Mereschkowski | Julianus Apostata | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 415 Seiten

Mereschkowski Julianus Apostata


1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-8496-3157-4
Verlag: Jazzybee Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 415 Seiten

ISBN: 978-3-8496-3157-4
Verlag: Jazzybee Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Im ersten Band der Trilogie 'Christ und Antichrist' will Kaiser Julian, ein Nachfahre Konstantin des Großen, den Glauben an die Götter wieder festigen. Aber die Meinung des Volkes ist gegen ihn, ja sieht in ihm sogar den Antichrist.

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Um Mitternacht legte Julianus im Vorraume des großen Saales der Mysterien seine Novizenkleidung ab; die Mystagogen, die Priester, die die Neophyten in die Mysterien einweihen, bekleideten ihn mit einem Hierophantengewand, das aus reinen ägyptischen Papyrusfasern bestand; in die Hand bekam er einen Palmenzweig; die Füße blieben bloß.

Er betrat den niederen, langen Saal.

Die gewölbte Decke wurde von zwei Reihen von Säulen aus Aurichalcum, einer grünlich schimmernden Kupferlegierung, getragen; eine jede Säule stellte zwei ineinandergeschlungene Schlangen dar; das Aurichalcum roch nach Grünspan.

An den Säulen standen auf schlanken Füßen Räucherbecken, aus denen Feuerzungen emporstiegen; weiße Rauchwolken erfüllten den Saal.

In der Ferne, an der Schmalwand des Saales, schimmerten zwei goldene, geflügelte assyrische Stiere; über ihnen thronte, einem Gotte gleich, in einem langen, schwarzen, goldgestickten und mit Smaragden und Karfunkeln besäten Gewande der große Hierophant – Maximus von Ephesus.

Ein Hierodul verkündete mit langgedehnter Stimme den Beginn der Mysterien.

"Wenn in dieser Versammlung ein Gottloser, ein Christ, oder ein Epikureer anwesend ist, so verlasse er uns!"

Julianus war auf alle Antworten, die ein Neophyt zu geben hatte, vorbereitet. Er sagte mit lauter Stimme:

"Die Christen sollen sich entfernen!"

Der Chor der Hierodulen, der im Finsteren unsichtbar war, fiel mit traurigem Gesange ein:

"Die Türe! Die Türe! Die Christen sollen sich entfernen! Hinaus mit den Gottlosen!"

Dann traten aus dem Schatten vierundzwanzig Jünglinge vor; sie waren ganz nackt; in ihren Händen glänzten silberne, halbrunde Sistren, die der Sichel des neuen Mondes glichen; die spitzen Enden der Sichel vereinigten sich zu einem vollen Kreise und trugen feine Speichen, die bei der leisesten Berührung erzitterten. Die Jünglinge hoben gleichzeitig ihre Sistren über den Köpfen empor und berührten mit einer einförmigen Bewegung der Finger die Speichen; es gab einen schwermütigen, schmachtenden Klang.

Maximus gab ein Zeichen.

Jemand trat an Julianus von hinten heran, verband ihm die Augen und sagte:

"Komm mit. Fürchte weder Wasser, noch Feuer, weder Geist, noch Körper, weder Leben, noch Tod!"

Man führte ihn fort. Knarrend öffnete sich vor ihm eine wohl verrostete, eiserne Türe; dumpfe Luft schlug ihm entgegen; unter seinen bloßen Füßen fühlte er steile, glitschige Stufen.

Er begann eine unendliche Treppe hinabzusteigen. Es herrschte eine Todesstille. Es roch nach Schimmel. Er hatte den Eindruck, daß er sich tief unter der Erde befinde.

Er war unten angelangt und ging nun einen engen Gang entlang, seine Hände berührten die Wände.

Plötzlich trat er auf etwas Feuchtes; unter seinen Schritten rieselte Wasser, es bedeckte bereits seine Füße. Er ging weiter. Das Wasser wurde mit jedem Schritte tiefer, es erreichte seine Knöchel, dann die Knie und schließlich auch die Hüften. Es war kalt, und er klapperte mit den Zähnen. Er ging immer weiter. Das Wasser erreichte schon seine Brust. Er dachte: "Vielleicht ist das Ganze Betrug? Vielleicht will mich Maximus einfach töten, um Constantius gefällig zu sein?" Doch er ging immer weiter.

Das Wasser fiel.

Plötzlich wehte ihm eine Glut, wie aus einem Schmiedeofen, ins Gesicht; die Erde wurde heiß und versengte seine Füße; er glaubte sich einem glühenden Ofen zu nähern; an seinen Schläfen pochte das Blut; ab und zu wurde die Hitze so unerträglich, als hätte man seinem Gesicht eine brennende Fackel oder ein Gefäß mit geschmolzenem Eisen genähert. Doch er ging immer weiter.

