E-Book, Deutsch, Band 3, 320 Seiten
Reihe: Beautiful Secrets
Moreno Beautiful Secrets -Wennwir uns lieben
24001. Auflage 2024
ISBN: 978-3-492-60383-6
Verlag: Piper Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Roman | Second Chances | Sinnliche Romance für Fans der »Whitestone Hospital«-Reihe
E-Book, Deutsch, Band 3, 320 Seiten
Reihe: Beautiful Secrets
ISBN: 978-3-492-60383-6
Verlag: Piper Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Hinter dem Pseudonym Mia Moreno verbergen sich zwei Berliner Journalistinnen, die für große Zeitungen und Online-Medien schreiben. Mia Moreno ist das, was sie verbindet: die Lust am Schreiben, die Begeisterung für starke Heldinnen und natürlich die Liebe zu Berlin, der Hauptstadt der verlorenen Herzen. Sie schreiben spannende Liebesromane mit jeder Menge urbanem Lifestyle, bei denen einem ganz schön heiß werden kann.
Autoren/Hrsg.
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Kapitel 1
Ich bereue die Wahl meiner Schuhe bereits drei Sekunden nachdem ich aus dem weißen Transporter geklettert bin, in dem ich in den vergangenen dreißig Minuten geschminkt und fertig gemacht wurde. Ich bleibe mit meinem Heel zwischen den groben Pflastersteinen stecken und befreie mich mühsam. Was zum Teufel hat mich geritten, hochhackige Pumps im Mauerpark anzuziehen? Wie eine Anfängerin stakse ich die paar Meter zur Bühne und habe meine liebe Mühe, auf dem unebenen Boden nicht umzuknicken.
Als ich aufsehe, stelle ich überrascht fest, dass die Ränge des Amphitheaters sich beträchtlich gefüllt haben, seit ich in der Maske war. Vor allem junge, stylish gekleidete Leute sitzen dicht an dicht in der heißen Nachmittagssonne, die meisten mit einer Flasche Bier oder Club-Mate, die im Mauerpark an jeder Ecke verkauft werden.
Vermutlich sind viele schon wegen der sonntäglichen Karaoke-Show hier. Das heutige Be-Positive!-Event mit der professionellen Bühne stellt eine Ausnahme dar. Dass die Berliner Behörden einer so großen Veranstaltung mitten im Mauerpark zugestimmt haben, kam für mich überraschend. Das Publikum ist zumindest deutlich gemischter als bei den früheren Body-Positivity-Veranstaltungen, bei denen ich sonst zu Gast war. Umso besser, denke ich. Das Thema geht schließlich jeden etwas an.
Ich schenke dem Publikum ein Lächeln, das hoffentlich selbstsicherer wirkt, als ich mich fühle, und konzentriere mich auf die Frage, wie ich in diesen Schuhen – und dem engen Rock – auf die Bühne kommen soll, ohne mich vollends zum Narren zu machen.
Da entdecke ich Stevie, den Veranstalter des Be-Positive!-Events, das mich heute hierhergeführt hat. Er winkt mir zu und deutet auf die umgedrehte Bierkiste, die als improvisierte Treppe dient. Erleichtert greife ich nach seiner Hand, die er mir entgegenhält, und erklimme das Steinpodest.
»Ah, da ist ja unser heutiger Ehrengast«, ertönt in dem Moment eine laute, freundliche Stimme, die ich dem beliebten Radio-Moderator Jörn Raabe zuordne. Er blickt mir breit grinsend von der Empore entgegen. Wir haben uns im Transporter kurz vorgestellt und den Ablauf des Events besprochen.
»Liebes Publikum, ich freue mich, heute hier auf der Be-Positive!-Bühne eine junge Frau zu begrüßen, die in den letzten Jahren nicht nur für ihre brillanten und witzigen Storys vom roten Teppich in Los Angeles von sich reden gemacht hat. Sondern auch weil sie ihren knapp dreihunderttausend Followern auf Instagram regelmäßig mit klugen und informativen Beiträgen zeigt, dass es völlig egal ist, in welchem Körper jemand steckt, weil wir alle gut sind, wie wir sind. Jetzt hat sie auch noch ein Buch geschrieben, das in wenigen Tagen veröffentlicht wird: ›Beautiful – Mein Weg zur Selbstliebe‹. Bitte begrüßt mit einem lauten Applaus Charlie Cramer, besser bekannt als Charlicious_LA.«
Unter lautem Johlen trete ich einige Schritte nach vorne zur Mitte der Bühne, wo jemand – vermutlich Stevie – einen antik aussehenden Perserteppich ausgelegt hat, auf dem eine lilafarbene Plüschcouch aufgestellt ist. Ich überlege, ob ich erwähnen sollte, dass ich gerade keineswegs auf roten Teppichen unterwegs bin, sondern hier in Berlin mit meinen Freundinnen Maxi und Layla in einer WG lebe, entscheide mich aber dagegen. Ich setze mein strahlendstes Bühnenlächeln auf und schiebe die Probleme, die Klinik-Story an ein Magazin zu verkaufen, gedanklich von mir weg. Jetzt geht es um Body Neutrality. Jörn Raabe umarmt mich zur Begrüßung und reicht mir ein Mikrofon. Ich hatte damit gerechnet, im Vorfeld verkabelt zu werden. Aber hier im Mauerpark scheint man eher auf Improvisation zu setzen. Also nehme ich das Mikrofon entgegen und wende mich dem Publikum zu.
