E-Book, Deutsch, Band 62, 204 Seiten
Reihe: Dorian Hunter
Montillon / Morlar Dorian Hunter 62 - Der ewige Dämon
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-95572-062-9
Verlag: Zaubermond Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, Band 62, 204 Seiten
Reihe: Dorian Hunter
ISBN: 978-3-95572-062-9
Verlag: Zaubermond Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Lucinda Kranich, die Schiedsrichterin der Dämonen, steht kurz vor der Vollendung ihres Plans: Auf einem Sabbat soll sich Asmodi I. als wiedererstandener Fürst der Schwarzen Familie zeigen. Nur die Kranich und der Hermaphrodit Phillip wissen, welche Hindernisse dafür noch zu überwinden sind ... Der 62. Band der legendären Serie um den 'Dämonenkiller' Dorian Hunter. - 'Okkultismus, Historie und B-Movie-Charme - ?Dorian Hunter? und sein Spin-Off ?Das Haus Zamis? vermischen all das so schamlos ambitioniert wie kein anderer Vertreter deutschsprachiger pulp fiction.' Kai Meyer enthält die Romane: 244: 'Der ewige Dämon' 245: 'Asmodis Sabbat'
Autoren/Hrsg.
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Der ewige Dämon
von Peter Morlar
1. Kapitel
Rom, 3. Juni, 0.51 Uhr
Ernesto Pagini hatte Angst. Panische Angst.
Er musste schleunigst die Stadt verlassen, am besten noch in dieser Nacht, wenn er nicht ebenso enden wollte wie seine Freunde. Diejenigen, die ihm nach dem Leben trachteten, waren ihm bereits dicht auf den Fersen – er glaubte ihre Blicke förmlich im Nacken zu spüren.
Unsinn!, schalt er sich. Denn immer, wenn er gehetzt in den Rückspiegel seines BMW blickte, konnte er weit und breit keine Verfolger erkennen. Aber er wusste genau, dass sie hinter ihm her waren. Andererseits – vielleicht bildete er sich auch alles nur ein und sah bereits Gespenster.
Nicht, dass Pagini nicht an übernatürliche Wesen geglaubt hätte. Dazu hatten er und seine Kollegen im Auftrag der Organisation schon viel zu oft gegen Vampire, Werwölfe, Hexen und dergleichen gekämpft, als dass er die Existenz von Dämonen verleugnen könnte. Aber irgendetwas war seit Kurzem aus dem Ruder geraten.
Zuerst hatte es Bartleby erwischt, wenig später Vargas, beides Agenten wie er, die ebenfalls der Organisation in Rom angehörten und nun mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit tot waren. Zwar hatte Pagini deren Leichen nie zu Gesicht bekommen, aber die Tatsache, dass Vargas und Bartleby seit Tagen ihre Anrufe nicht mehr entgegennahmen, sprach für sich.
Vor nicht ganz einer halben Stunde hatte Pagini im Hauptquartier der Organisation, dem untersten Parkdeck einer wenig frequentierten Tiefgarage, das man nur durch einen geheimen Aufzug betreten und auch wieder verlassen konnte, nach dem Rechten gesehen. Die Zentrale glich einem Trümmerhaufen. Ganz sicher hatte dort ein Kampf auf Leben und Tod getobt. Das Blut, das in dunkelroten Lachen auf dem Boden klebte und über Monitore und Schrankwände gespritzt war, stammte zweifellos von Bartleby und Vargas, die in den letzten beiden Tagen dort nacheinander Dienst geschoben hatten.
Doch von ihnen fehlte jede Spur.
Sicher war nur, dass Unbefugte sich Zutritt zum Hauptquartier verschafft hatten, eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit, da der geheime Aufzug nur mit einem Spezialcode zu aktivieren war. Und trotzdem war es jemandem gelungen.