Die Hitze nahm ab. Aber ein schwerer Gestank versetzte ihm den Atem; er stolperte über etwas Rundes, dann wieder, und noch einmal; der Geruch sagte ihm, daß es Totenschädel und Gerippe seien.

Plötzlich schien es ihm, daß jemand lautlos, wie ein Schatten, an seiner Seite schleiche. Eine kalte Hand hatte die seinige ergriffen. Er schrie auf. Dann fühlte er zwei Hände, die nach ihm griffen und sich an sein Kleid klammerten. Er merkte, daß an diesen Händen die Haut abblätterte und daß aus ihr nackte Knochen hervortraten. In der Gebärde, mit der diese Hände ihn und seine Kleidung berührten, lag eine lüsterne und häßliche Liebkosung, wie bei einem liederlichen Weibe. Julianus spürte an seiner Wange einen Atem: er roch nach Verwesung und Feuchtigkeit des Grabes. Plötzlich hörte er dicht an seinem Ohr ein rasches Flüstern, das sich wie das Rascheln von welkem Laub in einer Herbstnacht anhörte:

"Ich bin es, ich bin es, ich! Erkennst du mich denn nicht? Ich bin es."

"Wer bist du?" sagte er, und plötzlich fiel ihm ein, daß er damit das Gelübde des Schweigens verletzt hatte.

"Ich, ich. Wenn du willst, werde ich dir die Binde von den Augen nehmen und dann wirst du alles erfahren, und mich sehen. Soll ich? .."

Die knochigen Finger machten sich mit der gleichen, häßlichen und lüsternen Hast an seinem Gesicht zu schaffen, um die Binde zu entfernen.

Eisige Kälte des Todes ging ihm durch Mark und Bein. Unwillkürlich, automatisch bekreuzte er sich dreimal, wie er es in seiner Kindheit nach einem schweren Traum zu tun pflegte.

Ein Donnerschlag ertönte, die Erde unter seinen Schritten wankte, er glaubte in einen Abgrund zu stürzen und verlor das Bewußtsein.

Als Julianus wieder zu sich kam, war die Binde von seinen Augen verschwunden; er lag auf weichen Polstern in einer großen, schwach beleuchteten Höhle; man gab ihm an einem mit stark riechenden Essenzen durchtränkten Tuche zu riechen.

Vor Julianus stand ein nackter, hagerer Mann von dunkelbrauner Hautfarbe. Es war ein indischer Gymnosophist, ein Gehilfe des Maximus. Er hielt über seinem Kopfe unbeweglich eine glänzende, kupferne, runde Scheibe. Eine Stimme befahl Julianus:

"Sieh hin!"

Er richtete seinen Blick auf die Scheibe, deren unerträglicher Glanz den Augen weh tat. Er fixierte sie lange. Die Umrisse aller Gegenstände verschwammen in einem Nebel. Er spürte eine angenehme, beruhigende Mattigkeit; er hatte den Eindruck, daß der helle Kreis nicht außerhalb, sondern innerhalb seines Körpers glänze; seine Augenlider wurden schwer, und auf seinen Lippen spielte ein müdes, gefügiges Lächeln; er hatte sich ganz dem Zauber des Lichtes hingegeben.

Jemand fuhr einigemal mit der Hand über seinen Kopf und fragte:

"Schläfst du?"

"Ja."

"Sieh mir in die Augen."

Julianus hob mit großer Anstrengung seine Augenlider und erkannte Maximus, der sich über ihn beugte.

Maximus war ein Greis von siebzig Jahren; sein schneeweißer Bart reichte ihm bis an den Gürtel; sein graues Haar, das einen leichten goldenen Schimmer hatte, fiel ihm auf die Schultern herab; seine Wangen und seine Stirne waren von tiefen Runzeln durchfurcht, die nicht von Gram, sondern von Weisheit und Willensstärke erfüllt waren; seine feinen Lippen umspielte ein zweideutiges Lächeln: so lächeln sehr kluge, verlogene und verführerische Frauen; am besten gefielen Julianus seine Augen: klein, funkelnd und schnell lugten sie unter den buschigen, grauen Augenbrauen hervor und blickten durchdringend, spöttisch und liebevoll. Der Hierophant fragte ihn:

"Willst du den alten Titanen sehen?"

"Ich will es!" antwortete Julianus.

"Sieh hin."

Der Zauberer wies ihm mit der Hand in die Tiefe der Höhle, wo ein Dreifuß aus Aurichalcum stand. Eine große, weiße Rauchwolke stieg zur Decke. Da erscholl eine Stimme, wie die Stimme des Sturmes, und die ganze Höhle erbebte:

"Herkules, Herkules, befreie mich!"

Zwischen Wolkenfetzen leuchtete ein blauer Himmel. Julianus lag mit...



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