Mohl Der große Zauberlehrling
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-95571-326-3
Verlag: Junfermannsche Verlagsbuchhandlung
Format: PDF
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, 944 Seiten
ISBN: 978-3-95571-326-3
Verlag: Junfermannsche Verlagsbuchhandlung
Format: PDF
Kopierschutz: 0 - No protection
Aufbauend auf Alexa Mohls Bestseller "Der Zauberlehrling" enthält dieses Buch eine umfassende systematische Darstellung der Kommunikationsmethoden und Vorgehensweisen der Veränderungsarbeit, die unter dem Begriff "Neuroliguistisches Programmieren" Eingang in Psychologie, Pädagogik und Management gefunden hat. Es enthält die Ergebnisse der Begründer des NLP, Richard Bandler und John Grinder und stellt darüber hinaus die wichtigsten Arbeiten ihrer Nachfolger der ersten Generation dar. Das Buch wurde für Lernende des NLP der Practitioner- und Masterstufe geschrieben. "Wie das vorliegende Buch zu benutzen ist, möchte ich dem Interesse meiner Leser überlassen. Sie können sich ein Gesamtverständnis dieser Disziplin, ihrer Wurzeln, ihres Wesens und ihrer praktischen Bedeutung erarbeiten. Sie können sich auf Einzelthemen konzentrieren, sich NLP als Kommunikationskunst aneignen oder bestimmte Kategorien der Veränderungsarbeit studieren. Und Sie können dieses Buch als Nachschlagewerk für NLP-Formate benutzen. Richard Bandler und John Grinder haben ihre Seminarteilnehmer und Leser gebeten, herauszufinden, ob ihr Angebot etwas nützt oder unnütz ist. Ich möchte mich dem anschließen. Wenn dieses Buch Ihnen, dem Leser, nützlich ist, hat meine Arbeit sich gelohnt." - Alexa Mohl
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1;Band 1;1
1.1;Inhaltsu?bersicht;6
1.2;Inhaltsverzeichnis für Band 1;8
1.3;Vorwort;14
1.4;1 Kapitel: NLP und seine Wurzeln;18
1.4.1;Erster Abschnitt: Richard Bandler und John Grinderin der Schule der Magier;20
1.4.1.1;I. Gestalttherapie;23
1.4.1.2;II. Virginia Satir;33
1.4.1.3;III. Milton H. Erickson;41
1.4.2;Zweiter Abschnitt: Theoretische Vorläufer des NLP;50
1.4.3;Dritter Abschnitt: Was ist NLP?;66
1.4.3.1;I. Das Menschenbild des NLP;68
1.4.3.2;II. NLP als emanzipatorische Praxis;75
1.5;Kapitel 2: Beraterfähigkeiten;78
1.5.1;Erster Abschnitt: Wahrnehmung;80
1.5.1.1;1. Wahrnehmung innerer Zustände (die Physiologien);83
1.5.1.2;2. Wahrnehmung von Repräsentationssystemen;95
1.5.1.3;3. Wahrnehmung von anderen Metaprogrammen;111
1.5.1.4;4. Wahrnehmung von Inkongruenzen;122
1.5.1.5;5. Wahrnehmung von Satirkategorien;124
1.5.2;Zweiter Abschnitt: Rapport;132
1.5.2.1;1. Rapport im Alltag;134
1.5.2.2;2. Rapport in der Psychologie;136
1.5.2.3;3. Rapport im NLP;140
1.5.2.4;4. Spiegeln (Pacing);142
1.5.3;Dritter Abschnitt: Fragetechnik – Das Metamodell der Sprache;158
1.5.3.1;1. Der Aufbau der menschlichen Lebenswelt;159
1.5.3.2;2. Die Universalien menschlicher Modellbildung;161
1.5.3.3;3. Die Struktur der Magie;163
1.5.3.4;4. Das Metamodell der Sprache als Fragetechnik;166
1.5.3.5;5. Vorläufer des Metamodells;169
1.5.3.6;6. Die Bedeutung des Metamodells;175
1.5.3.7;7. Die Fragen des Metamodells im einzelnen;181
