Mereschkowski | Leonardo Da Vinci | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 680 Seiten

Mereschkowski Leonardo Da Vinci


1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-8496-3158-1
Verlag: Jazzybee Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 680 Seiten

ISBN: 978-3-8496-3158-1
Verlag: Jazzybee Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Der zweite Band der Trilogie 'Christ und Antichrist' spielt im Italien des 15. und 16. Jahrhunderts. Die alten griechischen Göttern erleben eine wundersame Auferstehung und alles ist verflochten in der Person Da Vincis.

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Zwei Tage später kam Grillo nach Florenz, um Messer Cipriano Buonaccorsi, der von einer unerwarteten Fülle geschäftlicher Angelegenheiten ganz in Anspruch genommen war und daher noch nicht Zeit gefunden hatte, die Venus in die Stadt überführen zu lassen, eine Hiobspost zu bringen: Pater Faustino habe San Gervasio verlassen und sei in das nahe Bergdorf San Mauricio gezogen, wo er den Bauern mit Androhung himmlischer Strafen Angst eingejagt habe; eines Nachts hätten die Bauern unter seiner Führung einen Feldzug gegen die Villa Buonaccorsi unternommen, das Haus belagert, die Tore gesprengt, den Gärtner Strocco halbtot geprügelt, und die bei der Venusstatue angestellten Wächter an Händen und Füßen gefesselt; über der Göttin wurde das alte Gebet: Oratio super effigies vasaque in loco antiquo reperta gelesen; der Geistliche bittet in diesem Gebet den Herrn, er möchte die aus der Erde gegrabenen Gegenstände vom heidnischen Gräuel reinigen und sie zum Nutzen christlicher Seelen wandeln, im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes – ut omni immunditia depulsa sint fidelibus tuis utanda per Christum dominum nostrum. Darauf hätten sie die Statue in Stücke geschlagen, verbrannt und mit dem gewonnenen Kalk die neue Friedhofsmauer getüncht.

Als Giovanni diesen Bericht des alten Grillo hörte, der aus Mitleid mit dem vernichteten Götzenbild beinahe weinte, faßte er einen festen Entschluß: er ging am gleichen Tag zu Leonardo und bat ihn um Aufnahme in seine Werkstatt.

Leonardo nahm ihn auf.

Bald darauf kam nach Florenz die Nachricht, daß der allerchristlichste König von Frankreich Karl VIII. an der Spitze eines gewaltigen Heeres einen Feldzug zur Eroberung von Neapel und Sicilien, vielleicht auch von Rom und Florenz unternommen hätte.

Die Bürger waren von Schreck ergriffen, denn sie sahen, daß nun die Prophezeiungen des Fraters Girolamo Savonarola in Erfüllung gingen: die Plagen rückten heran und das Schwert Gottes senkte sich über Italien.

Zweites Buch



Ecce Deus – Ecce Homo



I.

"Wenn der schwere Adler sich auf seinen Flügeln in der dünnen Luft zu halten vermag, wenn große Schiffe sich mittels ihrer Segel auf dem Meere fortbewegen können, warum sollte nicht der Mensch die Luft mit Flügeln durchschneiden, der Winde Herr werden und sich sieghaft in die Lüfte erheben können?"

Leonardo las diese Worte in einem seiner alten Tagebücher; er hatte sie vor fünf Jahren niedergeschrieben. Daneben war eine Skizze: an einer Deichsel war eine runde eiserne Stange und an dieser waren Flügel befestigt, die mittels Stricken in Bewegung gesetzt werden konnten.

Jetzt erschien ihm diese Maschine unförmlich und plump.

Der neue Apparat hatte die Gestalt einer Fledermaus. Das Gerippe der Flügel bestand aus fünf Fingern, die in vielen Gelenken biegsam waren. Die Finger waren durch eine Sehne aus gegerbten Lederriemen und rohseidenen Schnüren mit Hebel und Scheibe, wie Muskeln konstruiert, verbunden. Die Flügel wurden durch Hebel und Zugstangen gehoben. Sie waren aus gestärktem luftdichtem Taffet gefertigt und konnten sich wie die Schwimmhäute einer Gans falten und spreizen. Die Flügel bewegten sich über Kreuz, wie die Leine eines Pferdes. Sie waren vierzig Ellen lang und ihr Hub betrug acht Ellen. Wenn sie nach rückwärts schlugen, so trieben sie die Maschine vorwärts, wenn sie sich senkten, trieben sie sie in die Höhe. Ein Mensch nahm in dieser Maschine stehend Platz, indem er seine Füße in Steigbügel setzte, welche mit Schnüren, Blöcken und Hebeln die Flügel antrieben. Das große gefiederte Steuer, das den Schwanz des Vogels bildete, wurde mit dem Kopf betätigt.

Wenn ein Vogel aufstiegt, so muß er sich vor dem ersten Flügelschlag auf seinen Beinen emporrecken. Der Kernbeißer hat sehr kurze Beine; daher zappelt er, ohne auffliegen zu können, wenn man ihn auf die Erde legt.

Den Vogelbeinen entsprachen in diesem Apparat zwei kleine Leitern aus Rohrstäben.

