Meister / Hugger | "In den wilden Bergschluchten widerhallt ihr Pfeifen" | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 53, 200 Seiten

Reihe: Das volkskundliche Taschenbuch

Meister / Hugger "In den wilden Bergschluchten widerhallt ihr Pfeifen"

Als Zürcher Ingenieur beim Bau der Yunnan-Bahn in Südchina 1903-1910
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-03855-006-8
Verlag: Limmat Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Als Zürcher Ingenieur beim Bau der Yunnan-Bahn in Südchina 1903-1910

E-Book, Deutsch, Band 53, 200 Seiten

Reihe: Das volkskundliche Taschenbuch

ISBN: 978-3-03855-006-8
Verlag: Limmat Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Neben den britischen Eisenbahnstrecken im südlichen Afrika gehört die Yunnan-Bahn in Ostasien zu den ehrgeizigsten und spektakulärsten kolonialen Eisenbahnprojekten des vergangenen Jahrhunderts. Auf insgesamt 855 Schmalspurkilometern überquert der Zug von Haiphong (Vietnam) nach Kunming (China) nicht weniger als 173 Brücken und durchfährt 158 Tunnel. Viele Tausende der insgesamt 60 000 einheimischen und etwa 80 Arbeiter der europäischen Subunternehmer starben während des Baus der Eisenbahn, oft an Malaria. Von 1903 bis 1909 arbeitete der Zürcher Ingenieur Otto Meister an der chinesischen Teilstrecke in der Provinz Yunnan bis zu ihrer Fertigstellung mit. Seine privaten Briefe und offiziellen Berichte geben einen fesselnden Einblick in den Alltag dieses gewaltigen Unternehmens in den Schluchten und Sümpfen Südchinas. Die Texte werden reich illustriert durch Bilder aus dem Fotoalbum Otto Meisters.

Otto Meister, geboren 1873 in Horgen, Diplom als Ingenieur an der ETH Zürich. 1899 erste Reise nach China. Mitarbeit beim Bau der Yunnan-Eisenbahn. 1909 übernahm er die Vertretung der Firma Sulzer in Japan. 1921 Eröffnung des Sulzer-Firmensitzes in Shanghai. Otto Meister starb 1937 in Shanghai.
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Weitere Infos & Material


Otto Meister oder die Faszination des Fernen Ostens

Zur Biograie eines Wagemutigen

Von Ursula Meister-Cardi

Das vorliegende Buch beruht auf Briefen, Tagebüchern und Fotografien, die der Ingenieur Otto Meister, geboren am 16. August 1873 in Horgen, Schweiz, gestorben am 28. März 1937 in Shanghai, China, in den ersten Jahrzehnten des zwanzigsten Jahrhunderts aus dem Fernen Osten an die Familie und seinen Arbeitgeber in die Schweiz schickte. Sie führen uns zurück in die Zeit zwischen 1903 und 1910, als Otto Meister zunächst als subalterner Ingenieur und bald als Chefingenieur beim Bau der Eisenbahnlinie beschäftigt war, die vom Grenzgebiet zwischen dem französischen Tonkin (heute Vietnam) und der chinesischen Provinz Yunnan bis nach Kunming (heutige Hauptstadt von Yunnan) führen sollte. Fotos und Skizzen zeigen, wie schwierig das Unterfangen in dieser teils tropischen, oft unwegsamen Landschaft war. Im Anschluss an diese Arbeit fuhr Meister nach Japan, wo er von 1911 bis 1922 für die Firma Gebrüder Sulzer in Winterthur tätig war. Nach einer achtmonatigen Reise über Mexiko in die Schweiz übersiedelte Otto Meister mit seiner Familie nach Shanghai in China, um dort die südostasiatische Niederlassung der Firma Sulzer Brothers zu gründen, für die er von 1921 bis 1937 im gesamten südostasiatischen Raum zuständig war.1 Er wurde Zeuge des Chaos, das als Folge der revolutionären Unruhen jener Zeit herrschte, in der sich die Anhänger des nationalistischen Tschiang Kai Schek und des kommunistischen Mao Tse-tung bekämpften. Es ist ein Glücksfall, dass zahlreiche Objekte sowie Dokumente, Briefe, Tagebücher und Fotografien über die Generationen hinweg in der Familie Meister bewahrt worden sind.