1.5.4;Vierter Abschnitt: Reframing;196
1.5.4.1;1. Reframings in der Psychologie;199
1.5.4.2;2. Inhaltliches Reframing;201
1.5.4.3;3. Sleight of Mouth (SOM);209
1.6;Kapitel 3: NLP-Veränderungsarbeit;218
1.6.1;Erster Abschnitt: NLP als Veränderungsarbeit;220
1.6.1.1;1. Ziele der NLP-Veränderungsarbeit;221
1.6.1.2;2. Die Form der NLP-Veränderungsarbeit;226
1.6.1.3;3. Die Vorgehensweise der NLP-Veränderungsarbeit;228
1.6.1.4;4. Prinzipien der NLP-Veränderungsarbeit;229
1.6.1.5;5. Anforderungen an den NLP-Berater;235
1.6.2;Zweiter Abschnitt: Standardschritte der NLP-Veränderungsarbeit;238
1.6.2.1;1. Problembestimmung;242
1.6.2.2;2. Separator-State;244
1.6.2.3;3. Zielbestimmung;246
1.6.2.4;4. Ökologische Überpru?fung;254
1.6.2.5;5. Ressourcen;261
1.6.2.6;6. Integration;266
1.6.2.7;7. Future-Pace;268
1.6.2.8;8. Vom Problem zum Ziel, Standardschritte der NLP-Veränderungsarbeit;272
1.6.3;Dritter Abschnitt: Theorie und Praxis der NLP-Veränderungsarbeit;276
1.7;Kapitel 4: Ressourcenintegration;280
1.7.1;Erster Abschnitt: Ankern;282
1.7.1.1;1. Die Geburtsstunde der Ankertechnik;283
1.7.1.2;2. Ankern im NLP;286
1.7.1.3;3. Der Nutzen des Ankerns;288
1.7.1.4;4. Neurophysiologie des Ankerns;290
1.7.1.5;5. Die Praxis des Ankerns;293
1.7.1.6;6. Weitere nu?tzliche Ankerformate;298
1.7.1.7;7. Zwei Formen der Arbeit mit Ankern;307
1.7.1.8;8. In die Vergangenheit zuru?ckgehen mit Ankern;311
1.7.1.9;9. Arbeiten mit Bodenankern;312
1.7.1.10;10. Verdeckt ankern;315
1.7.2;Zweiter Abschnitt: Ressourcenintegration;318
1.7.2.1;1. Changing History;319
1.7.2.2;2. Neurophysiologie der Ressourcenintegration;325
1.7.2.3;3. Ressourcenintegration in anderen Psychotherapien;328
1.7.3;Dritter Abschnitt: Formate der Ressourcenintegration;336
1.7.3.1;1. Changing History als Kette;337
1.7.3.2;2. Phobietechnik mit Ressource;340
1.7.3.3;3. Reimprinting;346
1.7.3.4;4. Der Allergie-Prozeß;355
1.7.3.5;5. Sich vor Lachen nicht halten können;362
1.7.3.6;6. Groovy-Swish;363
1.7.4;Vierter Abschnitt: Ressourcenintegration mit Bodenankern;364
1.7.4.1;1. Anker „verketten“ mit Bodenankern;364
1.7.4.2;2. Mentoren-Technik;367
1.7.4.3;3. Glaubensveränderungsprozeß im Gehen;369
1.7.4.4;4. NLP-Vorannahmen-Prozeß;373
1.7.4.5;5. Walt-Disney-Strategie;376
1.8;Kapitel 5: Teilearbeit;378
1.8.1;Erster Abschnitt: Was sind Teile?;380
1.8.1.1;1. Die Teilevorstellung im NLP;382
1.8.1.2;2. Teilevorstellungen in der Psychologie;385
1.8.1.3;3. Neurophysiologie des Teile-Konzepts;395
1.8.1.4;4. Veränderungsarbeit nach dem Teile-Konzept;400
1.8.2;Zweiter Abschnitt: Die Durchfu?hrung von Teilearbeiten;404
1.8.2.1;1. Sixstep-Reframing;405
1.8.2.2;2. Sixstep-Reframing bei dissoziierten Zuständen;427
1.8.2.3;3. Sixstep-Reframing in einer einfachen Form;432
1.8.2.4;4. Umgang mit der Nörglerstimme;437
1.8.2.5;5. Core-Transformation oder Identity-Process;439
1.8.2.6;6. Teile bauen;462
1.8.2.7;7. Familienaufstellung;465
1.8.3;Dritter Abschnitt: Veränderungsarbeit mit mehreren Teilen;468
1.8.3.1;1. Das Verhandlungsmodell;469
1.8.3.2;2. Das Verhandlungsmodell in einer einfachen Form;472
1.8.3.3;3. Integration von Inkongruenzen;475
