentumsübergang außerhalb der oben dargestellten Ausnahmen bedeutet aber nicht immer, dass Eigentumsübergang und Lieferung auch zeitlich zusammenfallen. Folgende Fallvarianten sind zu beachten:

Bei Veräußerung unter Eigentumsvorbehalt liegt bereits zu dem Zeitpunkt eine Lieferung vor, zu dem die Sache dem Vorbehaltskäufer übergeben wird bzw. der Transport oder Versand beginnt (§ 3 Abs. 6 Sätze 1–4 UStG; A 3.1 Abs. 3 Satz 4 UStAE).

Beim sog. Kaufleasing (vgl. L 3. 1 und L 3. 3) liegt ebenfalls bereits bei Übergabe des Leasingobjekts eine Lieferung vor, selbst wenn der Leasingnehmer von seiner Kaufoption später keinen Gebrauch macht (EuGH vom 04.10.2017, Rs. C-164/16, Mercedes-Benz Financial Services UK).

Bei der Veräußerung eines Grundstücks hängt der Zeitpunkt des Eigentumsübergangs von der Eintragung des neuen Eigentümers im Grundbuch ab. Dieser Zeitpunkt kann sich hinausschieben und ist für die Vertragsparteien nicht ohne Weiteres erkennbar. Deshalb gilt in diesen Fällen im Allgemeinen als Lieferzeitpunkt der Zeitpunkt, zu dem nach dem zugrunde liegenden Verpflichtungsgeschäft Nutzen und Lasten am Grundstück übergehen. Lediglich wenn ausnahmsweise der Zeitpunkt der Eintragung vor dem Zeitpunkt des Übergangs von Nutzen und Lasten am Grundstück liegt, fallen Eigentumsübergang und Lieferung zeitlich zusammen.

Letztlich ist also für die Frage, ob eine steuerbare Lieferung vorliegt, immer zu prüfen, ob tatsächlich die Verfügungsmacht an dem Gegenstand verschafft wurde.

Ist dies der Fall, gilt es, den Ort der Lieferung festzustellen. Nur wenn dieser im Inland liegt, kann es sich um eine steuerbare Lieferung handeln (§ 1 Abs. 2 Satz 3 UStG).

Das Inland deckt sich im Wesentlichen mit dem Bundesgebiet. Nähere Einzelheiten behandelt Teil C. Befand sich eine Ware ununterbrochen im Bundesgebiet, ist die Frage der Lieferung im Inland unproblematisch und bedarf keiner weiteren Erörterung. So liegt z.?B. der Lieferort für ein im Inland belegenes Grundstück stets im Inland.

Befindet sich der Liefergegenstand dagegen z.?B. vor der Lieferung im Ausland und nach der Lieferung im Inland, muss anhand der Vorschriften §§ 3 Abs. 6 bis 8, 3c und 3e UStG geprüft werden, ob der Lieferort im Ausland oder...


Rittig, Manuela
Manuela Rittig, M. A. Taxation, Dipl.-Finanzwirtin, Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung Frankfurt a. M., Lehrbeauftragte an der DHBW Karlsruhe und der Finanzfachhochschlule Ludwigsburg, Dozentin in der StB-Aus- und Fortbildung.

Peter, Katharina
Katharina Peter, Steuerberaterin, Lehrbeauftragte am Masterstudiengang Taxation der Hochschule Aalen, Dozentin an der Steuerfachschule Dr. Endriss

Meissner, Gabi
Prof. Dr. Gabi Meissner, Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg, Lehrbeauftragte am Masterstudiengang Taxation der Universität Freiburg.

Gabi Meissner

Prof. Dr. Gabi Meissner, Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg, Lehrbeauftragte am Masterstudiengang Taxation der Universität Freiburg.

Katharina Peter

Katharina Peter, Steuerberaterin, Lehrbeauftragte am Masterstudiengang Taxation der Hochschule Aalen, Dozentin an der Steuerfachschule Dr. Endriss

Manuela Rittig

Manuela Rittig, M. A. Taxation, Dipl.-Finanzwirtin, Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung Frankfurt a. M., Lehrbeauftragte an der DHBW Karlsruhe und der Finanzfachhochschlule Ludwigsburg, Dozentin in der StB-Aus- und Fortbildung.



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