Otto Meister hinterliess 874 Fotos auf stereoskopischen Glasplatten und an die tausend Papierabzüge; daneben Postkarten, Zeitungsausschnitte, Dokumente, Reisepässe, Studien- und Arbeitszeugnisse, ungefähr fünfhundert Briefe, drei Tagebücher und viele Lageberichte an die Firma Sulzer. Nichts entging seiner Aufmerksamkeit, alles wurde fortlaufend aufgezeichnet: Jahrzehntelang verschickte er Dutzende von Briefen und Fotos, zunächst an die Eltern, dann an den Bruder Edy und seine Schwägerin Emmy, mit denen er besonders verbunden war, und in den letzten Jahren an seinen Sohn Freddy, der in Zürich Architektur studierte.

Emil Meister und seine Tochter Lorly, Zürich Paradeplatz, 1898.

Eine Jugend im Herzen von Zürich

Ein strenger, fast nüchterner Mann, schlicht gekleidet, mit einfachem Lebensstil, präzise, pünktlich, ausgeglichen, vernünftig, kurz, ein Schweizer aus einer anderen Zeit, der mit beiden Füssen auf dem Boden stand: So beschrieb ihn sein Sohn Alfred Jutaro Meister, geboren 1913 in Mitsukaido, Japan, gestorben 1987 in Locarno, Schweiz.

Ottos Vater, Emil Meister (1847–1921), war ein Nachkomme der Familie Meister aus Zürich, deren Stammbaum bis ins Jahr 1400 zurückverfolgt werden kann.2 Ottos Vater hatte 1881 ein kleines Bijouteriegeschäft am Münsterhof 16 eröffnet, das sich ab 1897 am Paradeplatz befand. Das Unternehmen wurde mit der Zeit auf drei Verkaufsstellen erweitert, unter anderem um ein Uhrengeschäft, das heute an der Bahnhofstrasse von den Enkeln und Urenkeln weitergeführt wird. Die Mutter, Elisa Hess von Wald (1852–1884), die aus einer wohlhabenden, alteingesessenen Familie des Zürcher Bürgertums stammte, starb wenige Monate nach der Geburt des achten Kindes. Emil heiratete 1888 in zweiter Ehe Julie Aeschlimann von Burgdorf (1861–1937).

Otto, der älteste der neun Brüder, die das Kleinkindalter überlebten, zeigte keinerlei Neigung, das Geschäft seines Vaters zu übernehmen, wohl wegen seines Unabhängigkeitsdrangs und jener Abenteuerlust, die ihn in den Orient führen sollten. Bereits in den ersten Jahren nach dem Studium zum Bauingenieur am Polytechnikum Zürich, das er 1896 abschloss, sammelte er wichtige Arbeitserfahrungen: Für die Zürcher Firma Zschokke war er zunächst kurze Zeit in Zell und Aarau und dann bis 1899 bei einem Brückenbauprojekt in Randers, Dänemark, beschäftigt. Schon aus dieser Zeit existiert ein in Stenographie abgefasstes minuziöses Tagebuch. Von 1899 bis 1903 arbeitete er in Spanien, auf den Trockendocks im Seearsenal von Carraca in der Nähe von Cadiz. Als im Zuge der fortschreitenden Industrialisierung in Europa in den Kolonialgebieten bauliche Grossprojekte entstanden, sah Otto Meister darin neue Möglichkeiten von ganz anderen Dimensionen für sich und verliess Europa in Richtung Ferner Osten. Sein Ziel war die Grossbaustelle der französischen Eisenbahnlinie im heutigen Vietnam und China.

Zwischen Arbeit und Abenteuer: Bahnbau im südchinesischen Bergland

Die Reise an Bord des Motorschiffs «Jarra», das am 16. Juni 1903 von Marseille Richtung Indischer Ozean in See gestochen war, dauerte zwei beschwerliche Monate (u.a. durch den Suezkanal, an dem noch Arbeiten in Gang waren) bis Hanoi, von wo ihn ein Schaufelraddampfer den Roten Fluss hinauf bis nach Lào Cai brachte.