1.8.3.4;4. Visual Squash nach C. und St. Andreas;487
1.8.3.5;5. Visual Squash nach Robert McDonald;490
1.8.3.6;6. Visual Squash mit Glaubenssätzen nach Robert Dilts;492
1.8.3.7;7. Integration konfligierender Glaubenssätze nach Robert Dilts;494
1.9;Anmerkungen;500
2;Band 2;514
2.1;Inhaltsu?bersicht u?ber Band 2;515
2.2;Inhaltsverzeichnis fu?r Band 2;516
2.3;Einleitung in den zweiten Band;520
2.4;Kapitel 6: Arbeiten mit Strategien und Modeling;521
2.4.1;Erster Abschnitt: Was sind Strategien?;523
2.4.1.1;1. Ausgangspunkt: Auseinandersetzung mit dem Behaviorismus;525
2.4.1.2;2. Das NLP-Strategiekonzept;528
2.4.1.3;3. Der Nutzen des Strategiekonzepts;536
2.4.1.4;4. Status und Bedeutung des Modells;540
2.4.1.5;5. Vorläufer des Strategiekonzepts;542
2.4.1.6;6. Neurophysiologie der Strategiearbeit;544
2.4.2;Zweiter Abschnitt: Strategien untersuchen;547
2.4.2.1;1. Strategien aufzeichnen;548
2.4.2.2;2. Strategien evozieren (elizitieren);552
2.4.2.3;3. Strategien auspacken;554
2.4.3;Dritter Abschnitt: Arbeiten mit Strategien;563
2.4.3.1;I. Strategien utilisieren;564
2.4.3.2;II. Strategien verändern;574
2.4.3.3;III. Strategien neu entwerfen;582
2.4.3.4;IV. Strategien installieren;590
2.4.3.5;V. MODELING;601
2.5;Kapitel 7: Submodalitäten;615
2.5.1;Erster Abschnitt: Was sind Submodalitäten?;617
2.5.1.1;1. Submodalitäten im sprachlichen Ausdruck;619
2.5.1.2;2. Submodalitäten-Liste;620
2.5.1.3;3. Submodalitäten und Erfahrung;621
2.5.1.4;4. Submodale Äquivalenzen und Synästhesien;622
2.5.1.5;5. Kritische Submodalitäten;623
2.5.1.6;6. Neurophysiologie der Submodalitäten;626
2.5.2;Zweiter Abschnitt: Formen der Veränderungsarbeit mit Submodalitäten;629
2.5.2.1;1. Submodalitäten variieren;632
2.5.2.2;2. Arbeiten mit Assoziation und Dissoziation;634
2.5.2.3;3. Mapping Across;636
2.5.2.4;4. Das Swish-Muster;641
2.5.2.5;5. Das Blowout-Muster;645
2.5.2.6;6. Das Synästhesie-Muster;651
2.5.3;Dritter Abschnitt: Formate der Submodalitätenarbeit;653
2.5.3.1;I. Arbeit mit Gefu?hlen;654
2.5.3.2;II. Arbeit mit Verhaltensweisen;682
2.5.3.3;III. Arbeit mit Glaubenssätzen;695
2.5.3.4;IV. Arbeit mit Werten und Metaprogrammen;707
2.5.3.5;V. Traumatechniken mit Submodalitäten;721
2.6;Kapitel 8: NLP-Konzepte und Systematisierungsversuche;731
2.6.1;Erster Abschnitt: Timeline-Arbeit;733
2.6.1.1;1. Zeitlinien;734
2.6.1.2;2. Schweben u?ber der Timeline;738
2.6.1.3;3. Arbeiten mit der Bodentimeline;742
2.6.2;Zweiter Abschnitt: Wahrnehmungspositionen;761
2.6.2.1;1. Wahrnehmungspositionen fu?r soziale Probleme;763
2.6.2.2;2. Meta-Mirror nach Robert Dilts;765
2.6.2.3;3. Anderen vergeben;769
2.6.2.4;4. Abhängigkeit auflösen;771
2.6.3;Dritter Abschnitt: Neurologische Ebenen;773
2.6.3.1;1. Vorläufer der Neurologischen Ebenen;773
2.6.3.2;2. Dilts‘ Konzept und seine Diskussion;775
2.6.3.3;3. Die „Neurologischen Ebenen“ auf dem Hintergrund des urspru?nglichen NLP-Modells;779
2.6.3.4;4. Die Neurologischen Ebenen als Interventionstechnik;782
2.6.4;Vierter Abschnitt: Systematisierungsversuche im NLP;789
2.6.4.1;1. Das Netz des generativen NLP;792
2.6.4.2;2. Meta-Mirror fu?r soziale Probleme;795