Pagini war davon überzeugt, dass es sich um Dämonen handelte, wahrscheinlich um Wesen, die die Fähigkeit besaßen, durch feste Materie wie zum Beispiel Betonwände zu gehen. Unklar blieb allerdings, weshalb sie Bartleby und Vargas mitgenommen und ihre Leichen nicht einfach liegen gelassen hatten. Und warum machten die Mitglieder der Schwarzen Familie plötzlich Jagd auf sämtliche Agenten der Organisation, zu denen auch er, Ernesto Pagini, zählte? Hatte der Tod des Gründers etwas damit zu tun? Die Nachricht vom Ableben des glatzköpfigen Hünen verbreitete sich wie ein Lauffeuer, und exakt seit diesem Zeitpunkt herrschte in Rom Ausnahmezustand, ja, waren er und seine Kollegen für die Dämonen Vogelfreie.
Pagini schielte auf das Handy, das er nach dem Gespräch mit George Morales auf den Beifahrersitz geworfen hatte. Morales war ein alter Bekannter von ihm, aber er schätzte ihn nicht besonders. Der Ex-Agent hatte ihn vor wenigen Minuten angerufen – der Anzeige auf dem Display des Mobiltelefons nach musste er sich in Frankreich aufhalten – und sich nach Vargas und Bartleby erkundigt. Doch Pagini hatte dem Kollegen weder weiterhelfen können noch wollen und sich kurz angebunden wieder verabschiedet, jedoch geistesgegenwärtig die Nummer und Morales' Namen im Adressbuch abgespeichert.
Für den Italiener zählte im Moment nur eins: Er musste sich in Sicherheit bringen und Rom auf dem schnellsten Weg verlassen, um nicht ebenfalls den Dämonen in die Hände zu fallen. Denn dass sie auch auf ihn Jagd machten, stand für Pagini so fest wie das Amen in der Kirche. Er war der letzte Agent der Organisation in Rom, der noch lebte. Zumindest auf der Führungsebene.
Unruhig parkte er seinen dunkelblauen BMW auf der Straße vor dem modernen Wohnhaus im Süden der Metropole, in dem er eine geräumige Vier-Zimmer-Loggia bewohnte. Er steckte das Handy ein, eine längst automatisierte Geste, hastete das Treppenhaus in den zweiten Stock hinauf, zitterte den Schlüssel ins Schloss seiner Wohnungstür und eilte ins Schlafzimmer. Ein Griff, schon hatte er den Koffer vom Schrank gezerrt, in den er nur das Nötigste warf: zwei dunkle Stoffhosen, einige Hemden und Pullover, fünf Paar Socken und den Teil der Unterwäsche, der nicht auf einem kniehohen Stapel darauf wartete, endlich gewaschen zu werden.
Dann lief er ins Bad, wo er Zahnbürste, Rasierer und Haarbürste zusammenklaubte, als abermals das Handy klingelte. Er warf einen Blick aufs Display und verdrehte die Augen. Schon wieder die Hildebrand, seine direkte Vorgesetzte aus München in Deutschland. Wie oft hatte sie in den vergangenen Tagen angerufen, um sich nach dem Verbleib der verschwundenen Agenten zu erkundigen? Fünfmal? Zehnmal?
Unwirsch beförderte er die Utensilien in den Koffer im Schlafzimmer, klappte ihn zusammen und zurrte die Gurte fest, während er das Gespräch mit zwischen Schulter und Ohr geklemmtem Mobiltelefon annahm.
»Schön, dass Sie auch mal rangehen«, quäkte eine ebenso glockenhelle wie emotionslose Frauenstimme. »Noch immer keine Spur von Vargas und Bartleby?«
»Bedauerlicherweise nein.«
»Und wann gedenken Sie endlich etwas zu unternehmen?«
»Ich …« Pagini zwang sich mühsam zur Ruhe. »Ich habe längst alle verbliebenen Männer auf die beiden angesetzt und …«
»Das will ich hoffen. Bei uns in Deutschland geht's auch schon drunter und drüber. Ich kann mich darauf verlassen, dass Sie mich auf dem Laufenden halten?«
»Natürlich. Sonst noch etwas?«
»Fürs Erste nicht. – Arrivederci.«
Ja, du mich auch. Der Italiener steckte das Handy weg, griff nach dem Koffer und wollte das Schlafzimmer verlassen, als ein eiskalter Luftzug seinen Nacken streifte. Pagini erstarrte. Die Zimmertemperatur war schlagartig um gut zehn Grad gefallen. Aber warum? Langsam drehte er sich um. Da fiel sein Blick auf den hellen Parkettboden.
