Mennigen | Cotton Reloaded - 29 | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 29, 120 Seiten

Reihe: Cotton Reloaded

Mennigen Cotton Reloaded - 29

Heimkehr in den Tod
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-8387-5769-8
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Heimkehr in den Tod

E-Book, Deutsch, Band 29, 120 Seiten

Reihe: Cotton Reloaded

ISBN: 978-3-8387-5769-8
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Digitale Romanserie. Folge 29. Grinell, Iowa Plötzlich und vollkommen unerwartet stirbt Cottons alter Schulfreund Alan 'Blacky' Colbert. Als Jugendliche waren die beiden unzertrennlich - bis Cottons erste große Liebe Peggy Lee sich in Blacky verliebte. Cotton kehrt in seine alte Heimatstadt Grinell zurück, um Blacky die letzte Ehre zu erweisen. Als Peggy ihren Verdacht äußert, ihr Mann sei keines natürlichen Todes gestorben, beginnt Cotton privat zu ermitteln - vollkommen ahnungslos, dass jeder seiner Schritte ganz genau beobachtet wird ... COTTON RELOADED ist das Remake der erfolgreichen Kultserie und erscheint monatlich in abgeschlossenen Folgen als E-Book und Audio-Download. Nächste Folge ist bereits erschienen.

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2


Begonnen hatte das Drama ein paar Tage zuvor bei einer Beerdigung auf dem Chester-Township-Friedhof von Grinnell, einem kleinen, etwa neuntausend Einwohner zählenden Provinzkaff im Bundesstaat Iowa.

Während des Vormittags hatte der Wind dunkle Wolken über den Himmel getrieben. Inzwischen sah es so aus, als würde der Regen jeden Moment auf die wenigen Trauergäste herunterprasseln, die dem Toten die letzte Ehre erweisen wollten.

Cotton stand ein Stück abseits unter einem Baum und beobachtete eine Gruppe von Leuten, die sich um das offene Grab gruppiert hatten. Etliche Männer in seinem Alter kannte er noch aus der Zeit, als er selbst in dieser Kleinstadt zuhause gewesen war. Einige der Burschen hatten mit dreizehn bereits mehr auf dem Kerbholz als manch alteingesessener Knastbruder auf Rikers Island. Aus ihnen waren stämmige Männer geworden, mit kahl rasierten Schädeln und einer ganzen Galerie an Tätowierungen. Sie sahen nicht so aus, als hätten sie bei einer Versicherung oder Bank Karriere gemacht. Eher, als würden sie zur Arbeit statt Aktentaschen großkalibrige Waffen mitnehmen. Die Hände in den Taschen ihrer Jeans oder Lederjacken vergraben, gab sich keiner allzu viel Mühe, seine Gleichgültigkeit gegenüber der Trauerzeremonie zu verschleiern.

Abgesehen von gelegentlichen Auseinandersetzungen hatte es früher kaum Berührungspunkte zwischen ihnen und Cotton gegeben. Bei Blacky dagegen war es anders gewesen. Ihn hatte Cotton besser gekannt als die meisten hier auf dem Friedhof. Als Jugendliche waren sie unzertrennlich gewesen, fast wie Brüder. Später jedoch hatten sie sich entzweit. Auslöser der Entfremdung war das Objekt ihrer beiderseitigen Begierde gewesen: Peggy Lee.

Ein silberhaariger Pfarrer tauchte am Grab auf. Er bekundete der Witwe des Verstorbenen sein Beileid. Dann wandte er sich mit tröstlichen Worten an die übrigen Anwesenden. Mit gedämpfter Stimme erging er sich darin, wie unerwartet, jung und grausam Alan Colbert – so Blackys richtiger Name – dem Leben entrissen worden war.

Wenn man den Geistlichen so reden hörte, hätte man den Verblichenen für einen allseits beliebten, herzensguten Jungen halten können. In Wahrheit war vermutlich das genaue Gegenteil der Fall. Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn Blackys Seele jetzt nicht im tiefsten Höllenfeuer schmorte.