2.6.4.3;3. Das S.C.O.R.E.-Modell;797
2.7;Kapitel 9: Therapie in Trance;801
2.7.1;Erster Abschnitt: Was ist Trance?;803
2.7.1.1;1. Nutzen der Trance-Arbeit;808
2.7.1.2;2. Wann Therapie in Trance?;811
2.7.1.3;3. Kleine Geschichte der Hypnose;813
2.7.1.4;4. Trance-Erfahrungen;815
2.7.1.5;5. Trance-Tiefe;818
2.7.1.6;6. Trance-Signale;821
2.7.1.7;7. Trance und Rapport;823
2.7.1.8;8. Zauber der Trance-Stimme;825
2.7.1.9;9. Einfu?hrung in die hypnotische Sprache;827
2.7.2;Zweiter Abschnitt: Trance-Induktionen;841
2.7.2.1;I. Einfache Induktionen;842
2.7.2.2;II. Induktionen fu?r Fortgeschrittene;856
2.7.3;Dritter Abschnitt: Arbeit mit Tranceprozessen;871
2.7.3.1;I. Vorarbeiten fu?r die Therapie in Trance mit NLP-Formaten;872
2.7.3.2;II. Tranceformate;876
2.7.3.3;III. Flexible Trancearbeit;902
2.7.3.4;IV. Selbsthypnose;916
2.8;Anmerkungen;919
2.9;Verzeichnis der verwendeten Literatur;927
2.10;Personenregister;931
2.11;Stichwortregister;935
Zweiter Abschnitt:
Theoretische Vorläufer des NLP
Es gibt außer Perls, Satir und Erickson weitere wichtige Vorläufer des NLP. Es geht um theoretische Vorläufer, um Menschen, die eine Weise des Denkens ausprägten, die Bandler und Grinder übernommen haben, ohne ihre Urheber ausdrücklich als geistige Väter zu begreifen. Aber sie haben sie gekannt. Einige von ihnen haben sie gelesen und zitiert. Andere haben sie nicht zitiert, aber sie haben ihre Arbeit zur Kenntnis genommen oder sogar mit ihnen diskutiert. Und wieder andere haben Gedanken entwickelt, die das wissenschaftliche Denken in der Zeit beeinflusst haben, in der Bandler und Grinder studierten.
1. Die kybernetische Revolution der Erkenntnis Mitte des 20. Jahrhunderts
In der Mitte des 20. Jahrhunderts wurde die Kybernetik als Theorie sozialer Systeme entwickelt, ...
In den vierziger und fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts veranstalteten die New Yorker Akademie der Wissenschaften und andere Institutionen wie die Macy Foundation und das Hixon Symposion Tagungen, auf denen Teilnehmer der verschiedensten wissenschaftlichen Fachrichtungen zusammenkamen, unter ihnen Gregory Bateson und beispielsweise auch Milton Erickson. Biologen, Neurophysiologen, Ökologen, Entwicklungspsychologen, Anthropologen und Philosophen entwickelten in einem interdisziplinären Diskussionsprozess neue Konzepte wissenschaftlichen Denkens, die zwei Jahrzehnte später als ein neues „wissenschaftliches Paradigma“ bezeichnet wurden. Zentrale Themen in diesen Diskussionen waren biologische, soziale und technische Systeme mit ihrer komplexen Struktur und ihren Steuerungsmechanismen. Aus diesen Diskussionen entwickelte sich die Kybernetik. Der Begriff „Kybernetik“ stammt von dem Mathematiker Norbert Wiener; und die Kybernetik ist in erster Linie eine mathematische Wissenschaft. Sie beschäftigt sich mit den besonderen Eigenschaften von Systemen, um allgemeine Modelle vor allem der Informationsverarbeitung zu bilden. Aber die Kybernetik ist nicht nur eine mathematische Disziplin. Sie eignet sich in gleicher Weise, Prozesse in biologischen und sozialen Systemen zu beschreiben.