Lào Cai war Umschlagplatz für Menschen, Material und Versorgungsgüter zwischen der praktisch fertiggestellten Eisenbahnlinie Hanoi–Lào Cai und der neuen Teilstrecke Lào Cai–Yunnansen (Kunming). Von dort aus erreichte er mit schwer beladenen Mauleseln und auf kleinen Yunnan-Pferden – er, der grossgewachsene Schweizer! – Mitte August 1903 schliesslich Mong-tse, wo der französischer Konsul Auguste François residierte. Damit begann sein Einsatz als Ingenieur beim Bau der Eisenbahnlinie Lào Cai–Yunnansen für die Compagnie Française des chemins de fer de l’Indo-Chine et du Yunnan. Frankreich hatte 1898 die Rechte erhalten, in Yunnan Eisenbahnlinien zu bauen, in der Provinz Handel zu treiben und Konsulatssitze einzurichten. Das Eisenbahnprojekt war lanciert worden, um das französische Tonkin mit dem Süden Chinas zu verbinden und so den Handel mit Indochina zu fördern und das Erzvorkommen in Yunnan für Frankreich nutzen zu können. Letzteres stellte sich als Fehlschlag heraus, denn die Erzlager erwiesen sich als nicht sehr ergiebig, weder in Bezug auf die Qualität noch die Quantität. Neben Tee war in jenen Jahren Opium die einzige Ware, für die sich für der Transport wirklich lohnte.

Postkarte aus Madrid mit der Ankündigung seiner Stelle bei der Compagnie Française des chemins de fer de l’Indo-Chine et du Yunnan, 23. April 1903.

1903 war die Linienführung der französischen Eisenbahnlinie also bereits abgesteckt, und sie wurde mit nur leichten Abweichungen auch danach gebaut. Es war keine einfache Route, wenn sie auch weniger unwegsam war als die von den Engländern entworfene: Das Gebiet war aufgrund des feucht-heissen Klimas besonders im südlichen Teil unerschlossen, wild und beinahe unbewohnt. Die Eisenbahnlinie führte durch tiefe, verwinkelte Gebirgsschluchten, in denen sich oft auch die Karawanen mit dem Nachschub verirrten. Man musste Wege anlegen, um das Material zu transportieren, provisorische Brücken oder Flosse bauen, um Flüsse und Sümpfe überwinden zu können. Die geografischen Gegebenheiten erschwerten auch die Versorgung: Da die Gegend praktisch unbewohnt war, konnte nichts vor Ort gekauft werden, und das gesamte Material musste mit Trägern und Lasttieren herangeschafft werden.

Als Meister im provisorischen Camp von A-Pet-Soun in Südyunnan angelangt war, übernahm er den ihm zugeteilten Abschnitt der Eisenbahnlinie. Dieser lag in einem gesundheitlich höchst problematischen Gebiet, heimgesucht von unzähligen Mücken, sogenannten Beri-Beri, und periodisch wiederkehrenden Epidemien, die immer wieder viele Menschenleben hinwegrafften. Während der Regenzeit herrschte im südlichen Teil der Region aufgrund der Nähe zu den Flüssen Mekong (auch Roter Fluss genannt) und dem Nanxi Hé ein tropisches Klima, «heiss, feucht und ungesund». Diese klimatischen Bedingungen prägten die Flora und die Fauna, die Topografie und damit auch die Arbeits- und Lebensbedingungen. Unvorstellbar hart waren letztere insbesondere für die Arbeiter, die nicht lange durchhielten und laufend abgelöst werden mussten. Meister schildert all das sehr farbig, auch das Verhältnis zwischen den Bauunternehmern und den Ingenieuren und wiederum deren schwierige Beziehungen zu den chinesischen Arbeitern. Angesichts der Umstände verwundert es nicht, dass viele Arbeiter zu fliehen versuchten, zumal sie oft aus fernen Regionen des riesigen chinesischen Reichs stammten.

Die Lebensbedingungen verbesserten sich im Laufe dieser Jahre, je weiter man beim Bau gegen Norden vordrang; das Klima in den Bergen war frischer und die Luft weniger schwül. Nachdem Otto Meister zum Ingenieur Sektionschef ernannt worden war, wurde die Arbeit für ihn interessanter. Das galt für die Planung ebenso wie für die Leitung der komplexen Projekte von Tunnels und Brücken, die in jenem unwegsamen Gebiet mit all den Schluchten und reissenden Flüssen eine besondere Herausforderung darstellten. Darunter war auch die heute zum...



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