»Ich hoffe, ihr erwartet nicht, dass ich jetzt Karaoke singe. Dazu müsste ich definitiv noch ein paar Bier trinken.« Wie erwartet lachen die meisten auf. »Aber ich hoffe trotzdem, dass ihr hier heute einiges an Unterhaltung mitnehmt.«
Ich lächle und drehe mich zu Jörn um, der sofort das Wort ergreift, als hätten wir dieses verbale Ballspiel vereinbart.
In jovialem Ton plappert er los: »Danke, Charlie. Warum setzt du dich nicht zu Roxxy auf unsere wunderbare Plaudercouch?«
Er deutet hinter sich und wartet, bis ich mich auf der lilafarbenen Couch neben einer hübschen Frau niederlasse, deren Haar nur eine Nuance dunkler ist als der Bezug. Roxxy, die vor ein paar Jahren zu einiger Berühmtheit gekommen ist, weil sie ihre zahlreichen Fans in ihrem Podcast »Endlich Frau« an ihrer Geschlechtsumwandlung teilhaben ließ, begrüßt mich ebenfalls mit Küsschen.
»Wenn ich dir ein Bier klarmache, singen wir nachher zusammen ›Girl on Fire‹?«
Erleichtert atme ich auf, die Anspannung fällt langsam von mir ab. Mit Roxxy kann ich deutlich mehr anfangen als mit Jörn, und ich wollte sie immer schon mal persönlich treffen. Das Publikum lacht, und ich stimme mit ein. Noch bevor ich antworten kann, winkt Roxxy einem jungenhaften Mittzwanziger mit Vokuhila in der ersten Reihe zu. Er reicht uns zwei Flaschen Bier.
Lachend stoße ich mit Roxxy an. »Ich bezweifle, dass die Leute dafür gekommen sind, uns singen zu hören. Aber schön, ein Song, wenn wir fertig sind.«
»Ich sehe, die Damen brauchen mich gar nicht. Ich würde trotzdem gerne mit einer kurzen Vorstellung anfangen.«
Während Jörn ansetzt, Roxxys Podcast zu beschreiben, lasse ich meinen Blick über das Publikum schweifen. Links und rechts neben dem Amphitheater sitzen Menschen in kleinen Gruppen oder alleine im Gras am Hang, viele mit etwas zu essen oder einem Getränk in der Hand. Die meisten sind in Gespräche vertieft, ab und zu schaut aber jemand neugierig zu uns herüber. Auf dem Weg durch den Mauerpark nach Norden drängen sich die Menschen dicht an dicht, junge Familien schieben Kinderwagen oder Fahrradanhänger umher, teilweise bepackt mit Möbeln und Gegenständen, die sie auf dem berühmten Flohmarkt auf dem Areal hinter uns ergattert haben.
Plötzlich zieht ein Paar meinen Blick wie magisch an. Ein großer, schlanker Typ mit schwarzen Haaren legt seinen Arm um eine kleinere, kurvige blonde Frau, die eine Stehlampe im Arm hält. Er sagt etwas zu ihr, und sie hebt lachend den Kopf. Obwohl ich zu weit weg sitze, um ihren Gesichtsausdruck sehen zu können, weiß ich, dass sie ihn verliebt ansieht.
Blitzartig taucht eine Szene in meinem Inneren auf. Ein heißer Sommertag, ich war Anfang zwanzig, Phil und ich hatten den Morgen zusammen im Bett verbracht. Er, damals der Ressortleiter Politik des Berliner Tagblatt, ich, die freie Mitarbeiterin, die gerade von der Journalistenschule kam. Aus einer wilden Laune heraus beschlossen wir, zum Karaoke in den Mauerpark zu fahren. Wir taten so, als wären wir Touristen, die sich gerade zum ersten Mal begegnen. Wir lernten ein paar Austauschstudenten kennen, und er sprach mit einem so starken spanischen Akzent Deutsch, dass ihm niemand geglaubt hätte, ein preisgekrönter deutscher Journalist zu sein. Er behauptete, ein Torero zu sein und aus Madrid zu stammen. Seine argentinische Herkunft mit den dunklen Locken und fast schwarzen Augen machte seine Schwindelei glaubwürdig. Ich bewunderte ihn und war vollkommen verliebt, ich kam aus dem Lachen nicht mehr heraus. Ich fühlte mich leicht und unbeschwert, den Traumjob greifbar nah, den Mann, in den ich verliebt war, an meiner Seite. So unbeschwert und ausgelassen, fast albern, habe ich Phil selten erlebt, aber seine analytische, scharfsinnige Seite gefiel mir mindestens so gut.
Schnell schiebe ich den Gedanken an meinen Ex-Freund beiseite und konzentriere mich auf Jörn Raabe. »Nach einigen aufregenden Jahren in Los Angeles ist sie jetzt wieder in Berlin, heute sogar hier bei uns im Mauerpark. Und sie hat uns etwas mitgebracht. Charlie, erzähl uns doch, was dich dazu verleitet hat, dein Buch ›Beautiful – Mein Weg zur Selbstliebe‹ zu schreiben?«
Ich nicke und schenke ihm ein Lächeln. Dann wende ich mich dem Publikum zu. In der dritten Reihe zieht eine junge, begeistert winkende Frau mit dunklen, kurzen Locken meinen Blick auf sich. Meine Freundin Maxi ist gekommen. Mein Grinsen wird noch breiter.
Ich räuspere mich, deute an mir hinab, auf die leuchtend bunte Wickelbluse und den engen, roten Rock, den ich selbstbewusst trage.
»Vor ein paar...