... die zu einer neuen Auffassung von der menschlichen Erkenntnis führte.
Auch das menschliche Gehirn ist ein System. Es nimmt Informationen aus seiner Umwelt auf und verarbeitet sie nach eigenen Regeln zu Resultaten, die dem Besitzer dieses Gehirns dazu verhelfen, sich innerhalb seiner Umwelt zu orientieren, zu bewegen und zu handeln. Diese systemtheoretische Betrachtung der Prozesse, die im menschlichen Gehirn stattfinden, führte zu einer neuen überraschenden Auffassung von der menschlichen Erkenntnis, einer Auffassung, die Aufregung auslösen sollte, und das nicht nur in der wissenschaftlichen Welt.
Bislang ging man selbstverständlich davon aus, dass wir die Welt so sehen, wie sie ist. Nicht nur die meisten Philosophen und Wissenschaftler nahmen an, dass unsere Erfahrungen von der Wirklichkeit mit dieser Wirklichkeit übereinstimmen, auch Menschen in ihrem Alltagsbewusstsein waren und sind davon überzeugt, dass wir die Welt so sehen, wie sie ist. Noch in meiner Schulzeit haben wir gelernt, dass unsere Wahrnehmung so funktioniert wie eine Kamera, d.h. die äußere Welt in unserem Innern abbildet.
Wenn man sich aber klarmacht, was für ein Organ sich unter unserer Schädeldecke befindet, wie dieses Organ aufgebaut ist und wie es funktioniert, kann man nicht mehr daran glauben, dass wir in unserem Kopf über ein Abbild der Wirklichkeit verfügen. Das Gehirn kann nichts abbilden. Es besteht aus mehreren Hundertmilliarden Nervenzellen, die vielfältig miteinander verknüpft sind und die nichts anderes tun können, außer einen Impuls weiterzuleiten oder nicht: „feuern oder nicht feuern“.
Wenn beispielsweise Lichtstrahlen durch die Pupille in das Auge eindringen, erregen sie die als Photosensoren tätigen Zellen der Netzhaut. Diese Erregung wird in elektrische Signale umgesetzt, die über ein kompliziertes Verschaltungssystem der Sehbahn an das Gehirn weitergeleitet werden. Auch Druckschwankungen der Luft, die als Schallereignisse das menschliche Ohr erreichen, werden von den Haarzellen im Innenohr in elektrische Signale umgesetzt und an die entsprechenden Nervenzellen der Hörbahn weitergeleitet. Die neuronale Erregung, die durch die sensorische Reizung in den Sinnesorganen entsteht und zum Gehirn weitergeleitet wird, ist unspezifisch. Sie sagt nichts darüber aus, was die Erregung verursacht hat. Man kann bei einem Nervenimpuls nicht feststellen, ob er durch eine visuelle oder eine akustische Erregung hervorgebracht wurde. Ja, man kann nicht einmal feststellen, ob ein Nervenimpuls durch eine Erregung der Sinnesorgane oder durch eine Störung innerhalb des Nervensystems entstanden ist. Man kann das Gehirn nämlich auch künstlich reizen und dabei ganz unterschiedliche sensorische Halluzinationen hervorrufen, je nachdem, welches Gebiet im Gehirn gereizt wird.
Nach dieser Auffassung bildet menschliche Wahrnehmung die Wirklichkeit nicht ab. Im Gegenteil: Sie bringt sie hervor.
Menschliche Wahrnehmung bildet die Wirklichkeit nicht ab. Im Gegenteil: Sie bringt sie hervor. Unsere Sinnesorgane übersetzen die Vielfalt der äußeren Welt in eine bioelektrische Einheitssprache. Unser Gehirn verarbeitet diese Impulse zu dem, was wir unsere Erfahrung nennen. Was in unserer Umwelt unsere Sinnesorgane anregt, können wir nicht erfahren, darüber können wir nichts wissen und nichts sagen. Wir haben nur die Bilder, Geräusche, Empfindungen, Geruchs- und Geschmackseindrücke, zu welchen unser Gehirn die sensorischen Reize verarbeitet.
Erkennen stellt also keine passive Abbildung einer äußeren objektiven Wirklichkeit dar. Erkennen ist ein Vorgang der Konstruktion, ein Prozess, in dem die Erfahrungswelt hervorgebracht wird. Dass jegliche Form von Erkenntnis, einschließlich des Erkannten selbst, als Konstruktion zu begreifen ist, stellt die zentrale Auffassung des sogenannten radikalen Konstruktivismus dar, der Erkenntnistheorie, die im Zusammenhang mit der kybernetischen Revolution Mitte des 20. Jahrhunderts formuliert wurde.