Cotton hörte dem Priester nicht weiter zu, sondern richtete seine Aufmerksamkeit auf die trauernde Witwe. Die einstige Peggy Lee Watson und spätere Peggy Lee Colbert war Cottons erste große Liebe gewesen. Mit siebzehn hatte sie erst sein Herz erobert und dann gebrochen. Inzwischen war sie zu einer attraktiven Frau herangewachsen. Schlank, fein geschnittenes Gesicht, langes dunkles Haar, hohe Wangenknochen, große Augen, üppige Lippen – das volle Programm einer Kleinstadtschönheit.

Unter einem dunklen Mantel trug sie ein schwarzes Kostüm. In der Hand hielt sie eine einzelne Rose. Mit gesenktem Haupt stand sie am Kopfende des Grabes. Das Haar hing ihr wie ein dunkler Schleier im Gesicht. Ohne den Kopf zu heben, warf sie Cotton einen Blick zu. Ihre Augen verengten sich kurz, dann wandte sie das Gesicht ab und betrachtete die Aussicht auf den Sarg.

Nach der Aufforderung, für die Seele des Toten zu beten, trat der Priester beiseite. Peggy Lee legte ihre Rose auf den Sarg, um den anschließend vier Kumpels von Blacky Aufstellung nahmen; dann ließen sie den Sarg an Stricken in die Grube hinunter.

Blumengestecke oder Kränze gab es keine. Stattdessen stellte einer aus der Lederjacken-Fraktion einen tragbaren MP3-Player an. Gitarrenriffs eines Heavy-Metal-Songs dröhnten über den Friedhof.

Nachdem der Sarg vom Erdboden verschluckt war, zogen die Anwesenden nacheinander am Grab vorbei. Im Vorbeigehen warf jeder eine Blume aus einem bereitstehenden Korb in die Grube und entfernte sich diskret.

Niemand schien Notiz von Cotton zu nehmen. Der G-Man wusste nicht, was er erwartet hatte, aber einen Ausdruck des Wiedererkennens in den Gesichtern seiner alten Schulkameraden hätte er schon zu schätzen gewusst.

Peggy Lee wartete, bis der letzte Trauergast den Friedhof verlassen hatte. Dann trat sie vor den Besucher aus New York.

»Jerry?«, fragte sie. »Jerry Cotton? Bist du es wirklich?«

»Hallo, Peggy Lee«, begrüßte er sie. »Habe ich mich so verändert? Übrigens, ich höre jetzt auf Jeremiah.«

Sie umarmte ihn und drückte ihn an sich. »Es ist lange her, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben.« Sie ließ ihn los und musterte ihn prüfend. »Du siehst gut aus. Bist jetzt ein Mann des Gesetzes, hab ich gehört.«

»Das bin ich. Und, läuft bei dir alles gut?«

»Ich habe gerade meinen Ehemann unter die Erde gebracht«, entgegnete sie bitter. »Was denkst du?«

»Blacky war mal mein Freund.«

»Und ich deine Freundin, die dich dann mit deinem Freund betrogen und ihn geheiratet hat.« Sie seufzte. »Hat sich als Fehler herausgestellt. Wahrscheinlich wärst du die bessere Wahl gewesen. Aber es bringt nichts, die Vergangenheit aufzuwärmen. Ist ja eh nichts mehr dran zu ändern. Lassen wir das Vergangene also zusammen mit Blacky im Grab ruhen. Danke, dass du zu seinem Begräbnis gekommen bist.«

»Allein deshalb hast du mich vorgestern wohl kaum angerufen und hergebeten«, vermutete Cotton.

»Können wir nachher darüber reden?«

»Wo?«

»Bei mir zuhause, Maple Lane 12.«

»Okay. Ich weiß, wo das ist.«

»Gut.« Peggy Lee versuchte zu lächeln. »Dann sehen wir uns dort, heute Abend acht Uhr. Ich muss vorher noch ein paar Dinge rund um die Beisetzung erledigen.«

»Bevor du gehst, da wäre noch was.« Cotton musterte sie nachdenklich. »Da du das Thema vorhin selbst angeschnitten hast … weshalb hast du mir damals eigentlich den Laufpass und Blacky den Vorzug gegeben?«

Sie reagierte mit einem abweisenden Blick. »Tut mir leid, das brauchst du nicht zu wissen.«

*


Es waren knapp fünf Minuten zu Fuß vom Friedhof bis zur Hauptstraße von Grinnell. Dort hatte Cotton seinen Dodge Challenger in einer ruhigen Seitenstraße geparkt. Er kontrollierte kurz, ob ihm kein übereifriger Cop einen Strafzettel wegen Überschreitens der Parkzeit verpasst hatte.

