Mitterstieler Das wunderbare Licht, in dem wir leben
2. Auflage 2012
ISBN: 978-3-429-04551-7
Verlag: Echter
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Gleichheit, Würde und Priestertum aller in der Kirche
E-Book, Deutsch, 166 Seiten
ISBN: 978-3-429-04551-7
Verlag: Echter
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Elmar Mitterstieler SJ, geboren 1940, ist langjähriger Spiritual, Exerzitien- und geistlicher Begleiter. Er lebt in Wien.
Autoren/Hrsg.
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Priester im Neuen Testament
»Priester« ist ein kultischer Begriff, der der Sache nach in vielen Religionen eine auch sozial bedeutsame Rolle spielt. Uns interessiert hier vor allem seine Bedeutung im biblischen Kontext.
»Der Priester (??????) ist im Volk Israel und in der religiösen Umwelt von damals eine vertraute Gestalt, eine Person, die eine besondere Funktion im sakralen Bereich eines Tempels hat (Leitung kultischer Zeremonien, Darbringung von Gebeten und Opfern [vgl. Hebr 5,1]), die Zugang zum Heiligen (Heiligtum [?????] und Allerheiligstes als Ort besonderer Gottesnähe) besitzt, sich im kultischen Sinn einem Gott nahen darf und dabei die Rolle eines Mittlers zwischen Gott und dem Volk einnimmt.«13
Aus diesem Bereich kommt also der Priesterbegriff, den das Neue Testament in seiner späten Zeit im Bezug auf Jesus und die Glaubenden als Metapher (als Bildwort) anwendet. »Metapher« deshalb, weil es Jesus, indem es ihn z.B. als Hohenpriester bezeichnet, nicht in die Reihe der alttestamentlichen Priester und Hohenpriester stellt, sondern ihn auf dem Weg eines Vergleiches in seiner Unterschiedenheit und im Grunde Unvergleichlichkeit und so in seiner Einmaligkeit und als Erfüllung aller Vorausbilder darstellt: Er ist Priester auf eine einmalige, nie da gewesene und letztgültige Weise. Und die Glaubenden sind es mit ihm.
Da geht es um den , den , in ; um die Befähigung zur , also zu sein ; es geht ums , ums -Können auf kompetente und wirksame Weise. Eng damit verbunden ist das und Erwirken und so den ersehnten Herbeiführen. Eine interessante Beobachtung soll hier als Zwischenbemerkung eingefügt werden. Nicht in den Bereich der Priester-Metaphern des Neuen Testamentes fällt es meines Wissens, Weisung zu erteilen (vgl. etwa Jer 18,18: »Denn nie wird dem Priester die Weisung ausgehen …«) und Wortverkündigung oder etwa die Leitung einer Gemeinde. D.h. wohl, dass wir da mehr in den Bereich des Apostels, des Propheten, des Lehrers kommen und in den der Ältesten, der Vorsteher und Episkopen. »Priester«, »Prophet« und »König« sind nicht miteinander zu vermengen, haben aber dennoch einen inneren Zusammenhang. »Priester« und »König« können z.B., wie in der Offenbarung des Johannes, eine feste und sicherlich nicht zufällige Verbindung eingehen.
1. Der Hebräerbrief: Der eine Priester, das eine Opfer und die Opfer der Christen14
Die genannten priesterlichen Attribute können, wie der Hebräerbrief – spät und als einzige Schrift im Neuen Testament – zeigt, auf Jesus Anwendung finden. Freilich in einmaliger Weise. Er hat uns durch seine Hingabe in den Tod den Zugang zum Vater erschlossen, ja er ist, als unser »Vorläufer«, selbst für uns dieser Zugang »ins Allerheiligste«, hinter den »zweiten Vorhang« (9,3), »vor Gottes Angesicht« (9,24). Es ist ein unmittelbarer Zugang für alle Glaubenden, vermittelt nur durch ihn, der sie – einen jeden und eine jede – für immer dahin mitnimmt. Denn er hat auf seinem Weg hinter den Vorhang das Hindernis unserer Sünden auf sich genommen und weggeräumt, indem er »ein für allemal … sich selbst darbrachte« (7,27) Hier begegnen wir einem Schlüsselwort dieser Anschauung Jesu als Priester: Es sind nicht irgendwelche, nicht die konventionellen Opfer, die er bringt, und wären sie noch so kostbar. Er hat vielmehr dargebracht! Der Begriff »Opfer« hat sich dadurch radikal verändert. Selbstgabe ist seither, mag es auch noch so viele Einzelmomente und Einzelschritte darin geben, das Einzige, das letztlich Leben und Tod christlich verändert. Seine Selbstgabe und unsere mit ihm. Diese einzigartige priesterliche Kompetenz Jesu, aus der die priesterliche Kompetenz aller Glaubenden sich herleitet, wird uns noch besonders beschäftigen.