2. Die biologische Erkenntnistheorie von Maturana und Varela
Zwei chilenische Wissenschaftler, Humberto Maturana und Franzisco Varela, gelten als die Begründer dieser Erkenntnistheorie.
Zwei chilenische Wissenschaftler, Humberto Maturana und Franzisco Varela, gelten als die Begründer dieser Erkenntnistheorie. Im Gegensatz zur traditionellen Philosophie gingen sie mit einer naturwissenschaftlichen Fragestellung an dieses Problem und forschten nach den „biologischen Wurzeln des menschlichen Erkennens“.118 Ausgangspunkt ihrer Überlegungen war die systemtheoretische Auffassung von Lebewesen.
Lebewesen sind Systeme, die ihren Lebensprozess nach eigenen Regeln steuern und auch äußere Einwirkungen nach eigenen Regeln verarbeiten.
Lebewesen sind Systeme, die sich selber hervorbringen, ihren Lebensprozess nach eigenen Regeln steuern und auch äußere Einwirkungen nach eigenen Regeln verarbeiten. Ein lebendes System bestimmt, welche Umweltreize es überhaupt zur Kenntnis nimmt, d.h., von welchen Reizen es sich zur Aktivität anregen läßt, und ein lebendes System bestimmt, wie es diese Umweltreize verarbeitet.
Die Beziehungen, die lebende Systeme zu ihrer Umwelt aufbauen, laufen nach einem einheitlichen Schema ab: Umweltreize führen zu einer Veränderung einer „sensorischen Fläche“, diese wiederum zu einer Veränderung einer „motorischen Fläche“, die eine Bewegung des lebenden Systems in dieser Umwelt zur Folge hat.
Die Beziehungen, die lebende Systeme zu ihrer Umwelt aufbauen, laufen, so betrachtet, nach einem einheitlichen Schema ab: Umweltreize führen zu einer Veränderung einer sogenannten sensorischen Fläche, diese wiederum zu einer Veränderung einer „motorischen Fläche“, die eine Bewegung des lebenden Systems in dieser Umwelt zur Folge hat. Dieses Schema gilt sowohl für einzellige Lebewesen wie die Amöbe bis hin zu hochorganisierten Vielzellern wie beispielsweise auch den Menschen. Für diesen Prozess der sensomotorischen Koordination haben Maturana und Varela einen eigenen Begriff geprägt, den der „strukturellen Koppelung“ eines lebenden Systems an seine Umwelt.
Das ist so bei einem einzelligen Lebewesen, wie zum Beispiel der Amöbe, ...
Wenn beispielsweise eine Amöbe in die Nähe eines anderen einzelligen Lebewesens kommt, löst das eine Veränderung der Konzentration bestimmter Stoffe in der Umgebung der Amöbe aus, die eine Auswirkung auf die Konsistenz der Membran der Amöbe hat. Diese Veränderung in der Membran der Amöbe führt zur Ausstülpung fingerförmiger „Füßchen“ (Pseudopodien), in die Zellflüssigkeit fließt und damit zu einer Bewegung führt, in deren Verlauf die Amöbe sich das andere Lebewesen einverleibt.
... wie auch bei einem vielzelligen Lebewesen wie der Hydra, nur dass die Hydra bereits Nervenzellen besitzt, die rezeptorische und motorische Zellen miteinaner verbinden.
Bei einem vielzelligen Lebewesen läuft der gleiche Prozess ab. Eine Hydra beispielsweise besitzt einen Körper aus einer doppelten Zellschicht. Darin gibt es u.a. rezeptorische Zellen, die auf Berührung reagieren, und motorische Zellen, die eine Bewegung des Tieres erzeugen. Zwischen diesen gibt es jedoch noch eine dritte Art von Zellen, die mittels Verlängerungen rezeptorische und motorische Zellen, die weit auseinanderliegen, miteinander verbinden. Es sind Nervenzellen einfachster Art. Wenn eine Hydra ein anderes Lebewesen frisst, funktioniert das prinzipiell genauso wie bei der Amöbe. Wenn ein Kleinstlebewesen in die Nähe einer Hydra kommt und rezeptorische Zellen berührt, wird...