Eine etwa dreißig Zentimeter durchmessende Wasserpfütze zeichnete sich darauf ab. Er kniff die Augen zusammen. Nein, das war ein Schatten. Allerdings besaß er keinen Ursprung und wurde zusehends größer. Und dunkler.
Narrte ihn ein Spuk, oder bewegte sich das Gebilde tatsächlich?
Pagini fühlte, wie ihm das Blut aus dem Gesicht wich. Er schaute sich um, versuchte, die Form des Schattens mit einem Gegenstand in Einklang zu bringen, doch es gab nichts im Zimmer, das auch nur im entferntesten passte.
Der Italiener wich zurück, als das dunkle Etwas geradewegs auf ihn zu kroch. Er fröstelte. So also waren die Dämonen ins Hauptquartier eingedrungen …
Rücklings sprang Pagini aufs Bett, kam sich einen kurzen Augenblick lang vor wie eine einfältige, hysterische Hausfrau, die sich vor einer kleinen Maus fürchtete, und schüttelte ungläubig den Kopf. Kein Zweifel. Dieser Schatten lebte. Mit gespenstischer Lautlosigkeit floss er über den Holzboden, erreichte das Bett, tastete sich – nach wie vor dünn wie ein Blatt Papier – am Laken in die Höhe und näherte sich dem zitternden Agenten, der alsbald mit dem Rücken an die Wand stieß.
Unwillkürlich griff Pagini nach seiner Waffe, einer Beretta, die er stets an der Seite zwischen Gürtel und Hose trug. Seine Fingerspitzen berührten gerade das kühle Metall, als eine Flammenzunge aus dem dunklen Fleck schoss, den der Schatten auf das strahlende Weiß des Bettlakens zeichnete. Das Feuer formte sich zu einem schwarz glänzenden, haarlosen Monstrum mit rot gleißenden Augen, bedrohlich aufgerissenem Maul und weit gespreizten Klauen, die in rasiermesserscharfen Krallen endeten. Das Ungetüm überragte den Italiener um Haupteslänge.
Pagini blieb der Schrei sprichwörtlich im Halse stecken, als die Pranken der Bestie so schnell, dass er die Bewegung nicht einmal ansatzweise erahnen konnte, nach vorne zuckten und ihm mit einem einzigen Hieb die Kehle zerfetzten.
München, 3. Juni, 1.14 Uhr
Jennifer Hildebrand verzog abfällig die Mundwinkel, als sie das Gespräch mit Ernesto Pagini beendete. Der Italiener, das musste sie sich widerwillig eingestehen, war zwar ein fähiger Agent – intelligent, skrupellos und ehrgeizig, was ihm die Position an der Spitze der Organisation in Rom eingebracht hatte –, aber im gleichen Maße selbstgefällig, überheblich und zeitweise richtiggehend faul. Wenn man ihm nicht regelmäßig auf die Zehen und im übertragenen Sinne auch in den Hintern trat, ging er keinen Schritt vorwärts. Und gerade das war dringend nötig, um herauszufinden, was genau seit Kurzem in einigen Teilen Europas geschah. Offenbar verschwanden nicht nur in Deutschland, sondern auch in Italien Agenten der Organisation spurlos. Nur wenige tauchten später wieder auf, fast bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt.
Beinahe stündlich erreichten Jennifer Nachrichten von neuen Vermisstenmeldungen oder Leichenfunden im gesamten Bundesgebiet. Es gab Anrufe aus Spanien, Frankreich, Österreich, der Schweiz und den Niederlanden. Nur Pagini stellte sich wieder einmal stumm. Sie musste schwer an sich halten, um den italienischen Agenten nicht nach drei Stunden erneut anzurufen. Als er sich jedoch am späten Morgen noch immer nicht meldete, war es mit Jennifers Geduld vorbei. Fest entschlossen, dem Schmalzlockenpapagallo gehörig den Marsch zu blasen, tippte sie seine Nummer ins Handy, die sie mittlerweile auswendig kannte. Es ertönte...