Zu der Art und Weise, wie Jesus uns freien Zugang (Eph 2,18; 3,12) ins Allerheiligste verschafft, gehört wesentlich, dass er »der Sohn« ist, dass er also an sich schon bei Gott (d.h. in der kultischen Sprache, die hier gewählt ist, »im Allerheiligsten«) zu Hause ist. Um uns alle aber dahin mitzunehmen, muss er und will er unser Todesschicksal der Sünde teilen, indem er, diesen Weg mit uns und für uns gehend, sich selbst darbringend »mit seinem eigenen Blut ein für allemal in das Heiligtum« hineingeht, um sein »Volk zu heiligen« (Hebr 9,12; 13; 12). Denn »er musste in allem den Brüdern/Schwestern gleich sein, um ein barmherziger und treuer Hoherpriester vor Gott zu sein und die Sünden des Volkes zu sühnen« (2,17). »Obwohl er der Sohn war, hat er durch Leiden den Gehorsam gelernt« (5,8), den wir verlernt hatten und so schwer wiederum lernen – nicht irgendeinen, sondern den elementaren unserer Existenz. Obwohl er »der Sohn« und also bei Gott zu Hause war, ist er mit uns unseren mühsamen Weg in sein Haus gegangen und hat uns so diesen Weg eröffnet, um uns aufzunehmen in seine einmalige Beziehung und Stellung zu/in Gott.
Und wenn es noch so mühsam wurde, er hat uns dabei immer als Brüder und Schwestern angesehen, als Söhne und Töchter seines Vaters mit ihm. Seine Gemeinschaft mit uns, für die er sich vor seinem Vater entschieden hat (»Siehe, ich und die Kinder – die Brüder und Schwestern –, die Gott mir gegeben hat« 2,13) und für die er bis zum Äußersten, bis zur Hingabe seiner selbst geht, offenbart uns durch die Liebe, mit der er das tut, eine Weise der Versöhnung und der Vergebung, die wir annehmen können. So bewirkt seine freiwillige Lebenshingabe für uns »ein für allemal« Sündenvergebung und »ewige Erlösung«. Indem er so unsere Gottesbeziehung heilt und uns als Geschwister annimmt um jeden Preis, und sei es auch um den Preis seiner selbst, schafft und verkündet er Frieden, Frieden »den Fernen und … den Nahen« (Eph 2,17).
Als Antwort auf die erlösende Selbstgabe Jesu können und sollen auch wir »Opfer« darbringen. Jesus selbst ist durch seine Hingabe zum Altar unserer Hingabe geworden. Unsere Opfer sind nicht solche, die uns Erlösung und Heil erwirken könnten oder müssten, denn das ist ja schon ein für allemal durch ihn geschehen. Es sind vielmehr Opfer des Lobes und des Dankes: »Durch ihn also lasst uns Gott allezeit das Lobopfer darbringen, nämlich die Frucht der Lippen, die seinen Namen preisen« (Hebr 13,15; Hos 14,3). Unser Weg zur Heimatstadt (es ist dies das für den Hebräerbrief charakteristische Bild von der Kirche als dem wandernden Gottesvolk), den wir mit Lob und Dank auf unseren Lippen gehen, ist der von ihm vorausgegangene: »Lasst uns also zu ihm hinausziehen außerhalb des Lagers (dorthin, wo die Tierkadaver verbrannt werden, »deren Blut vom Hohenpriester zur Sühnung der Schuld in das Heiligtum gebracht wird«: 13,11) und seine Schmach tragen« (13,13). Denn Jesus hat »außerhalb des Tores« (13,12) gelitten (an der »Schädelstätte«; auch das Heiligtum Israels auf seiner Wüstenwanderung, das Bundeszelt, war »für sich außerhalb des Lagers«, »in einiger Entfernung« aufgeschlagen: Ex 33,7). Und noch ein weiteres Opfer, das wir auf unserem Weg mit Jesus darbringen sollen, wird hier genannt: »Vergesst nicht, Gutes zu tun (das entsprechende griechische Wort »Wohltun, ??p???a« nur hier im NT) und mit andern zu teilen (wörtlich: die Gemeinschaft), denn an solchen Opfern hat Gott Gefallen« (13,16). Nur an diesen zwei Stellen im Hebräerbrief ist also von Opfern, die die Christen darbringen, die Rede – und diese sind keine kultischen Opfer. Lobopfer, Wohltun und Gemeinschaft – darin vergegenwärtigt sich das eine Opfer, die Lebenshingabe Jesu. Das ist es, was uns zu geben und darzubringen von ihm geschenkt und aufgetragen ist.
2. Im Gefolge von Ex 19,4–6
»Ihr habt gesehen, was ich den Ägyptern angetan habe, wie ich euch auf Adlerflügeln getragen und hierher zu mir gebracht habe. Jetzt aber, wenn ihr auf meine Stimme hört und meinen Bund haltet, werdet ihr unter allen Völkern mein besonderes Eigentum sein. Mir gehört die ganze Erde, ihr aber sollt mir als ein Reich von Priestern und als ein heiliges Volk gehören. Das sind die Worte, die du den Israeliten mitteilen sollst« (Ex 19,4–6).
Der 1. Petrusbrief zitiert Ex 19,4–6 nach der griechischen Übersetzung des Alten Testamentes, der sog. Septuaginta (LXX). In 1 Petr 2,9 finden wir die entsprechende Zusage an die christliche Adressatengemeinde: »Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliger Stamm, ein Volk, das sein besonderes Eigentum wurde, damit ihr die großen Taten dessen verkündet, der euch aus der...