Anschließend schlenderte er durch das Stadtzentrum und gönnte sich den einen oder anderen nostalgischen Rückblick. An jeder Ecke lebten Szenen aus seinen Kindertagen wieder auf. Cotton ließ sich weiter treiben und landete schließlich vor einem roten Backsteinhaus, in dem sein Vater früher ein Geschäft für Jagd- und Angelbedarf hatte. Heute befand sich einer dieser Billigläden darin, die sich überall in den Städten ausbreiteten.

Es war Jahre her, seit Cotton das letzte Mal hier gewesen war. Dennoch hatte er das Gefühl, als wäre es erst gestern gewesen. Das traf auch für die Bushaltestelle zu, an der Peggy ihm den Laufpass gegeben hatte. Nach so langer Zeit sah er diesen Abend immer noch in all seinen grausamen Einzelheiten vor sich. Eigentlich hatte er damals vorgehabt, mit ihr ins Kino zu gehen. Stattdessen hatte sie ihn hier abserviert.

Es war ein Gefühl gewesen, als hätte ihm jemand einen Tritt in den Magen versetzt, der ihn wachrüttelte. Schlagartig befand er sich nicht mehr auf rosaroten Wolken mit ihrem ganzen Spektrum an positiven Gefühlen, sondern in der physisch realen Welt mit all ihrer Härte. Liebe verwandelte sich in Wut und Eifersucht.

Der damit verbundene Schmerz war nicht annähernd vergleichbar mit dem, was Cotton später beim Tod seiner Familie in New York verspürt hatte. Doch vor dem schicksalhaften 11. September war er niemals so unglücklich gewesen wie an diesem Tag in Grinnell.

Rückblickend gesehen, hatte er sich damals ziemlich wacker geschlagen. Er hatte nicht geheult, gebettelt oder sich vor Kummer übergeben. Allerdings sah er sich im Anschluss an diese für ihn neue Erfahrung gezwungen, ein paar grundsätzliche Überlegungen anzustellen: über Treuebrüche und damit verbundene Enttäuschungen und Verbitterungen, inklusive der Verfallszeit von Emotionen und seiner allgemeinen Einstellung Frauen gegenüber.

Er hatte weder Peggy Lee noch Blacky jemals gefragt, wann es zwischen ihnen angefangen hatte. Er war auch nicht wild darauf, es zu erfahren. Nicht, dass das heute noch eine Rolle spielte. Ein Seelenklempner hätte diese Gedankenspiele vermutlich als dilettantischen Versuch seines verletzten Egos bezeichnet, diesen Teil seiner Vergangenheit mit der Gegenwart zu versöhnen.

Cotton schlenderte weiter ziellos durch die vertrauten Straßen, die einst sein Zuhause gewesen waren. Plötzlich erkannte er, dass er sich auf direktem Weg zu seinem Elternhaus befand, ohne es bewusst angesteuert zu haben. Abrupt machte er kehrt. Für diesen Abstecher war es zu früh. Der Anblick würde zu tief in noch nicht verheilten Wunden rühren.

Nachdem Cotton sich einiges angeschaut hatte, das ihn an sein früheres Leben erinnerte, folgte er dem Hinweisschild zu einem Diner. Von außen sah das Lokal wie ein verchromter Eisenbahnwaggon aus.

Durch eine zweiflügelige Schwingtür gelangte er in den Gästeraum, der sauber und erstaunlich geräumig wirkte. Gegenüber vom Eingang stand eine Theke mit Kasse. Dahinter befand sich der schmale Küchenbereich. Rechts standen ein Dutzend Zweier- und Vierertische an der Fensterseite aufgereiht. Die meisten Plätze waren leer. Tabletts mit Plastikbesteck, leeren Papptellern und Styroporbechern zeugten noch von der mittäglichen Hauptstoßzeit, die Cotton knapp verpasst hatte.

Er setzte sich an einen Fensterplatz und begutachtete die Speisekarte. Eine vollschlanke Kellnerin mit stahlgrauem Haar trat an seinen Tisch. Ohne die Miene zu verziehen, nahm sie seine Bestellung auf: Cheeseburger, Fritten...



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