Leonardo wußte aus Erfahrung, daß die Vollkommenheit einer Maschine mit der Schönheit aller ihrer Teile und ihrer Verhältnisse Hand in Hand geht; der unschöne Anblick der Leitern, die aber unumgänglich waren, machte ihm daher Schmerzen.

Er verlegte sich wieder auf mathematische Berechnungen und suchte nach einem Fehler; es gelang ihm aber nicht, ihn zu finden. Dann strich er plötzlich seine engen Zahlenkolonnen mitten durch, schrieb auf den Rand der Seite "Falsch!" und setzte dann in großen wütenden Lettern hinzu: "Zum Teufel!"

Die Berechnungen wurden immer verworrener; der unauffindbare Fehler zog immer größere Kreise um sich.

Die Kerzenflamme flackerte und tat den Augen weh. Der Kater, der bereits ausgeschlafen hatte, sprang auf den Arbeitstisch, reckte sich, machte einen Buckel und begann nun mit einem von Motten zerfressenen Vogelbalg zu spielen, der von einem Querbalken an einem Bindfaden herunterhing und zum Studium der Lage des Schwerpunktes beim Fluge diente. Leonardo stieß den Kater fort, so daß dieser jammervoll aufschrie und beinahe vom Tische fiel. "Nun, in Gottes Namen! Liege wo du willst, aber störe mich nicht."

Er streichelte den Kater und im schwarzen Fell knisterten Funken. Der Kater zog seine Sammetpfoten ein, legte sich gravitätisch nieder, schnurrte und richtete seine unbeweglich-grünen, geheimnisvoll-wollüstigen Pupillen auf seinen Herrn.

Und dann kamen wieder Zahlen, Klammern, Brüche, Gleichungen, Kubik- und Quadratwurzeln.

Die zweite schlaflose Nacht ging dahin.

Nach seiner Rückkehr aus Florenz verbrachte Leonardo einen ganzen Monat mit der Arbeit an seinem Flugapparat. Er hatte in dieser Zeit sein Haus fast kein einziges Mal verlassen.

Die Zweige einer Akazie blickten zum offenen Fenster herein,ab und zu ließen sie ihre zarten süßduftenden Blüten auf den Tisch fallen. Rötliche Wolken mit Perlmutterschimmer dämpften das Mondlicht; es fiel ins Zimmer und mischte sich da mit dem roten Schein der tief heruntergebrannten Kerze.

Das Zimmer war mit Maschinen und astronomischen, physikalischen, chemischen, mechanischen und anatomischen Apparaten und Präparaten angefüllt. Räder, Hebel, Federn, Schrauben, Röhren, Stangen, Bogen, Kolben und andere Maschinenteile aus Kupfer, Stahl, Eisen und Glas ragten wie Glieder von Rieseninsekten aus den finsteren Ecken in wüstem Durcheinander. Man sah darunter eine Taucherglocke, den schimmernden Glaskörper in einem optischen Modell des menschlichen Auges, ein Pferdeskelett, ein ausgestopftes Krokodil, ein Glas mit einem menschlichen Embryo in Spiritus; es glich einer großen bleichen Larve; spitze bootartige Gebilde, eine Art Wasserschuhe, und daneben einen Mädchen- oder Engelskopf aus Ton, der traurig und falsch lächelte und wohl zufällig aus der Malerwerkstatt hergeraten war.

Im Hintergrunde, im schwarzen Rachen des Schmelzofens, der mit einem riesigen Blasebalg versehen war, glimmten unter Asche Kohlen.

Über alle diese Dinge breiteten sich vom Boden bis zur Decke die Flügel der Flugmaschine, der eine noch nackt, der andere bereits mit Haut versehen. Auf dem Boden zwischen den Flügeln lag ein Mann, der wohl während der Arbeit eingeschlafen war. In der Rechten hielt er noch den Griff eines verrußten kupfernen Gießlöffels, aus dem etwas Zinn auf den Boden geflossen war. Das untere Ende des einen leichten Flügelgerippes berührte die Brust des Schlafenden und der Flügel zitterte bei jedem Atemzug, wobei das spitze obere Ende mit leisem Geräusch die Decke streifte. Im trüben Schein des Mondes und der Kerze sah die Maschine mit dem zwischen den Flügeln liegenden Mann wie eine riesengroße flugbereite Fledermaus aus.

II.

Der Mond ging unter. Von den Gärten, die Leonardos Haus in einer Vorstadt von Mailand zwischen der Festung und dem Kloster Maria delle Grazie umgaben, kam ein Duft von Gemüse und Kräutern – Melisse, Minze und Dill. Im Nest, das über dem Fenster klebte, zwitscherten die Schwalben. Im Teiche plätscherten und schrien die Enten.

Das Kerzenlicht wurde blaß. In der Werkstatt nebenan hörte man die Schüler.

Es waren ihrer zwei: Giovanni Beltraffio und Andrea Salaino. Giovanni zeichnete ein anatomisches Modell, das hinter einem zum Studium der Perspektive dienenden Apparat aufgestellt war. Dieser bestand aus einem Holzrahmen, in dem ein Fadennetz aufgespannt...



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